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Beiträge zur Geschichte der Unfallchirurgie in der DDR

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Der Aufstieg <strong>in</strong> höhere Positionen war<br />

nicht das Ergebnis von Konkurrenz und<br />

Leistung, die Auswahl erfolgte durch die<br />

gesellschaftspolitische Führungsriege <strong>der</strong><br />

SED. Mitglie<strong>der</strong> bestimmter Gruppen (z. B.<br />

Blockparteien, Frauenför<strong>der</strong>ung) hatten bestimmte<br />

Vorteile.<br />

E<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Mangel bestand auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> zunehmenden Unterordnung gesundheitspolitischer<br />

und auch kl<strong>in</strong>ischer Aufgaben<br />

durch parteigelenkte Zielstellungen<br />

und entsprechende Vorgaben. Das betraf<br />

beson<strong>der</strong>s die Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten<br />

von ärztlichen Mitarbeitern,<br />

die sich nicht durch SED-Mitgliedschaft explizit<br />

<strong>zur</strong> <strong>DDR</strong>-Politik bekannten. Der <strong>in</strong>tensive<br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Staatssicherheit <strong>in</strong> nahezu<br />

alle Belange <strong>der</strong> ärztlichen Berufsausübung<br />

und <strong>der</strong> universitären Lehre war <strong>der</strong> überwiegenden<br />

Zahl <strong>der</strong> ärztlichen Mitarbeiter<br />

nicht bekannt.<br />

Zu ka<strong>der</strong>politischen Entscheidungen berichtet<br />

<strong>der</strong> Autor E. M. über se<strong>in</strong>e persönlichen<br />

Erfahrungen.<br />

Ich habe nach me<strong>in</strong>er Habilitation im Jahre<br />

1977 mehrere, von me<strong>in</strong>em Kl<strong>in</strong>ikdirektor<br />

unterstützte Anträge auf Zuerkennung<br />

e<strong>in</strong>er Dozentur gestellt. Mehrere Anträge<br />

wurden abgelehnt; die Antragsunterlagen<br />

habe ich <strong>in</strong> Form spärlicher Reste erst nach<br />

<strong>der</strong> Wende <strong>zur</strong>ück bekommen. Ich wurde<br />

auch nach ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Ablehnung offiziell<br />

<strong>in</strong>formiert. Der Tatbestand wurde mir<br />

<strong>in</strong>noffiziell von e<strong>in</strong>em Kenntnisträger mitgeteilt.<br />

Erst 1983 wurde ich zum Dozenten<br />

ernannt. Im Jahre 1987 wurde ich durch den<br />

M<strong>in</strong>ister für das Hoch- und Fachschulwesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als außerordentlicher Professor berufen.<br />

Der Vorschlag g<strong>in</strong>g von H. Schrö<strong>der</strong><br />

(1929–1997), Nachfolger von T. Becker, und<br />

von Vertretern me<strong>in</strong>er Universität aus, die<br />

offensichtlich auf me<strong>in</strong>e weitere Tätigkeit<br />

<strong>in</strong> Jena nicht verzichten wollten. Ich war <strong>in</strong>zwischen<br />

an an<strong>der</strong>en Hochschulen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(Rostock, Magdeburg) für die Leitung <strong>der</strong><br />

Abteilung <strong>Unfallchirurgie</strong> im Gespräch.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es mehrfach selbst erlebtes Beispiel<br />

betraf die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Besuchs<br />

von Fortbildungsveranstaltungen im westlichen<br />

Ausland. Im Jahr 1970 erhielt ich e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>ladung zum Besuch e<strong>in</strong>es AO-Kurses <strong>in</strong><br />

Bad Gleichenberg <strong>in</strong> Österreich. Nach Bearbeitung<br />

<strong>der</strong> aufwendigen Formalitäten<br />

und langer Wartezeit erhielt ich schließlich<br />

via M<strong>in</strong>isterium, Rektorat <strong>der</strong> Universität,<br />

Bereichsleitung Mediz<strong>in</strong> und Kl<strong>in</strong>ikdirektor<br />

den H<strong>in</strong>weis, dass <strong>der</strong> Antrag abgelehnt<br />

wurde, da ke<strong>in</strong>e Devisen <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stünden. Nach me<strong>in</strong>er Information an die<br />

Veranstalter über die Ablehnung me<strong>in</strong>er<br />

Teilnahme hat mir <strong>der</strong> organisatorische Leiter<br />

des Kurses, <strong>der</strong> damalige Oberarzt <strong>der</strong><br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik für Chirurgie <strong>in</strong> Graz, Dr.<br />

Harald Tscherne, geschrieben, dass das Organisationskomitee<br />

<strong>der</strong> Sektion Österreich<br />

<strong>der</strong> AO mich und me<strong>in</strong>e Frau abermals e<strong>in</strong>laden<br />

möchte und alle Kosten für den Kurs,<br />

die Übernachtung und die Reise übernehmen<br />

würde. Die Antwort nach langer Zeit,<br />

den genannten Weg nehmend, war e<strong>in</strong>e<br />

Ablehnung me<strong>in</strong>er Reise; diesmal ohne Begründung.<br />

Das war politischer Alltag <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>!<br />

Literatur<br />

1. Böhler L. Die Technik <strong>der</strong> Knochenbruchbehandlung.<br />

Verlag Wilhelm Maudrich 1929<br />

2. Ekkernkamp A, Probst J. Von <strong>der</strong> Unfallheilkunde<br />

<strong>zur</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>. Z. ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh.wes<br />

2004; 98: 31–36<br />

3. Fläschendräger W, Klaus W, Köhler R, Kraus A, Steiger<br />

G. Magister und Scholaren, Professoren und<br />

Studenten – <strong>Geschichte</strong> deutscher Universitäten<br />

und Hochschulen im Überblick. Leipzig-Jena-Berl<strong>in</strong>:<br />

Urania-Verlag; 1981<br />

4. Heim UFA. Das Phänomen AO – Gründung und<br />

erste Jahre <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für das Studium<br />

<strong>der</strong> Osteosynthese. Verlag H. Huber 2001<br />

5. Howmedica GmbH Kiel. Gerhard Küntscher – E<strong>in</strong><br />

Pionier <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Osteosynthese. Festschrift<br />

1990<br />

6. Hoßfeld U, Kaiser T, Mestrup H. Hochschule im Sozialismus.<br />

Bölau Verlag 2007<br />

7. Lemmens F. Der Wie<strong>der</strong>aufbau und die Entwicklung<br />

des Leistungsprofils <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät<br />

<strong>in</strong> den Jahren 1945 bis 1961. In.: Kästner I,<br />

Thom A. 575 Jahre Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät <strong>der</strong> Universität<br />

Leipzig. Johann Ambrosius Barth Verlag<br />

1990: 210–211<br />

8. Löffler F. Eröffnungsansprache des 1. Vorsitzenden<br />

auf <strong>der</strong> ersten wissenschaftlichen Tagung <strong>der</strong><br />

neuen Gesellschaft. Beitr. Orthop. 1954; 1: 7–11<br />

9. Markgraf E. Theo Becker - e<strong>in</strong> Wegbereiter <strong>der</strong><br />

Chirurgie <strong>in</strong> <strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong>. Zentralbl Chir<br />

2006; 131: 93–94<br />

10. Meißner F. Herbert Uebermuth und die Spezialisierung<br />

<strong>der</strong> Chirurgie. In: Schönfel<strong>der</strong> M, Schwokowski<br />

C. Herbert Uebermuth (1901–1986) – Leben<br />

und Werk e<strong>in</strong>es Chirurgen. Leipzig: Verlag Andreas<br />

Lieback; 2001<br />

11. Neumann M, Spiegel HU. Chirurgische Forschung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 2007; 36:<br />

350–355<br />

12. Povacz F. Der Geist <strong>der</strong> Böhlerschule. Verlag Wilhelm<br />

Maudrich; 2004<br />

13. Probst J. 60 Jahre Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde.<br />

Demeter Verlag; 1982<br />

14. Red<strong>in</strong>g R. Kommentar zu „Chirurgische Forschung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“. In: Neumann M, Spiegel HU. Chirurgische<br />

Forschung <strong>in</strong> Deutschland. Kaden Verlag;<br />

169–190. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Chirurgie; 36: 355–356<br />

15. Rupprecht H, Schickedanz H, Presselt N. Erziehung,<br />

Aus- und Weiterbildung. In: Schickedanz<br />

H. Die Chirurgische Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Universität Jena<br />

1961–1980. Wissenschaftliche <strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong> FSU;<br />

1980: 17–28<br />

16. Schober KL. Stal<strong>in</strong>grad – Befreiung <strong>in</strong> Gefangenschaft.<br />

Demeter Verlag; 1995<br />

17. Steiger G, Flaschenträger W. Magister und Scholaren,<br />

Professoren und Studenten – <strong>Geschichte</strong><br />

deutscher Universitäten und Hochschulen im<br />

Überblick. Urania-Verlag; 1981; 225<br />

18. Ste<strong>in</strong>bach, Matthias. Universitätserfahrung Ost.<br />

<strong>DDR</strong>-Hochschullehrer im Gespräch. Verlag Bussert<br />

& Stadeler; 2005<br />

19. Stiller H. Gedanken <strong>zur</strong> Behandlung von Verletzungen<br />

und ihren Früh- und Spätfolgen. Ther. d.<br />

Gegenw. 1960; 99: 361–371<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 23

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