18 WERKSTÄTTEN Das gehört auch dazu - Dieter Mühlenkamp reinigt täglich die Bälle
WERKSTÄTTEN 19 Informationsveranstaltungen werden zum Happening Doch Böhmer geht diese Informationsvermittlung nicht weit genug. Er weiß, wie schwer sich Menschen mit Behinderung bei einer Umstellung tun, dass der Wechsel von der Werkstatt auf den freien Arbeitsmarkt für viele mit Angst verbunden ist. Um diese Berührungsängste abzubauen, lädt er interessierte Eltern, Betreuer und Beschäftigte aus den Werkstätten zu mehreren Veranstaltungen in die Golfakademie ein. Es werden viele Informationen gegeben und alle offenen Fragen beantwortet. Birgit Doll, Helmut Böhmer und Cornelia Göstenkors vom Integrationsfachdienst arbeiten eng zusammen. Alle drei wissen, dass die Informationsvermittlung für das Gelingen des Projektes wichtig ist. Das Augenmerk liegt daher auf den Eltern, Verwandten und den Betreuern. Sie sollen die Beschäftigten unterstützen, ihnen Halt geben. Böhmer betont immer wieder:„Ich will, dass das funktioniert, dass meine Vision wahr wird.“ Folglich versuchen er und Birgit Doll alle möglichen Aspekte zu berücksichtigen. Sogar ein Rechtsanwalt ist bei einer der Veranstaltungen in der Golfakademie dabei. Er gibt Auskunft über Rente, Kindergeld und rät zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung. „Wir haben eine mehrseitige Checkliste mit relevanten Punkten erarbeitet, an die die Beschäftigten denken müssen, wenn sie in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen“, so Birgit Doll. „Von der Arbeitskleidung bis zur Anmeldung der GEZ-Gebühr ist alles enthalten. Ein praktischer Leitfaden für den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt sozusagen.“ Die Besuche auf dem Golfplatz überzeugen letztendlich alle. Für die Eltern und Betreuer sind sie mehr als ein erster Kontakt zu dem potentiellen Arbeitgeber. Sie werden zum Happening. Denn jeder hält auch einen Golfschläger in der Hand und kann den Spaß und die Freude dieser Sportart hautnah erleben. Auf die richtige Betreuung kommt es an Damit der Übergang für die Werkstattbeschäftigten in die Projektgruppe der Golfakademie so schonend wie möglich verläuft, sieht Birgit Doll in ihrem Konzept vor, gleich zu Beginn des Projektes zwei qualifizierte Fachkräfte mit pädagogischen Fähigkeiten zu verpflichten. Doll weiß, wie wichtig dieser Aspekt ist, denn erfahrungsgemäß ist bei Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung Kontinuität und eine enge Bindung an Bezugspersonen ein ausschlaggebendes Kriterium für das Gelingen eines Arbeitsverhältnisses außerhalb der Werkstatt. Folglich wird ein Greenkeeper mit pädagogischen Kenntnissen zur Betreuung des Projektes von Seiten der Golfakademie gesucht. Unter den Bewerbern macht Willi Tewes das Rennen, der künftig Anleiter für die Greenkeeper-Azubis* auf dem neuen Golfplatz sein wird. Als Fachkraft der Werkstatt für behinderte Menschen wird André Flore gewonnen, der in der Werkstatt eine Gartengruppe leitet. Da er viele Beschäftigte aus der Werkstatt kennt, bringt er die idealen Voraussetzungen für das Projekt mit und kann gewissermaßen als „Headhunter“ agieren. Beide Fachkräfte sind von nun an für die Projektplanung und -gestaltung verantwortlich und üben gemeinsam die Leitung der Projektgruppe aus. Sie werden für die nächsten Monate die wichtigsten Ansprechpartner und zentralen Bezugspersonen für die Greenkeeper-Azubis sein und werden versuchen, eine größtmögliche Akzeptanz in der Gruppe zu erreichen. Unterstützung erfahren Willi Tewes und André Flore außerdem von Birgit Doll und von allen, der Werkstatt für behinderte Menschen zur Verfügung stehenden Fachdiensten wie Psychologen und Sozialarbeiter und vom Integrationsfachdienst. Wer passt in die Gruppe? Nach all diesen Vorbereitungen beginnt Birgit Doll mit der Sichtung der Bewerbungen, die aus den Betriebsstätten der Schlosswerkstätten und Werkstätten St. Nikolaus kamen. Erklärtes Ziel ist es, eine arbeitsfähige Gruppe von 12 Personen zu bilden, die zusammen den Golfplatz pflegt. Über den Projektzeitraum soll die Gruppe soweit gefördert und stabilisiert werden, dass am Ende der Übergang in das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis möglich ist. Bei der Auswahl geht Doll daher sensibel vor, führt viele persönliche Gespräche. * Anmerkung der Redaktion: Greenkeeper ist in Deutschland kein Ausbildungsberuf. Im Text wird dennoch von der Ausbildung zum Greenkeeper gesprochen. Dieser Begriff ist geläufiger und für die Menschen mit Behinderung einprägsamer. Die Teilnehmer des Projektes sind als „Platzwart“ angestellt. Sie haben nicht die offizielle Qualifikation für den Beruf des Greenkeepers.