grüner frauenbericht 2015
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<strong>frauenbericht</strong> <strong>2015</strong><br />
46<br />
5 Fragen an …<br />
Edeltraud Hanappi-Egger,<br />
Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien<br />
Sie sind studierte Informatikerin und forschen<br />
seit Anfang der 90er-Jahre u.a. zur Situation von<br />
Frauen in der IT-Branche. Was ist das Spannende<br />
am Forschungsfeld Frauen und Technik?<br />
Edeltraud Hanappi-Egger: Das Spannende im<br />
wahrsten Sinne des Wortes ist, dass gerade der<br />
Technikbereich stark mit Männern und Maskulinitätskonstruktionen<br />
in Verbindung gebracht wird<br />
und daher Frauen noch immer als eher exotisch<br />
wahrgenommen werden. Gerade diese Sonderstellung<br />
macht es Frauen dann schwer, mit dem<br />
Spannungsverhältnis umzugehen, dass sie einerseits<br />
als Expertinnen anerkannt werden wollen,<br />
andererseits das aber immer wieder im<br />
Widerspruch zum Frausein zu stehen<br />
scheint. Wenn sie also versuchen,<br />
„wie Männer“ zu sein, gelten sie<br />
als unweiblich, wenn sie etwas<br />
anders machen, gelten sie als<br />
unprofessionell. Dieses Dilemma<br />
wird in der Literatur als „double<br />
binding“ bezeichnet.<br />
Bei der Anzahl der StudienanfängerInnen<br />
und Uni-AbsolventInnen liegen Frauen<br />
inzwischen vorne. Doch im Zuge einer universitären<br />
Laufbahn kommen der Wissenschaft die<br />
Frauen abhanden. So liegt der Frauenanteil bei<br />
den AssistentInnenstellen nur noch bei 40 %,<br />
unter den DozentInnen und ProfessorInnen bei<br />
20 %. Wo sind die Frauen?<br />
Das Problem, dass Frauen im Laufe der wissenschaftlichen<br />
Karrieren immer weniger werden,<br />
ist ein europaweites. Das liegt wohl daran, dass<br />
die Vorstellung einer wissenschaftlichen Normalbiografie<br />
hohe zeitliche und örtliche Flexibilität<br />
inkludiert, die gerade in bestimmten Lebensabschnittsphasen<br />
schwer lebbar ist. Das führt<br />
tendenziell zu einem stärkeren Ausschluss und<br />
Selbstausschluss von Frauen. Das bedeutet, dass<br />
wir Frauen dann oft im Drittmittelbereich und/<br />
oder in der Lehre finden. Das Problem kriegen<br />
wir wohl erst in den Griff, wenn sich die Wissenschaftskultur<br />
in Summe in Richtung mehr Inklusion<br />
verändert. Dazu gehört z. B. auch, dass sich eine<br />
karriererelevante Leistungsbeurteilung auf<br />
ein breites Leistungsportfolio bezieht.<br />
Werden Ihrer Einschätzung nach Frauen in<br />
Forschung und Lehre benachteiligt? Wenn ja,<br />
wie äußert sich diese Benachteiligung?<br />
Ich meine, es sind nicht die Frauen per se, sondern<br />
es werden bestimmte Lebenskontexte<br />
benachteiligt, nämlich solche, die es<br />
einfach nicht erlauben, den extrem<br />
hohen Ansprüchen in wissenschaftlichen<br />
Karrieren zu genügen.<br />
Internationale Erfahrungen,<br />
generell Mobilität, eine stark auf<br />
Publikationsoutput in angesehenen<br />
Fachjournalen ausgerichtete<br />
Evaluierung, Drittmitteleinwerbungen<br />
usw. – das impliziert eine ziemliche<br />
soziale Unabhängigkeit. Alle, die das nicht<br />
leben können oder wollen, haben es in der Wissenschaft<br />
schwer – und es sind statistisch gesehen<br />
weitaus mehr Frauen als Männer, die Vereinbarkeitsprobleme<br />
haben.<br />
Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die<br />
geringe Zahl von Frauen in leitenden Positionen<br />
in der Wissenschaft, insbesondere in Ihrem Fach?<br />
Führungspositionen werden traditionell noch<br />
immer stark mit sehr spezifischen Männerbildern<br />
in Verbindung gebracht. Ähnlich wie bei Frauen<br />
in der Technik stellt sich auch hier das Problem,<br />
dass Frauen sich an diese Vorstellungen anpassen<br />
oder andere Wege gehen können. Dabei laufen sie