18.11.2012 Aufrufe

dissertation

dissertation

dissertation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

unterscheiden, ebenso wenig die produktive von der reproduktiven (Hardt/Negri 2003, 295f). Auch<br />

Hardt/Negri betonen den Aspekt der „Selbstverwertung“: Interaktion und Kooperation werden nicht<br />

mehr von außen aufgezwungen, sondern sind der Arbeit vollkommen immanent. Darin liege das<br />

Potential für “eine Art spontanen und elementaren Kommunismus“, denn die ProduzentInnen seien<br />

nicht mehr notwendigerweise auf das Kapital angewiesen.<br />

„Heute haben Produktivität, Reichtum und das Schaffen eines gesellschaftlichen Surplus die Form<br />

der kooperativen Interaktion angenommen, die sich sprachlicher, kommunikativer und affektiver<br />

Netzwerke bedient.“ (Hardt/Negri 2003, 305)<br />

Die affektive Arbeit nehme, wenngleich sie nie völlig außerhalb des kapitalistischen<br />

Verwertungsprozesses gestanden habe, nun eine vorrangige Rolle ein:<br />

„Die affektive Arbeit ist heute nicht nur direkt produktiv für das Kapital, mehr noch, sie bildet die<br />

Spitze in der Hierarchie der Arbeitsformen.“ (Hardt 2002)<br />

Robert Foltin verdeutlicht die Verschiebung der unbezahlten Arbeit bzw. der affektiven Arbeit ins<br />

Kapital:<br />

„Es ist klar, dass es diese affektive Arbeit immer gegeben hat, aber außerhalb des<br />

Ausbeutungsverhältnisses durch das Kapital und daher ‚wertlos‘. Der Kapitalismus profitierte<br />

vorher nur indirekt davon, als diese Bedürfnisse in Institutionen wie in den Familien oder im<br />

Kunstbetrieb befriedigt wurden. Jetzt ist die Produktion von Affekten direkt zum Produkt, zur Ware<br />

geworden. Das wäre tatsächlich in dem Sinn zu interpretieren, dass das Patriachat zu Ende ist,<br />

insofern als der Kapitalismus jetzt identisch mit dem Patriachat ist. Natürlich ist klar, dass der<br />

Zerfall der Familie die geschlechtliche Ungleichverteilung der Arbeit, der Einkommen etc. nicht<br />

beendet hat, sondern sie nur ins Kapital verschoben wurde. Eine Revolution bleibt notwendig und<br />

sie kann nur von der affektiven Arbeit her gedacht werden, sie muss feministisch sein.“ (Foltin<br />

2002)<br />

Reproduktive Arbeit als immaterielle, affektive Arbeit, als Produktion von Affekten, Subjektivität,<br />

Gesellschaft und letztlich als biopolitische Produktion von Leben und Bevölkerung steht an der Spitze<br />

des Produktionsprozesses, die Unterscheidung zwischen Produktion und Reproduktion wird<br />

hinfällig. 18 Obwohl Hardt/Negri explizit auf die reproduktive Arbeit eingehen und ihr eine so<br />

hervorragende Stellung in der informationellen Ökonomie einräumen, fand das Konzept in der<br />

feministischen Forschung relativ wenig Resonanz. Möglicherweise haben die optimistischen Visionen<br />

von Hardt und Negri wenig mit den Realitäten der ProduzentInnen der affektiven Arbeit – wie den<br />

HaushaltsarbeiterInnen - zu tun. Auch wird in den Texten vor allem auf die mütterliche Arbeit – als<br />

biopolitische Produktion, die Leben erschafft und Gesellschaft reproduziert – rekurriert (Hardt 2002).<br />

So fruchtbar das Konzept der immateriellen Arbeit sein könnte, lässt es jedenfalls die Unterbewertung<br />

der feminisierten Arbeit und insbesondere der Haus- und Sorgearbeit völlig außer Acht. Diese besteht<br />

weiter, selbst wenn die Unterscheidung zwischen produktiver und reproduktiver Arbeit obsolet<br />

geworden sein soll und die immaterielle, affektive Arbeit im kapitalistischen Produktionsprozess<br />

18 „Diese [biopolitische] Produktion beruht demnach in erster Linie auf der Arbeit, die mit der Herstellung des Lebens<br />

beschäftigt ist, was sich nicht auf die Aktivitäten zur Erzeugung von Leben bezieht, sondern gerade auf die Produktion und<br />

Reproduktion von Affekten. In dieser Hinsicht wird offensichtlich, dass die Unterscheidung zwischen Produktion und<br />

Reproduktion ebenso hinfällig geworden ist wie die zwischen Ökonomie und Kultur. Arbeit wirkt sich direkt auf die Affekte<br />

aus; sie erzeugt Subjektivität, stellt Gesellschaft her, produziert Leben. Affektive Arbeit ist in diesem Sinn ontologisch: Sie<br />

erheischt lebendige Arbeit, um eine Form des Lebens und eine Lebensform zu konstituieren, und weist damit erneut das<br />

Potenzial der biopolitischen Produktion aus.“ (Hardt 2002)<br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!