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Stiefkind beiderlei Geschlechts. Die männlichen Genossen waren keineswegs geneigt in der<br />
Reproduktionsarbeit einen Gegenbegriff zur männlichen Lohnarbeit zu akzeptieren. Die neue<br />
feministische Generation wiederum hat sich dem Poststrukturalismus zugewandt und den<br />
Materialismus auf dem Altar der symbolischen und diskursiven Ordnung geopfert.“ (Young 1998,<br />
2)<br />
Im Laufe der 1990er Jahre wurde die Frage der Bezahlung der Sorgearbeit unter anderen Prämissen<br />
wieder aktuell. Für einen Lohn für Hausarbeit machten sich nun eher konservative und neoliberale<br />
Kräfte stark und verlangten Wahlfreiheit im Sinne von Privatisierungs- und<br />
Ökonomisierungsbestrebungen. Personen mit Sorgepflichten sollten frei entscheiden können, ob sie<br />
erwerbstätig sein wollten oder sich der Haus- und Sorgearbeit widmen. Diesem Paradigma entsprach<br />
die Tendenz zur Monetarisierung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen. Geldleistungen sollten dazu<br />
verhelfen, Sorgearbeit selbst zu erbringen („zu Hause bleiben zu können“) oder aber entsprechende<br />
Dienste auf dem Markt zuzukaufen (siehe dazu S. 60). Zum zweiten wurde angesichts steigender<br />
Arbeitslosigkeit und öffentlicher Budgetrestriktionen der informelle (intermediäre) Sektor als Ort der<br />
Verwertung „überzähliger Arbeitskräfte“ (Castel 2000) politisiert. Neo-kommunitaristischen Ideen<br />
zufolge sollten freigesetzte Arbeitskräfte in ihrer nunmehr freien Zeit unbezahlte Freiwilligenarbeit<br />
(Ehrenamt) leisten (vgl. Bürgergesellschaft, Zivilgesellschaft) oder aber Sozialleistungen nur mehr im<br />
Austausch gegen Arbeit erhalten (Workfare, vgl. Jessop 1993). 11 Die Auslagerung oder<br />
Vermarktlichung von haushaltsnahen Dienstleistungen und Sorgearbeit wurde also einerseits als<br />
Vereinbarkeitsnotwendigkeit und Bedingung der Erwerbstätigkeit von Frauen thematisiert, zum<br />
anderen wurden beschäftigungspolitische Argumente für eine Vermarktlichung der Sorgearbeit ins<br />
Feld geführt. Haushaltsarbeit, insbesondere Pflege- und Betreuungsleistungen, seien ein<br />
expandierender Zukunftsarbeitsmarkt mit großem Beschäftigungspotential. In Österreich wurde schon<br />
seit den 1990er Jahren (Einführung des Pflegegeldes 1994) und verstärkt mit der rechtskonservativen<br />
Wende im Jahr 2000 die familiäre Erbringung von Sorgeleistungen angesichts der sich verknappenden<br />
Mittel des Sozialstaates sowie des abnehmenden Potentials an familiärer, unbezahlter Arbeit gefördert.<br />
Eigeninitiative und Unternehmertum sollten im Haushalt Einzug halten. So sah das<br />
Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Regierung vor, das „Unternehmen Haushalt“ zu fördern<br />
(Österreich neu regieren, Regierungsprogramm für die XXI Gesetzgebungsperiode 2000, 33; vgl.<br />
Schlager 2000). Reguläre Arbeitsplätze wurden tatsächlich kaum geschaffen, realisiert wurden<br />
lediglich der Dienstleistungsscheck und die Liberalisierung der Au-Pair-Regelung.<br />
Fernab der politischen und sozialwissenschaftlichen Diskurse entlasteten sich Frauen mittlerweile in<br />
Ermangelung bedarfsgerechter und leistbarer, öffentlicher oder marktlicher Versorgung oder gar einer<br />
egalitären Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen zunehmend durch Angebote des Marktes und<br />
des Schwarzmarktes und verteilten die Sorge- und Hausarbeit anstatt an ihre Männer an Frauen um.<br />
11 In den 1980er und 90er Jahren wurde in Europa vermehrt versucht, kommunitaristische Konzepte aus den USA auf Europa<br />
zu übertragen (vgl. z.B. Andreas Khols Bürgergesellschaft). Gerade im Zusammenhang mit sozialen Diensten, die in<br />
Österreich wie auch in Deutschland über die freien Wohlfahrtsträger organisiert sind, bieten sich kommunitaristische und<br />
Workfare-Konzepte an. In Deutschland gibt es bereits sogenannte Ein-Euro-Jobs im Rahmen der sozialen Dienste, die von<br />
ArbeitslosengeldempfängerInnen angenommen werden müssen, in Belgien existieren ähnliche Projekte (Bachinger 2007, 84;<br />
Gottschall/Pfau-Effinger 2002, 8). In Deutschland wurden mit den sogenannten Hartz IV Reformen durchaus Workfare<br />
Elemente in der Sozialpolitik eingeführt, in Österreich ist das weniger der Fall, es wird eher auf Freiwilligenarbeit oder die<br />
Bürgergesellschaft rekurriert, allerdings gibt es doch auch Umschulungsmaßnahmen von Arbeitslosen, die mit mehr oder<br />
minder großem Druck erfolgen (siehe S. 117).<br />
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