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1.3 Resümee<br />

Arbeitsteilung, Arbeitsorganisation und die Arbeit selbst unterlagen in den letzten Jahren und<br />

Jahrzehnten einem tiefgreifenden Wandel (Altvater/Mahnkopf 2002; Castel 2000). Auch Haus- und<br />

Sorgearbeit sind davon erfasst. Immaterielle, affektive Arbeit wird zunehmend als bezahlte Arbeit in<br />

den kapitalistischen Verwertungsprozess verlagert (Hardt/Negri 2003; Hardt 2002), dennoch bleibt die<br />

Unterbewertung bestimmter Bereiche der Arbeit aufrecht. Je näher die Arbeit der privaten Hausarbeit<br />

ist, desto mehr wird sie abgewertet (Werlhof 1983). Ihre Abwertung ist nicht nur auf die traditionelle<br />

Feminisierung zurückzuführen, sondern hat auch mit der lokalen und zeitlichen Fixierung zu tun: Je<br />

gebundener und unflexibler die Arbeit bzw. der Gegenstand der Arbeit ist, desto niedriger ist sie<br />

tendenziell bewertet (Sassen 2002). Diese Unterbewertung der lokalen, unflexiblen Arbeit gegenüber<br />

der deterritorialisierten, flexiblen Arbeit ist diskursiv und institutionell hergestellt. Die notwendige,<br />

niedrig entlohnte Haus- und Sorgearbeit wird verunsichtbart und sogar kriminalisiert. Es entstehen<br />

Segmente niedrigst entlohnter und ohne soziale Rechte ausgestatteter Arbeit, die Druck auf<br />

abgesicherte Arbeit ausüben (Jessop 1993). Gerade in konservativen Wohlfahrtsstaaten, wie<br />

Österreich einer ist, sind soziale Rechte vorrangig mit Erwerbsarbeit verbunden (Esping-Andersen<br />

1998). Im Zeichen des steigenden Drucks auf den Sozialstaat infolge der Umstrukturierungen der<br />

politischen Ökonomie geht die Öffnung der Arbeitsmärkte mit der Schließung der Sozialsysteme<br />

einher. Der Europäisierung der Arbeitsmärkte folgte keine Europäisierung der Sozialsysteme im<br />

selben Maß (Bauböck 1994; Schierup et al. 2006). Die Transformation von unbezahlter in bezahlte<br />

Arbeit findet also in Wandlungsprozessen von National- und Sozialstaat, der Gesellschaft, der<br />

Ökonomie, der Arbeit und der Geschlechterverhältnisse statt.<br />

Mit der tendenziellen Angleichung der Geschlechterdifferenz kommt es zu einem partiellen<br />

Auseinanderdriften der Klassendifferenz oder der Differenz nach Nation oder Ethnie. Die<br />

Konstellationen der Ungleichheit stellen sich wieder neu dar, wenn man sie aus dem Blickwinkel einer<br />

migrantischen HausarbeiterIn in Relation zur ihrer sozialen Lage in der Herkunftsgesellschaft<br />

betrachtet. Die Achsen der Ungleichheit verschieben sich also je nach Standpunkt, die Differenzen<br />

sind relational (Becker-Schmidt 2007). Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der migrantischen<br />

HaushaltsarbeiterInnen sind differenziert zu betrachten. Der Grad der sozialen Sicherheit oder<br />

Prekarität der Arbeitsverhältnisse ist vom rechtlichen und sozialen Status im Ankunfts- und im<br />

Herkunftsland abhängig. Die Arbeitsmobilität von EU-BürgerInnen, die sich als PendelmigrantInnen<br />

in mehreren nationalstaatlichen Räumen bewegen und möglicherweise eine soziale Absicherung im<br />

Herkunftsland genießen, ist anders zu beurteilen als die Lage beispielsweise einer FernmigrantIn ohne<br />

jegliche Absicherung, der es nicht einfach möglich ist, in ihr Heimatland zurückzukehren. Bei der<br />

Analyse des sozialstaatlichen Kontextes wäre an eine Europäisierung und Harmonisierung der<br />

sozialstaatlichen Absicherung in Zukunft zu denken (Castles 2006; Cyrus 2000; Schierup et al. 2006;<br />

Pries 1997).<br />

Die Frage, ob Haus- und Sorgearbeit kommerzialisiert werden soll (vgl. Folbre 2005), scheint<br />

angesichts der Tatsache, dass wesentliche Bereiche auch der affektiven Arbeit bereits in den<br />

kapitalistischen Verwertungsprozess verlagert sind, müßig. Sozialpolitische und<br />

politikwissenschaftliche Relevanz hat die normative Frage der Kommerzialisierung von Sorgearbeit<br />

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