Europa: Das unentdeckte Land - BdP Landesverband Schleswig ...
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Liebeslustundlachgedichte<br />
Wieder stellen wir ein aktuelles Buch eines Pfadfinders vor. Jan Kaiser schreibt<br />
lustige und charmante Lyrik. Die LRB-Buchsprechung.<br />
„Meine liebe Ingeborg, / ich vermiss dich sehr / Wenn man<br />
doch auf Bohrinseln / nicht so einsam wär! / Ich trag hier<br />
einen gelben Helm / und polier die Pumpen. / Die Kollegen<br />
lachen oft, / die könn’ mich mal, die Lumpen.“<br />
Herzschmerz live von der Bohrinsel – wen berührt so<br />
etwas nicht? Egal ob Liebesleiden oder ein Gespräch am<br />
Kaffeetisch: Wenn man will, reimt sich alles, und Jan Kaiser<br />
schafft es mit feinem Humor, daraus<br />
charmante Geschichten zu machen.<br />
Für jede passende oder gern auch<br />
unpassende Situation im Leben hat<br />
er etwas bereit; sei es zum politischen<br />
Weltgeschehen wie in „Augenbrauen<br />
oder Reim über die ökonomische Not-<br />
wendigkeit der Stabilität einer euro-<br />
päischen Einheitswährung, gedichtet<br />
zu Regierungszeiten von Herrn Dr.<br />
Helmut Kohl (CDU)“ oder zu den in-<br />
timen Gedanken eines Bademeisters:<br />
„Selbsterkenntnis am Beckenrand:<br />
(…) Ich gleiche den Göttern, auf kurz<br />
oder lang / (Gnädiges Fräulein, es<br />
herrscht Kappenzwang!) / wird man<br />
mir steinerne Denkmäler bauen. / (Die Herren hier rechts<br />
und dort drüben die Frauen!)“<br />
Zentral natürlich auch in „Wie Schwech und Pefel“ das<br />
große Thema aller Dichter seit Menschengedenken: die<br />
Liebe. Ihr widmet Jan Kaiser gleich die Hälfte seines Ge-<br />
dichtbands, und dies begründet er im Vorwort selbst auch<br />
ganz ehrlich und überzeugend: „Und ist es nicht tatsächlich<br />
immer die Liebe, das alte Haus, die den Dichtern die Feder<br />
führt? Diese ursprünglichste und stärkste aller Kräfte,<br />
mächtiger als ein übellauniger Vulkan und inbrünstiger als<br />
eine kalbende Nilpferdkuh? Ich denke schon.“<br />
Beispiele und Anekdoten aus der Tierwelt findet man bei<br />
Jan Kaiser ebenfalls zahlreich, also werden Schwöpse erfun-<br />
den und Hühner in die Suppe gesteckt, und der Wissenschaft<br />
und altklugen Literaten setzt er schnodderige Nonsensreime<br />
LRB 2’04<br />
entgegen, die doch irgendwie immer ein bisschen Wahrheit<br />
tragen.<br />
Da mag es einige geben, die sagen, diese Reimerei sei<br />
albern und überflüssig, wahre Gedichte müssten Dramatik<br />
und Tiefgang haben – der Originalität Jan Kaisers tut das<br />
keinen Abbruch. Liebesschwärmerei und Herzschmerz wer-<br />
den ironisch durch den Kakao gezogen, die Pointen gehen<br />
zwar manchmal unter die Gürtellinie,<br />
aber fast immer findet der Leser eine<br />
Situation, die ihm bekannt vorkommt.<br />
Und merkt: Mit einem feinen Reim<br />
sieht das alles gar nicht mehr so wild<br />
aus – oder dann erst recht.<br />
Angst vor Interpretationsdiskus-<br />
sionen braucht Ihr jedenfalls nicht<br />
haben: Auf die im Deutschunterricht<br />
sehr beliebte Methode „Gedichtana-<br />
lyse“ legt Kaiser keinen gesteigerten<br />
Wert, während seiner Schulzeit be-<br />
hauptete er stets, die Dichter dachten<br />
sich nichts bei ihrem Werk oder haben<br />
„sich vollaufen lassen wie ein Eimer<br />
und im Suff diese paar sinnlosen Zei-<br />
len auf einen Streifen Klopapier gekliert“.<br />
Lyrik also mal anders lesen, Gedichte und Lebensweis-<br />
heiten zum Lachen anstatt bedeutungsschwere „Ahas“ und<br />
Stirngerunzel. Poesie zum Anfassen, denn Jan Kaiser ist<br />
auch den Pfadfindern nicht fremd: Als „alter Hase“ vom<br />
Stamm Kolibri las er beispielsweise auf dem Hamburger<br />
Singewettstreit dieses Jahres vor einem überfüllten Audi-<br />
max aus seinem Buch – die Lacher waren auf seiner Seite.<br />
Miriam Sandabad, LB Wölflinge,<br />
Stamm Kolibri<br />
„Wie Schwech und Pefel“ von Jan Kaiser (der nette Mensch<br />
auf dem Foto), mit Illustrationen von Rudi Hurzlmeier,<br />
Knaur Verlag, 160 Seiten, 10 Euro.<br />
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