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aber kaum Eingang in die Forschung, was auf deren Beschränkung auf formelle Unternehmen gründet<br />

(vgl. exemplarisch: für Deutschland: Leicht et al. 2005; für Wien: Enzenhofer et al. 2007). Informelle<br />

MigrantInnennetzwerke sind dagegen häufig Gegenstand der Migrationsforschung im Bereich<br />

Hausarbeit. Sie werden nicht selten idealisiert und die Handlungsfähigkeit der MigrantInnen betont.<br />

Im Zusammenhang mit dem österreichischen irregulären Pflegearbeitsmarkt ist einerseits die<br />

Etablierung von migrantischer (ethnischer) Ökonomie (KleinunternehmerInnen) zu beobachten und in<br />

der Folge der gesetzlichen Regulierung des Personenbetreuungsgewerbes sogar die offizielle<br />

Institutionalisierung derselben, andererseits ist neben den positiven Aspekten der Unabhängigkeit von<br />

den Vermittlungs- und Anwerbeagenturen im In- und Ausland, die vor allem ein kommerzielles<br />

Interesse verfolgen, auch die Möglichkeit der Ausbeutung innerhalb der informellen Netzwerke nicht<br />

zu vernachlässigen (s. u.).<br />

Konträr dazu geht z. B. der Bielefelder Subsistenzansatz von der These aus, Hausarbeit als<br />

Subsistenzproduktion sei die Basis der Kapitalakkumulation. 15 Der marxistische Ausbeutungsbegriff,<br />

in dessen Zentrum die Lohnarbeit stehe, versperre die Analyse der übrigen, mehrheitlichen<br />

Ausbeutungsverhältnisse. Diese nähmen nicht nur die Form von Lohnarbeit an, sondern im Gegenteil<br />

massenhaft und zunehmend jene niedrigst oder nicht entlohnter Arbeit. Diesen parallel zur<br />

Proletarisierung verlaufenden Prozess bezeichnet Werlhof als „Hausfrauisierung“. Frauen verrichten<br />

jenen Teil der Arbeit, der entweder zu teuer wäre, um entlohnt werden zu können, oder weil er nicht<br />

käuflich zu erwerben ist, wie z.B. emotionale Zuwendung (vgl. konträr dazu Hochschild 1990, siehe S.<br />

31). Die Arbeit der Frau sei immer Hausarbeit oder die Verlängerung der Hausarbeit und daher<br />

unsichtbar und entwertet (Werlhof 1983, 83, 129). Das Hausfrauenverhältnis sei keineswegs ein<br />

präkapitalistisches Relikt (also ein feudales Ausbeutungsverhältnis), weil sich die Verallgemeinerung<br />

der Lohnarbeit und die Verwandlung der Hausarbeit in gesellschaftliche Arbeit noch nicht vollzogen<br />

hätten. Nicht die Verallgemeinerung der Lohnarbeit, sondern die Verallgemeinerung der Hausarbeit<br />

stünde bevor, weil das weibliche Arbeitsvermögen wesentlich profitabler sei, als das männliche, es sei<br />

das umfassendste, weil es die ganze Person einbeziehe und mobilisiere. 16 Die Ökonomie werde<br />

folglich insofern umstrukturiert, als dem männlichen Lohnarbeiter das weibliche Arbeitsvermögen<br />

anerzogen werde (Verweiblichung oder Hausfrauisierung des Lohnarbeiters). 17 Nichtentlohnte<br />

Arbeitsformen wie ehrenamtliche Sozialarbeit oder die Arbeitsverpflichtung Arbeitsloser würden auch<br />

zunehmend politisch diktiert, zugleich werde die angebliche Autonomie des informellen Sektors<br />

15 Die geschlechtliche Arbeitsteilung bzw. die Produktion der Frauen sei die Grundlage der kapitalistischen Produktion. Die<br />

hohe Bewertung der Waren setze eine niedrige Bewertung der zuvor notwendigen Arbeit (der reproduktiven bzw.<br />

Subsistenzarbeit) voraus. Die Arbeit der Frauen werde nicht getauscht, nicht bezahlt, sondern abgepresst, geraubt, gehe aber<br />

in die Kapitalbildung ein. Fasse man den Prozess der Aneignung von nichtentlohnter (Frauen)Arbeit, um die Arbeitskraft von<br />

Männern herzustellen, als Rente auf (der Kapitalist müsste der Frau für die Bereitstellung der Arbeitskraft eine Rente zahlen,<br />

Anm. AB), so ergebe sich, dass im vom Lohnarbeiter geschaffenen Mehrwert der Rentenanteil enthalten sei und der Profit im<br />

Wesentlichen aus der Rente bestehe. Der Prozess der Erzwingung der Arbeit und des Raubes der Rente sei die heutige<br />

kapitalistische ursprüngliche Akkumulation (Werlhof 1983, 155).<br />

16 Der (männliche) Lohnarbeiter werde immer teurer und unprofitabler. „Denn der Lohnarbeiter kann zu wenig und macht zu<br />

wenig. Er kann nur tun, was bezahlt wird und was vertraglich vereinbart wurde. Er tut nichts darüber hinaus, und er hat<br />

keine Ahnung von Menschenproduktion. Er funktioniert als Roboter, Anhängsel der Maschine, entemotionalisiert, er<br />

vermeidet und sabotiert jeden Versuch, ihm noch mehr des Lebens abzupressen. Er arbeitet zu kurz und ist zu schnell<br />

erschöpft. Er hat keinen Grund, initiativ zu werden, und kein Motiv für die Arbeit, er ist nicht rundherum, als Person, als<br />

ganzer Mensch, mobilisierbar. Das männliche Arbeitsvermögen ist viel zu unflexibel und ‚unfruchtbar‘, es ist blutleer.<br />

Deswegen wird es auch so selten verwendet.“ (Werlhof 1983, 129)<br />

17 Unter diesem Aspekt sei auch der Einsatz von GastarbeiterInnen zu sehen. Diese hätten einen gebrauchswertorientierten,<br />

bäuerlichen Hintergrund, der dem weiblichen Arbeitsvermögen näher stünde.<br />

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