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Beiträge zur Geschichte der Unfallchirurgie in der DDR

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aus Import und Eigenproduktion unterlagen<br />

ohneh<strong>in</strong> <strong>der</strong> bezirksärztlichen o<strong>der</strong> noch höheren<br />

Kontrolle und wurden je nach offizieller<br />

bzw. regionaler Aufgabenstellung und<br />

damit nach Dr<strong>in</strong>glichkeit zugeordnet. Auch<br />

die Fachgesellschaften wurden teilweise<br />

e<strong>in</strong>bezogen. E<strong>in</strong> Brief aus <strong>der</strong> üblichen Planungskorrespondenz<br />

soll das exemplarisch<br />

belegen und e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck vermitteln<br />

(� Abb. 1).<br />

Der Mangel führte teilweise zu kuriosen Lösungen:<br />

E<strong>in</strong> typisches Beispiel gebotenen Improvisationsvermögens<br />

waren die vielen, durchaus orig<strong>in</strong>ellen<br />

technischen Lösungen <strong>der</strong> <strong>in</strong> Eigenproduktion<br />

hergestellten äußeren Festhalter.<br />

Importgeräte renommierter Firmen standen<br />

über viele Jahre nur größeren Kl<strong>in</strong>iken mit<br />

dem Status e<strong>in</strong>es unfallchirurgischen Schwerpunkts<br />

<strong>zur</strong> Verfügung. F<strong>in</strong>dige Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Krankenhäusern gewannen<br />

Fe<strong>in</strong>mechaniker <strong>in</strong> den unterschiedlichsten<br />

Betrieben <strong>der</strong> jeweiligen Region für e<strong>in</strong>en Eigenbau.<br />

An Schanz-Schrauben bestand ke<strong>in</strong><br />

Mangel, und die Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>es<br />

Fixateur externe ist nicht an se<strong>in</strong> Design gebunden.<br />

Auch die Frage <strong>der</strong> Handhabung ist<br />

letztlich zweitrangig. Später stand das <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> hergestellte „System Miehle“ <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

In kle<strong>in</strong>eren Mengen wurden auch <strong>der</strong><br />

„Ilisarov-Apparat“ und ähnliche Geräte aus<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion importiert.<br />

Die Orthopädiewerkstatt <strong>der</strong> Charité stellte <strong>in</strong><br />

Eigenproduktion e<strong>in</strong>en Halo-Yoke-Fixateur her<br />

– e<strong>in</strong>e wichtige Ergänzung <strong>zur</strong> operativen Fusion<br />

(lange Zeit mittels selbst gefertigter Implantate,<br />

schmale AO-Platten wurden zersägt!),<br />

beson<strong>der</strong>s bei Verletzungen <strong>der</strong> oberen Halswirbelsäule.<br />

Das Problem war die Bezahlung,<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte f<strong>in</strong>anzielle Grenze durfte nicht<br />

überschritten werden. Die Lösung brachte die<br />

„Umwandlung“ <strong>in</strong> zwei Geräte, e<strong>in</strong>en Halo und<br />

e<strong>in</strong>en Yoke. Die jeweilige Rechnungssumme<br />

blieb nun unter <strong>der</strong> magischen Grenze.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Beispiel: Vielen <strong>DDR</strong>-Unfallchirurgen<br />

werden die Fahrten zum Auslieferungslager<br />

für Instrumentarien und Implantate<br />

<strong>in</strong> Gera o<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Forschungsabteilung <strong>der</strong><br />

Herstellerfirma Königssee/Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />

bleiben. Auf diesem Wege und unter<br />

Umgehung des staatlichen Planungsrituals<br />

ließen sich unkonventionelle Möglichkeiten<br />

für den Direkte<strong>in</strong>kauf f<strong>in</strong>den.<br />

Von großem Glück konnte <strong>der</strong> Unfallchirurg<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren E<strong>in</strong>richtung dann sprechen,<br />

wenn e<strong>in</strong> höherer Partei- und Staatsfunktionär<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Versorgungsbereich verunglückte<br />

und wegen <strong>der</strong> Schwere se<strong>in</strong>er Verletzungen<br />

nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Regierungskrankenhaus verlegt<br />

werden konnte. Ad hoc wurde dann e<strong>in</strong> AO-<br />

Besteck aus irgendwelchen Reserven geliefert<br />

o<strong>der</strong> auf direktem Wege aus Westberl<strong>in</strong><br />

beschafft, welches danach dem Krankenhaus<br />

weiterh<strong>in</strong> <strong>zur</strong> Verfügung stand.<br />

Abb. 1 Kopie e<strong>in</strong>es Schreibens des Instituts für Arzneimittelwesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Die Versorgung mit<br />

Implantaten lag im Verantwortungsbereich des „Instituts für Arznei mittel wesen“. Die Zusammenarbeit<br />

mit den Fachgesellschaften wurde angestrebt, z. B. h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Zusammensetzung des Sortiments.<br />

Der Mangel an Geräten und Instrumentarien<br />

<strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Häusern hatte bei allen<br />

negativen Seiten auch etwas Positives.<br />

Er führte zwangsläufig <strong>zur</strong> Verlegung <strong>der</strong><br />

betroffenen Patienten <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong><br />

Universitäten und Bezirkskrankenhäuser<br />

mit allen Vorteilen e<strong>in</strong>er Zentralisierung<br />

therapeutisch anspruchvoller Erkrankungen<br />

und Verletzungen.<br />

Die meisten <strong>DDR</strong>-Unfallchirurgen verfügten<br />

über umfangreiche allgeme<strong>in</strong>chirurgische<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten und waren<br />

als Subspezialisten gut weitergebildet (s.<br />

Kap. 7: „Fort- und Weiterbildung“). In vielen<br />

schwierigen Situationen waren sie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, s<strong>in</strong>nvoll zu improvisieren und e<strong>in</strong>e folgerichtige<br />

technische Notlösung zu f<strong>in</strong>den.<br />

Auch deshalb bereitete die Handhabung<br />

<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Wende schnell <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehenden Geräte, Instrumentarien und<br />

Implantate – unterstützt durch Kurse <strong>der</strong><br />

Fachgesellschaften und Industrie, durch<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 13

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