Europa: Das unentdeckte Land - BdP Landesverband Schleswig ...
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ernähren soll, wie man sich einigermaßen ausgewogen, gut,<br />
lustvoll verköstigt.“<br />
Vor Diskussion und Abstimmung über den Antrag berich-<br />
teten die Bundeslager-Planer von ihren Anstrengungen. Für<br />
den Lagerladen konnte Roland Fiedler gewonnen werden.<br />
Im normalen Leben eröffnet er als Mitinhaber einer Reform-<br />
hauskette im Raum Frankfurt jedes Jahr zwei Läden. Er er-<br />
innert an das Bundeslager Friedeburg 1993, damals sei noch<br />
alles gut gewesen. „Zu dem Standard will ich zurück. Essen<br />
ist wichtig, und richtig essen will gelernt sein.“ Roland erklärt<br />
auch gleich, was er sich darunter vorstellt: Fachbereiche will<br />
er Spezialisten überlassen, der Bäcker backt das Brot, der<br />
Metzger macht die Wurst. Zum Sortiment soll es passende<br />
Rezeptvorschläge geben, damit die die feilgebotenen Lebens-<br />
mittel zu einem schmack- wie nahrhaften Essen werden. Der<br />
Lagerladen teilt sich in vier Bereiche: Discountbereich, Qua-<br />
litätsbereich, Genussbereich und einen Kiosk.<br />
„Nur noch in einem Drittel aller deutschen Haushalte<br />
wird täglich gekocht, je jünger die Leute, je kleiner die Haus-<br />
halte, desto seltener. Und die Aussage ‚Es wird gekocht‘, ist<br />
irreführend. Die Rede ist nur noch von einem Zeitaufwand<br />
von kaum einer halben Stunde für die Zubereitung aller<br />
Speisen eines Tages. Kochen wird von der großen Masse<br />
der Deutschen nicht länger verstanden als der relativ lang-<br />
wierige Prozess des Auswählens, Beschaffens, Zubereitens,<br />
Verzehrens. Wer heute Kochen sagt, meint immer öfter:<br />
Tüten aufschneiden, Büchsen öffnen, Portionsschalen in<br />
Mikrowellen schieben, und nicht von ungefähr sind im Su-<br />
permarkt die Tiefkühlpackungen immer häufiger mit der<br />
Botschaft bedruckt: ‚in 3 Minuten fertig‘, ‚nur 1 Minute Gar-<br />
zeit‘, ‚fix und fertig in 2 Minuten‘.“<br />
Im Discountbereich soll es preiswerte Grundnahrungs-<br />
mittel wie Mehl und Nudeln geben, zu ähnlichen Preisen wie<br />
im Supermarkt, möglichst aber aus ökologischer Produktion.<br />
Gemüse und Kartoffeln müssen nicht unbedingt Hunderte<br />
von Kilometern aus Bayern herangekarrt werden. <strong>Das</strong> wird<br />
möglich, weil Roland im Vorfeld mit netten freundlichen<br />
Großhändlern und kleinen Anbietern vor Ort verhandeln<br />
will. Die möchten natürlich auch Geld verdienen, aber es sei<br />
möglich, mit den richtigen Leuten zusammenzuarbeiten und<br />
die richtigen Sachen zu bekommen: „Bio-Hirsewürste sind<br />
nirgendwo so billig wie in Wolfsburg“, lacht Roland. Dafür<br />
aber, klar, braucht er einen festen Betrag, mit dem er in die<br />
Verhandlungen gehen kann. Im Qualitätsbereich sollen dann<br />
LRB 2’04<br />
fair gehandelte, ökologische und vollwertige Lebensmittel be-<br />
reitstehen, also Produkte, die über den Minimalstandard der<br />
EG-Öko-Verordnung hinausgehen. Weil auch ein ökologisch<br />
einwandfreies Produkt mit tausend Siegeln und Gütezeichen<br />
nicht unbedingt einer vollwertigen Ernährung zuträglich ist,<br />
wird der Qualitätsbereich höhere Anforderungen an sein<br />
Sortiment stellen. „Sich was zu gönnen“, ist schließlich im<br />
Genussbereich möglich. Hier soll es die feinen (und etwas<br />
teureren) Sachen geben, wie gut gereiften Rohmilchkäse oder<br />
einen edlen Tropfen Wein. Der Kiosk bietet dann natürlich<br />
ein Sortiment aus Snacks an, aber eher nicht die üblichen<br />
Zuckerbomben mit Gensoja. Genuss- und Kioskbereich<br />
sollen etwas Gewinn rausschlagen und den Discount- und<br />
Qualitätsbereich subventionieren. Den Rabatt, den Roland<br />
bei den Großhändlern erhandelt, wird er an die Kunden,<br />
sprich: die Stämme, weitergeben. Insgesamt soll der Laden<br />
kostenneutral arbeiten.<br />
Der Antrag des LV Rheinland-Pfalz/Saar wird schließlich<br />
abgelehnt, pro Person und Tag werden 2,50 Euro des Lager-<br />
beitrags fest fürs Essen verplant. Der Bund unterstützt einen<br />
fairen Kompromiss zwischen Qualität, Preisbewusstsein und<br />
Umweltverantwortung. Für gutes, gesundes und genussvol-<br />
les Essen.<br />
„In steigendem Maße konsumiert<br />
die Mehrheit der Deutschen das<br />
Falsche, zumeist in viel zu großer<br />
Menge, so gut wie immer in mangelhafter<br />
Zusammensetzung, oft in<br />
katastrophaler Qualität.“<br />
Ole Reißmann,<br />
Stamm Waldreiter<br />
Zitate aus: „Tellergericht. Die Deutschen<br />
und das Essen.“ von Ullrich Fichtner,<br />
Deutsche Verlags-Anstalt DVA, München<br />
2004. 240 Seiten, 17,90 Euro.<br />
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