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Beiträge zur Geschichte der Unfallchirurgie in der DDR

Beiträge zur Geschichte der Unfallchirurgie in der DDR

Beiträge zur Geschichte der Unfallchirurgie in der DDR

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30. Jahrgang<br />

Supplement 1<br />

September 2008<br />

Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Mitteilungen<br />

und Nachrichten<br />

Supplement<br />

<strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Herausgegeben von:<br />

Prof. Dr. E. Markgraf, Jena<br />

Prof. Dr. W. Otto, Dieskau<br />

Dr. K. Welz, Cottbus<br />

h


Deutsche<br />

Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Mitteilungen und<br />

Nachrichten<br />

30. Jahrgang<br />

Supplement 1<br />

September 2008<br />

Schriftleitung:<br />

Prof. Dr. Hartmut Siebert,<br />

Schwäbisch Hall<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Pol. Joachim Arndt,<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Herausgeber des<br />

Supplements:<br />

Prof. Dr. E. Markgraf, Jena<br />

Prof. Dr. W. Otto, Kabelsketal<br />

Dr. K. Welz, Cottbus<br />

Supplement<br />

<strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Grußwort<br />

A. Ekkernkamp, H. Siebert<br />

2 Geleitwort<br />

J. Probst<br />

3 Vorwort<br />

E. Markgraf, W. Otto, K. Welz<br />

4 Gesellschaftliche Konditionen –<br />

Teil 1<br />

W. Otto<br />

6 Gesellschaftliche Konditionen –<br />

Teil 2<br />

K. Welz<br />

8 Aufbau des staatlichen<br />

Gesundheits wesens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

W. Senst, K. Welz<br />

15 <strong>Unfallchirurgie</strong> an den Hochschule<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

E. Markgraf, W. Otto<br />

24 Die Rolle <strong>der</strong> konfessionellen<br />

Krankenhäuser <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

S. Grafe<br />

26 Die mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

K. Sandner, W. Senst, E. Markgraf<br />

31 Fort- und Weiterbildung<br />

K. Welz<br />

37 Kongresse – Tagungen mit<br />

<strong>in</strong>ternationaler Beteiligung<br />

K. Sandner, E. Markgraf, W. Senst<br />

43 Unfallchirurgische Aktivitäten<br />

und Erfahrungen <strong>in</strong> Mosambik<br />

und Uganda<br />

D. Paul, K. Paul<br />

48 Er<strong>in</strong>nerungen an me<strong>in</strong> Zusatzstudium<br />

im Lettischen wissenschaftlichen<br />

Institut für Traumatologie<br />

und Orthopädie <strong>in</strong> Riga<br />

F. Schulz<br />

51 Die Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong><br />

AO-International<br />

W. Otto, E. Markgraf<br />

58 Sporttraumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

K. Franke<br />

64 Voraussetzungen für die operative<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

W. Otto<br />

67 Die Entwicklung <strong>der</strong> externen<br />

Knochenfixation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

D. Miehle<br />

70 Studienreise nach Nicaragua<br />

D. Miehle<br />

72 Begutachtung<br />

W. Senst<br />

76 Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

W. Kurz<br />

80 Die <strong>Unfallchirurgie</strong> als Wurzel <strong>der</strong><br />

außerkl<strong>in</strong>i schen Notfallversorgung<br />

<strong>in</strong> Ost deutschland<br />

M. Burgkhardt, R. Schäfer<br />

85 Die Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

und ihre Verb<strong>in</strong>dungen<br />

zu den Unfallchirurgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1950 – 1990<br />

J. Probst<br />

98 <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung Deutschlands<br />

E. Markgraf<br />

109 E<strong>in</strong>führung und Aufbau <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

K. Welz<br />

112 Autoren des Supplements mit Bild<br />

und Curriculum


Impressum<br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Mitteilungen und Nachrichten<br />

30. Jahrgang<br />

Schriftleitung<br />

Prof. Dr. med. Hartmut Siebert<br />

Chirurgische Kl<strong>in</strong>ik II<br />

Diakoniekl<strong>in</strong>ikum<br />

Heilbronnerstr. 100<br />

74523 Schwäbisch Hall<br />

E-Mail: hsiebert@diaksha.de<br />

Verlag<br />

Georg Thieme Verlag KG<br />

Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart o<strong>der</strong><br />

Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart<br />

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http://www.thieme.de<br />

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Copyright<br />

Die Zeitschrift und alle <strong>in</strong> ihr enthaltenen<br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Beiträge</strong> und Abbildungen s<strong>in</strong>d<br />

für die Dauer des Urheberrechts geschützt.<br />

Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist<br />

ohne Zustimmung des Verlages unzulässig<br />

und strafbar. Das gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für<br />

Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />

und die E<strong>in</strong>speicherung und<br />

Verarbeitung <strong>in</strong> elektronischen Systemen.<br />

Redaktion<br />

Dipl.-Pol. Joachim Arndt<br />

DGU-Geschäftsstelle<br />

Langenbeck-Virchow-Haus<br />

Luisenstraße 58/59, 10117 Berl<strong>in</strong><br />

Tel.: (0 30) 28 00-430 und -431<br />

Fax: (0 30) 28 00-43 06<br />

E-Mail: dgunfallchirurgie@dgu-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Verantwortlich für den Anzeigenteil<br />

Thieme.media<br />

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Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart o<strong>der</strong><br />

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Mitglie<strong>der</strong> folgen<strong>der</strong> Gesellschaften erhalten die Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft:<br />

Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

E<strong>in</strong>zelheft 28,– € (D) zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort, unverb<strong>in</strong>dlich empfohlener Preis;<br />

<strong>in</strong>klusive 7 % Mehrwertsteuer.<br />

* <strong>in</strong> € (D); unverb<strong>in</strong>dlich empfohlene Preise; <strong>in</strong>klusive 7 % Mehrwertsteuer. Das Abonnement wird zum Jahreswechsel<br />

im Voraus berechnet und <strong>zur</strong> Zahlung fällig. Das Abonnement kann je<strong>der</strong>zeit begonnen werden. Die Bezugsdauer verlängert<br />

sich automatisch jeweils um e<strong>in</strong> Jahr, wenn bis zum 30. September des Vorjahres ke<strong>in</strong>e Abbestellung vorliegt.<br />

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E-Mail: Heike.Wultschner@thieme.de<br />

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Allgeme<strong>in</strong>e Informationen<br />

Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Mitteilungen und Nachrichten, 1436-6142,<br />

ersche<strong>in</strong>t 2-mal im Jahr.<br />

Wichtiger H<strong>in</strong>weis<br />

Wie jede Wissenschaft ist die Mediz<strong>in</strong><br />

ständigen Entwicklungen unterworfen.<br />

Forschung und kl<strong>in</strong>ische Erfahrung<br />

erweitern unsere Erkenntnisse, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

was Behandlung und medikamentöse<br />

Therapie anbelangt. Soweit <strong>in</strong><br />

diesem Heft e<strong>in</strong>e Dosierung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Applikation erwähnt wird, darf <strong>der</strong> Leser<br />

zwar darauf vertrauen, dass Autoren,<br />

Herausgeber und Verlag große Sorgfalt<br />

darauf verwandt haben, dass diese<br />

Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung<br />

<strong>der</strong> Zeitschrift entspricht. Für<br />

Angaben über Dosierungsanweisungen<br />

und Applikationsformen kann vom Verlag<br />

jedoch ke<strong>in</strong>e Gewähr übernommen<br />

werden. Je<strong>der</strong> Benutzer ist angehalten,<br />

durch sorgfältige Prüfung <strong>der</strong> Beipackzettel<br />

<strong>der</strong> verwendeten Präparate und<br />

gegebenenfalls nach Konsultation e<strong>in</strong>es<br />

Spezialisten festzustellen, ob die dort<br />

gegebene Empfehlung für Dosierungen<br />

o<strong>der</strong> die Beachtung von Kontra<strong>in</strong>dikationen<br />

gegenüber <strong>der</strong> Angabe <strong>in</strong> dieser<br />

Zeitschrift abweicht. E<strong>in</strong>e solche Prüfung<br />

ist beson<strong>der</strong>s wichtig bei selten verwendeten<br />

Präparaten o<strong>der</strong> solchen, die neu<br />

auf den Markt gebracht worden s<strong>in</strong>d.<br />

Jede Dosierung o<strong>der</strong> Applikation erfolgt<br />

auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren<br />

und Verlag appellieren an jeden Benutzer,<br />

ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten<br />

dem Verlag mitzuteilen.<br />

Information für unsere Leser<br />

Wir bitten unsere Abonnenten, Adressän<strong>der</strong>ungen<br />

dem Abonnentenservice mitzuteilen,<br />

um e<strong>in</strong>e reibungslose Zustellung <strong>der</strong><br />

Zeitschrift zu gewährleisten.<br />

Marken, geschäftliche Bezeichnungen o<strong>der</strong><br />

Handelsnamen werden nicht <strong>in</strong> jedem Fall<br />

beson<strong>der</strong>s kenntlich gemacht. Aus dem<br />

Fehlen e<strong>in</strong>es solchen H<strong>in</strong>weises kann nicht<br />

geschlossen werden, dass es sich um e<strong>in</strong>en<br />

freien Handelsnamen handelt.<br />

Informationen für Autoren<br />

Manuskripte<strong>in</strong>reichung:<br />

an die Schriftleitung<br />

Grundsätzlich werden nur solche Manuskripte<br />

angenommen, die vorher we<strong>der</strong> im<br />

Inland noch im Ausland (<strong>in</strong> vollem Umfang,<br />

<strong>in</strong> ähnlicher Form o<strong>der</strong> <strong>in</strong> jedwe<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Medienform) veröffentlicht worden s<strong>in</strong>d.<br />

Die Manuskripte dürfen auch nicht gleichzeitig<br />

an<strong>der</strong>en Publikationsorganen <strong>zur</strong> Publikation<br />

angeboten werden.<br />

Soweit Abbildungen aus an<strong>der</strong>en Veröffentlichungen<br />

entnommen s<strong>in</strong>d, räumt <strong>der</strong> Verfasser<br />

dem Verlag lediglich das nicht ausschließliche<br />

Nutzungsrecht im Umfang des<br />

vorstehenden Absatzes e<strong>in</strong>. Der Verfasser<br />

ist für die vollständige Quellenangabe sowie<br />

die E<strong>in</strong>holung <strong>der</strong> schriftlichen E<strong>in</strong>willigung<br />

des an<strong>der</strong>en Verlages zu den vorstehenden<br />

Rechtsräumungen verantwortlich<br />

und weist diese dem Verlag nach.<br />

© Georg Thieme Verlag KG<br />

Stuttgart • New York 2008<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Grußwort<br />

A. Ekkernkamp, H. Siebert<br />

Fast 19 Jahre nach dem Fall <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er<br />

Mauer ersche<strong>in</strong>en die von vielen erwarteten<br />

„<strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“.<br />

Wer hätte dies kompetenter und authentischer<br />

abhandeln können als die drei Herausgeber<br />

Eberhard Markgraf, Jena (Präsident<br />

<strong>der</strong> DGU 1996), Wieland Otto, Halle,<br />

und Klaus Welz, Cottbus.<br />

Wesentliche Kapitel wurden von den Herausgebern<br />

selbst verfasst, darüber h<strong>in</strong>aus<br />

ist es ihnen gelungen, alle wichtigen Facetten<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-<strong>Unfallchirurgie</strong> zu beleuchten<br />

und Autoren zu gew<strong>in</strong>nen, für die <strong>der</strong> Begriff<br />

Zeitzeuge nicht übertrieben ist.<br />

Die Realisierung dieses ehrgeizigen Projektes<br />

ist zu e<strong>in</strong>em maßgeblichen Teil dem<br />

langjährigen Generalsekretär <strong>der</strong> DGU,<br />

Herrn Prof. Dr. med. Jürgen Probst, Murnau,<br />

zu verdanken. Dieser hat vor <strong>der</strong> deutschen<br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung nach Kräften den wis-<br />

senschaftlichen Austausch und kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Dialog zwischen den Unfallchirurgen<br />

im Osten und Westen geför<strong>der</strong>t. In<br />

den frühen 90er Jahren hat <strong>der</strong> „General“<br />

dafür gesorgt, dass die neu h<strong>in</strong>zugekommenen<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen rasch <strong>in</strong><br />

die DGU <strong>in</strong>tegriert werden konnten – unter<br />

den wissenschaftlichen Fachgesellschaften<br />

ke<strong>in</strong>eswegs selbstverständlich. Durch Interesse<br />

und Zuwendung ist es den Herren<br />

Probst und Kurz aus Lübben gelungen, die<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Sektion <strong>in</strong> die<br />

DGU zu überführen, wovon die jungen Unfallchirurg<strong>in</strong>nen<br />

und Unfallchirurgen, K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurg<strong>in</strong>nen<br />

und K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgen noch<br />

heute profitieren.<br />

Herausgebern und Autoren sei für die enorme<br />

Mühe, die mit aufwendigen Recherchen<br />

verbunden gewesen ist, gedankt. Dem Thieme-Verlag<br />

ist es gelungen, die Präsentation<br />

wirklich ansehnlich zu gestalten.<br />

Den Leser<strong>in</strong>nen und Lesern wünschen wir<br />

Erkenntnisgew<strong>in</strong>n, Er<strong>in</strong>nerung an schöne<br />

und auch schwierige Zeiten. Manches<br />

Vorurteil ist nach <strong>der</strong> Lektüre nicht länger<br />

aufrecht zu erhalten, das Werk leistet e<strong>in</strong>en<br />

wesentlichen Beitrag <strong>zur</strong> Aufarbeitung <strong>der</strong><br />

deutsch-deutschen Vergangenheit.<br />

Das beson<strong>der</strong>e Interesse <strong>der</strong> Unterzeichnenden,<br />

die aus eigenem Erleben „östliche“<br />

und „westliche“ unfallchirurgische Schulen<br />

erfahren durften, ist garantiert.<br />

Gratulation und herzliche Grüße!<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Axel Ekkernkamp<br />

Präsident – Deutsche Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Prof. Dr. Hartmut Siebert<br />

Generalsekretär – Deutsche Gesellschaft<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 1


2<br />

Geleitwort<br />

J. Probst<br />

Zu den ältesten abendländischen Kulturträgern<br />

zählt die Geschichtsschreibung, <strong>der</strong>en<br />

Begrün<strong>der</strong> Thukydides (* um 460, † nach 400<br />

a. C.) die wahrheitsgemäße Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Ereignisse, nicht <strong>der</strong>en nachgehende, <strong>der</strong><br />

Betrachterzeit zugeordnete Deutung o<strong>der</strong><br />

Wertung als Pr<strong>in</strong>zip voraussetzte. Nicht Auskünfte<br />

des ersten Besten, son<strong>der</strong>n Selbsterlebtes<br />

sowie auf Wahrheitsgehalt genauestens<br />

geprüfte Nachrichten sollten überliefern,<br />

was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft dauern<strong>der</strong> Besitz<br />

und nützlich bleibe, auch wenn daraus ke<strong>in</strong><br />

erzählerisches Prunkstück entstehe [1].<br />

Die Verführung, sich historischer Argumente<br />

zu bedienen und damit (politische)<br />

Ansprüche zu begründen, ist seit Ende des<br />

18. Jahrhun<strong>der</strong>ts historisch – und seitdem<br />

oft missbraucht worden. „Die Historie wird<br />

immer neu geschrieben. Jede Zeit und ihre<br />

Richtung macht sie sich zu eigen und trägt<br />

ihre Gedanken darauf über. Danach wird<br />

Lob und Tadel ausgeteilt.“ [2] Unsere eigenen<br />

Erfahrungen bestätigen diese Erkenntnis<br />

<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s leidvoller Weise.<br />

Noch nicht lange liegt h<strong>in</strong>ter uns die Epoche<br />

<strong>der</strong> an Vollständigkeit nicht zu überbietenden<br />

Teilung und Trennung unseres<br />

Volkes, unseres Geme<strong>in</strong>wesens, <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

und damit auch <strong>der</strong> Chirurgen. Und<br />

doch s<strong>in</strong>d fast zwei Jahrzehnte seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

verstrichen, e<strong>in</strong> Zeitraum, <strong>in</strong><br />

dem bereits viele Zeitgenossen von uns gegangen<br />

s<strong>in</strong>d, ohne dass uns ihre Zeugnisse<br />

erhalten blieben. Rechnet man noch die Zeit<br />

des 2. Weltkrieges h<strong>in</strong>zu, s<strong>in</strong>d mehr als zwei<br />

Generationen „vergessen“. So wurde es Zeit,<br />

Dokumente und Erfahrungen, Erlebtes, Er-<br />

littenes und mit Mut Bewahrtes aus erster<br />

Hand zu sichern, um jene vier Jahrzehnte<br />

getrennter Wege <strong>der</strong> nach dem 2. Weltkrieg<br />

aufstrebenden <strong>Unfallchirurgie</strong> nicht auszulöschen.<br />

Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Chirurgie wurde von <strong>der</strong><br />

Mitte des 19. bis <strong>zur</strong> Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

von an<strong>der</strong>en ihrer Aufgabengebiete<br />

beherrscht, ihr ältester Teil, die Chirurgie<br />

<strong>der</strong> Verletzungen, blieb <strong>in</strong> zweiter Reihe.<br />

Erst aus <strong>der</strong> Asche des Infernos erstand<br />

die mo<strong>der</strong>ne <strong>Unfallchirurgie</strong>, die, ebenso<br />

wie e<strong>in</strong>st die Chirurgie <strong>der</strong> großen Körperhöhlen,<br />

<strong>der</strong> Erfüllung bestimmter Voraussetzungen<br />

bedurfte, um aus <strong>der</strong> oft nur<br />

mit Schaden erhaltenden Wundarznei die<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie und damit den<br />

neben <strong>der</strong> Viszeralchirurgie größten Anteil<br />

<strong>der</strong> chirurgischen Versorgung hervorgehen<br />

zu lassen. Dass diese Entwicklung <strong>in</strong> die Zeit<br />

<strong>der</strong> deutschen Teilung fiel, ist e<strong>in</strong>e Tragik an<br />

sich, <strong>in</strong>sofern sie e<strong>in</strong>e Demigration <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

und <strong>der</strong> auf praktischem<br />

Erfahrungsaustausch beruhenden evolutionären<br />

Kapazitäten verursachte.<br />

Es ist e<strong>in</strong> geschichtliches Anrecht <strong>der</strong> Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong>, ihre unter<br />

schwierigen Umständen geleistete Arbeit<br />

über die engere Phase <strong>der</strong> staatlichen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

h<strong>in</strong>aus gewürdigt zu sehen.<br />

Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> bliebe<br />

unvollständig und auch unwahr, ließe man<br />

ihren Fortgang zwischen Kriegsende und<br />

Zusammenbruch des Eisernen Vorhanges<br />

jenseits dessen unbeachtet. Sie blieb und<br />

ist e<strong>in</strong> Teil des Ganzen! „E<strong>in</strong> Verständnis <strong>der</strong><br />

Gegenwart gibt es nicht ohne Kenntnis <strong>der</strong><br />

früheren Zeiten. Die e<strong>in</strong>e reicht <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />

die Hände: e<strong>in</strong>e kann ohne die an<strong>der</strong>e entwe<strong>der</strong><br />

gar nicht existieren o<strong>der</strong> doch nicht<br />

vollkommen se<strong>in</strong>.“ [3]<br />

Nicht nur die chirurgischen Leistungen<br />

verdienen unseren Respekt. Allen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />

und Bedrängungen zum Trotz<br />

hielten die Unfallchirurgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> auch<br />

die unsichtbare Flagge <strong>der</strong> Menschlichkeit<br />

und <strong>der</strong> Kollegialität aufrecht. Ohne diese<br />

wäre die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong><br />

diesem für die uns anvertrauten Menschen<br />

so wichtigen Bereich schwerlich so rasch, so<br />

erfolgreich und so atraumatisch gelungen,<br />

wie sie tatsächlich zustande gekommen ist.<br />

Im Jahr <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung starb unser<br />

ältestes Ehrenmitglied, „<strong>der</strong> Chirurg mit<br />

dem Jahrhun<strong>der</strong>t“, Werner Wachsmuth,<br />

dessen Wort die Unfallchirurgen <strong>in</strong> Ost und<br />

West beherzigten: „Nicht äußere Liebenswürdigkeit<br />

und Bequemlichkeit des Umganges<br />

begründen Freundschaften, son<strong>der</strong>n<br />

alle wirklich echten und beständigen Beziehungen<br />

zwischen den Menschen beruhen<br />

auf <strong>der</strong> Erkenntnis des <strong>in</strong>neren Wertes des<br />

An<strong>der</strong>en.“ [4]<br />

Prof. Dr. Jürgen Probst<br />

Asamallee 10<br />

82418 Murnau/Staffelsee<br />

Literatur<br />

1. Thukydides, Peloponnesischer Krieg I, 22<br />

2. L. v. Ranke, Tagebuch um 1840<br />

3. L. v. Ranke, Sämtliche Werke 24, 288<br />

4. W. Wachsmuth, Zentralblatt für Chirurgie 67<br />

(1940)<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Vorwort<br />

E. Markgraf, W. Otto, K. Welz<br />

Die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft „<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>“ <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong>, die von J. Probst<br />

<strong>in</strong>s Leben gerufen wurde, hat sich das Ziel<br />

gestellt, persönliche Daten von Repräsentanten<br />

unserer Gesellschaft und historische<br />

Dokumente zu erhalten und <strong>der</strong> <strong>in</strong>teressierten<br />

Öffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />

Dabei musste vielfach <strong>zur</strong> Kenntnis genommen<br />

werden, dass, je weiter die Jahrzehnte<br />

<strong>zur</strong>ückliegen, immer weniger Dokumente<br />

erhalten geblieben s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> Lebensdaten<br />

e<strong>in</strong>st bedeuten<strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Chirurgie<br />

vorliegen. Zwangsläufig ergab sich die<br />

Notwendigkeit, entsprechende Fakten und<br />

Gegebenheiten auch über die <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zu konservieren. 2005 hat<br />

sich deshalb e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Arbeitsgruppe<br />

konstituiert, die ihre Bemühungen unter<br />

<strong>der</strong> Losung „wi<strong>der</strong> das Vergessen und wi<strong>der</strong><br />

das Verfälschen“ begonnen hat. Dieses<br />

Supplement enthält das Ergebnis <strong>der</strong> Bemühungen.<br />

Die <strong>Beiträge</strong> erheben nicht den<br />

Anspruch, geschichtswissenschaftlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht zu werden. Es s<strong>in</strong>d<br />

vielmehr persönliche Erfahrungen <strong>der</strong> Autoren,<br />

die, J. Probst ausnehmend, alle <strong>in</strong><br />

leitenden Positionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> tätig waren<br />

und deshalb Zeitzeugen s<strong>in</strong>d. Auf zahlreiche<br />

Persönlichkeiten und ihre unfallchirurgischen<br />

Aktivitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> konnte<br />

nicht e<strong>in</strong>gegangen werden. Recherchen,<br />

die alle Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und ihre leitenden<br />

ärztlichen Persönlichkeiten erfasst hätten,<br />

waren den Herausgebern und Autoren aus<br />

sicher verständlichen Gründen nicht möglich.<br />

Die <strong>in</strong> den vorliegenden <strong>Beiträge</strong>n zum<br />

jetzigen Zeitpunkt noch erfassbaren Fakten<br />

und Dokumente haben wir aufbereitet, weil<br />

diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Jahren o<strong>der</strong> Jahrzehnten<br />

nicht mehr zugänglich se<strong>in</strong> werden. Die<br />

Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>es um e<strong>in</strong>e spezielle Auskunft<br />

gebetenen Kollegen, „dass die an e<strong>in</strong>er Situation<br />

beteiligten und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ereignisfolge<br />

mitwirkenden Personen nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />

s<strong>in</strong>d, die Fakten und die daraus resultierenden<br />

Probleme wertungsfrei zusammenzufassen“,<br />

haben wir nicht geteilt; die sicher<br />

nicht wi<strong>der</strong>legbare Befangenheit haben wir<br />

bewusst <strong>in</strong> Kauf genommen.<br />

Wir bitten zu berücksichtigen, dass Vergleiche<br />

<strong>der</strong> unterschiedlichen staatlichen<br />

Systeme nur möglich s<strong>in</strong>d, wenn die gleichen<br />

historischen Zeiträume und ihre Entwicklungsstufen<br />

zugrunde gelegt werden.<br />

Es muss auch betont werden, dass die<br />

Realität <strong>der</strong> zwei deutschen Staaten auf<br />

völlig unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

und Möglichkeiten, die auch unterschiedliche<br />

Denkweisen und Vorstellungen hervor<br />

gerufen haben, basierten. Was das ärztliche<br />

Ethos und die Bewältigung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen an Unfallchirurg<strong>in</strong>nen<br />

und Unfallchirurgen betrifft, dürfte<br />

e<strong>in</strong>e weitgehende Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong> beiden<br />

deutschen Staaten vorgelegen haben.<br />

Der Beitrag über die gesellschaftlichen<br />

Konditionen wurde bewusst und unabhängig<br />

von zwei Mitherausgebern <strong>der</strong> <strong>Beiträge</strong><br />

verfasst, da diese wichtige E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong><br />

Realität <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e nuancierte Betrachtung<br />

notwendig ersche<strong>in</strong>en lässt.<br />

Die <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Kapiteln dargestellten<br />

Auffassungen <strong>der</strong> Autoren zeigen <strong>der</strong>en<br />

subjektive Sicht, die nicht mit <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Herausgeber übere<strong>in</strong>stimmen muss.<br />

Wir hoffen, dass sich trotz <strong>der</strong> formulierten<br />

Unzulänglichkeiten <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> Überblick<br />

ergibt, <strong>der</strong> die spezifische Situation unfallchirurgischer<br />

Betätigung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Entwicklungsphasen h<strong>in</strong>reichend<br />

real wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

H. W. Schreiber hat auf dem 117. Kongress<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Chirurgie<br />

im Jahr 2000 das Thema se<strong>in</strong>es Vortrags<br />

„Ist <strong>Geschichte</strong> noch zeitgemäß“? treffend<br />

beantwortet: „<strong>Geschichte</strong> ist immer zeitgemäß<br />

und immer notwendig. Wir s<strong>in</strong>d täglich<br />

aufs Engste mit ihr verbunden. Wer die<br />

Vergangenheit missachtet, handelt wi<strong>der</strong><br />

Vernunft und Klugheit. Er ist nur zufällig <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Gegenwart und fährt mit Abblendlicht<br />

<strong>in</strong> die Zukunft“. [1]<br />

Wir hoffen, dass unsere <strong>Beiträge</strong> das Interesse<br />

<strong>der</strong> Leser f<strong>in</strong>den und die Mitteilungen<br />

nützlich s<strong>in</strong>d. Die Herausgeber danken allen<br />

Autoren für ihre engagierte Mitarbeit und<br />

die fruchtbaren Diskussionen bei mehreren<br />

Autorenberatungen.<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

Dr. K. Welz<br />

F<strong>in</strong>sterwal<strong>der</strong> Str. 45a<br />

03048 Cottbus<br />

Literatur<br />

1. Chirurg BDC 39, Nr. 8, 202–295<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 3


4<br />

Gesellschaftliche Konditionen – Teil 1<br />

W. Otto<br />

Gegründet auf den Trümmern des Nazireiches,<br />

des von ihm angezettelten und<br />

schließlich verlorenen 2. Weltkrieges, durch<br />

Reparationsleistungen an die Siegermächte,<br />

vor allem an die Sowjetunion, zusätzlich<br />

geschwächt, entwickelte sich im Osten<br />

Deutschlands, <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone<br />

(„SBZ“), mit <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong> „Arbeiter­ und<br />

Bauernstaat“. Geführt von <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung<br />

von KPD und SPD entstandenen<br />

Sozialistischen E<strong>in</strong>heitspartei Deutschlands<br />

(SED), wurde als offizielle Doktr<strong>in</strong> die Diktatur<br />

des Proletariates vertreten, und es sollte<br />

angeblich e<strong>in</strong>e sozialistische, später e<strong>in</strong>e<br />

kommunistische Gesellschaftsordnung aufgebaut<br />

werden. Nicht <strong>zur</strong> Klasse <strong>der</strong> Arbeiter<br />

und Bauern gehörende Bürger wurden<br />

<strong>in</strong> allen Lebensbereichen offen und absichtsvoll<br />

benachteiligt, von <strong>der</strong> Teilnahme<br />

ausgeschlossen o<strong>der</strong> nur unter erschwerten<br />

Bed<strong>in</strong>gungen dazu zugelassen.<br />

Die gezielte, planmäßig­tendenziöse und<br />

höchst kritische Information <strong>der</strong> Bürger über<br />

die vorausgegangene nationalsozialistische<br />

Herrschaft bereits im K<strong>in</strong>desalter und die<br />

umfassende Verurteilung dieses Regimes<br />

standen schon sehr bald für viele Menschen<br />

im Osten <strong>in</strong> krassem Wi<strong>der</strong>spruch zu den<br />

ideologisch­strategischen Vorgaben <strong>der</strong><br />

„Arbeiter­ und Bauernmacht“ und ihrer diktatorischen<br />

Umsetzung. Diese zeigte sich<br />

nicht zuletzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> massenhaften Enteignung<br />

bis dah<strong>in</strong> privat geführter Unternehmen<br />

und <strong>der</strong> Zwangskollektivierung <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft <strong>in</strong> den fünfziger Jahren. Das<br />

führte zwangsläufig <strong>zur</strong> Verstärkung oppositioneller,<br />

systemkritischer Gedanken und<br />

H<strong>in</strong>tergrundsaktivitäten, vor allem <strong>in</strong> Kreisen<br />

<strong>der</strong> Intelligenz.<br />

Die deutlichen Vorteile, die staats­ und parteiergebene<br />

„Aktivisten“ und Mitläufer <strong>in</strong><br />

beruflicher wie persönlicher Entwicklung<br />

genossen, führten an<strong>der</strong>erseits jedoch<br />

zu e<strong>in</strong>em Zustrom von Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong> die<br />

Staatspartei und die sogenannten Blockparteien<br />

(mit <strong>der</strong> SED <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Nationalen<br />

Front“ zusammengeschlossen und weitgehend<br />

gleichgeschaltet). Die zunehmende<br />

selbstverständliche Besetzung wichtiger<br />

Positionen <strong>in</strong> allen Lebensbereichen mit<br />

Parteimitglie<strong>der</strong>n führte zu e<strong>in</strong>er weiter<br />

wachsenden Zahl opportunistischer Parteie<strong>in</strong>tritte.<br />

Damit sank zugleich die Chance<br />

<strong>der</strong> parteilos und kritisch gebliebenen<br />

Bevölkerungsteile, Führungspositionen zu<br />

besetzen, auch wenn die fachliche Qualifikation<br />

gleichwertig o<strong>der</strong> sogar höher war.<br />

Im Hochschulbereich bzw. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

galten grundsätzlich die gleichen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen, nur setzten sie sich dort, ganz<br />

beson<strong>der</strong>s auf dem Sektor des Gesundheitswesens<br />

und <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Fakultäten,<br />

mit weniger großer Geschw<strong>in</strong>digkeit durch.<br />

Politischer Druck, Enteignungen und die<br />

schon früh deutlich werdende relative<br />

Schwäche des <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> praktizierten<br />

Wirtschaftssystems, dom<strong>in</strong>iert von Volkseigenen<br />

Betrieben, Staatsgütern, Landwirtschaftlichen<br />

und Handwerklichen Produktionsgenossenschaften<br />

und zentralen<br />

Plankommissionen mit <strong>der</strong>en langfristigen<br />

unrealistischen Vorgaben, waren für viele,<br />

vor allem Intellektuelle, Gründe, dieses Land<br />

zu verlassen. Das schwächte zusätzlich das<br />

System und führte schließlich zu den Maßnahmen<br />

des 13. August 1961, dem Bau <strong>der</strong><br />

Berl<strong>in</strong>er Mauer sowie <strong>der</strong> Selbstschussanlagen,<br />

Zäune und M<strong>in</strong>enfel<strong>der</strong> entlang <strong>der</strong><br />

Grenze <strong>zur</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

(BRD). Damit h<strong>in</strong><strong>der</strong>te man die Menschen<br />

e<strong>in</strong>erseits zwar an <strong>der</strong> Flucht aus diesem<br />

Land, verstärkte aber an<strong>der</strong>erseits die kritische<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung vieler Menschen<br />

mit dem immer mehr sich als unfähig und<br />

menschenverachtend zu erkennen gebenden<br />

Regime „von Partei und Regierung“. Verbunden<br />

mit den Maßnahmen des 13. August<br />

1961 war e<strong>in</strong> absolutes Reiseverbot <strong>in</strong><br />

die Bundesrepublik Deutschland, von dem<br />

nur die „Reiseka<strong>der</strong>“ und später die Rentner<br />

nicht betroffen waren. Auch <strong>der</strong> Reiseverkehr<br />

<strong>in</strong> die osteuropäischen Staaten wurde<br />

eher restriktiv gesteuert und unterlag strengen<br />

Regularien.<br />

Alle Wirtschafts­ und Lebensbereiche waren<br />

neben <strong>der</strong> staatlich­adm<strong>in</strong>istrativen<br />

Leitung <strong>der</strong> Kontrolle und Weisung von Parteileitungen<br />

unterstellt. Oberstes Gremium<br />

war das Politbüro des Zentralkomitees <strong>der</strong><br />

SED, entscheidende Person dessen Generalsekretär,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> Personalunion<br />

Staatsratsvorsitzen<strong>der</strong> und Vorsitzen<strong>der</strong><br />

des Nationalen Verteidigungsrates, also<br />

Oberbefehlshaber <strong>der</strong> Streitkräfte (W. Ulbricht,<br />

E. Honnecker!). Durch den Staatssicherheitsdienst<br />

und die Polizeikräfte des<br />

Innenm<strong>in</strong>isteriums erfolgte e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />

breitflächige Überwachung <strong>der</strong> Bürger. Bei<br />

Bedarf wurden die KVP (kasernierte Volkspolizei),<br />

später die NVA (Nationale Volksar­<br />

mee) und die Kampfgruppen <strong>der</strong> Betriebe<br />

<strong>zur</strong> „Abwehr des Klassenfe<strong>in</strong>des“, <strong>zur</strong> „Wahrung<br />

des <strong>in</strong>neren Friedens“, und <strong>zur</strong> Beseitigung<br />

und Bekämpfung von „Staatsfe<strong>in</strong>den“<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Die Justiz ahndete Verstöße gegen<br />

die ideologisch­politischen Verhaltensvorschriften<br />

mit beson<strong>der</strong>s drastischen Urteilen.<br />

Wer also nicht mitmachte, son<strong>der</strong>n<br />

sich eigene Gedanken machte, musste <strong>in</strong><br />

Kauf nehmen, e<strong>in</strong> Außenseiter und Außenstehen<strong>der</strong><br />

zu se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> sogar mit Strafe verfolgt<br />

zu werden. Alles dies war geeignet, e<strong>in</strong><br />

umfassendes System <strong>der</strong> Verunsicherung<br />

und Angst zu etablieren. „Mit <strong>der</strong> Bombe<br />

leben“ nannten das die Betroffenen, und<br />

das Spiel mit dem Risiko war e<strong>in</strong>e Art täglich<br />

neu zu bestehenden, geradezu „sportlichen“<br />

Wettbewerbs, <strong>der</strong> nicht immer fair und dessen<br />

Ausgang nie ganz sicher war.<br />

Für die Mediz<strong>in</strong> und die zu ihr gehörenden<br />

Berufsgruppen trat die politisch­ideologische<br />

Indoktr<strong>in</strong>ation im Vergleich mit den<br />

übrigen Lebensbereichen etwas verzögert<br />

e<strong>in</strong> und entwickelte sich weniger dramatisch.<br />

Die Nachkriegschefs <strong>in</strong> den Krankenhäusern<br />

und Kl<strong>in</strong>iken waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

bürgerlicher Herkunft und <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

Kriegsteilnehmer. Sie waren <strong>in</strong> ihrem politischen<br />

Engagement eher <strong>zur</strong>ückhaltend<br />

und gegenüber dem herrschenden Regime<br />

skeptisch. Es dauerte viele Jahre, sie entwe<strong>der</strong><br />

zu aktiver politischer Mitarbeit zu<br />

gew<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> sie durch systemtreue Nachfolger<br />

zu ersetzen. Gegen Ende <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> war<br />

jedoch schließlich <strong>der</strong> prozentuale Anteil<br />

<strong>der</strong> SED­Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Führungsetagen<br />

und ­positionen auch im Gesundheits­ und<br />

Hochschulwesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>deutig höher<br />

als bei den übrigen Mitarbeitern. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

war es nicht gelungen, dieses Pr<strong>in</strong>zip komplett<br />

durchzusetzen.<br />

Viele im Gesundheitswesen Tätige, vor allem<br />

Ärzte, verließen bis 1961 aber auch noch <strong>in</strong><br />

den nachfolgenden Jahren trotz Gefahr für<br />

Freiheit, Leib und Leben die <strong>DDR</strong>, um <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er freiheitlichen Gesellschaftsordnung<br />

und unter günstigeren<br />

wirtschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>en Neubeg<strong>in</strong>n<br />

zu wagen. Wer im Osten blieb, tat<br />

dies nicht unbed<strong>in</strong>gt aus Sympathie <strong>zur</strong><br />

<strong>DDR</strong> und ihren Machthabern, son<strong>der</strong>n aus<br />

familiärem Zusammengehörigkeitsgefühl,<br />

wegen persönlicher B<strong>in</strong>dungen an die vertraute<br />

Heimatregion o<strong>der</strong> aus solidarischer<br />

Verantwortung gegenüber beruflichen<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Aufgaben und den Menschen, die daran<br />

beteiligt o<strong>der</strong> davon betroffen waren. Man<br />

suchte und fand Gleichges<strong>in</strong>nte, traf sich <strong>in</strong><br />

Arbeitsgruppen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit und im privat<br />

– persönlichen Bereich, grenzte sich ansonsten<br />

weitgehend ab und mied, wo immer<br />

möglich, offizielle und politische Anlässe,<br />

Diskussionen o<strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsäußerungen,<br />

beschränkte die beruflichen Aktivitäten auf<br />

re<strong>in</strong> wissenschaftliche und praktische Arbeit<br />

und Erfahrungsaustausch.<br />

E<strong>in</strong>ige Angehörige <strong>der</strong> Intelligenz und <strong>der</strong><br />

Ärzteschaft waren nach späterem eigenem<br />

Bekunden <strong>in</strong> die SED e<strong>in</strong>getreten, um diese<br />

von <strong>in</strong>nen her zu reformieren. Davon war allerd<strong>in</strong>gs<br />

bis <strong>zur</strong> Wende im Jahr 1989 wenig<br />

o<strong>der</strong> nichts zu spüren.<br />

Das Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> war durchgehend von<br />

„Engpässen“, Mangel an Geld, Waren des<br />

täglichen Bedarfs, Versorgungsgütern, Arbeitsmaterialien<br />

und daraus resultierenden<br />

Sparzwängen bestimmt. Das war auch und<br />

beson<strong>der</strong>s im Gesundheitswesen deutlich<br />

zu spüren. Beson<strong>der</strong>e Zuwendungen <strong>der</strong><br />

Staats­ und Parteiführung konnten immer<br />

nur für begrenzte Zeit an bestimmte Wirtschaftszweige,<br />

Wissenschaftsdiszipl<strong>in</strong>en<br />

o<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ische Fachrichtungen erfolgen<br />

und waren immer politisch o<strong>der</strong> devisenwirtschaftlich<br />

motiviert. So kann es als e<strong>in</strong>e<br />

Gunst <strong>der</strong> Zeit betrachtet werden, dass die<br />

mediz<strong>in</strong>isch­ärztlichen Bemühungen um<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende Verbesserung <strong>der</strong> unfallchirurgischen<br />

Versorgung <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

durch E<strong>in</strong>führung mo<strong>der</strong>ner Methoden,<br />

Techniken, Implantate und Instrumentensätze<br />

bis h<strong>in</strong> <strong>zur</strong> Gründung e<strong>in</strong>er <strong>DDR</strong>­Sektion<br />

e<strong>in</strong>er von <strong>der</strong> Schweiz ausgehenden<br />

<strong>in</strong>ternationalen Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft (AO­<br />

International) <strong>in</strong> den späten 60er und den<br />

70er Jahren zusammentrafen mit dem politischen<br />

Willen <strong>der</strong> Regierenden, auf diesem<br />

Gebiet e<strong>in</strong>e grundlegende Verän<strong>der</strong>ung im<br />

positiven S<strong>in</strong>n herbei zu führen. Lei<strong>der</strong> blieb<br />

diese För<strong>der</strong>ung auf den o. g. Zeitraum begrenzt.<br />

Danach fiel das politische Interesse<br />

auf an<strong>der</strong>e prestigeträchtige Diszipl<strong>in</strong>en,<br />

und die positive Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

musste nun durch persönliche Initiative,<br />

E<strong>in</strong>fallsreichtum, Improvisation und<br />

gezielte Fortbildung stabilisiert und fortgeführt<br />

werden.<br />

Für die dazu unabd<strong>in</strong>gbar notwendigen<br />

Auslandsbeziehungen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

<strong>der</strong>en Genehmigung und Kontrolle war offiziell<br />

zuständig das „Generalsekretariat<br />

<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>isch­Wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“. Hier wurde auf e<strong>in</strong>e Ideologie­konforme<br />

Entwicklung und Gestaltung<br />

aller <strong>in</strong>­ und ausländischen Aktivitäten<br />

geachtet und gedrungen und die jeweils<br />

notwendige Genehmigung erteilt o<strong>der</strong><br />

verweigert. Der wissenschaftlich­fachliche<br />

Sachverstand bzw. die Sachdienlichkeit von<br />

Aktivitäten und ihrer Initiatoren wurde <strong>in</strong><br />

aller Regel h<strong>in</strong>ter die politisch­ideologische<br />

Bewertung gestellt. Gelegentlich bedurfte<br />

es <strong>der</strong> Fürsprache l<strong>in</strong>ientreuer, renommierter<br />

und damit e<strong>in</strong>flussreicher Kollegen,<br />

die Entscheidungsgremien zu positiven Urteilen<br />

zu bewegen, auch wenn diese For<strong>der</strong>ungen<br />

an den jeweiligen Kandidaten nicht<br />

immer vor<strong>der</strong>gründig erfüllt waren.<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 5


6<br />

Gesellschaftliche Konditionen – Teil 2<br />

K. Welz<br />

Das Vorhaben, die Phänomene und Sachverhalte<br />

e<strong>in</strong>es Teilgebietes <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> – <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> – wenn auch nur für e<strong>in</strong>en<br />

eng bemessenen historischen Zeitabschnitt,<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Epoche – aufzuzeigen, bleibt ohne<br />

Beachtung entsprechen<strong>der</strong> politischer Dimensionen,<br />

des gesellschaftlichen Umfeldes<br />

und <strong>der</strong> volkswirtschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

dieses Zeitabschnittes bruchstückhaft und<br />

für nachfolgende Chirurgengenerationen<br />

unverständlich. Diese Entwicklung aufzuzeigen<br />

heißt vor allem, die im Ergebnis des<br />

zweiten Weltkrieges für die Bevölkerung<br />

Deutschlands so verhängnisvolle Realität<br />

<strong>der</strong> politischen Teilung des Landes vom<br />

Zeitpunkt des Mauerbaues 1961 bis <strong>zur</strong><br />

politischen Wende <strong>der</strong> Jahre 1989/1990 zu<br />

berücksichtigen. Für die überwiegende Zahl<br />

deutscher Chirurgen und Unfallchirurgen<br />

bedeuten jene drei Jahrzehnte nicht nur<br />

die unüberw<strong>in</strong>dliche Trennung deutschen<br />

Territoriums, zugleich auch die E<strong>in</strong>stellung<br />

und den Verlust des wissenschaftlichen<br />

Erfahrungsaustausches sowie kollegialer<br />

Kontakte <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es beträchtlichen eigenen<br />

Lebensabschnittes.<br />

Während die Bundesrepublik Deutschland<br />

sich rasch <strong>in</strong> die westliche Staatengeme<strong>in</strong>schaft<br />

und Wirtschaftssphäre <strong>in</strong>tegriert<br />

sah, wurde das Territorium <strong>der</strong> damaligen<br />

sowjetischen Besatzungszone und späteren<br />

<strong>DDR</strong> Mitglied des sozialistischen Ostblocks.<br />

Mit dieser Teilung Deutschlands entstanden<br />

gänzlich neue Bed<strong>in</strong>gungen für die Organisation<br />

des Gesundheitswesens, <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fachdiszipl<strong>in</strong> und im Beson<strong>der</strong>en<br />

auch für die Chirurgie und <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Für das Territorium des östlichen Deutschlands<br />

gipfelten sie <strong>in</strong> separaten Bestrebungen<br />

entsprechen<strong>der</strong> Staatsorgane und<br />

des Gesundheitsm<strong>in</strong>isteriums <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ausschließlich<br />

ostdeutsche Chirurgentreffen <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> und Leipzig zu organisieren und 1966<br />

mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und den dazugehörigen Sektionen<br />

vollendete Tatsachen zu schaffen.<br />

Generell zeichnete sich damals die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Nachkriegschirurgie sowohl <strong>in</strong> ost-<br />

wie auch westlichen Landesteilen Deutschlands<br />

durch e<strong>in</strong>en stürmischen Aufschwung<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Spezialdiszipl<strong>in</strong>en aus.<br />

Dieser Trend wurde durch beachtliche technische<br />

Neuentwicklungen gestützt, so vor<br />

allem durch die Entwicklung und Anwendung<br />

neuer Biomaterialien die nicht nur <strong>der</strong><br />

Herz-, Gefäß- sowie <strong>der</strong> Transplantationschirurgie<br />

zu großem Aufschwung verhalfen,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem auch den Stellenwert<br />

<strong>der</strong> Traumatologie h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Osteosynthese<br />

und <strong>der</strong> gesamten operativen<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> ganz beträchtlich erhöhten.<br />

Diese Trends blieben trotz aller Isolierungsbestrebungen<br />

ostdeutscher Machthaber<br />

auch den Chirurgen und Unfallchirurgen<br />

im ostdeutschen Raum nicht verborgen. Die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> stabilen Osteosyntheseverfahren<br />

– <strong>in</strong>itiiert durch die Schweizer<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Osteosynthese –<br />

fand nachhaltig E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die traumatologische<br />

Patientenversorgung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Zeigte<br />

sich doch hierbei trotz aller anfänglichen<br />

Probleme <strong>der</strong> Sicherstellung materieller<br />

Voraussetzungen und <strong>der</strong> Qualifizierung<br />

von Chirurgen e<strong>in</strong> Ansatz <strong>der</strong> grundsätzlich<br />

dem Streben ostdeutscher Politiker entsprach,<br />

Bürgern des Landes e<strong>in</strong>e optimale<br />

mediz<strong>in</strong>ische Betreuung zu gewähren und<br />

die Ergebnis- und Lebensqualität Verletzter<br />

positiv zu bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Diese Tatsache spiegelte sich schließlich<br />

für die <strong>DDR</strong>-<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> sehr<br />

fruchtbaren Entwicklung e<strong>in</strong>er Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für Osteosynthese wi<strong>der</strong>, die<br />

ungeachtet aller Probleme <strong>der</strong> materiellen<br />

Sicherstellung von Instrumenten und Implantaten<br />

nach 1970 e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong> damaligen<br />

<strong>DDR</strong> bekam und ganz wesentlich <strong>zur</strong> Wie<strong>der</strong>gew<strong>in</strong>nung<br />

von Lebensqualität für verletzte<br />

Patienten beitrug.<br />

E<strong>in</strong> vor allem <strong>in</strong> den 60er und 70er Jahren<br />

nachweislicher Leistungsanstieg mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Betreuung bedarf angesichts getrennter<br />

Entwicklungswege <strong>in</strong> dem durch<br />

politische Zwänge zweigeteilten Deutschland<br />

mit zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen<br />

e<strong>in</strong>er differenzierten Betrachtung<br />

und Bewertung. Grundsätzlich<br />

ist vorauszuschicken, dass aufgezwungen<br />

getrennte Wege dennoch nicht <strong>der</strong> gleichen<br />

Grundlage ärztlicher Ethik und gleicher<br />

Ziele unfallchirurgisch ärztlichen Handels<br />

entbehrten. Gute Heilergebnisse zu erreichen,<br />

die bestmögliche Leistungsfähigkeit<br />

Verletzter wie<strong>der</strong>zugew<strong>in</strong>nen und Patientenerwartungen<br />

nach Begebenheiten<br />

und Möglichkeiten zu entsprechen galten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als qualitätssichernde Aufgaben <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung und natürlich<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>. Leistungsdefizi-<br />

ten und Systemschwächen standen respektable<br />

Betreuungsleistungen und Behandlungsqualität<br />

sowie e<strong>in</strong>e nicht unerhebliche<br />

Zahl mediz<strong>in</strong>ischer Errungenschaften gegenüber.<br />

Mit den nachfolgenden Kapiteln ist es vom<br />

Autorenkollektiv nicht etwa beabsichtigt<br />

e<strong>in</strong>er vergleichenden Darstellung von Entwicklung<br />

und Leistungen <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>der</strong> früheren <strong>DDR</strong> <strong>zur</strong> Bundesrepublik<br />

zu erliegen. Noch viel weniger konnte es<br />

darum gehen, e<strong>in</strong>er Nostalgiementalität zu<br />

folgen! Undenkbar war darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e<br />

vollständige Chronik <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> jener <strong>DDR</strong>-Jahrzehnte anzubieten,<br />

weil solches Vorhaben nicht gel<strong>in</strong>gen<br />

konnte. Ziel und Zweck nachfolgen<strong>der</strong><br />

Kapitel ist es, maßgeblich wesentliche Fakten<br />

und Phänomene <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-<strong>Unfallchirurgie</strong><br />

– zu großen Teilen gestützt auf Er<strong>in</strong>nerungen<br />

aus eigenem Erleben und Begleiten<br />

<strong>der</strong> Entwicklung – tatsachengerecht zu dokumentieren<br />

und nicht <strong>der</strong> Vergessenheit<br />

anheim fallen zu lassen.<br />

Dass solches Vorhaben e<strong>in</strong> schwieriges<br />

Unterfangen darstellt, beweisen die nunmehr<br />

15 Jahre nach Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />

politischen E<strong>in</strong>heit Deutschlands nicht endenden<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlichen Diskussionen –<br />

ob <strong>in</strong> Bevölkerungskreisen o<strong>der</strong> politischen<br />

Gesprächsrunden – die alle Schattierungen<br />

zwischen une<strong>in</strong>geschränkter Zustimmung<br />

und Totalablehnung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Realität be<strong>in</strong>halten.<br />

Dazu wecken die unsicheren Perspektiven<br />

des gegenwärtigen Gesundheits-<br />

und Sozialwesen nicht nur neuen Zündstoff,<br />

son<strong>der</strong>n zugleich Er<strong>in</strong>nerungen an so manche<br />

Errungenschaften des <strong>DDR</strong>-Gesundheitswesens,<br />

die bisher völliger Ignoranz<br />

anheim fielen. Aktuell erfahren frühere<br />

Ambulanz- und Polikl<strong>in</strong>ikstrukturen unter<br />

neuen Gesichtern nichts an<strong>der</strong>es als ihre<br />

Wie<strong>der</strong>belebung, erwiesen sich doch Polikl<strong>in</strong>iken,<br />

fachärztliche Geme<strong>in</strong>schaftspraxen<br />

und Betriebsambulatorien von außerordentlicher<br />

Betreuungseffizienz und nicht zu<br />

übersehen<strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit. Wenn hier<br />

Kritik zu üben ist, dann vor allem an mangelhafter<br />

Ausstattung und politischer Leitungsbee<strong>in</strong>flussung!<br />

Sehnsüchte nach dem<br />

Kassenarztsystem und freier Nie<strong>der</strong>lassung<br />

bestanden damals offenbar nicht.<br />

Ke<strong>in</strong>e Zweifel! Mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

Deutschlands wurden neben allen Nach-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


teilen e<strong>in</strong>er politischen Diktatur die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Partei, Staatsführung und Sicherheitsorganen<br />

une<strong>in</strong>geschränkte Macht ausübte,<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von beklagten Fesseln, die beson<strong>der</strong>s<br />

Mediz<strong>in</strong>er unter <strong>DDR</strong>-Bed<strong>in</strong>gungen<br />

als ungerecht empfanden, <strong>zur</strong>echt beseitigt.<br />

Er<strong>in</strong>nert sei an solche Beispiele wie politische<br />

Unmündigkeit und weltanschauliche<br />

Intoleranz, an Furcht vor politischer Überwachung,<br />

an aufgezwungene Unterordnung<br />

<strong>in</strong> das Kollektiv mit Unterdrückung<br />

von Eigen<strong>in</strong>teressen, die Privilegierung von<br />

Parteigängern, Reisebeschränkungen und<br />

Reiseka<strong>der</strong>problematik, materielle Mängelwirtschaft<br />

mit Knappheit von Gütern und<br />

Verbrauchsmaterialien. Sie alle erzeugten<br />

unverkennbar Wi<strong>der</strong>spruch, Demotivierung<br />

im beruflichen Alltag bis h<strong>in</strong> zum Verdruss<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> privaten Lebenssphäre.<br />

Dennoch konnte, wie das Verkehrswesen <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> den grünen Pfeil, so das sozialistische<br />

Gesundheitswesen für sich e<strong>in</strong>e Reihe an<br />

Positiva <strong>in</strong> Anspruch nehmen, die an Bedeutung<br />

ersterem bei weitem <strong>in</strong> den Schatten<br />

stellten. Für alle Bürger fand die kostenlose<br />

mediz<strong>in</strong>ische Behandlung <strong>der</strong>en ungeteilte<br />

Zustimmung im breiten Bevölkerungskreis.<br />

Auch die Existenz <strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>iken, Fachambulanzen<br />

und polikl<strong>in</strong>ischen Hausarztpraxen<br />

erfreuten sich weitgehen<strong>der</strong> Zustimmung<br />

und verbreiteter Inanspruchnahme<br />

durch die Bevölkerung. Das ausgesprochen<br />

gut organisierte Zusammenwirken von stationären<br />

und ambulanten Behandlungse<strong>in</strong>richtungen<br />

spiegelte nicht nur e<strong>in</strong> hohes<br />

Maß an Geme<strong>in</strong>schaftsbezogenheit wi<strong>der</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n verhalf <strong>der</strong> knapp bemessenen materiellen<br />

Basis zu Effektivität, dabei gewann<br />

die tägliche Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft über das<br />

berufliche Zusammenwirken vielmehr auch<br />

als menschliches Begegnungsfeld Bedeutung.<br />

Es schloss gnadenlose Konkurrenz<br />

e<strong>in</strong>erseits und Ausuferung e<strong>in</strong>es Verdienststrebens<br />

aus. E<strong>in</strong>e Ökonomisierung des ärztlichen<br />

Berufes, wie sie heute ausgeprägt die<br />

Wandlung des Patienten zum Kunden und<br />

die Krankheit <strong>zur</strong> Ware hat, war damaliger<br />

<strong>DDR</strong>-Ärzteschaft fremd. Sicher s<strong>in</strong>d diese<br />

aufgezeigten Vor- und Nachteile damaliger<br />

Zeit <strong>in</strong>tensiver diskussionswürdig. Zu beklagen<br />

ist heute, dass unvore<strong>in</strong>genommene<br />

Gespräche dazu unterblieben s<strong>in</strong>d und<br />

durchaus gute Entwicklungen diskussionslos<br />

<strong>der</strong> Vergessenheit anheim fielen.<br />

Beispiele aus 30 Jahren e<strong>in</strong>er Entwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> stellen nachdrücklich<br />

unter Beweis, dass sich die Unfallchirurgen<br />

unter <strong>DDR</strong>-Verhältnissen zu e<strong>in</strong>er<br />

vergleichbar leistungsfähigen Institution<br />

unter den zentraleuropäischen Staaten entwickelt<br />

haben. Drei Beispiele mögen diese<br />

Aussage unterstreichen.<br />

1. Bezirke <strong>der</strong> früheren <strong>DDR</strong> verfügten<br />

ohne Ausnahme über geglie<strong>der</strong>te Betreuungsstrukturen<br />

stationärer Versorgung von<br />

Verletzten durch e<strong>in</strong>e Differenzierung zwischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen mit Schwerpunktfunktionen<br />

und Krankenhäusern <strong>der</strong> Grund- und<br />

Regelversorgung. Zu den Schwerpunktkrankenhäusern<br />

zählten alle Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

und solche von Bezirks- sowie ausgewählten<br />

leistungsfähigen Kreiskrankenhäusern,<br />

denen sowohl fachliche wie organisatorische<br />

Verantwortung für e<strong>in</strong>e qualifizierte<br />

Behandlung Schwerverletzter oblagen. Sie<br />

setzten <strong>in</strong> vier Jahrzehnten <strong>DDR</strong> – <strong>in</strong> gleicher<br />

Weise wie <strong>in</strong> den westlichen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

– Maßstäbe für e<strong>in</strong>e hochqualifizierte<br />

Behandlung Schwerverletzter, die von <strong>der</strong><br />

Überzeugung bestimmt wurden, dass e<strong>in</strong>e<br />

schwerpunktmäßige unfallchirurgische Tätigkeit<br />

e<strong>in</strong>e unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung<br />

für die mediz<strong>in</strong>ische Rehabilitation Verletzter<br />

darstellt. Diese geglie<strong>der</strong>ten Strukturen<br />

mit e<strong>in</strong>er fundierten Auswahl an Schwerpunktkompetenz<br />

<strong>zur</strong> spezialisierten Verletztenbehandlung<br />

boten ab 1990 so optimale<br />

Voraussetzungen für die Wahrnehmung<br />

qualifizierter Betreuungsaufgaben, dass die<br />

Auswahl von Krankenhäusern für das Verletzungsartenverfahren<br />

praktisch vorprogrammiert<br />

war und nur e<strong>in</strong>er kurz zeitigen<br />

reibungslosen Realisierung bedurfte.<br />

2. Die fachliche Kompetenz für spezialisierte<br />

unfallchirurgische Versorgung Verletzter<br />

stützte sich auf den Erwerb <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

unfallchirurgischen Qualifizierung<br />

<strong>der</strong> „Subspezialisierung Traumatologie“, die<br />

für e<strong>in</strong>en Facharzt für Chirurgie e<strong>in</strong>e dreijährige<br />

Zusatzqualifikation nach e<strong>in</strong>er seit<br />

1973 bewährten Weiterbildungsordnung<br />

erfor<strong>der</strong>lich machte. Zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

deutschen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung bot nicht nur<br />

e<strong>in</strong> über knapp zwei Jahrzehnte konzeptionell<br />

bewährtes Spezialisierungsverfahren,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem auch die Vielzahl subspezialisierter<br />

Unfallchirurgen auf ostdeutschem<br />

Territorium die Gewähr, sowohl für<br />

e<strong>in</strong>e vergleichbar gute und spezialisierte<br />

unfallchirurgische Patientenversorgung,<br />

zugleich aber auch für die Bewältigung aller<br />

zu erwartenden Aufgabenstellungen<br />

des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens.<br />

Die Weiterbildungsordnungen <strong>in</strong> Ost<br />

und West zeigten <strong>in</strong>haltlich völlig vergleichbare<br />

Maßstäbe, sie waren hier wie da durch<br />

die Überzeugung <strong>der</strong> Verantwortlichen bestimmt,<br />

dass e<strong>in</strong>e qualifizierte ärztliche Tätigkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> unabd<strong>in</strong>gbare<br />

Voraussetzung für die Optimierung <strong>der</strong> Behandlung<br />

Verletzter darstellte.<br />

3. E<strong>in</strong>en weiteren Akzent setzte das Wirken<br />

<strong>der</strong> im Dezember 1968 <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

<strong>DDR</strong> gegründeten Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für<br />

operative Knochenbruchbehandlung. Ihre<br />

vielfachen Aktivitäten bei <strong>der</strong> Lösung ihrer<br />

Aufgabenstellungen, wie landesweite Organisation<br />

<strong>der</strong> operativen Frakturenbehandlung,<br />

umfassende Qualifizierung von Unfallchirurgen<br />

und Operationsschwestern <strong>in</strong><br />

den Belangen neuer operativer Techniken,<br />

wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch,<br />

das Mitwirken an <strong>der</strong> Regulierung materieller<br />

Ressourcen, die Überwachung e<strong>in</strong>er<br />

kont<strong>in</strong>uierlichen Dokumentation operativer<br />

Behandlungen von Knochenbrüchen, zeigte<br />

nicht nur die Akzeptanz durch ihre Mitglie<strong>der</strong>,<br />

sie erlangten zugleich Anerkennung<br />

durch die führenden Kollegen <strong>der</strong> Schweizer<br />

AO und weiterer europäischer Sektionen.<br />

Den mit Unterstützung von Synthes und<br />

<strong>der</strong> AO International regelmäßig veranstalteten<br />

AO-Kursen für Ärzte und Operationsschwestern<br />

sowie <strong>der</strong> AO-Symposien während<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Zeit wurde trotz unübersehbarer<br />

Schwierigkeiten ihrer Durchführung<br />

e<strong>in</strong> stets vergleichbarer hoher technischer<br />

Standard zu den Veranstaltungen <strong>der</strong> westlichen<br />

Län<strong>der</strong> besche<strong>in</strong>igt. Der Durchführung<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen AO-Dokumentation<br />

haben ausländische Kollegen ebenso Lob<br />

gezollt, wie <strong>der</strong> exakten Anwendung <strong>der</strong><br />

AO-Technik, die durch beson<strong>der</strong>e Exzellenz<br />

<strong>der</strong> Arbeit bee<strong>in</strong>druckt hatten.<br />

Diese nur wenigen Beispiele stehen für e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl positiver Identifikationsmerkmale<br />

für gute Erfahrungen und bemerkenswerte<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-<strong>Unfallchirurgie</strong>. Die Ergebnisse<br />

und Phänomene von drei bis vier<br />

Jahrzehnten <strong>DDR</strong>-Zeit <strong>in</strong> toto schlecht zu<br />

reden entspricht e<strong>in</strong>fach nicht den objektiven<br />

Gegebenheiten. Insofern verdient die<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

mit ihren Schwächen und Stärken, mit nicht<br />

übersehbaren Missklängen aber auch den<br />

nachweislich überwiegenden Errungenschaften<br />

e<strong>in</strong>e faire Analyse.<br />

Dr. K. Welz<br />

F<strong>in</strong>sterwal<strong>der</strong> Str. 45a<br />

03048 Cottbus<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 7


8<br />

Aufbau des staatlichen<br />

Gesundheits wesens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

W. Senst, K. Welz<br />

Grundsätzliches <strong>zur</strong><br />

Gesundheitspolitik<br />

Die wichtigen Zielssetzungen unterschieden<br />

sich nicht grundsätzlich von denen an<strong>der</strong>er<br />

entwickelter Län<strong>der</strong>. Das Gesundheits- und<br />

Sozialwesen war fest <strong>in</strong> das staatliche und<br />

gesellschaftliche System <strong>der</strong> sozialistischen<br />

<strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>geordnet. In <strong>der</strong> Verantwortung<br />

waren deshalb weit überwiegend die staatlichen,<br />

nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Zahl kirchliche geme<strong>in</strong>nützige<br />

Träger.<br />

Die grundsätzlichen Schwerpunkte <strong>der</strong> Gesundheits-<br />

und Sozialpolitik wurden, wie <strong>in</strong><br />

allen Bereichen <strong>der</strong> Wirtschaft und Gesellschaft,<br />

nach Vorbereitung und auf Vorschlag<br />

<strong>der</strong> oberen Parteigremien auf den Parteitagen<br />

<strong>der</strong> SED beschlossen (z. B. Ausbau und<br />

Verstaatlichung des Gesundheitswesens,<br />

Investitionen für den Aufbau neuer Krankenhäuser<br />

und Altersheime usw.). Grundsatzentscheidungen<br />

konnten von unteren<br />

Leitungsebenen nicht bee<strong>in</strong>flusst werden.<br />

Auch bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Beschlüsse<br />

wurden die wesentlichen Entscheidungen<br />

von den Parteiorganen <strong>der</strong> SED getroffen.<br />

Das führte mitunter zu Spannungen mit <strong>der</strong><br />

staatlichen Seite.<br />

Dazu <strong>der</strong> letzte Gesundheitsm<strong>in</strong>ister <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> L. Meckl<strong>in</strong>ger [5]: „… Subjektivistische,<br />

opportunistische Entscheidungen <strong>in</strong> personellen<br />

Fragen wurden <strong>in</strong>itiiert bzw. getroffen,<br />

Überheblichkeit und Arroganz gegenüber<br />

Staatsfunktionären blieben ke<strong>in</strong>e Seltenheit,<br />

e<strong>in</strong> absolut unbegründeter Alle<strong>in</strong>vertretungsanspruch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Beurteilung von zentralen<br />

und örtlichen Projekten im Gesundheitswesen<br />

unterm<strong>in</strong>ierten die Autorität <strong>der</strong><br />

<strong>zur</strong> Mitarbeit bereiten Beratungsgremien auf<br />

staatlicher Ebene und ignorierten die Sach­<br />

und Entscheidungskompetenz zuständiger<br />

staatlicher Leiter und Organe“.<br />

Bestandteil gesundheitspolitischer Belange<br />

waren auch die Vergütungen, die für alle<br />

Beschäftigten des staatlichen Gesundheits-<br />

und Sozialwesens e<strong>in</strong> Rahmenkollektivvertrag<br />

(RKV) regelte, <strong>der</strong> zwischen<br />

dem M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

und dem Zentralvorstand <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />

Gesundheitswesen abgeschlossen wurde.<br />

Im Vorwort zum RKV 1972 [9] schreibt <strong>der</strong><br />

Stellvertreter des M<strong>in</strong>isters, OMR Dr. Erler:<br />

„ … Die Festlegungen über die Vergütungen<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten des Gesundheits­ und Sozialwesens<br />

drücken die Anerkennung aus,<br />

die die Werktätigen <strong>der</strong> Deutschen Demokratischen<br />

Republik den Mitarbeitern des<br />

Gesundheits­ und Sozialwesens entgegen<br />

br<strong>in</strong>gen …“. Er enthielt alle Regelungen des<br />

Geltungsbereiches, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gruppierungen,<br />

<strong>der</strong> Vergütungen und Zuschläge, e<strong>in</strong>schließlich<br />

für Bereitschaftsdienste. Nach § 8 war<br />

<strong>der</strong> Abschluss von E<strong>in</strong>zelverträgen möglich,<br />

was aber e<strong>in</strong>e große Ausnahme war.<br />

Die Tariftabellen weisen im Jahre 1972<br />

für Chefärzte bis zum 12. Dienstjahr e<strong>in</strong> Gehalt<br />

von 1.900 und nach dem 30. von 2.100<br />

Mark aus. E<strong>in</strong> Oberarzt erhielt 200 Mark<br />

weniger. Die wissenschaftliche Qualifikation<br />

für Habilitierte wurde mit monatlichen<br />

Zuschlägen von 200 und für Professoren<br />

mit 400 Mark honoriert. Die Bezahlung des<br />

Bereitschaftsdienstes war vom Umfang <strong>der</strong><br />

Aktivzeit abhängig. Bei e<strong>in</strong>er durchschnittlichen<br />

Tätigkeit über 4 Stunden erhielt <strong>der</strong><br />

Facharzt für die Bereitschaftsdienste<strong>in</strong>heit<br />

von 12 Stunden <strong>in</strong>sgesamt 32 Mark. Das Gehalt<br />

e<strong>in</strong>er Schwester lag bei 500 Mark.<br />

Struktur und Leitungsebenen<br />

Die von den Parteitagen <strong>der</strong> SED gefassten<br />

profilbestimmenden (verb<strong>in</strong>dlichen!) Beschlüsse<br />

wurden auf dem staatlichen Wege<br />

unter Kontrolle <strong>der</strong> Parteiorgane umgesetzt.<br />

Die erfor<strong>der</strong>lichen Gesetze wurden von <strong>der</strong><br />

Volkskammer nach Vorbereitung und Beratung<br />

im Ausschuss für Gesundheitswesen<br />

verabschiedet.<br />

Anmerkung In <strong>der</strong> 8. Wahlperiode bestand<br />

dieser Ausschuss aus 37 Mitglie<strong>der</strong>n,<br />

24 kamen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen:<br />

17 Ärzte, davon 5 Hochschullehrer,<br />

5 Krankenschwestern, 1 Fürsorger<strong>in</strong>, 1 Hebamme.<br />

15 <strong>der</strong> 37 Ausschussmitglie<strong>der</strong> gehörten<br />

<strong>der</strong> SED an. [13]<br />

Die Exekutivebenen waren: M<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheitswesen (Uni-Kl<strong>in</strong>iken betreffend:<br />

Abstimmung zwischen den M<strong>in</strong>iste-<br />

rien für Gesundheitswesen und Hoch- und<br />

Fachschulwesen) � Rat des Bezirkes (Bezirksarzt,<br />

Ausschuss für Gesundheitswesen<br />

des Bezirkstages) � Rat des Kreises (Kreisarzt,<br />

Ausschuss für Gesundheitswesen des<br />

Kreistages) � Ärztliche Direktoren <strong>der</strong> Krankenhäuser<br />

und weiterer E<strong>in</strong>richtungen des<br />

Gesundheits- und Sozialwesens.<br />

Grundsätzlich galt das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> doppelten<br />

Unterstellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leitungsstruktur. So<br />

zum Beispiel war <strong>der</strong> Bezirksarzt fachlich<br />

dem M<strong>in</strong>ister für Gesundheitswesen und<br />

als Ratsmitglied dem Vorsitzenden des Rates<br />

des Bezirkes unterstellt.<br />

Anmerkung Die Ausschüsse <strong>der</strong> Bezirksund<br />

Kreistage hatten ke<strong>in</strong>e generelle Entscheidungsbefugnis.<br />

Deren formellen Befugnisse<br />

waren auf die lokale Umsetzung <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Beschlüsse und Gesetze ausgerichtet.<br />

In den E<strong>in</strong>richtungen des Gesundheitswesens<br />

bestand das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> ärztlichen Leitung,<br />

das nach Meckl<strong>in</strong>ger [5] seit 1971 auch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ebene M<strong>in</strong>isterium galt. Weiterh<strong>in</strong><br />

herrschte seit Bestehen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> das Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelentscheidung. Dieses galt auch<br />

für den Chefarzt, <strong>der</strong> die Verantwortung für<br />

alle Belange <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik trug! Der Grundsatz<br />

e<strong>in</strong>er ärztlichen Leitung von Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen<br />

war nach Meckl<strong>in</strong>ger [6] Gegenstand<br />

ständiger Diskussionen höheren<br />

Ortes, wurde aber nicht aufgegeben.<br />

Die Mediz<strong>in</strong>ischen Bereiche <strong>der</strong> Hochschulen<br />

sowie <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften;<br />

die Mediz<strong>in</strong>ischen Dienste des Verkehrswesens,<br />

<strong>der</strong> Nationalen Volksarmee, <strong>der</strong><br />

Volkspolizei, des M<strong>in</strong>isteriums für Staatssicherheit;<br />

<strong>der</strong> Sportmediz<strong>in</strong>ische Dienst [3]<br />

waren nicht dem M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

unterstellt, son<strong>der</strong>n befanden<br />

sich im Weisungsbereich des jeweiligen<br />

M<strong>in</strong>isters. Daraus ergaben sich Schwierigkeiten<br />

<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>isch-adm<strong>in</strong>istrativer H<strong>in</strong>sicht<br />

und vor allem bei <strong>der</strong> Aufteilung von<br />

knappen Ressourcen und Valutamitteln.<br />

Versicherungswesen<br />

Bereits nach dem Ende des Krieges begann<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sowjetischen Besatzungszone auf <strong>der</strong><br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Basis e<strong>in</strong>es Befehls <strong>der</strong> Sowjetischen Militäradm<strong>in</strong>istration<br />

Deutschlands (SMAD)<br />

die Umgestaltung aller Bereiche <strong>der</strong> Sozialversicherung,<br />

<strong>der</strong> Sozialfürsorge und<br />

<strong>der</strong> Vertragsversicherung (Personen- und<br />

Sachversicherung) und wurde nach Gründung<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> fortgesetzt. Die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Sozialversicherung lag fortan, e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>der</strong> Sozialfürsorge, <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong><br />

Sozialversicherungskasse (SVK) des Freien<br />

Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB =<br />

E<strong>in</strong>heitsgewerkschaft). Die Sozialversicherung<br />

Selbständiger, <strong>der</strong> Bauern und Genossenschaftler<br />

erfolgte durch die Deutsche<br />

Versicherungsanstalt (DVA), später Staatliche<br />

Versicherung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, welche auch<br />

die Sach- und Vertragsversicherung betrieb<br />

[11]. Insgesamt gab es also nur zwei Versicherungsträger.<br />

In diesem Rahmen erfolgte<br />

im Lauf <strong>der</strong> Jahre auch die systematische<br />

Neuregelung des Begutachtungswesens.<br />

Stationärer Bereich<br />

Die Aufgaben und die Organisation <strong>der</strong><br />

Krankenhäuser des Staatlichen Gesundheitswesens<br />

regelte die „Rahmen-Krankenhausordnung“<br />

(RKO), die 1954 [1] <strong>in</strong> Kraft<br />

trat und 1979 [10] aktualisiert wurde. Diese<br />

Ordnung legte die Aufgaben, die Grundsätze<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung, die Gruppierungen<br />

und das Leistungsprofil sowie die<br />

Leitungsstruktur fest.<br />

Die RKO 1979 unterschied – <strong>in</strong> leichter Abwandlung<br />

<strong>zur</strong> RKO 1954 – folgende Krankenhausgruppen:<br />

A) Orts-/Stadtkrankenhäuser<br />

Unterstellt den Räten <strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>den,<br />

Städten, Kreise<br />

B) Kreiskrankenhäuser/Kreiskrankenhäuser<br />

mit erweiterter Aufgabenstellung<br />

Unterstellt den Räten <strong>der</strong> Kreise<br />

C) Bezirkskrankenhäuser<br />

Unterstellt den Räten <strong>der</strong> Kreise<br />

D) durch das M<strong>in</strong>isterium zentral geleitete<br />

Krankenhäuser und Forschungs<strong>in</strong>stitute<br />

mit kl<strong>in</strong>ischen Abteilungen<br />

Unterstellt dem M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

E) Fachkrankenhäuser<br />

Unterstellt den Räten <strong>der</strong> Kreise o<strong>der</strong> Bezirke<br />

Alle Krankenhäuser verfügten neben den<br />

stationären über ambulante und diagnostisch-therapeutische<br />

Kapazitäten<br />

Gemäß RKO 1979 wurden die Standorte,<br />

Kapazitäten, Struktur, Leistungsprofil und<br />

Betreuungsbereiche für Krankenhäuser <strong>der</strong><br />

Gruppen A, B, C und E unter Berücksichtigung<br />

allgeme<strong>in</strong>er Vorgaben des M<strong>in</strong>isteriums<br />

für Gesundheitswesen durch die Räte<br />

<strong>der</strong> Bezirke festgelegt. Die Kategorien des<br />

Leistungsprofils waren: Die Grundbetreuung,<br />

die spezialisierte mediz<strong>in</strong>ische Betreuung<br />

und die hochspezialisierte mediz<strong>in</strong>ische<br />

Betreuung.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe A, <strong>in</strong> Abteilungen<br />

und Stationen geglie<strong>der</strong>t, gewährleisteten<br />

die mediz<strong>in</strong>ische Grundbetreuung<br />

auf 1 bis 3 Fachgebieten, darunter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

Innere Mediz<strong>in</strong> und Chirurgie. Sie durften<br />

mit Zustimmung des Bezirksarztes die<br />

Bezeichnung „Kreiskrankenhaus“ führen.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe B, unterteilt<br />

<strong>in</strong> Abteilungen und Stationen, gewährleisteten<br />

die Grundbetreuung auf 4 und<br />

mehr Fachgebieten, vertreten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

die Fachgebiete Innere Mediz<strong>in</strong>, Chirurgie,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>heilkunde, Gynäkologie/Geburtshilfe,<br />

die anästhesiologische Betreuung war<br />

Bed<strong>in</strong>gung. Vorhanden waren weiterh<strong>in</strong> Abteilungen<br />

für Röntgendiagnostik, Labordiagnostik,<br />

Physiotherapie. Die Räte <strong>der</strong> Bezirke<br />

konnten Häusern <strong>der</strong> Gruppe B Aufgaben<br />

<strong>der</strong> spezialisierten mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung<br />

übertragen. So erfüllten „Kreiskrankenhäuser<br />

mit erweiterter Aufgabestellung“<br />

überkreisliche Aufgaben und verfügten<br />

über weitere Fachgebiete wie Intensivtherapie,<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>, Urologie, Neurologie/<br />

Psychiatrie u. a..<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe C gewährleisteten<br />

die spezialisierte Betreuung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

größeren Betreuungsbereich, erfüllten die<br />

Aufgaben e<strong>in</strong>es Notfallzentrums und hatten<br />

außerdem die mediz<strong>in</strong>ische Grundbetreuung<br />

im engeren Bereich zu sichern. Vertreten<br />

waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel folgende Leistungsbereiche:<br />

Innere Mediz<strong>in</strong> (e<strong>in</strong>schließlich<br />

Dialyse, Infektionskrankheiten), Chirurgie<br />

(e<strong>in</strong>schließlich Abteilung Traumatologie),<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie, K<strong>in</strong><strong>der</strong>heilkunde, Gynäkologie/Geburtshilfe,<br />

Urologie, Orthopädie,<br />

Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Augenheilkunde,<br />

Haut- und Geschlechtskrankheiten,<br />

Kiefer- und Gesichtschirurgie, Neurologie/<br />

Psychiatrie, Intensivtherapie/Anästhesiologie,<br />

Labordiagnostik, Röntgendiagnostik,<br />

Nuklearmediz<strong>in</strong>, Pathologie (ggf. Gerichtsmediz<strong>in</strong>),<br />

Physiotherapie, Arbeitstherapie,<br />

Kl<strong>in</strong>ische Pharmakologie, Zentrale Operationsabteilung,<br />

Rettungsstelle. Bei beson<strong>der</strong>en<br />

territorialen Erfor<strong>der</strong>nissen konnten<br />

weitere Leistungsbereiche vorhanden se<strong>in</strong>.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe C waren <strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>iken,<br />

Abteilungen und Stationen geglie<strong>der</strong>t.<br />

E<strong>in</strong> Institutsstatus (<strong>der</strong> Radiologie,<br />

Pathologie, Laboratoriumsdiagnostik u. a.)<br />

war möglich. Kl<strong>in</strong>iken und Institute durften<br />

aus mehreren fachlich selbständigen Abteilungen<br />

<strong>in</strong> wissenschaftlich begründeter<br />

Größenordnung bestehen.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe D erfüllten Aufgaben<br />

<strong>der</strong> spezialisierten und hochspezialisierten<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppe E waren überregionale<br />

Fachkrankenhäuser für Neurologie<br />

und Psychiatrie, für Lungenkrankheiten<br />

und Tuberkulose, für Orthopädie sowie Rehabilitation.<br />

Krankenhäuser <strong>der</strong> Gruppen C und D hatten<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Zentralbibliotheken, alle<br />

an<strong>der</strong>en Häuser mediz<strong>in</strong>ische Fachbibliotheken.<br />

Soweit Auszüge aus <strong>der</strong> RKO 1979. Dieser<br />

gesetzlich mögliche Zustand konnte häufig<br />

nicht realisiert werden, teils aus objektiven,<br />

teils aus personellen Gründen.<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Kategorie <strong>der</strong> stationären<br />

E<strong>in</strong>richtungen, die Regierungskrankenhäuser,<br />

übernahmen ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>en Versorgungsaufgaben.<br />

Sie standen nur den Mitarbeitern<br />

höherer Leitungsebenen von Partei,<br />

Regierung und Wirtschaft, auch Botschaftsangehörigen,<br />

<strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Die Krankenhäuser <strong>der</strong> evangelischen und<br />

katholischen Kirche waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Region fest <strong>in</strong> das System des Gesundheitswesens<br />

e<strong>in</strong>bezogen und leisteten e<strong>in</strong>en<br />

stabilen Beitrag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grund- und spezialisierten<br />

Betreuung (s. Beitrag S. Grafe: “Konfessionelle<br />

Häuser“ <strong>in</strong> diesem Kapitel). Die<br />

diesbezüglichen Abstimmungen erfolgten<br />

mit den Bezirksärzten und Kreisärzten. Ihre<br />

Kosten rechneten sie mit den Versicherungsträgern<br />

nach Tageskostensätzen ab,<br />

die jährlich neu festgelegt wurden. Wegen<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel besseren apparativen Ausrüstung<br />

(Geräte und/o<strong>der</strong> Devisen aus <strong>der</strong><br />

BRD), vor allem aber wegen <strong>der</strong> vorbildlichen<br />

ärztlichen und pflegerischen Betreuung,<br />

genossen die konfessionellen Häuser<br />

e<strong>in</strong> großes Vertrauen <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Es fehlte e<strong>in</strong>e zentrale und entsprechend<br />

ausgerüstete Kl<strong>in</strong>ik für thermische Verletzungen.<br />

Ausgewählte E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong><br />

Hochschulen und des kommunalen Gesundheitswesens<br />

(z.B. das Bezirkskrankenhaus<br />

St. Georg Leipzig) übernahmen überregionale<br />

Aufgaben bei <strong>der</strong> Behandlung<br />

Verbrennungsverletzter, die aber sowohl <strong>in</strong><br />

räumlicher als auch personeller H<strong>in</strong>sicht die<br />

Normen e<strong>in</strong>er „burn unit“ nicht erreichten.<br />

Anmerkung Anlässlich des IV. Unfallchirurgenkongresses<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

1973 referierten Röd<strong>in</strong>g (Potsdam), Sauer u. a.<br />

(Leipzig), Simko (Kosiče), Dietz (Berl<strong>in</strong>), Zellner<br />

(Ludwigshafen zum „Stand <strong>der</strong> Vorarbeiten<br />

<strong>zur</strong> Gründung von Verbrennungszentren <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“. [8]<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 9


10<br />

Die beson<strong>der</strong>e Unterstützung durch das<br />

M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen war bis<br />

zu e<strong>in</strong>em gewissen Grade gegeben. Sie bestand<br />

u. a. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewährung von Importen<br />

(z. B. Antiseptika, Dermatome) und Unterstützung<br />

von Hospitationen, beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong><br />

den Verbrennungszentren <strong>der</strong> CSSR <strong>in</strong> Prag<br />

und Kosiče. Das relativ hohe Behandlungsniveau<br />

von Verbrennungsverletzten wurde<br />

maßgeblich durch die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Thermische und komb<strong>in</strong>ierte Schäden“ <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie bee<strong>in</strong>flusst.<br />

Zu den Leistungen <strong>der</strong> AG zählten<br />

Produkte für den temporären Hautersatz,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis <strong>zur</strong> Anwendung gelangten.<br />

E<strong>in</strong>e Forschungsgruppe um Prof. Dr. S. Kiene<br />

entwickelte e<strong>in</strong>e desantigenisierte, lyophilisierte<br />

Schwe<strong>in</strong>espalthautkonserve („Xeno<strong>der</strong>m“).<br />

E<strong>in</strong>e weitere Gruppe um Frau Prof.<br />

Dr. H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch und Dr. J. Riedeberger<br />

(Leipzig) setzte die Produktion e<strong>in</strong>es synthetischen<br />

Hautersatzes („SYSpur-<strong>der</strong>m“)<br />

durch. 1979 erschien von H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch<br />

und J. Riedeberger die Monografie<br />

„Kl<strong>in</strong>ik und Therapie <strong>der</strong> Verbrennungsverletzungen“<br />

(2. Auflage 1983).<br />

Ambulanter Bereich [7, 11]<br />

Die Polikl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>iken<br />

<strong>der</strong> Universitäten und Mediz<strong>in</strong>ischen Akademien<br />

blieben auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> traditioneller<br />

<strong>in</strong>tegraler Bestandteil <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong><br />

allen Belangen <strong>der</strong> Lehre, Wissenschaft und<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung.<br />

Die Polikl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> den Städten waren die<br />

Basis <strong>der</strong> ambulanten Grund- und spezialisierten<br />

Betreuung. Grundsätzlich wurde<br />

die Funktions- und Verwaltungse<strong>in</strong>heit<br />

mit dem stationären Bereich (sog. „Funktionse<strong>in</strong>heit<br />

Krankenhaus-Polikl<strong>in</strong>ik“) angestrebt,<br />

was auch überwiegend <strong>der</strong> Fall war.<br />

Die verwaltungstechnische und juristische<br />

Verselbständigung e<strong>in</strong>er Polikl<strong>in</strong>ik setzte<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel dort durch, wo es sich um<br />

unterschiedliche Standorte handelte.<br />

In größeren Chirurgischen Abteilungen<br />

<strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>iken erfolgte e<strong>in</strong>e gewisse Spezialisierung.<br />

Fachärzte, die sich z. B. schwerpunktmäßig<br />

mit <strong>Unfallchirurgie</strong>, Handchirurgie,<br />

Proktologie befassten. Es war möglich<br />

und laut RKO 1979 [10] abgesichert, mit<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik zu kooperieren, dort auch operativ<br />

tätig zu werden und sich am Bereitschaftsdienst<br />

zu beteiligen.<br />

Die Betriebspolikl<strong>in</strong>iken wirkten <strong>in</strong> den<br />

größeren Betrieben aller Industriezweige.<br />

Schwerpunkt war die arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />

Betreuung und ambulante Grundversorgung.<br />

Die Stadtambulatorien waren anfänglich<br />

organisatorisch den Polikl<strong>in</strong>iken angeglie<strong>der</strong>t.<br />

Sie wurden vorwiegend von Fachärzten<br />

für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong> geleitet. Angesiedelt<br />

waren weiterh<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>ärzte, selten<br />

Gynäkologen. Neben dem entsprechenden<br />

mittleren mediz<strong>in</strong>ischen und technischen<br />

Personal waren dem Stadtambulatorium<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendfürsorger<strong>in</strong>nen und erfahrene<br />

Geme<strong>in</strong>deschwestern zugeordnet,<br />

die dem Leiter organisatorisch unterstellt<br />

waren. Über Röntgene<strong>in</strong>richtungen, Laboratorien,<br />

chirurgisch-<strong>in</strong>strumentelle Ausrüstungen<br />

verfügten die Ambulatorien nicht.<br />

In den 80er Jahren wurden alle Stadtambulatorien<br />

und Staatliche Arztpraxen zusammengefasst,<br />

geleitet von e<strong>in</strong>em Direktor für<br />

ambulante Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen, <strong>der</strong><br />

direkt dem Kreisarzt unterstellt war.<br />

Die Funktion <strong>der</strong> staatlichen Landambulatorien<br />

entsprach jener <strong>der</strong> Ambulatorien<br />

<strong>in</strong> den Städten, jedoch mit breiterer Aufgabenstellung,<br />

aber e<strong>in</strong>geschränkten mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Leistungsprofil. Ihnen waren<br />

weiterh<strong>in</strong> regionale K<strong>in</strong><strong>der</strong>krippen, Altersheime,<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tene<strong>in</strong>richtungen mediz<strong>in</strong>isch,<br />

diszipl<strong>in</strong>arisch und verwaltungstechnisch<br />

unterstellt. Sie wurden durchgehend<br />

von Fachärzten für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong><br />

betrieben. Bei erhöhtem Bedarf war e<strong>in</strong>e<br />

stundenweise Unterstützung durch Ärzte<br />

an<strong>der</strong>er Fachrichtungen wie Innere Mediz<strong>in</strong>,<br />

Pädiatrie, Gynäkologie zwar möglich, aber<br />

die Ausnahme.<br />

Die Aufgabenstellung erstreckte sich auf<br />

die mediz<strong>in</strong>ische Grundversorgung im umfassenden<br />

S<strong>in</strong>ne. Der Allgeme<strong>in</strong>arzt wurde<br />

regelmäßig und grundsätzlich primär<br />

aufgesucht. Ärzte an<strong>der</strong>er Fachrichtungen<br />

wurden nur auf dem Überweisungswege <strong>in</strong><br />

Anspruch genommen. Zu se<strong>in</strong>en Aufgaben<br />

zählten weiterh<strong>in</strong> Schwangerenberatungen,<br />

Mütterberatungen, Impfprophylaxe, Vorsorgeuntersuchungen<br />

<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>krippen und<br />

-gärten, Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchung<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft tätigen Bevölkerung.<br />

Zugeordnet waren Geme<strong>in</strong>deschwestern,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendfürsorger<strong>in</strong>nen.<br />

Landambulatorien wurden schon <strong>in</strong> den<br />

50er Jahren <strong>in</strong> Regionen dünner Besiedelung<br />

und landwirtschaftlicher Schwerpunkte<br />

erbaut, vorwiegend als e<strong>in</strong>heitlicher Typenbau.<br />

Ihr mediz<strong>in</strong>isches Versorgungsgebiet<br />

erstreckte sich über mehrere Dörfer mit <strong>in</strong>sgesamt<br />

8.000 bis 15.000 E<strong>in</strong>wohnern.<br />

In den Staatlichen Arztpraxen wirkten vorwiegend<br />

Fachärzte für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>.<br />

Sie handelten <strong>in</strong> eigener Verantwortung,<br />

und die Organisationsform dieser Praxen<br />

entsprach im Wesentlichen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung.<br />

Verwaltungstechnisch organisatorisch<br />

waren sie zum Teil den Ambulatorien,<br />

zum Teil dem Rat des Kreises zugeordnet.<br />

Dementsprechend war auch die<br />

diszipl<strong>in</strong>arische Unterstellung unterschiedlich<br />

geregelt.<br />

Im Oktober 1989 arbeiteten 22.000 Ärzte<br />

(über die Hälfte aller Ärzte <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>) und<br />

13.000 Zähnärzte <strong>in</strong> den staatlichen ambulanten<br />

Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen.<br />

Privatpraxen waren die absolute Ausnahme.<br />

Noch <strong>in</strong> den 50er Jahren wurde die<br />

ambulante mediz<strong>in</strong>ische Betreuung vorwiegend<br />

von nie<strong>der</strong>gelassenen Ärzten getragen.<br />

Nach dem Mauerbau 1961 wurde auf<br />

e<strong>in</strong>en Wechsel dieser Ärzte <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen<br />

des staatlichen ambulanten Gesundheitswesens<br />

gedrängt. Neue Nie<strong>der</strong>lassungen<br />

wurden nur noch dann gewährt, wenn<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> die elterliche Praxis übernehmen<br />

wollten. 1989 standen 341 Ärzte <strong>in</strong> eigener<br />

Nie<strong>der</strong>lassung 1635 Ärzten <strong>in</strong> Staatspraxen<br />

gegenüber.<br />

E<strong>in</strong> weit verbreitetes Pr<strong>in</strong>zip war die vertraglich<br />

geregelte, honorierte und außerhalb<br />

<strong>der</strong> Dienstzeit zu erbr<strong>in</strong>gende Nebentätigkeit<br />

(sog. „Z-Stelle“ = Z(usatz)-Stelle).<br />

Zahlreiche Kl<strong>in</strong>ikärzte wurden so ambulant<br />

tätig. Auf diese Regelung griff man dann <strong>zur</strong>ück,<br />

wenn <strong>in</strong> Ambulanzen und Polikl<strong>in</strong>iken<br />

notwendige fachärztliche Leistungen aus<br />

personellen Gründen nicht gewährleistet<br />

waren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bedarf für e<strong>in</strong>e volle Planstelle<br />

nicht ausreichte. Von dieser Regelung<br />

profitierten auch die Patienten, da häufig<br />

<strong>der</strong> Erstkontakt vor e<strong>in</strong>er Operation, dann<br />

die stationäre Behandlung e<strong>in</strong>schließlich<br />

des operativen E<strong>in</strong>griffs bis h<strong>in</strong> <strong>zur</strong> Nachsorge<br />

<strong>in</strong> den Händen des gleichen Arztes lag.<br />

Mit <strong>der</strong> besseren personellen Ausstattung<br />

des ambulanten Bereichs trat diese Z-Stellen-Regelung<br />

mehr und mehr <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund.<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Aufgabe <strong>der</strong> ambulanten<br />

E<strong>in</strong>richtungen waren die „Dispensaires“.<br />

Aus <strong>der</strong> im Mittelalter <strong>in</strong> Klöstern Frankreichs<br />

gewährten unentgeltlichen Heilbehandlung<br />

und Arzneiabgabe entwickelte<br />

sich als mo<strong>der</strong>ne Form e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung an die<br />

Gesundheitsfürsorge. In <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong>tegrierte<br />

die „Dispensairebetreuung“ alle Maßnahmen<br />

e<strong>in</strong>er ständigen, kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Überwachung, Behandlung und Rehabilitation<br />

Gefährdeter und Geschädigter. Im<br />

Gegensatz <strong>zur</strong> Spezialsprechstunde stand<br />

<strong>der</strong> langfristige und prophylaktische Aspekt<br />

im Vor<strong>der</strong>grund. Außerdem fanden letztere<br />

vorwiegend <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iksambulanzen statt<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


und wurden von spezialisierten Kl<strong>in</strong>ikärzten<br />

durchgeführt.<br />

Zur ambulanten Behandlung unfallchirurgischer<br />

Patienten<br />

Für die stationären Unfallchirurgen war es<br />

unproblematisch, Verletzte nach <strong>der</strong> Entlassung<br />

aus stationärer Behandlung <strong>in</strong> den<br />

Kl<strong>in</strong>ikambulanzen des Krankenhauses weiter<br />

zu behandeln und zu kontrollieren. Das<br />

erfolgte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel dann, wenn aus fachlichen<br />

Gründen die direkte Nachsorge vorteilhaft<br />

erschien.<br />

In zahlreichen größeren Polikl<strong>in</strong>iken mit chirurgischen<br />

Abteilungen hatte sich e<strong>in</strong> Arzt<br />

auf dem Gebiete <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> spezialisiert,<br />

<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik kooperierte, teilweise<br />

dort operativ tätig wurde und an den<br />

Kl<strong>in</strong>ikfortbildungen teilnahm. E<strong>in</strong>e weitere<br />

Möglichkeit war e<strong>in</strong>e vertraglich geregelte,<br />

honorierte Nebentätigkeit (Z-Stelle) von Kl<strong>in</strong>ikärzten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ambulanz. E<strong>in</strong> stationärer<br />

Unfallchirurg konnte auf dieser Honorarbasis<br />

sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ikambulanz als auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>ik tätig werden.<br />

Kur­ und Bä<strong>der</strong>wesen, Rehabilitation<br />

(unter Mitarbeit von R. Lang*)<br />

Das Kur- und Bä<strong>der</strong>wesen war neben den<br />

stationären und ambulanten E<strong>in</strong>richtungen<br />

e<strong>in</strong>e 3. Säule im Gesundheits- und Sozialwesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Dieses genoss die beson<strong>der</strong>e<br />

fachliche und wissenschaftliche Aufmerksamkeit<br />

und Unterstützung <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Physiotherapie.<br />

Je<strong>der</strong> Facharzt konnte unter Beachtung <strong>der</strong><br />

Fragen<br />

– Ist die Kur notwendig?<br />

– Ist <strong>der</strong> Patient kurfähig?<br />

– Liegt e<strong>in</strong>e Kureignung vor?<br />

– Hat <strong>der</strong> Patient die richtige E<strong>in</strong>stellung <strong>zur</strong><br />

Kur?<br />

beim zuständigen Kreisarzt e<strong>in</strong>e Kur beantragen.<br />

Dieser legte den Antrag e<strong>in</strong>er<br />

Fachkommission <strong>zur</strong> Prüfung vor und traf<br />

im positiven Falle die Genehmigung unter<br />

Beachtung se<strong>in</strong>es Kont<strong>in</strong>gents, das ihm aufgeschlüsselt<br />

nach E<strong>in</strong>wohnerzahl und <strong>in</strong>dustrieller<br />

Ballung über se<strong>in</strong>en Bezirksarzt<br />

vom M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

und dem Bundesvorstand des FDGB (Freier<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund) als Kostenträger<br />

zugeteilt worden war.<br />

1978 wurde vom M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

e<strong>in</strong> Verzeichnis über die Bä<strong>der</strong><br />

und Sanatorien und <strong>der</strong>en Leistungsprofil<br />

herausgegeben. Dabei wurde auf die Kon-<br />

* Dr. med. R. Lang, vorm. Ärztlicher Direktor des Kl<strong>in</strong>iksana<br />

toriums für Unfall­ und Sportverletzte „Raupennest“,<br />

Altenberg/Erzgebirge.<br />

zentration bestimmter Indikationen und<br />

Krankheitsgruppen auf beson<strong>der</strong>s geeignete,<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihrer speziellen diagnostischen<br />

und therapeutischen Möglichkeiten<br />

profilierte Kur- und Rehabilitationse<strong>in</strong>richtungen<br />

geachtet.<br />

Die zahlreichen traditionellen Kure<strong>in</strong>richtungen<br />

aus <strong>der</strong> Vorkriegszeit wurden zum<br />

Teil weiter ausgebaut. Die Kapazität für Genesungskuren,<br />

auch nach leichteren Unfällen,<br />

war ausreichend.<br />

Problematisch war die Frührehabilitation<br />

bzw. die spezielle Rehabilitation schwerer<br />

und beson<strong>der</strong>er Unfallfolgen. Diese wurde<br />

zumeist von den erstbehandelnden stationären<br />

E<strong>in</strong>richtungen übernommen. Die<br />

heutigen optimalen Voraussetzungen wie<br />

Bewegungsbad, Ergotherapie und <strong>der</strong>gleichen<br />

waren allerd<strong>in</strong>gs selten und zuletzt<br />

nur <strong>in</strong> den neu erbauten Bezirkskrankenhäusern<br />

gegeben.<br />

Das „Raupennest“ <strong>in</strong> Altenberg (Osterzgebirge),<br />

allgeme<strong>in</strong> als Sanatorium für Unfall-<br />

und Sportverletzungen bezeichnet, war e<strong>in</strong>e<br />

Ausnahme. Es war die e<strong>in</strong>zige E<strong>in</strong>richtung<br />

für die spezielle Rehabilitation nach Unfällen<br />

bzw. orthopädischen Operationen, abgesehen<br />

vom Sanatorium <strong>in</strong> Kreischa bei Dresden,<br />

das aber nur den Leistungssportlern<br />

vorbehalten blieb. Das Haus war im Jahre<br />

1926 von <strong>der</strong> Aktiengesellschaft „Sächsische<br />

Werke“ als imposantes Hotel „Berghof Raupennest“<br />

erbaut worden. Der 2. Weltkrieg<br />

h<strong>in</strong>terließ nur e<strong>in</strong>e Ru<strong>in</strong>e. Nach dem Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

1951 wurde es als Rehabilitationsstätte<br />

genutzt. Ab 1. Januar 1989 erhielt<br />

Raupennest den Status „Kl<strong>in</strong>iksanatorium“.<br />

Jährlich wurden im „Raupennest“ mit etwa<br />

150 Betten etwa 1200 Patienten von 90<br />

Mitarbeitern, darunter 4 Ärzten, behandelt.<br />

Rehabilitationsziel war die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>in</strong> den Arbeitsprozess sowie <strong>in</strong> das<br />

private und gesellschaftliche Leben. Als<br />

Therapieformen kamen neben <strong>der</strong> Physiotherapie<br />

(E<strong>in</strong>zel- und Gruppengymnastik,<br />

Gehschule, Schl<strong>in</strong>genkäfig, Schwimmübungen,<br />

Fußübungsgerät) die Ergotherapie<br />

(Weben, Knüpfen, Drucken, Emaillieren) und<br />

<strong>der</strong> Heilsport (Konditionierung, gezielter<br />

Muskelaufbau) zum E<strong>in</strong>satz. In <strong>der</strong> Freizeit<br />

standen den Rehabilitanden e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />

Bibliothek, wie auch Klub-, Schach-<br />

und Billardräume <strong>zur</strong> Verfügung. Kulturelle<br />

Veranstaltungen und Arztvorträge dienten<br />

<strong>der</strong> Unterstützung des Rehabilitationsprozesses.<br />

Jährlich wurden „Raupennestsportspiele“<br />

veranstaltet, um dauergeschädigte<br />

Menschen für den Versehrtensport des<br />

DTSB (Deutschen Turn- und Sportbund) <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> zu <strong>in</strong>teressieren.<br />

Der reguläre Aufenthalt von 4 Wochen<br />

reichte für die schwersten Unfallfolgen<br />

nicht aus. Die für e<strong>in</strong>en 10-Jahreszeitraum<br />

errechnete durchschnittliche Verweildauer<br />

betrug 41,6 Tage. Der E<strong>in</strong>weisungsmodus<br />

war <strong>der</strong> speziellen Indikation angepasst. 10<br />

größere Kl<strong>in</strong>iken (Universitäten, Akademien,<br />

e<strong>in</strong>zelne BKH) hatten e<strong>in</strong> Kont<strong>in</strong>gent für Direkte<strong>in</strong>weisungen<br />

mit <strong>der</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er<br />

Frührehabilitation. Beim regulären E<strong>in</strong>weisungsverfahren<br />

wurde auf e<strong>in</strong>e strenge Indikationsstellung<br />

geachtet.<br />

E<strong>in</strong> großes Defizit im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich<br />

bestand bis <strong>zur</strong> Wende bei <strong>der</strong> Rehabilitation<br />

Querschnittsgelähmter. E<strong>in</strong>ige<br />

Fortschritte gab es durch die zentral angeordnete<br />

Regelung <strong>in</strong> den 80er Jahren:<br />

Die Primärversorgung hatte regional <strong>in</strong><br />

ausgewählten BKH mit entsprechen<strong>der</strong><br />

technischer Ausrüstung und qualifiziertem<br />

Personal zu erfolgen; daran schloss sich<br />

– regional aufgeteilt – die mediz<strong>in</strong>ische Rehabilitation<br />

<strong>in</strong> den Zentren Sülzha<strong>in</strong>-Harz<br />

o<strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>-Buch an; für die soziale Rehabilitation<br />

und Integration waren die Kommunen<br />

zuständig.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Missstand war die un<strong>zur</strong>eichende<br />

und zum Teil primitive Ausstattung<br />

mit technischen Hilfsmitteln für körperlich<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te: Es mangelte an Rollstühlen mit<br />

e<strong>in</strong>em höheren technischen Niveau, aber<br />

auch an kle<strong>in</strong>en Hilfen für die Belange des<br />

täglichen Lebens wie spezielle Essbestecke<br />

und <strong>der</strong>gleichen. Diese mussten entwe<strong>der</strong><br />

durch Eigenhilfe hergestellt o<strong>der</strong> irgendwie<br />

beschafft werden.<br />

Militärmediz<strong>in</strong>ische E<strong>in</strong>richtungen<br />

Die mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Nationalen<br />

Volksarmee (NVA) schalteten sich <strong>in</strong><br />

die Betreuung <strong>der</strong> Bevölkerung e<strong>in</strong>, sofern<br />

die übergeordneten militärmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Belange dies zuließen. In Notfällen bestand<br />

jedoch für die ärztlichen Notfalldienste <strong>in</strong><br />

Kl<strong>in</strong>iken und Lazaretten <strong>der</strong> NVA die Pflicht,<br />

sowohl <strong>in</strong>ländische als auch ausländische<br />

Bürger zu versorgen.<br />

Die geregelte Ausbildung von Militärärzten<br />

begann 1951 [2, 4]. Dem Krankenhaus <strong>der</strong><br />

Kasernierten Volkspolizei (KVP) <strong>in</strong> Leipzig-<br />

Wie<strong>der</strong>itzsch war e<strong>in</strong>e Studentenkompanie<br />

angeglie<strong>der</strong>t, <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Leipziger Universität<br />

studierten. Im Jahre 1955 wurde mit <strong>der</strong><br />

Gründung e<strong>in</strong>er Militärmediz<strong>in</strong>ischen Sektion<br />

(MMS) die Ernst-Moritz-Arndt-Universität<br />

Greifswald für die militärmediz<strong>in</strong>ische<br />

Ausbildung ausgewählt. Die MMS <strong>in</strong> Greifswald<br />

war zugleich Ausbildungsstätte für<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 11


12<br />

Militärzahnärzte und -apotheker. Weiterh<strong>in</strong><br />

fanden hier rout<strong>in</strong>emäßig mehrwöchige<br />

Lehrgänge für Reservisten – zu e<strong>in</strong>em hohen<br />

Anteil Chirurgen <strong>der</strong> Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

und des kommunalen Gesundheitswesens<br />

– statt.<br />

1954 wurde <strong>in</strong> Bad Saarow das „Zentralkrankenhaus<br />

<strong>der</strong> KVP“ errichtet; später „Armeelazarett“<br />

bzw. „Zentrales Armeelazarett“<br />

<strong>der</strong> NVA und ab 1981 „Militärmediz<strong>in</strong>ische<br />

Akademie“ (MMA). Hier wurden Angehörige<br />

<strong>der</strong> NVA, Zivilbeschäftigte <strong>der</strong> NVA, Familienangehörige<br />

des Offizierbestandes und<br />

mit e<strong>in</strong>em Anteil bis zu 30 % <strong>der</strong> Bettenkapazität<br />

auch zivile Bürger behandelt.<br />

Der Leiter des Lehrstuhls Feldchirurgie<br />

(Prof. Dr. L. Stöcker) war im kl<strong>in</strong>ischen Bereich<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Stellvertreter des Chefarztes<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik (Prof. Dr. G. Lochmann).<br />

E<strong>in</strong>e selbständige <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

gab es nicht.<br />

Das kl<strong>in</strong>ische Profil <strong>der</strong> MMA Bad Saarow<br />

entsprach dem e<strong>in</strong>es Krankenhauses <strong>der</strong><br />

hochspezialisierten Versorgung. Kl<strong>in</strong>iken<br />

und Institute zeichneten sich durch e<strong>in</strong>e<br />

sehr gute technische Ausrüstung und profilierte<br />

personelle Besetzung aus. Die Chirurgische<br />

Kl<strong>in</strong>ik hatte die volle Berechtigung<br />

<strong>zur</strong> Facharztweiterbildung. Es bestand e<strong>in</strong>e<br />

enge Zusammenarbeit mit zivilen Partnern.<br />

Für Krankenhäuser <strong>der</strong> Region wurden<br />

Dienstleistungen übernommen (CT, MRT,<br />

Ste<strong>in</strong>zertrümmerung, Schnellschnittuntersuchungen).<br />

Leitende Ärzte arbeiteten <strong>in</strong><br />

den wissenschaftlichen Gesellschaften <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> mit, so <strong>der</strong> Leiter des Lehrstuhls Feldchirurgie<br />

im Vorstand <strong>der</strong> Sektion Traumatologie.<br />

Die Standorte <strong>der</strong> Lazarette: <strong>der</strong> Landstreitkräfte<br />

<strong>in</strong> Dresden, Gotha, Leipzig, Neustadt-Glewe,<br />

Potsdam und Ückermünde<br />

(Prenzlau), <strong>der</strong> Seestreitkräfte <strong>in</strong> Stralsund<br />

und <strong>der</strong> Luftstreitkräfte <strong>in</strong> Cottbus. Der Anteil<br />

ziviler Patienten war <strong>in</strong> den Lazaretten<br />

aus Kapazitätsgründen ger<strong>in</strong>g.<br />

Die <strong>Unfallchirurgie</strong> im staatlichen<br />

Gesundheitswesen<br />

Die „Institutionalisierung“ <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

vollzog sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> relativ schwerfällig.<br />

Alter deutscher Tradition entsprechend<br />

dom<strong>in</strong>ierten lange Zeit, wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD<br />

auch, die Allgeme<strong>in</strong>chirurgie und damit <strong>der</strong><br />

Allgeme<strong>in</strong>chirurg als Chefarzt. Das traumatologische<br />

Krankengut wurde auf e<strong>in</strong>er<br />

„Unfallstation“ zusammengefasst, die oft<br />

vom jeweils jüngsten Oberarzt geleitet und<br />

dann dem nachrückenden jüngeren Oberarzt<br />

übergeben wurde. Die Assistenten „rotierten“<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Weiterbildung. Die<br />

Dauer ihrer unfallchirurgischen Tätigkeit<br />

wurde zumeist nicht von den Belangen <strong>der</strong><br />

Weiterbildung, son<strong>der</strong>n von denen <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik<br />

bestimmt.<br />

Nur <strong>in</strong> wenigen Häusern und Gremien wurde<br />

die zunehmende Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

für die mediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />

rechtzeitig erkannt. So entstanden selbständige<br />

Kl<strong>in</strong>iken für <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Friedrichsha<strong>in</strong><br />

(1956), Berl<strong>in</strong>-Köpenick<br />

(1961), Karl-Marx-Stadt – die „Zschopauer-Straße“<br />

(1968), Cottbus (1971), Zwickau<br />

(1975), Dessau (1975).<br />

Im Beitrag „Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ (Kapitel 6: „Die mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“) wird ausführlicher über die Stellung<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> chirurgischen<br />

Fachrichtung berichtet.<br />

Ausdruck e<strong>in</strong>es Fortschritts und e<strong>in</strong>er Anerkennung<br />

<strong>der</strong> zunehmenden Bedeutung <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> war <strong>der</strong> Aufbau e<strong>in</strong>er geregelten<br />

Aus-, Weiter- und Fortbildung. Die<br />

Akademie für Ärztliche Fortbildung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>,<br />

verantwortlich für alle Belange <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

zum Facharzt und kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Fortbildung, regelte die Subspezialisierung<br />

Traumatologie (s. Kap. 7: „Fort- und Weiterbildung“).<br />

Neben den wissenschaftlichen<br />

Themen bildete die Fortbildung bei den<br />

seit 1972 jeweils <strong>in</strong> 2-jährlichen Abständen<br />

traditionell <strong>in</strong> Leipzig stattf<strong>in</strong>denden Unfallchirurgenkongressen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> (s. Kap. 8:<br />

„Kongresse – Tagungen mit <strong>in</strong>ternationaler<br />

Beteiligung“) e<strong>in</strong> Schwergewicht; ebenso<br />

bei den im 2-Jahresabstand stattf<strong>in</strong>denden<br />

wissenschaftlichen Kongressen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.<br />

Aus <strong>der</strong> täglichen Praxis<br />

Auf dem Gebiete <strong>der</strong> Unfallprophylaxe bestanden<br />

Defizite, wie an<strong>der</strong>en Ortes auch.<br />

In <strong>der</strong> Verkehrssicherheit reduzierten sich<br />

die Bemühungen auf programmatische Erklärungen.<br />

Das primitive Sicherheitsniveau<br />

<strong>der</strong> PKW und die dürftigen Straßenverhältnisse<br />

setzten <strong>der</strong> Vorbeugung schwerer<br />

Verletzungen ohneh<strong>in</strong> objektive Grenzen.<br />

E<strong>in</strong>e Ausnahme bildeten die Betriebsunfälle,<br />

wo aus den Zahlen im Laufe <strong>der</strong> Jahre<br />

Fortschritte ersichtlich s<strong>in</strong>d. Trotz des absoluten<br />

Alkoholverbotes beim Führen e<strong>in</strong>es<br />

Kraftfahrzeugs wurde bei den Unfallverursachern<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hohen Prozentsatz e<strong>in</strong><br />

Alkohole<strong>in</strong>fluss nachgewiesen, z. B. <strong>in</strong> den<br />

Jahren 1970 bis 1980 von 8 bis 9 %.<br />

Die notärztliche Hilfe am Unfallort verbesserte<br />

sich mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> „Dr<strong>in</strong>glichen<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Hilfe“ (DMH), als<br />

Strukture<strong>in</strong>heit des Gesundheitswesens<br />

e<strong>in</strong>es Kreises, Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre. Damit<br />

waren Schulungen und kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Fortbildungen des Ärzteteams verbunden,<br />

die sich an diesem Notdienst beteiligten. Bis<br />

dah<strong>in</strong> gab es nur an wenigen E<strong>in</strong>richtungen<br />

speziell ausgerüstete Krankenwagen, die<br />

vom Deutschen Roten Kreuz <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bereitgestellt<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel von den Anästhesisten<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es regulären Bereitschaftsdienstes<br />

besetzt wurden. (s. Kap.<br />

13: „Notfallmediz<strong>in</strong>, Katastrophenschutz,<br />

Rettungsmediz<strong>in</strong>“)<br />

Anmerkung Der Aufbau des Systems <strong>der</strong><br />

notärztlichen Hilfe wurde vorrangig von den<br />

Vertretern <strong>der</strong> aufstrebenden Fachrichtung<br />

Anästhesie getragen. Beispielgebend war das<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Berl<strong>in</strong>-Friedrichsha<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong> hatte<br />

seit 1957 die ersten Chefärzte für Anästhesiologie<br />

im deutschsprachigen Raum [12].<br />

Für die DMH standen <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

spezielle Fahrzeuge <strong>zur</strong> Verfügung. Der<br />

Verletzten- und Krankentransport mit dem<br />

Hubschrauber bildete die absolute Ausnahme,<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen auf militärische Vorgaben<br />

und auf die Kosten. Außerdem war das<br />

Gerät nur bed<strong>in</strong>gt geeignet, wegen <strong>der</strong> improvisierten<br />

Ausrüstung und vor allem wegen<br />

des Motorenlärms war e<strong>in</strong>e wirksame<br />

notärztliche Behandlung während des<br />

Fluges kaum möglich. (s. auch Kap. 18: "Die<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> als Wurzel e<strong>in</strong>er mo<strong>der</strong>nen<br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären außerkl<strong>in</strong>ischen Notfallversorgung<br />

<strong>in</strong> Ostdeutschland")<br />

Die Erwartungen <strong>der</strong> Patienten und ihrer<br />

Angehörigen an den Unfallchirurgen waren,<br />

wie <strong>in</strong> allen Bereichen <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>,<br />

sehr hoch. Der <strong>DDR</strong>-Bürger war durch das<br />

Westfernsehen über den <strong>in</strong>ternationalen<br />

Leistungsstand <strong>der</strong> Chirurgie bestens <strong>in</strong>formiert.<br />

Die Diskrepanz auf mediz<strong>in</strong>technischem<br />

Gebiet, welche trotz <strong>der</strong> ständig<br />

anwachsenden Westimporte von Instrumenten<br />

und Instrumentarien bis zum Ende<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bestehen blieb, wurde durch schöpferische<br />

Improvisation und vor allem durch<br />

das vorbildliche Engagement <strong>der</strong> Ärzte zu<br />

e<strong>in</strong>em großen Teil kompensiert.<br />

In vielen kle<strong>in</strong>eren Häusern <strong>der</strong> Grundversorgung<br />

waren die mediz<strong>in</strong>technischen<br />

Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e zeitgemäße unfallchirurgische<br />

Versorgung nicht gegeben.<br />

Zum Beispiel fehlte noch Ende <strong>der</strong> 70er Jahre<br />

<strong>in</strong> vielen kle<strong>in</strong>en Häusern <strong>der</strong> Bildverstärker,<br />

obwohl dieses Gerät <strong>in</strong> Dresden produziert<br />

wurde. Die Produktion war begrenzt,<br />

<strong>der</strong> Export hatte Vorrang. Wie<strong>der</strong>holte und<br />

im jeweiligen Jahresplan <strong>der</strong> Krankenhäuser<br />

schriftlich begründete Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

führten selten zum Erfolg. Knappe Geräte<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


aus Import und Eigenproduktion unterlagen<br />

ohneh<strong>in</strong> <strong>der</strong> bezirksärztlichen o<strong>der</strong> noch höheren<br />

Kontrolle und wurden je nach offizieller<br />

bzw. regionaler Aufgabenstellung und<br />

damit nach Dr<strong>in</strong>glichkeit zugeordnet. Auch<br />

die Fachgesellschaften wurden teilweise<br />

e<strong>in</strong>bezogen. E<strong>in</strong> Brief aus <strong>der</strong> üblichen Planungskorrespondenz<br />

soll das exemplarisch<br />

belegen und e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck vermitteln<br />

(� Abb. 1).<br />

Der Mangel führte teilweise zu kuriosen Lösungen:<br />

E<strong>in</strong> typisches Beispiel gebotenen Improvisationsvermögens<br />

waren die vielen, durchaus orig<strong>in</strong>ellen<br />

technischen Lösungen <strong>der</strong> <strong>in</strong> Eigenproduktion<br />

hergestellten äußeren Festhalter.<br />

Importgeräte renommierter Firmen standen<br />

über viele Jahre nur größeren Kl<strong>in</strong>iken mit<br />

dem Status e<strong>in</strong>es unfallchirurgischen Schwerpunkts<br />

<strong>zur</strong> Verfügung. F<strong>in</strong>dige Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Krankenhäusern gewannen<br />

Fe<strong>in</strong>mechaniker <strong>in</strong> den unterschiedlichsten<br />

Betrieben <strong>der</strong> jeweiligen Region für e<strong>in</strong>en Eigenbau.<br />

An Schanz-Schrauben bestand ke<strong>in</strong><br />

Mangel, und die Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>es<br />

Fixateur externe ist nicht an se<strong>in</strong> Design gebunden.<br />

Auch die Frage <strong>der</strong> Handhabung ist<br />

letztlich zweitrangig. Später stand das <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> hergestellte „System Miehle“ <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

In kle<strong>in</strong>eren Mengen wurden auch <strong>der</strong><br />

„Ilisarov-Apparat“ und ähnliche Geräte aus<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion importiert.<br />

Die Orthopädiewerkstatt <strong>der</strong> Charité stellte <strong>in</strong><br />

Eigenproduktion e<strong>in</strong>en Halo-Yoke-Fixateur her<br />

– e<strong>in</strong>e wichtige Ergänzung <strong>zur</strong> operativen Fusion<br />

(lange Zeit mittels selbst gefertigter Implantate,<br />

schmale AO-Platten wurden zersägt!),<br />

beson<strong>der</strong>s bei Verletzungen <strong>der</strong> oberen Halswirbelsäule.<br />

Das Problem war die Bezahlung,<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte f<strong>in</strong>anzielle Grenze durfte nicht<br />

überschritten werden. Die Lösung brachte die<br />

„Umwandlung“ <strong>in</strong> zwei Geräte, e<strong>in</strong>en Halo und<br />

e<strong>in</strong>en Yoke. Die jeweilige Rechnungssumme<br />

blieb nun unter <strong>der</strong> magischen Grenze.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Beispiel: Vielen <strong>DDR</strong>-Unfallchirurgen<br />

werden die Fahrten zum Auslieferungslager<br />

für Instrumentarien und Implantate<br />

<strong>in</strong> Gera o<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Forschungsabteilung <strong>der</strong><br />

Herstellerfirma Königssee/Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />

bleiben. Auf diesem Wege und unter<br />

Umgehung des staatlichen Planungsrituals<br />

ließen sich unkonventionelle Möglichkeiten<br />

für den Direkte<strong>in</strong>kauf f<strong>in</strong>den.<br />

Von großem Glück konnte <strong>der</strong> Unfallchirurg<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren E<strong>in</strong>richtung dann sprechen,<br />

wenn e<strong>in</strong> höherer Partei- und Staatsfunktionär<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Versorgungsbereich verunglückte<br />

und wegen <strong>der</strong> Schwere se<strong>in</strong>er Verletzungen<br />

nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Regierungskrankenhaus verlegt<br />

werden konnte. Ad hoc wurde dann e<strong>in</strong> AO-<br />

Besteck aus irgendwelchen Reserven geliefert<br />

o<strong>der</strong> auf direktem Wege aus Westberl<strong>in</strong><br />

beschafft, welches danach dem Krankenhaus<br />

weiterh<strong>in</strong> <strong>zur</strong> Verfügung stand.<br />

Abb. 1 Kopie e<strong>in</strong>es Schreibens des Instituts für Arzneimittelwesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Die Versorgung mit<br />

Implantaten lag im Verantwortungsbereich des „Instituts für Arznei mittel wesen“. Die Zusammenarbeit<br />

mit den Fachgesellschaften wurde angestrebt, z. B. h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Zusammensetzung des Sortiments.<br />

Der Mangel an Geräten und Instrumentarien<br />

<strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Häusern hatte bei allen<br />

negativen Seiten auch etwas Positives.<br />

Er führte zwangsläufig <strong>zur</strong> Verlegung <strong>der</strong><br />

betroffenen Patienten <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong><br />

Universitäten und Bezirkskrankenhäuser<br />

mit allen Vorteilen e<strong>in</strong>er Zentralisierung<br />

therapeutisch anspruchvoller Erkrankungen<br />

und Verletzungen.<br />

Die meisten <strong>DDR</strong>-Unfallchirurgen verfügten<br />

über umfangreiche allgeme<strong>in</strong>chirurgische<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten und waren<br />

als Subspezialisten gut weitergebildet (s.<br />

Kap. 7: „Fort- und Weiterbildung“). In vielen<br />

schwierigen Situationen waren sie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, s<strong>in</strong>nvoll zu improvisieren und e<strong>in</strong>e folgerichtige<br />

technische Notlösung zu f<strong>in</strong>den.<br />

Auch deshalb bereitete die Handhabung<br />

<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Wende schnell <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehenden Geräte, Instrumentarien und<br />

Implantate – unterstützt durch Kurse <strong>der</strong><br />

Fachgesellschaften und Industrie, durch<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 13


14<br />

Partnerschaften mit westlichen Häusern sowie<br />

durch zahlreiche persönliche Kontakte<br />

und freundschaftliche Kollegialität – ke<strong>in</strong>e<br />

Probleme.<br />

Bed<strong>in</strong>gt durch Mängel <strong>in</strong> <strong>der</strong> technischen<br />

Ausrüstung, e<strong>in</strong>schließlich des Operationssaals,<br />

war allerd<strong>in</strong>gs die Zahl <strong>der</strong> Komplikationen<br />

relativ hoch, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Infektionsrate.<br />

Neben <strong>der</strong> Weiterbildung zum Facharzt<br />

und traumatologischen Subspezialisierung<br />

war auch die kont<strong>in</strong>uierliche postgraduale<br />

Fortbildung (Kongresse, Regionaltagungen,<br />

Symposien, Hospitationen) seit Mitte <strong>der</strong><br />

60er Jahre sehr gut etabliert (s. Kap. 8:<br />

„Kongresse – Tagungen mit <strong>in</strong>ternationaler<br />

Beteiligung“). Die Veranstaltungen fanden<br />

großes Interesse und waren immer gut besucht.<br />

Generell bestand wegen des Devisenmangels<br />

e<strong>in</strong> Defizit an Fachliteratur. Die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Periodika und Monografien westlicher<br />

Herkunft <strong>in</strong> den wissenschaftlichen Bibliotheken<br />

<strong>der</strong> Krankenhäuser entsprach <strong>der</strong><br />

Bedeutung und Aufgabenstellung des jeweiligen<br />

Hauses. Die Vergabe erfolgte auf<br />

staatlicher Ebene durch den Bezirksarzt,<br />

dem pro Jahr e<strong>in</strong> zentral vergebener Fonds<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stand. Se<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

basierte auf den Vorschlägen e<strong>in</strong>er von ihm<br />

ernannten Kommission, die aus Ärzten von<br />

Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik bestand. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

stand jedem <strong>der</strong> Literaturdienst großer<br />

Bibliotheken <strong>zur</strong> Verfügung. Kostenlose<br />

Kopien wissenschaftlicher Artikel konnten<br />

angefor<strong>der</strong>t, Monografien ausgeliehen werden.<br />

Die Unfallchirurgen hatten darüber<br />

h<strong>in</strong>aus die Möglichkeit, auf zahlreiche von<br />

<strong>der</strong> AO-International unterstützte und von<br />

Firmen getragene zusätzliche Literaturquellen<br />

<strong>zur</strong>ückgreifen zu können. Die Erarbeitung<br />

aktuellen Wissens war zwar mitunter<br />

schwierig, Defizite hatten aber vorwiegend<br />

subjektive Ursachen.<br />

Zusammenfassung<br />

Im <strong>DDR</strong>-Gesundheitswesen dom<strong>in</strong>ierte <strong>der</strong><br />

staatliche und gesellschaftliche Charakter<br />

se<strong>in</strong>er Struktur. Dieser Grundsatz wi<strong>der</strong>spiegelte<br />

sich <strong>in</strong> allen Belangen <strong>der</strong> Leitung, Planung,<br />

Ausrüstung, Wissenschaft, Forschung<br />

und Praxis.<br />

Die wesentlichen Entscheidungen wurden<br />

von den Parteiorganen <strong>der</strong> SED getroffen.<br />

Deren fachliche Inkompetenz führte mitunter<br />

zu Spannungen mit <strong>der</strong> staatlichen<br />

Leitungsebene und den Mitarbeitern des<br />

Gesundheits- und Sozialwesens. In den<br />

E<strong>in</strong>richtungen des Gesundheitswesens bestand<br />

das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> ärztlichen Leitung.<br />

Trotz vieler E<strong>in</strong>schränkungen und Mängel<br />

war das Gesundheitswesen leistungsfähig<br />

und konnte beachtliche Erfolge <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Prophylaxe, Diagnostik, Therapie, Metaphylaxe,<br />

Rehabilitation und Begutachtung<br />

aufweisen. Hier wurden im Geme<strong>in</strong>wesen<br />

<strong>DDR</strong> zum Teil tragfähige grundsätzliche Lösungen<br />

gefunden und beachtenswerte Erfahrungen<br />

gemacht.<br />

Den entscheidenden Anteil an diesem erreichten<br />

Niveau hatten die Mitarbeiter<br />

des Gesundheits- und Sozialwesens aller<br />

Ebenen und Bereiche. Durch die Systematik<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> studentischen Ausbildung, Weiterbildung<br />

zum Facharzt, Subspezialisierung<br />

und kont<strong>in</strong>uierlichen postgradualen Fortbildung,<br />

beson<strong>der</strong>s jedoch durch hohe Motivation<br />

und vorbildliches Engagement waren<br />

die Unfallchirurgen für die anspruchsvollen<br />

Aufgaben gut gerüstet. Der Beweis wurde<br />

nach <strong>der</strong> Wende angetreten. Mit dem <strong>in</strong><br />

kurzer Zeit geschaffenen BRD-Niveau an<br />

Technik und Räumlichkeit wurden trotz tief<br />

greifen<strong>der</strong> organisatorischer Umgestaltungen<br />

schnell vergleichbare Ergebnisse<br />

erreicht.<br />

Literatur<br />

1. Anordnung über die Aufgaben und die Organisation<br />

<strong>der</strong> Krankenhäuser des Staatlichen Gesundheitswesens<br />

– Rahmen-Krankenhausordnung –.<br />

Vom 5. November 1954 (GBl Son<strong>der</strong>druck Nr 54).<br />

i.d.F. <strong>der</strong> ÄndAO vom 7. Juli 1955 (GBl I S. 500).<br />

2. Ewert G, Ste<strong>in</strong>er ER, Maronde HU. Historische<br />

und zeitgenössische Fragmente. In: Interaktionen<br />

zwischen <strong>der</strong> Stadt Greifswald, <strong>der</strong> Ernst-Moritz-<br />

Arndt-Universität und dem Militär. Veröff. Med.<br />

Ges. 2007; Heft 61.<br />

3. Franke K. Persönliche Mitteilung 2007<br />

4. Lemmens FJ, Locher WG. Der Mediz<strong>in</strong>ische Dienst<br />

<strong>der</strong> NVA – Teil I. Klitzschen: Elbe-Dnjepr-Verlag Dr.<br />

Rudi Meier; 2006<br />

5. Meckl<strong>in</strong>ger L. „Das Gesundheitswesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– Konzept und Realität“. Eröffnungsvortrag <strong>zur</strong> Podiumsdiskussion<br />

zum Thema „Das Gesundheitssystem<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> – Konzept und Realität“ (Berl<strong>in</strong><br />

16.12.1994). In: Rapoport I. Veröffentlichungen<br />

<strong>der</strong> Interessengeme<strong>in</strong>schaft Mediz<strong>in</strong> und Gesellschaft<br />

e. V. 1994; 1: 65<br />

6. Meckl<strong>in</strong>ger L. Zur Umsetzung <strong>der</strong> Gesundheitspolitik<br />

im Gesundheits- und Sozialwesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>;<br />

Teil 1: E<strong>in</strong>leitung, Gesundheitspolitik, Gesundheitszustand,<br />

Leitung. Veröff. Med. Ges. 1998; 4:<br />

1–65 (Heft 13), 32–33<br />

7. Pomerenke G. Persönliche Mitteilung<br />

8. Programmheft des IV. Unfallchirurgenkongresses<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung. 5.–7. Dezember<br />

1973 <strong>in</strong> Leipzig.<br />

9. Rahmenkollektivvertrag für die Beschäftigten<br />

des staatlichen Gesundheits- und Sozialwesens.<br />

1. Auflage. Redaktionsschluss 1. Juli 1972. Staatliches<br />

Amt für Arbeit und Löhne. Nr. 133/72<br />

10. Rahmen-Krankenhausordnung – RKO – vom<br />

14. November 1979 (GBl. Son<strong>der</strong>druck Nr. 1032).<br />

11. R ähmer, KH. Persönliche Mitteilung 2006<br />

12. Scheidler K. „Beson<strong>der</strong>heiten des Berl<strong>in</strong>er Gesundheitswesens<br />

<strong>in</strong> den 50er Jahren“. Vortrag, Wissenschaftliche<br />

Arbeitstagung Mediz<strong>in</strong> und Gesellschaft<br />

e. V. Berl<strong>in</strong> 26.11.1994. Vom Vortragenden<br />

autorisierte Fassung (Dokumentation IG Mediz<strong>in</strong><br />

und Gesellschaft)<br />

13. Schwartze P. „Die Arbeit des Ausschusses für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> Volkskammer <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“. Vortag,<br />

Wissenschaftliche Arbeitstagung Mediz<strong>in</strong><br />

und Gesellschaft e. V. Berl<strong>in</strong> 26.11.1994. Vom Vortragenden<br />

autorisierte Fassung (Dokumentation<br />

IG Mediz<strong>in</strong> und Gesellschaft)<br />

Prof. Dr. W. Senst<br />

Wildenbruch Str. 5a<br />

15230 Frankfurt/O<br />

Dr. K. Welz<br />

F<strong>in</strong>sterwal<strong>der</strong> Str. 45a<br />

03048 Cottbus<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


<strong>Unfallchirurgie</strong> an den Hochschule<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

E. Markgraf, W. Otto<br />

Situation nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Die nationalsozialistische Gewaltherrschaft<br />

und die Folgen des 2. Weltkrieges<br />

mit den Zerstörungen <strong>der</strong> Städte durch die<br />

großen Luftangriffe hatten Deutschland<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e erschütternde Not und e<strong>in</strong>e fast<br />

ausweglose Situation gebracht. Mangel an<br />

Unterkünften, Nahrungsmitteln, Kleidung,<br />

Heizmaterialien, Medikamenten, aber auch<br />

räumlichen Kapazitäten für die Kranken-<br />

und Verletztenversorgung bestimmte den<br />

Alltag. Krankheiten (Fleckfieber, Typhus,<br />

Tuberkulose, venerische Erkrankungen) traten<br />

epidemieartig auf. Die anschwellenden<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsströme von Menschen aus den<br />

ehemaligen Ostgebieten verschärften die Situation.<br />

E<strong>in</strong>e enorme Zahl von Angehörigen<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Wehrmacht war gefallen,<br />

<strong>in</strong> Kriegsgefangenschaft gekommen o<strong>der</strong><br />

galt als vermisst. Die beson<strong>der</strong>s schweren<br />

Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es Arztes im 2. Weltkrieg<br />

und <strong>der</strong> nachfolgenden Gefangenschaft hat<br />

<strong>der</strong> ehemalige Sanitätsoffizier und spätere<br />

Ord<strong>in</strong>arius für Chirurgie <strong>in</strong> Halle, Karl-Ludwig<br />

Schober (1912–1999), � Abb. 1, <strong>der</strong> die<br />

Schlacht um Stal<strong>in</strong>grad überlebt hat, anschaulich<br />

geschil<strong>der</strong>t [16].<br />

Zur Behandlung verletzter Menschen standen<br />

<strong>in</strong> den Jahren nach Beendigung des<br />

2. Weltkriegs nur un<strong>zur</strong>eichende operative<br />

Abb. 1 Porträt von K.-L. Schober (1912–1999)<br />

Aus: Privatbesitz Prof. Dr. Wieland Otto<br />

Möglichkeiten <strong>zur</strong> Verfügung. Auch die<br />

Reha bilitation <strong>der</strong> vielen Kriegsversehrten,<br />

die noch über viele Jahre betreuungspflichtig<br />

waren, bereiteten fachliche und technische<br />

Probleme. Entsprechende Notsituationen<br />

ergaben sich auch aus den teilweise<br />

erheblichen Kriegse<strong>in</strong>wirkungen an Krankenhausgebäuden.<br />

Es war, im Westen wie<br />

im Osten, e<strong>in</strong>e erhebliche Aufbauleistung<br />

bei oft desolaten Voraussetzungen nötig. F.<br />

Meißner [10], hat sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel zum<br />

100. Geburtstag des früheren Ord<strong>in</strong>arius für<br />

Chirurgie <strong>in</strong> Leipzig, Herbert Uebermuth, folgen<strong>der</strong>maßen<br />

geäußert: „Lebensgeschichte<br />

ist immer auch Zeitgeschichte. Für die Vita<br />

des von uns heute und immer verehrten Herbert<br />

Uebermuth im doppelten S<strong>in</strong>n, <strong>in</strong>sofern,<br />

als se<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong>fernalischen äußeren Kräften<br />

ausgesetzt war. Er mußte 2 Weltkriege<br />

durchstehen, und er mußte se<strong>in</strong>en Weg durch<br />

2 Diktaturen f<strong>in</strong>den. Wir sollten uns er<strong>in</strong>nern,<br />

dass viele Kl<strong>in</strong>ikdirektoren und erfahrene<br />

Chirurgen aus dem Krieg gekommen waren,<br />

sie vollzogen unter grotesken Bed<strong>in</strong>gungen<br />

den Wie<strong>der</strong>aufbau ihrer vielfach <strong>in</strong> ru<strong>in</strong>enhaftem<br />

Zustand angetroffenen Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong><br />

verblüffen<strong>der</strong> Zeit. Diesen Männern ist viel<br />

zu verdanken, Herbert Uebermuth gehörte<br />

zu ihnen. Sie sicherten, dass es zu ke<strong>in</strong>em Erdrutsch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung kam und hatten den Anschluß<br />

<strong>der</strong> deutschen Chirurgie an die rasante Entwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> westlichen Welt herbeizuführen.“<br />

E<strong>in</strong>e solche Aufbauleistung aus <strong>der</strong> Kraft<br />

gestalterischen Willens haben viele Ord<strong>in</strong>arien<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen Region nach dem<br />

2. Weltkrieg gezeigt.<br />

Über E<strong>in</strong>flüsse <strong>der</strong> Kriegsjahre auf die weitere<br />

Profilierung <strong>der</strong> Unfallheilkunde schrieben<br />

Ekkernkamp und Probst [2]: „Nach <strong>der</strong><br />

Zäsur des 2. Weltkrieges und unter dem E<strong>in</strong>fluss<br />

e<strong>in</strong>es erneuten pragmatischen Wandels<br />

von <strong>der</strong> morphologisch bestimmten zu e<strong>in</strong>er<br />

zunehmend physiologisch motivierten Chirurgie<br />

verän<strong>der</strong>te sich auch das Bild <strong>der</strong> Unfallheilkunde:<br />

Die rasche wirtschaftliche Erholung<br />

mit <strong>der</strong> rasanten Ausweitung des Verkehrs<br />

löste e<strong>in</strong>e traumatische Epidemie aus,<br />

die biologisch-physiologische Auffassung <strong>der</strong><br />

Chirurgie und Mediz<strong>in</strong> brachte neue Therapieformen<br />

hervor, e<strong>in</strong>e vielseitig <strong>in</strong>novative<br />

Mediz<strong>in</strong>technik eröffnete apparativ-<strong>in</strong>strumentelle<br />

Möglichkeiten, die frühere Chirurgengenerationen<br />

schon vorgedacht, über die<br />

sie aber noch nicht hatten verfügen können.<br />

An erster Stelle ist hier die auf den Schlachtfel<strong>der</strong>n<br />

des 2. Weltkrieges aus <strong>der</strong> Not geborene<br />

Schockforschung zu nennen; unzweifelbar<br />

ist z. B. die Bedeutung <strong>der</strong> Bluttransfusionsforschung<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Eng verzahnt<br />

mit ihr ist <strong>der</strong> Ausbau des land-, luft- und<br />

seegestützten Rettungswesens, das ebenfalls<br />

historische Wurzeln hat.“<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

Die Verletztenversorgung ist die älteste<br />

menschliche und ärztliche Hilfeleistung. In<br />

<strong>der</strong> Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts war sie zwar<br />

e<strong>in</strong> wichtiger Teil chirurgischer Obliegenheiten,<br />

aber völlig <strong>in</strong> die Gesamtchirurgie<br />

<strong>in</strong>tegriert. Während <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Jahrhun<strong>der</strong>thälfte<br />

unter dem E<strong>in</strong>fluss von T. Billroth<br />

und se<strong>in</strong>er Schüler beson<strong>der</strong>s die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> heute als viszeralchirurgisch zugeordneten<br />

E<strong>in</strong>griffe dom<strong>in</strong>ierte, hatte die<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> noch ke<strong>in</strong> herausragendes<br />

Profil. Die Ergebnisse <strong>der</strong> operativen E<strong>in</strong>griffe<br />

waren nicht überzeugend.<br />

Die vielfach <strong>zur</strong> so genannten „Knochenchirurgie“<br />

degradierten Aufgaben waren<br />

mehrheitlich e<strong>in</strong>e ambulante Behandlungsart;<br />

unter den chirurgischen Obliegenheiten<br />

galten sie eher als unwichtig! Auch<br />

die stationär zu versorgenden Verletzten<br />

mussten die oft langzeitigen konservativen<br />

Prozeduren, u. a. mit Streckverbänden o<strong>der</strong><br />

aufwendigen Ruhigstellungen <strong>der</strong> Extremitäten,<br />

des Brustkorbs, Beckens o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Wirbelsäule <strong>in</strong> Gipsverbänden o<strong>der</strong> Liegeschalen<br />

durchstehen. Es muss aber betont<br />

werden, dass diese Behandlungsformen, die<br />

von Lorenz Böhler [1] <strong>zur</strong> weltweiten Anerkennung<br />

geführt wurden, viel Geschick,<br />

Kenntnisse und ärztliche Zuwendung erfor<strong>der</strong>ten.<br />

Se<strong>in</strong> zitiertes Buch, Erstausgabe<br />

1929, wurde von ihm mehrfach erweitert,<br />

ist <strong>in</strong> mehreren Auflagen und <strong>in</strong> zahlreichen<br />

Übersetzungen erschienen. F. Povacz [12]<br />

hat die Biographie Böhlers und se<strong>in</strong>e Grundsätze<br />

anschaulich dargestellt. An den Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fakultäten gab es ke<strong>in</strong>e unfallchirurgische<br />

Repräsentanz.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 15


16<br />

Abb. 2 Porträt von G. Küntscher (1900–1972)<br />

Hans Willenegger (1910–1998), e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

Pioniere und Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Internationalen<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Osteosynthesefragen“<br />

(AO) hat 1945 nach Analysen<br />

<strong>der</strong> Schweizer Unfallversicherungs-Anstalt<br />

die Invaliditätsraten von fast 100 % bei <strong>der</strong><br />

Verletzung belasteter Gelenke, von 65 %<br />

nach e<strong>in</strong>fachen Oberschenkelbrüchen und<br />

von 37 % nach geschlossenen Unterschenkelschaftbrüchen<br />

mitgeteilt. U. Heim hat<br />

die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> AO beschrieben [4].<br />

1960 hat H. Stiller [19] <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„Therapie <strong>der</strong> Gegenwart“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel<br />

über „Gedanken <strong>zur</strong> Behandlung von Verletzungen<br />

und ihren Früh- und Spätfolgen“<br />

festgestellt: „Im allgeme<strong>in</strong>en plädieren wir<br />

für e<strong>in</strong> möglichst konservatives Vorgehen bei<br />

<strong>der</strong> Behandlung von Frakturen. Diese E<strong>in</strong>stellung<br />

fand auch <strong>in</strong> den Vorträgen von Bürkle<br />

de la Camp und Böhler auf dem diesjährigen<br />

Chirurgenkongress ihren Nie<strong>der</strong>schlag.“<br />

Er bezog sich dabei auch auf den von G.<br />

Küntscher (1900–1972) <strong>in</strong>augurierten Marknagel,<br />

dieses Verfahren sei aber mit e<strong>in</strong>em<br />

zu großen Komplikationsrisiko belastet.<br />

Der <strong>in</strong> Zwickau/Sachsen geborene Gerhard<br />

Küntscher, � Abb. 2, hatte im November<br />

1939 se<strong>in</strong>en Marknagel erstmals bei e<strong>in</strong>er<br />

Oberschenkelfraktur e<strong>in</strong>es mehrfach Verletzten<br />

erfolgreich implantiert. Am 18.03.<br />

1940 hielt Küntscher auf <strong>der</strong> 64. Tagung <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Vortrag über „Die Marknagelung<br />

von Knochenbrüchen.“ Zu dieser Zeit hatte<br />

er se<strong>in</strong>e neue Methode bereits bei 12 Patienten<br />

angewendet. E<strong>in</strong>er Festschrift zu Ehren<br />

von Küntscher ist zu entnehmen: „Die<br />

Abb. 3 Porträt von T. Becker (1916–1991)<br />

Aus: Privatbesitz Frau Helga Becker<br />

Reaktion <strong>der</strong> versammelten Fachwelt auf den<br />

zehnm<strong>in</strong>ütigen Vortrag war e<strong>in</strong>mütig. Skepsis<br />

und Ablehnung schlugen dem Chirurgen<br />

entgegen, <strong>der</strong> nach Ansicht se<strong>in</strong>er Kollegen<br />

so leichts<strong>in</strong>nig o<strong>der</strong> fahrlässig war, e<strong>in</strong>en<br />

daumendicken Metallprügel <strong>in</strong> den Knochen<br />

zu schlagen und dabei das Knochenmark auf<br />

e<strong>in</strong>er langen Strecke zu stören" [5].<br />

Die Verbreitung <strong>der</strong> Marknagelung, an <strong>der</strong>en<br />

Entwicklung Küntschers Orthopädie-<br />

Mechanikermeister Ernst Pohl (1876–1962)<br />

maßgeblich beteiligt war, erfolgte zunächst<br />

<strong>in</strong> großen außeruniversitären und ausländischen<br />

Krankenhäusern.<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Ost­West­Kontakte<br />

deutscher Chirurgen und Unfallchirurgen<br />

Während es <strong>in</strong> den ersten Nachkriegsjahren<br />

vergleichbare Bed<strong>in</strong>gungen für die Chirurgie<br />

im kriegsbed<strong>in</strong>gt verbliebenen Raum<br />

Deutschlands gab, wurden mit <strong>der</strong> Proklamation<br />

<strong>der</strong> zwei deutschen Staaten unterschiedliche<br />

Entwicklungswege e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Die Kontaktpflege <strong>der</strong> Chirurgen auf beiden<br />

Seiten wurde immer mehr erschwert<br />

und kam <strong>in</strong> den 60iger Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

fast zum Erliegen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

nach dem Bau <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Mauer und des<br />

Grenzwalles am und nach dem 13. August<br />

1961.<br />

J. Probst [13] schrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Festschrift „60<br />

Jahre Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde,<br />

Versicherungs- und Versorgungsmediz<strong>in</strong><br />

e. V.“ 1982: „Am 20./21. Oktober<br />

1950 traf man sich <strong>in</strong> Bochum <strong>zur</strong> 14. Jah-<br />

restagung unter dem Vorsitz von Bürkle de<br />

la Camp. Er konnte auch Gäste aus Holland,<br />

Österreich und <strong>der</strong> Schweiz begrüßen. Insgesamt<br />

folgten 500 Teilnehmer <strong>der</strong> E<strong>in</strong>ladung.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong>zahl betrug 464. Hauptthemen<br />

waren Bandscheibenschäden und Marknagelung,<br />

Themen, die es vor dem zweiten<br />

Weltkrieg nicht gegeben hatte. Der Kongreßbericht<br />

erschien nun <strong>in</strong> den „Heften <strong>zur</strong><br />

Unfallheilkunde“, Supplementen <strong>zur</strong> Monatsschrift<br />

für Unfallheilkunde, und blieb seither<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Obhut des Spr<strong>in</strong>ger-Verlages.“<br />

In <strong>der</strong> 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen<br />

Republik (<strong>DDR</strong>) hat ke<strong>in</strong>e<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> 1922 <strong>in</strong> Leipzig<br />

gegründeten Deutschen Gesellschaft für<br />

Unfallheilkunde, Versicherungs- und Versorgungsmediz<strong>in</strong><br />

stattgefunden.<br />

Ebenso ist ke<strong>in</strong>e gesetzliche Unfallversicherung<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> System, das mit <strong>der</strong> Tätigkeit<br />

von Berufsgenossenschaften vergleichbar<br />

gewesen wäre, aufgebaut worden. Die „Sozial-<br />

und Krankenversicherung“ (SVK) <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> trat an diese Stelle. Sie war e<strong>in</strong>e Unterglie<strong>der</strong>ung<br />

des „Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes“<br />

(FDGB) und kam für<br />

die Kosten <strong>der</strong> Akutbehandlung, <strong>der</strong> Rehabilitation<br />

und auch für die Renten auf. Für<br />

Selbstständige, Gewerbetreibende, Künstler<br />

etc. gab es die Möglichkeit bzw. Pflicht, sich<br />

bei <strong>der</strong> „Deutschen Versicherungsanstalt“<br />

(DVA), später „Staatliche Versicherung <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>“ vergleichbar zu versichern.<br />

Bezüglich akademischer Kontakte und<br />

geme<strong>in</strong>samer wissenschaftlicher Zielstellungen<br />

an den Hochschulen wurde auf<br />

Universitäten <strong>der</strong> sozialistischen Län<strong>der</strong>, vor<br />

allem auf die <strong>der</strong> UdSSR verwiesen.<br />

In den 60er bis Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre war es an<br />

den meisten Universitätskl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

noch üblich, dass neben den Assistenten<br />

und Stationsärzten auch die Oberärzte <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen chirurgischen Richtungen<br />

e<strong>in</strong>er Rotation unterlagen. Der für<br />

die <strong>Unfallchirurgie</strong> verantwortlich benannte<br />

Oberarzt wechselte zum Beispiel mit<br />

dem für die Thoraxchirurgie zuständigen<br />

Kollegen. Das hat sich fernerh<strong>in</strong> wegen <strong>der</strong><br />

längeren E<strong>in</strong>arbeitungszeiten, <strong>der</strong> ständig<br />

zunehmenden Aufgabenfülle und <strong>der</strong> notwendigen<br />

Kompetenz <strong>der</strong> späteren Spezialgebiete<br />

(Subspezialitäten) auf die Dauer<br />

nicht bewährt. Die meisten Ord<strong>in</strong>arien <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> erkannten diese Entwicklung. Theo Becker<br />

(1916–1991), � Abb. 3, <strong>der</strong> 1961 mit<br />

45 Jahren als jüngster Ord<strong>in</strong>arius <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

das Direktorat <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Jena mit dem<br />

Anspruch auf maximale Entfaltung <strong>der</strong> Chirurgie<br />

übernommen hatte, war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten,<br />

<strong>der</strong> die unvermeidbare Spezialisierung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 4 E<strong>in</strong>e Saalstation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena Anfang <strong>der</strong> 60er Jahre Aus: Privatarchiv Prof. Dr. E. Markgraf<br />

erkannte und, natürlich unter strenger E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

<strong>in</strong> den Gesamtverband <strong>der</strong> Chirurgie,<br />

för<strong>der</strong>te. Er leitete e<strong>in</strong>en umfassenden<br />

Umbau <strong>der</strong> Saalstationen (� Abb. 4), die es<br />

vielfach noch zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> zweiten Hälfte<br />

des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts gab, <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ere Krankenzimmer<br />

e<strong>in</strong>. Dabei mussten zahlreiche<br />

Wi<strong>der</strong>stände überwunden und Geduld aufgebracht<br />

werden. Er war e<strong>in</strong> bedeuten<strong>der</strong><br />

Vertreter <strong>der</strong> Chirurgie und <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> [9]. Damals war es auch noch üblich,<br />

dass Krankenschwestern „Häubchen“<br />

auf dem Kopf trugen, was heute, abgesehen<br />

von konfessionellen Schwestern, kaum<br />

noch vorstellbar ist. Die � Abbildung 5 zeigt<br />

diese Zierde, von Frau Oberschwester Sigrid<br />

Oehler nachgestellt. Auch Eberhard San<strong>der</strong><br />

hat <strong>in</strong> Halle die notwendige Eigenständigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> mit höchstem Engagement<br />

und mit beson<strong>der</strong>en Leistungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Praxis und bei <strong>der</strong> Durchsetzung<br />

<strong>der</strong> AO-Pr<strong>in</strong>zipien mitbestimmt. Diese<br />

teilweise Verselbständigung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

vollzog sich <strong>in</strong> Form fachlich unabhängiger<br />

(weisungsfreier) Abteilungen <strong>in</strong><br />

allen Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>iken mit<br />

e<strong>in</strong>er zeitlichen Staffelung <strong>in</strong> den 70er bis<br />

80er Jahren und stellte teilweise ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen<br />

Prozess dar, zumal e<strong>in</strong>ige Ord<strong>in</strong>arien<br />

die Unfallchirurgen nur halbherzig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

relative Eigenständigkeit entließen.<br />

Profilierung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

im 7. und 8. Dezennium des<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

Mit <strong>der</strong> Entwicklung neuer operativer Verfahren<br />

durch e<strong>in</strong>e Schweizer Arbeitsgruppe<br />

von Chirurgen, Orthopäden, Metallurgen<br />

und Ingenieuren, die nach <strong>in</strong>tensiven wissenschaftlichen<br />

Voruntersuchungen, Tierexperimenten<br />

und ersten kl<strong>in</strong>ischen Erfahrungen<br />

Ende <strong>der</strong> 50er Jahre ihr Konzept<br />

vorstellte, begann e<strong>in</strong>e neue Epoche <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>. Grundlage<br />

war die Entwicklung knochenadaptierter<br />

Schrauben und Platten aus austhenitischen<br />

Metalllegierungen. Die führenden Persönlichkeiten<br />

dieser Aktivitäten waren die<br />

Schweizer M. E. Müller (geb. 1918), H. Willenegger<br />

(1910–1998), M. Allgöwer (1917–<br />

2007), R. Schnei<strong>der</strong> (1912–1990) und W.<br />

Bandi (1912–1997). Sie gründeten 1958 die<br />

Sektion Schweiz <strong>der</strong> AO [4]. W. Otto hat im<br />

Beitrag 11 die Entwicklung <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong><br />

<strong>der</strong> AO-International dargestellt. Die AO-<br />

International hat sich zu e<strong>in</strong>er weltweiten<br />

Organisation entwickelt, die bis dah<strong>in</strong> nicht<br />

vorstellbare Erfolge <strong>der</strong> diversen Osteosynthesen<br />

ermöglichte. Alle Anwen<strong>der</strong> waren<br />

von den neuen Möglichkeiten begeistert.<br />

Später wurde das Phänomen <strong>der</strong> Osteoneogenese<br />

durch Distraktion, im Gegensatz <strong>zur</strong><br />

Philosophie <strong>der</strong> AO, die e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>trafragmen-<br />

Abb. 5 Krankenschwester mit „Häubchen“,<br />

freundlicherweise von Frau Oberschwester Sigrid<br />

Oehler von <strong>der</strong> FSU Jena nachgestellt<br />

täre Kompression als entscheidende ossäre<br />

Heilungskondition postulierte, durch G.A.<br />

Ilisarow (1921–1996), � Abb. 6, experimentell<br />

und praktisch begründet. Er führte se<strong>in</strong>e<br />

Experimente vorwiegend <strong>in</strong> dem eigens für<br />

ihn erbauten Kl<strong>in</strong>ikum mit Forschungse<strong>in</strong>richtung<br />

<strong>in</strong> Kurgan, Westsibirien, durch. Der<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 17


18<br />

Abb. 6 Porträt von G. A. Ilisarow (1921–1996)<br />

Autor E. M. hat an e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Tagung<br />

vom 03. bis 05. 09. 1986 <strong>in</strong> Kurgan teilgenommen.<br />

Die � Abbildung 7 zeigt e<strong>in</strong>e<br />

Kongressbroschüre, auf <strong>der</strong> anlässlich des<br />

genannten Kongresses die Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Kurgan<br />

abgebildet ist.<br />

Bedeutungsvoll für die <strong>Unfallchirurgie</strong> waren<br />

auch <strong>der</strong> enorme Fortschritt <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong>,<br />

zu dem auch an<strong>der</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />

Diszipl<strong>in</strong>en beigetragen haben und<br />

<strong>der</strong> gewaltige Aufschwung bildgeben<strong>der</strong><br />

diagnostischer Verfahren, beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den<br />

70er und 80er Jahren.<br />

Aber auch neue Erkenntnisse und Strukturierungen<br />

<strong>der</strong> Notfallmediz<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Organisation<br />

von Rettungsketten und <strong>der</strong> Logistik<br />

des Traumamanagements haben die beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> Anästhesiologie und<br />

Intensivtherapie herausgestellt.<br />

Diese beschriebenen Entwicklungen, beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

haben den Weg <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

als eigene bedeutende Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Gesamtchirurgie und ihre Verwirklichung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenbetreuung, <strong>der</strong> Lehre und<br />

<strong>der</strong> Forschung als unabd<strong>in</strong>gbar notwendig<br />

gebahnt. Es bestand nie e<strong>in</strong> Zweifel daran,<br />

dass die allgeme<strong>in</strong>chirurgischen Grundlagen<br />

als B<strong>in</strong>deglied <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Subspezialisierungen<br />

anerkannt s<strong>in</strong>d und erhalten<br />

werden müssen.<br />

Dieser gesamte, zunehmend <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Fortschritt, war Grundlage für neue<br />

Konzeptionen <strong>der</strong> universitären Lehre.<br />

Es war schicksalhaft, dass diese <strong>in</strong>ternationale,<br />

vorwiegend aber <strong>in</strong> Deutschland<br />

vollzogene sprunghafte Entwicklung, den<br />

Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> durch mangelhafte<br />

Kontaktaufnahme, Reiseverbote o<strong>der</strong> sehr<br />

starke Beschränkungen, fehlende Möglichkeiten<br />

an <strong>in</strong>ternationale Literatur heranzu-<br />

Abb. 7 Das Kl<strong>in</strong>ikum von Prof. Ilisarow <strong>in</strong> Kurgan/<br />

Westsibirien<br />

kommen, weitgehend vorenthalten wurde.<br />

Dazu gehörte auch die e<strong>in</strong>geschränkte<br />

Publikationsmöglichkeit durch fehlende<br />

Beteiligung an wichtigen <strong>in</strong>ternationalen<br />

Verlagen, reduzierte Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

Forschung und die absolute Knappheit <strong>der</strong><br />

Ressourcen. Die auch nur e<strong>in</strong>geschränkten,<br />

aber im Pr<strong>in</strong>zip möglichen Kontakte zu den<br />

Gesundheitssys temen <strong>der</strong> „sozialistischen<br />

Bru<strong>der</strong>län<strong>der</strong>“ waren ke<strong>in</strong>e Kompensation<br />

<strong>der</strong> beschriebenen Mängel. Die Probleme<br />

des so genannten Zusatzstudiums für Habilitationsanwärter<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> im sozialistischen<br />

Ausland hat F. Schulz <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Beitrag geschil<strong>der</strong>t. E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit,<br />

die persönliche Karriere positiv zu bee<strong>in</strong>flussen,<br />

bestand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mehrmonatlichen<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> dritten Welt<br />

(Afrika, Mittelamerika u. a.), zu denen die<br />

<strong>DDR</strong> diplomatische und freundschaftliche<br />

Beziehungen unterhalten hat.<br />

Im Kapitel von K. und D. Paul wird über Erfahrungen<br />

mit solchen Auslande<strong>in</strong>sätzen<br />

berichtet.<br />

Hochschulstandorte und<br />

Leitungsstrukturen<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Fakultäten existierten an<br />

den Universitäten: Berl<strong>in</strong>, Greifswald Halle,<br />

Jena, Leipzig und Rostock. Die offiziellen<br />

Bezeichnungen waren „Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät“,<br />

später des Bereichs Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Universität. Die Traumatologie war bis <strong>in</strong><br />

die späten 60er bis 70er Jahre fest <strong>in</strong> die Gesamtchirurgie<br />

<strong>in</strong>tegriert, dann wurden zu<br />

unterschiedlichen Zeitpunkten Abteilungen<br />

für Traumatologie gebildet.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Akademien (ohne „Vorkl<strong>in</strong>ik“)<br />

existierten <strong>in</strong> Dresden, Erfurt und Magdeburg.<br />

Die personelle Besetzung und die<br />

Ausrüstungen <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Akademien<br />

waren mit denen <strong>der</strong> Universitätskl<strong>in</strong>ken<br />

vergleichbar.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Fachschulen und an<strong>der</strong>e Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für das mittlere<br />

mediz<strong>in</strong>ische Personal sowie Physiotherapeuten<br />

u. a. waren oft an Universitätskl<strong>in</strong>ika<br />

o<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ische Akademien angeschlossen.<br />

Für alle Krankenhäuser <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> war <strong>der</strong><br />

M<strong>in</strong>ister für Gesundheitswesen des M<strong>in</strong>isterrates<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zuständig. Die Universitätskl<strong>in</strong>iken<br />

und die <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademien waren seit 1950 zusätzlich dem<br />

M<strong>in</strong>ister für das Hoch- und Fachschulwesen<br />

unterstellt. In dessen Verantwortung<br />

lagen die Zielstellung und die Entwicklung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


<strong>der</strong> Universitäten und Akademien sowie an<strong>der</strong>er<br />

wissenschaftlicher E<strong>in</strong>richtungen, die<br />

immer zentral festgelegten Studien<strong>in</strong>halte,<br />

ka<strong>der</strong>politische Entscheidungen und die<br />

Integration aller Hochschule<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>in</strong> das politische Konzept von Partei und Regierung.<br />

Weitere übergeordnete E<strong>in</strong>richtungen waren:<br />

– Die Gesundheitskommission beim Zentralkomitee<br />

<strong>der</strong> SED<br />

– Das Generalsekretariat <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>isch-<br />

Wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

– Der Koord<strong>in</strong>ierungsrat <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>isch-<br />

Wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

Universitätsleitung<br />

Jede Universität wurde von e<strong>in</strong>em Rektor<br />

repräsentiert, <strong>der</strong> an den Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademien immer Mediz<strong>in</strong>er, an den Universitäten<br />

auch e<strong>in</strong> Hochschullehrer aus e<strong>in</strong>er<br />

beliebigen an<strong>der</strong>en Fakultät se<strong>in</strong> konnte<br />

und se<strong>in</strong>e Aufgabe nebenamtlich versah.<br />

Der 1. Prorektor war verantwortlich für alle<br />

Verwaltungsgeschäfte sowie für Fragen <strong>der</strong><br />

Zivilverteidigung und <strong>der</strong> Kampfgruppen.<br />

Es existierten Prorektoren für Forschung sowie<br />

Erziehung und Ausbildung. Neben dem<br />

Verwaltungsdirektor gab es e<strong>in</strong>en Ka<strong>der</strong>direktor<br />

und e<strong>in</strong>en Personalleiter, <strong>der</strong> u.a. Ansprechpartner<br />

für die Staatssicherheit war.<br />

Die grundsätzlichen Entscheidungen oblagen<br />

<strong>der</strong> Universitätsparteileitung (UPL) <strong>der</strong><br />

SED mit ihrem 1. Sekretär o<strong>der</strong> wurden von<br />

ihm streng kontrolliert.<br />

Die Universitätsgewerkschaftsleitung (UGL)<br />

hatte e<strong>in</strong>ige Untergruppen, so für Soziales,<br />

Wohnen, K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten, Ferienheime, ideologische<br />

Bildung, sozialistischen Wettbewerb<br />

u. a.<br />

Schließlich existierte e<strong>in</strong>e Hochschulgruppenleitung<br />

<strong>der</strong> (e<strong>in</strong>zigen) Jugendorganisation<br />

„Freie Deutsche Jugend“ (FDJ).<br />

Leitung <strong>der</strong> Fakultäten und <strong>der</strong> später<br />

gebildeten Bereiche Mediz<strong>in</strong><br />

An <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Fakultät standen zunächst<br />

traditionsgemäß <strong>der</strong> Dekan mit letzter Entscheidungsbefugnis,<br />

die Prodekane und <strong>der</strong><br />

Verwaltungsleiter. In <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

wurden als neue Organisations- und Leitungsstrukturen<br />

die „Fachbereiche“ <strong>der</strong> Universitäten<br />

geschaffen. Die Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät<br />

war damit nur noch Teil des „Bereichs<br />

Mediz<strong>in</strong>“ und <strong>der</strong> Dekan und die Prodekane<br />

waren nur noch für die akademischen Belange<br />

zuständig. Wichtigste Entscheidungsperson<br />

war <strong>der</strong> „Bereichsdirektor.“ Dieser<br />

hatte 3 Stellvertreter: für mediz<strong>in</strong>ische Betreuung,<br />

für Erziehung und Ausbildung und<br />

für Forschung. Die Repräsentanten waren<br />

Ärzte und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Hochschullehrer. Für<br />

alle Verwaltungs- und Verfahrensfragen war<br />

e<strong>in</strong> Verwaltungsdirektor zuständig. Für das<br />

„Mittlere Mediz<strong>in</strong>ische Personal“ war e<strong>in</strong>e<br />

Ober<strong>in</strong> verantwortlich. Es gab Zusammenarbeiten<br />

mit den regionalen Fachschulen.<br />

Die grundsätzliche Verantwortung lag auch<br />

<strong>in</strong> den Bereichen Mediz<strong>in</strong> bei <strong>der</strong> Bereichsparteileitung<br />

<strong>der</strong> SED. Weitere Leitungsfunktionen<br />

hatten die Bereichsgewerkschaftsleitung,<br />

die FDJ-Leitung des Bereichs<br />

und e<strong>in</strong> Sicherheitsbevollmächtigter, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel wohl e<strong>in</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Stasi.<br />

Als Arbeits<strong>in</strong>strumente existierten Sitzungen<br />

<strong>der</strong> Bereichsleitung (ad libitum mit<br />

Dekan, Verwaltungsdirektor und Vertretern<br />

aus den E<strong>in</strong>richtungen), <strong>der</strong> Stellvertreterbereiche<br />

für Mediz<strong>in</strong>ische Betreuung, Erziehung<br />

und Ausbildung und Forschung.<br />

Daneben gab es Bereichskonferenzen, Parteileitungssitzungen<br />

und Beteiligung von<br />

Vertretern des Bereichs an Konzilen (Universität).<br />

Struktur und Leitung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>iken und<br />

Institute<br />

Die Leitung dieser Institutionen führten Direktoren<br />

mit Stellvertretern; für die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Glie<strong>der</strong>ungen waren Abteilungsleiter<br />

o<strong>der</strong> Oberärzte verantwortlich. Es gab Stellvertreter<br />

des Direktors für mediz<strong>in</strong>ische Betreuung,<br />

Erziehung und Ausbildung sowie<br />

Forschung. Weitere leitende Personen waren<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsleiter, die Oberschwester,<br />

<strong>der</strong> Parteisekretär und <strong>der</strong> Gewerkschaftsleiter.<br />

Neben Angeboten <strong>zur</strong> fachlichen Fortbildung<br />

<strong>in</strong> den E<strong>in</strong>richtungen gab es regelmäßig<br />

gesellschaftspolitische Veranstaltungen,<br />

wobei die Leiter dieser Diskussionszirkel <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel aus den gesellschaftspolitischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Universität kamen.<br />

Ferner gab es die Delegierungen von Mitarbeitern<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>iken und Institute zu:<br />

– sozialistischen Abend(schul)kursen<br />

– Schulung von Hochschullehrern über<br />

mehrere Tage (Internat)<br />

– Hochschulpädagogische Kurse<br />

Auslandsreisen<br />

Bis zum Bau <strong>der</strong> Mauer <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gab es<br />

e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>terkollegiale Kontakte zwischen<br />

Chirurgen <strong>der</strong> beiden Deutschen Staaten,<br />

wenngleich sie nicht erwünscht waren. Bis<br />

dah<strong>in</strong> bestanden noch Mitgliedschaften von<br />

Chirurgen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Fachgesellschaften<br />

<strong>der</strong> BRD, die teilweise schon vor <strong>der</strong> Nazidiktatur<br />

gegründet worden waren.<br />

Nach <strong>der</strong> endgültigen Teilung des Landes<br />

waren für Chirurgen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

für Mitarbeiter <strong>der</strong> Hochschulen, noch folgende<br />

Kontakte möglich:<br />

– Zusatzstudium <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n des sozialistischen<br />

Lagers, vorwiegend <strong>in</strong> <strong>der</strong> SU, für<br />

Habilitanden mit Anwartschaft auf e<strong>in</strong>e<br />

Hochschullehrerposition.<br />

– Möglichkeiten <strong>zur</strong> <strong>in</strong>dividuellen Hospitation<br />

<strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>iken im sozialistischen Ausland<br />

über die „Abteilungen für Internationale<br />

Beziehungen“ und letztlich auch hier wie<strong>der</strong><br />

über das M<strong>in</strong>isterium für Hoch- und<br />

Fachschulwesen.<br />

– Möglichkeiten <strong>der</strong> fachlichen Weiterbildung<br />

im „kapitalistischen Ausland“ für<br />

e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter nach strengen Auswahl-<br />

und Prüfverfahren und entsprechen<strong>der</strong><br />

Vermittlung. So hat die „Arbeitsunfallversicherungsanstalt“<br />

(AUVA) Österreichs<br />

<strong>in</strong> den 70er und 80er Jahren nach<br />

Vorschlag <strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Unfallchirurgen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> devisenfreie<br />

Hospitationen <strong>in</strong> universitären und an<strong>der</strong>en<br />

führenden Arbeitsunfallkrankenhäusern<br />

Österreichs ermöglicht.<br />

Lehre und Ausbildung an den Universitäten<br />

und Akademien<br />

Die Zulassung zum Mediz<strong>in</strong>studium hatte<br />

bestimmte Voraussetzungen, die sich im<br />

Laufe <strong>der</strong> Jahrzehnte verdeutlichten. Generell<br />

spielte die familiäre Abstammung im<br />

Arbeiter- und Bauernstaat e<strong>in</strong>e bevorzugte<br />

Rolle. K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus Familien, die sich nicht offiziell<br />

zum Staat bekannten, o<strong>der</strong> offen ihr<br />

christliches Bekenntnis demonstrierten,<br />

hatten weniger Chancen, e<strong>in</strong>en Studienplatz<br />

zu bekommen.<br />

Die <strong>in</strong>haltliche Zielstellung <strong>der</strong> Bildungspolitik<br />

hat Kurt Hager, Leiter <strong>der</strong> Abteilung<br />

Wissenschaft und Hochschulen beim ZK<br />

(Zentralkomitee) <strong>der</strong> SED, auf <strong>der</strong> Hochschulkonferenz<br />

<strong>der</strong> SED <strong>in</strong> Leipzig am 30.<br />

Oktober 1953 zum Thema „Festigung unserer<br />

Arbeiter- und Bauern-Macht“ formuliert<br />

[3]:<br />

„Die Aufhebung des Bildungsprivilegs <strong>der</strong><br />

Reichen, die Sicherstellung des Studiums für<br />

Arbeiter- und Bauernk<strong>in</strong><strong>der</strong>, die E<strong>in</strong>führung<br />

neuer fortschrittlicher Studienmethoden und<br />

die gesellschaftswissenschaftliche marxistisch-len<strong>in</strong>istische<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Studenten<br />

s<strong>in</strong>d feste und dauerhafte Grundlagen unseres<br />

Hochschulwesens, die wir nicht antasten<br />

lassen. An den Universitäten, Hochschulen<br />

und wissenschaftlichen Instituten<br />

werden die Ka<strong>der</strong> unseres Staates erzogen.<br />

Unsere Universitäten, Hochschulen und<br />

wissenschaftlichen Institute müssen zu Festungen<br />

unserer Arbeiter- und Bauern-Macht<br />

werden. Sie müssen Festungen des Friedens<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 19


20<br />

se<strong>in</strong>, Stätten <strong>der</strong> Erziehung e<strong>in</strong>er neuen, dem<br />

Volke ergebenen Intelligenz, Zentren e<strong>in</strong>er<br />

wahrhaft friedliebenden Wissenschaft. Es<br />

geht darum – und das ist die große Erziehungsfrage<br />

–, standhafte, vom Haß gegen<br />

Imperialismus und Militarismus erfüllte, <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse und unserem Arbeiter-und-<br />

Bauern-Staat treu ergebene, für die Sache<br />

des Friedens, <strong>der</strong> Demokratie und des Sozialismus<br />

begeisterte, mit tiefem marxistischem<br />

Wissen ausgerüstete Ka<strong>der</strong> zu erziehen, auf<br />

die sich Partei und Regierung voll und ganz<br />

verlassen können.“<br />

Über die Situation an den Hochschule<strong>in</strong>richtungen<br />

und die Rolle <strong>der</strong> Hochschullehrer <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> s<strong>in</strong>d 1981 [17] (� Abb. 8) und <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren äußerst aufschlussreiche<br />

und im Detail beschreibende Publikationen<br />

erschienen [6,18].<br />

In <strong>der</strong> Regel war, beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahrzehnten <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, für die männlichen<br />

Bewerber e<strong>in</strong> Dienst <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Nationalen<br />

Volksarmee“ (NVA) von 3–4 Jahren für die<br />

Studienfreigabe notwendig. Wehrpflichtverweigerer<br />

hatten, im Gegensatz zu den<br />

heutigen Zivildiensttuenden, mit gerichtlicher<br />

Bestrafung zu rechnen, später wurde<br />

ihnen <strong>der</strong> Dienst als Bausoldat abverlangt,<br />

<strong>der</strong> zwar ohne Waffendienst, aber unter<br />

sehr schweren Bed<strong>in</strong>gungen stattfand und<br />

e<strong>in</strong>er Bestrafung gleichkam. An e<strong>in</strong> Studium,<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>, war für sie nicht<br />

zu denken!<br />

Ende <strong>der</strong> 50er und Anfang <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

war es an e<strong>in</strong>igen Universitäten, beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> Leipzig, zu heftigen, von <strong>der</strong> FDJ-Leitung<br />

<strong>in</strong>itiierten Attacken gegen Studenten gekommen,<br />

die sich nicht l<strong>in</strong>ientreu verhielten.<br />

Oft endeten diese öffentlich <strong>in</strong> Hörsälen<br />

veranstalteten Tribunale damit, dass<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Beschuss geratener Student se<strong>in</strong> fast<br />

obligatorisches Mitgliedsbuch <strong>der</strong> Jugendorganisation<br />

FDJ abgeben musste, was häufig<br />

<strong>zur</strong> Exmatrikulation führte. Oft g<strong>in</strong>gen<br />

diese Studenten unmittelbar danach <strong>in</strong> die<br />

Bundesrepublik Deutschland.<br />

E<strong>in</strong> weiteres ernstes Problem war die beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> den 50er Jahren e<strong>in</strong>setzende<br />

Abwan<strong>der</strong>ung von Hochschullehrern <strong>in</strong> das<br />

Ausland, namentlich <strong>in</strong> die BRD. Das hatte<br />

zum Teil erhebliche E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung und <strong>in</strong> <strong>der</strong> akademischen<br />

Lehre, e<strong>in</strong>schließlich unfallchirurgischer<br />

wissenschaftlicher Untersuchungen<br />

(Abbruch begonnener Promotionsarbeiten,<br />

für die oft ke<strong>in</strong> nachfolgen<strong>der</strong> Betreuer gefunden<br />

wurde), aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Forschung<br />

<strong>zur</strong> Folge. Darüber h<strong>in</strong>aus war die moralische<br />

Seite dieser Verhaltensweise für uns<br />

Studenten bedenklich; schließlich hatten<br />

Abb. 8 Umschlag des 1981 im Urania-Verlag<br />

erschienen Buches „Magister und Scholaren,<br />

Professoren und Studenten“<br />

sie die von uns erwartete Vorbildwirkung als<br />

Hochschullehrer verloren und speziell auch<br />

ihre Patienten an den Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

mit ihren beson<strong>der</strong>en Aufgabestellungen<br />

im Stich gelassen. Selbstredend muss man<br />

dabei zwischen Motiven <strong>der</strong> ideologischen<br />

Zwangslage und <strong>der</strong> re<strong>in</strong> subjektiven, vorwiegend<br />

materiell und chancenorientierten<br />

Gew<strong>in</strong>nerwartung <strong>der</strong> Ausreisenden unterscheiden.<br />

Der Aus- und Weiterbildung <strong>der</strong> Studenten<br />

und Ärzte wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> große Aufmerksamkeit<br />

geschenkt, allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> untrennbarer<br />

Verflechtung mit gesellschaftspolitischen<br />

For<strong>der</strong>ungen.<br />

Der formale Ablauf des Mediz<strong>in</strong>studiums<br />

betrug <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen <strong>DDR</strong> 10 Semester Regelstudium,<br />

davon 4 Semester Vorkl<strong>in</strong>ik<br />

(Vorphysikum nach 2 Semestern, Physikum).<br />

Später betrug die Gesamtstudienzeit<br />

12 Semester. Im 6. Studienjahr wurde das<br />

Staatsexamen <strong>in</strong> mündlichen Prüfungen erworben.<br />

Die Promotion <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Studienzeit<br />

war möglich. Nach <strong>der</strong> so genannten<br />

Pflichtassistentenzeit von e<strong>in</strong>em Jahr wurde<br />

durch den Bezirksarzt die Approbation<br />

erteilt.<br />

Das Mediz<strong>in</strong>studium war parteipolitisch klar<br />

reglementiert. Die Studenten wurden <strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>argruppen<br />

e<strong>in</strong>geteilt und hatten eigene<br />

gesellschaftliche Vertretungen (Partei, FDJ).<br />

Die Betreuung <strong>der</strong> Sem<strong>in</strong>argruppen erfolgte<br />

durch e<strong>in</strong>en Sem<strong>in</strong>argruppenbeauftragten<br />

(Arzt). Es bestanden so genannte Stu-<br />

dienjahreskommissionen (Hochschullehrer,<br />

Mittelbau, Studenten), die sich mit Problemen<br />

im Studienablauf und ihrer möglichen<br />

Überw<strong>in</strong>dungen zu beschäftigen hatten, im<br />

Wesentlichen aber <strong>der</strong> Überwachung ideologischer<br />

Tatbestände dienten.<br />

E<strong>in</strong> Wechsel <strong>der</strong> Universität während des<br />

Studiums war nicht erwünscht und meist<br />

nicht möglich.<br />

E<strong>in</strong> zeitweiliges Studium im sozialistischen<br />

Ausland, z. B. UdSSR, CSSR, Ungarn, Rumänien<br />

war möglich; oft kamen die Studenten<br />

nach Beendigung des vorkl<strong>in</strong>ischen Studienabschnitts<br />

<strong>zur</strong> Weiterführung des Studiums<br />

<strong>in</strong> die <strong>DDR</strong> <strong>zur</strong>ück.<br />

Zunehmende Probleme des ärztlichen<br />

Selbstverständnisses, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch<br />

auf die universitäre Ausbildung bezogen,<br />

hat Lemmens [7] wie folgt beschrieben:<br />

„Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 50er<br />

Jahre nahmen die Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen<br />

und geistigen Entwicklung an Schärfe<br />

zu; e<strong>in</strong>e größere Zahl von mit den gesellschaftlichen<br />

Gegebenheiten, den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

und dem Grad <strong>der</strong> sozialen<br />

Wertschätzung des ärztlichen Berufes unzufriedenen<br />

Mitarbeiter verließ die Fakultät<br />

und das Land.“<br />

Über die Entwicklung <strong>der</strong> Institute und Kl<strong>in</strong>iken<br />

<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät <strong>der</strong> Universität<br />

<strong>in</strong> Leipzig <strong>in</strong> den Jahren 1949 bis<br />

1961 schreibt Lemmens [7]:<br />

„Mit <strong>der</strong> Bildung des Staatssekretariats<br />

für Hochschulwesen im Januar des Jahres<br />

1951, dem die Leitung aller Universitäten,<br />

Hochschulen und wissenschaftlichen E<strong>in</strong>richtungen<br />

übertragen wurde, setzte e<strong>in</strong>e<br />

stärkere zentralisierte Steuerung zunächst<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsprozesse e<strong>in</strong>, die auch für<br />

die Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultäten bzw. die 1952<br />

gebildeten Mediz<strong>in</strong>ischen Akademien wirksam<br />

geworden ist. Die Studienreform des<br />

Jahres 1952 führte dabei das zehnmonatige<br />

lehrplangebundene Studienjahr mit festgeschriebenen<br />

Zwischenprüfungen e<strong>in</strong>, for<strong>der</strong>te<br />

die obligatorische Aneignung <strong>der</strong> russischen<br />

Sprache und begründete die Pflicht<br />

<strong>zur</strong> Teilnahme aller Studierenden an e<strong>in</strong>er<br />

gesellschaftswissenschaftlichen Grundausbildung.“<br />

Das neu e<strong>in</strong>geführte gesellschaftswissenschaftliche<br />

Grundlagenstudium enthielt<br />

Lehrveranstaltungen <strong>zur</strong> marxistisch-len<strong>in</strong>istischen<br />

Philosophie, <strong>zur</strong> politischen Ökonomie<br />

und <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Arbeiterbewegung.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Gestaltung des Mediz<strong>in</strong>studiums<br />

„Zur Neugestaltung des Mediz<strong>in</strong>studiums<br />

im Jahre 1962 setzte e<strong>in</strong> komplizierter und<br />

langwieriger Prozess e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> erst mit <strong>der</strong><br />

Erarbeitung des Studienplanes 1976 e<strong>in</strong>en<br />

vorläufigen, aber noch nicht endgültigen Abschluss<br />

gefunden hat. Als Ziel <strong>der</strong> Neugestaltung<br />

des Mediz<strong>in</strong>studiums wurde formuliert,<br />

e<strong>in</strong>en ärztlichen Nachwuchs heranzubilden,<br />

<strong>der</strong> über e<strong>in</strong> hohes natur- und gesellschaftswissenschaftliches<br />

Grund- und Fachwissen<br />

und praktische mediz<strong>in</strong>ische Erfahrungen<br />

verfügt, auf die Aufgaben des Arztes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

sozialistischen Gesellschaft gut vorbereitet<br />

ist und e<strong>in</strong>en festen Klassenstandpunkt sowie<br />

hohe moralisch-ethische Eigenschaften<br />

besitzt“ [15].<br />

Auf dem 2. Nationalen Symposium Lehre<br />

und Erziehung an den Hochschulen <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> am 21. und 22.06.1963 wurden die<br />

„Berl<strong>in</strong>er Erfahrungen“ (e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Vorarbeit) ausgewertet und „Grundsätze<br />

<strong>zur</strong> Neugestaltung des Mediz<strong>in</strong>studiums“<br />

verabschiedet. Für das kl<strong>in</strong>ische Studium<br />

wurden folgende Thesen formuliert (Auszug):<br />

– Berücksichtigung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit von Prophylaxe,<br />

Therapie und Metaphylaxe im kl<strong>in</strong>ischen<br />

Unterricht e<strong>in</strong>es jeden Faches<br />

– Beherrschung <strong>der</strong> Grundsätze <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Ersten Hilfe durch jeden Absolventen<br />

– Grundsätzliche Beibehaltung <strong>der</strong> Übersichtsvorlesungen,<br />

aber stärkere Betonung<br />

<strong>der</strong> praktischen Ausbildung<br />

1969 wurde von e<strong>in</strong>er Arbeitsgruppe <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e völlig neue Konzeption des Mediz<strong>in</strong>studiums<br />

(„Meckl<strong>in</strong>ger-Plan“) vorgelegt<br />

[15].<br />

Dar<strong>in</strong> war auch e<strong>in</strong>e Neugestaltung des<br />

Chirurgieunterrichts enthalten. Kernstück<br />

bildeten die <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Wissensvermittlung<br />

und die Betonung <strong>der</strong> Pro- und<br />

Metaphylaxe.<br />

E<strong>in</strong>e neue Facharztordnung wurde 1974<br />

geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>er Anordnung über die<br />

Subspezialisierung beschlossen.<br />

1976 wurden durch den Wissenschaftlichen<br />

Beirat für Mediz<strong>in</strong> beim M<strong>in</strong>isterium für das<br />

Hoch- und Fachschulwesen neue Studienpläne<br />

erarbeitet, <strong>in</strong> denen anteilig auch die<br />

Ausbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Traumatologie verankert<br />

war.<br />

Für die Chirurgie wurden dabei u. a. folgende<br />

Lehrveranstaltungen vorgegeben:<br />

– Interdiszipl<strong>in</strong>ärer Komplex (IDK) E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>in</strong> die Notfallmediz<strong>in</strong><br />

– Grundlagen <strong>der</strong> Chirurgie (34 Stunden)<br />

– Spezielle Chirurgie (e<strong>in</strong>schließlich <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

– 136 Stunden im 3. bis 5. Studienjahr)<br />

– Chirurgischer Operationskurs (17 Stunden)<br />

– IDK Notfallsituationen (11 Sunden) im 5.<br />

Studienjahr<br />

Am 11.08.1978 wurde das „Kl<strong>in</strong>ische Praktikum“<br />

im 6. Studienjahr e<strong>in</strong>geführt, wobei<br />

die bis zum Ende <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> gültige Facharztordnung<br />

<strong>in</strong> Kraft trat.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Betreuung<br />

Trotz e<strong>in</strong>geschränkter materiell-technischer<br />

Voraussetzungen hatten die meisten Ärzte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, beson<strong>der</strong>s auch die an Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

beschäftigten, e<strong>in</strong>e hohe ärztliche<br />

Moral und e<strong>in</strong>e ebenso hohe fachliche<br />

Kompetenz.<br />

Zu diesem Anliegen hat Löffler, 1. Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen Gesellschaft<br />

für Orthopädie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bei ihrer<br />

Gründung am 09.05.1953 im Virchowhaus<br />

des Pathologischen Instituts <strong>der</strong> Humboldt-<br />

Universität Berl<strong>in</strong> betont: „Im Mittelpunkt<br />

unserer Arbeit steht <strong>der</strong> Mensch, das heißt<br />

<strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gesamtheit, bestehend<br />

aus Leib und Seele. Gerade bei den Körperbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten,<br />

seien es angeborene, seien es<br />

erworbene Ursachen, s<strong>in</strong>d oft Leib und Seele<br />

sehr krank! Daher muss die Behandlung e<strong>in</strong>e<br />

zweifache se<strong>in</strong> und daher muß gerade <strong>der</strong><br />

Facharzt für Orthopädie Arzt im wahrsten<br />

S<strong>in</strong>ne se<strong>in</strong>, das heißt Mensch und Mediz<strong>in</strong>er,<br />

<strong>der</strong> aus Liebe zu se<strong>in</strong>en Mitmenschen, um<br />

diesen zu helfen, diesen Beruf erwählt hat“<br />

[8].<br />

Das durchgehende „Dispansaire-System“<br />

brachte Patienten und Ärzten deutliche<br />

Vorteile. Das Qualitätsbewusstse<strong>in</strong> aller<br />

Mitarbeiter für die mediz<strong>in</strong>ische Leistung<br />

ist nachträglich schwer zu beurteilen. E<strong>in</strong><br />

beson<strong>der</strong>er Vorteil, so die Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong><br />

Autoren dieses Artikels, war das Fehlen<br />

von Privatpatienten. Es ersparte uns die<br />

Selektion <strong>der</strong> Patienten und erlaubte die<br />

Konzentration <strong>der</strong> leitenden Ärzte auf die<br />

Schwerpunkte <strong>der</strong> Arbeit, unabhängig von<br />

profitablen Betätigungen. Es soll <strong>in</strong> diesem<br />

Supplement nur e<strong>in</strong>mal erläutert werden,<br />

dass die Honorierung ärztlicher Tätigkeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> im Vergleich mit <strong>der</strong> <strong>in</strong> Westdeutschland<br />

und an<strong>der</strong>en europäischen<br />

Län<strong>der</strong>n beschämend ger<strong>in</strong>g war.<br />

Der Mangel an fortgeschrittener Tech-<br />

nik (Untersuchungsgerätschaft, technische<br />

Ausrüstungen, Instrumente, Implantate)<br />

war eklatant. Aber auch für simple Zube-<br />

höre unserer Tätigkeit, wie z. B. Verbandsmaterial,<br />

Operationshandschuhe, Wäsche<br />

u. a. bestand oft Mangel; über Arbeitsgruppen<br />

bei den Bezirksärzten mussten solche<br />

Artikel angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

Die genannten Umstände führten zu beachtlichen<br />

improvisatorischen Leistungen<br />

<strong>der</strong> Ärzteschaft und ihrer Mitarbeiter.<br />

Was die poststationäre Betreuung Unfallverletzter<br />

betraf, war die mögliche Weiterbetreuung<br />

<strong>der</strong> Patienten durch die primär<br />

behandelnden Ärzte e<strong>in</strong> großer Vorteil; anspruchsvolle<br />

Rehabilitationse<strong>in</strong>richtungen<br />

standen ungenügend <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Was Spitzensportler betraf, hat <strong>der</strong> Autor<br />

E. M. e<strong>in</strong>ige Erfahrungen.<br />

Der Hochspr<strong>in</strong>ger R. B., <strong>der</strong> aufgrund se<strong>in</strong>er<br />

Leistungen e<strong>in</strong>e Chance auf e<strong>in</strong>e olympische<br />

Medaille hatte, zog sich beim Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e<br />

Achillessehnenruptur zu. Es war an e<strong>in</strong>em<br />

Sonntag. Die wenigen E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>, die für solche Behandlungen <strong>in</strong> Frage<br />

kamen, schieden aus, da die entsprechenden<br />

Chefärzte nicht erreichbar waren. Schließlich<br />

wurde ich beauftragt, die notwendige<br />

Operation durchzuführen. Die Operation<br />

erbrachte e<strong>in</strong>e stabile Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> Sehnenkont<strong>in</strong>uität. Postoperativ wurde<br />

mir, gegen me<strong>in</strong>en Protest, die Nachsorge<br />

me<strong>in</strong>es Patienten durch die Sportführung<br />

untersagt. 4 Wochen nach <strong>der</strong> Operation<br />

wurde er erneut vorgestellt, da die Sehnennaht<br />

ausgerissen und wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Diastase<br />

<strong>der</strong> Sehnenstümpfe vorlag. Ursache<br />

dieses Ereignisses war das Üben <strong>der</strong> Dorsalextension<br />

des Fußes <strong>der</strong> operierten Seite<br />

gegen e<strong>in</strong>en Wi<strong>der</strong>stand von 100 kg. Die<br />

Reoperation wurde mir nicht übertragen;<br />

sie erfolgte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für Spitzensportler vorgesehenen<br />

Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Bad Düben.<br />

Forschung<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zu unfallchirurgischen<br />

Fragestellungen erfolgten<br />

bis <strong>in</strong> die 70er Jahre des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> vorwiegend im Rahmen<br />

<strong>der</strong> chirurgischen Forschung.<br />

Diese fanden <strong>in</strong> drei Bereichen statt [11]:<br />

– zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> den Instituten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften– später<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong><br />

den so genannten „Bucher Instituten“<br />

– <strong>in</strong> den chirurgischen Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

– im Bereich des M<strong>in</strong>isteriums für Gesundheitswesen,<br />

also den nichtuniversitären<br />

E<strong>in</strong>richtungen<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 21


22<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung war die Gründung<br />

<strong>der</strong> „Zeitschrift für experimentelle<br />

Chirurgie“ 1968, die Gründung <strong>der</strong> „Sektion<br />

für experimentelle Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ 1973<br />

und <strong>der</strong> „Sektion Experimentelle Chirurgie“<br />

im Rahmen <strong>der</strong> „Gesellschaft für Chirurgie“<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1972 [11].<br />

Die Notwendigkeit kl<strong>in</strong>ischer Forschung<br />

wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erkannt, es gab diverse<br />

Aufgabenstellungen und Lösungsansätze.<br />

An <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Friedrich-<br />

Schiller-Universität <strong>in</strong> Jena wurde beispielsweise<br />

e<strong>in</strong>e naturwissenschaftlich-technische<br />

Abteilung errichtet, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Naturwissenschaftler<br />

und Ingenieure tätig waren.<br />

Es bestand e<strong>in</strong>e gute Zusammenarbeit mit<br />

dem zentralen Tierexperimentellen Institut;<br />

vor dessen Inbetriebnahme wurden Tierexperimente<br />

<strong>in</strong> den Kellerräumen <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik<br />

durchgeführt.<br />

Auch an den Chirurgischen Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong> Universitäten<br />

bzw. Akademien <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Dresden,<br />

Erfurt, Greifswald, Halle, Leipzig, Magdeburg<br />

und Rostock waren experimentelle<br />

Institutionen vorhanden.<br />

Interdiszipl<strong>in</strong>äre und <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>stitutionelle<br />

Verb<strong>in</strong>dungen wurden aufgebaut.<br />

Außer <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> genannten experimentellen<br />

Kapazitäten war für den kl<strong>in</strong>isch<br />

tätigen Forscher ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>e sehr<br />

ger<strong>in</strong>ge Kapazität (Personal, Zeit) reserviert.<br />

Die meisten wissenschaftlichen Aktivitäten<br />

erfolgten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit. Es bestand meist<br />

auch e<strong>in</strong> Mangel an entsprechen<strong>der</strong> Technik,<br />

an Geräten, Bürotechnik u. a.<br />

Aus <strong>der</strong> notwendigen Verknüpfung von experimenteller<br />

Chirurgie und <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Praxis ergaben sich folgende Aufgaben<br />

[11]:<br />

– Ausarbeitung neuer Operationsmethoden<br />

– Ausarbeitung und E<strong>in</strong>führung neuer chirurgischer<br />

Methoden und Verfahren (z. B.<br />

Laser, Ultraschall)<br />

– experimentelle Pathologie und Pathophysiologie<br />

chirurgischer Erkrankungen<br />

– Erprobung neuer chirurgischer Materialien,<br />

– Ausbildung <strong>in</strong> neuen Operationsverfahren.<br />

Die Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> hat zahlreiche Geme<strong>in</strong>schaftsstudien<br />

durchgeführt, auf ihren Unfallchirurgenkongressen<br />

mitgeteilt und publiziert<br />

(Auswahl <strong>der</strong> Zusammenfassungen<br />

im Zentralblatt für Chirurgie von W. Senst).<br />

VI. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vom<br />

13. bis 15.09.1978 <strong>in</strong> Leipzig. Thema: „Epidemiologie<br />

und Kl<strong>in</strong>ik des diaphysären Un-<br />

terschenkelschaftbruchs im K<strong>in</strong>desalter.“ In<br />

die Studie e<strong>in</strong>geschlossen (H. V<strong>in</strong>z) waren<br />

über 1200 K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit den entsprechenden<br />

Frakturen.<br />

VII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vom<br />

17. bis 19.09.1980 <strong>in</strong> Leipzig. Thema: Spätergebnisse<br />

nach Osteosynthesen von Unterarmfrakturen<br />

im K<strong>in</strong>desalter. Bericht <strong>der</strong><br />

AG für Traumatologie des K<strong>in</strong>desalters (W:<br />

Kurz).<br />

VIII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

vom 15. bis 17. September 1982 <strong>in</strong> Leipzig.<br />

Thema: „Behandlung und Ergebnisse von<br />

Kalkaneusfrakturen.“ Geme<strong>in</strong>schaftsstudie<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie (K. Welz).<br />

IX. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vom<br />

12. bis 14.09.1984 <strong>in</strong> Leipzig. Thema: „Behandlung<br />

und Ergebnisse von Oberschenkelschaftbrüchen.“<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsstudie <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie (K. Welz).<br />

XI. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vom<br />

06. bis 09.11. 1988 <strong>in</strong> Leipzig. Thema: „Intraartikuläre<br />

Frakturen – Tibiakopf.“ Sammelstudie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1981–1985 (G. Hildebrand,<br />

D. Tralles, N. Brewka, F. Göttel).<br />

An allen Hochschulkl<strong>in</strong>iken gab es unfallchirurgische<br />

Forschungsschwerpunkte. So<br />

wurden beispielsweise <strong>in</strong> Leipzig <strong>in</strong> den Jahren<br />

1977 bis 1988 5 Habilitationsschriften<br />

zum Thema <strong>der</strong> Verbrennungskrankheit<br />

erstellt. Weitere Aktivitäten hat K. Sandner<br />

im Kapitel „Wissenschaftlich Aktivitäten“<br />

beschrieben.<br />

In Halle fand im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> AO-Pr<strong>in</strong>zipien und entsprechen<strong>der</strong><br />

Methoden e<strong>in</strong>e kl<strong>in</strong>isch ange-<br />

Abb. 9 Portät von H. Brückner (1919–1988)<br />

wandte Forschung zu verschiedenen Verletzungsbil<strong>der</strong>n<br />

und dazu geeigneten Behandlungsverfahren<br />

statt. Insbeson<strong>der</strong>e g<strong>in</strong>g es<br />

um die verletzungs- o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Zeit<br />

auch behandlungsbed<strong>in</strong>gten Heilungsstörungen,<br />

Komplikationen und Fehlheilungen<br />

wie Pseudarthrosen, posttraumatisch und<br />

postoperative Osteitiden und Osteomyelitiden<br />

sowie ihre Therapie- und Korrekturmöglichkeiten.<br />

Vier Habilitationsschriften<br />

befassten sich im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Grundlagenforschung<br />

experimentell mit <strong>der</strong> Infektion nach<br />

Plattenosteosynthesen im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> geschädigten periostalen Durchblutung,<br />

<strong>der</strong> Biomechanik des Unterschenkelskeletts<br />

unter konservativen und operativen<br />

Behandlungsbed<strong>in</strong>gungen und zu Akutauswirkungen<br />

von Kälteschäden. Regelmäßige<br />

AO-Kurse für Ärzte und Operationspersonal<br />

sowie die zwischengeschalteten AO-Symposien<br />

for<strong>der</strong>ten von dem kle<strong>in</strong>en Team <strong>der</strong><br />

Halleschen Traumatologischen Abteilung<br />

zusätzliches <strong>in</strong>tensives wissenschaftliches,<br />

organisatorisches uns logistisches Engagement.<br />

E<strong>in</strong>e herausragende unfallchirurgische Persönlichkeit<br />

war H. Brückner (1919–1988),<br />

<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Universität Rostock tätig war und<br />

sich u.a. mit <strong>der</strong> Kreation des plastischen<br />

Ersatzes des vor<strong>der</strong>en Kreuzbandes des<br />

Kniegelenks <strong>in</strong>ternationale Anerkennung<br />

erworben hatte. Die � Abbildung 9 zeigt<br />

H. Brückner.<br />

Auf weitere unfallchirurgische Forschungen,<br />

die an den verschiedenen Universitäten und<br />

Akademien <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bearbeitet wurden,<br />

kann hier nicht e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

Über die chirurgische Forschung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

schrieb R. Red<strong>in</strong>g, ehemals Ord<strong>in</strong>arius für<br />

Chirurgie <strong>in</strong> Greifswald und Rostock 2007<br />

[14]: „Bei aller staatlicher und politischer Reglementierung<br />

des Gesundheitswesen und<br />

<strong>der</strong> Universitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> spiegeln die erbrachten<br />

Forschungsleistungen persönliches<br />

Engagement, Eignung, Kreativität und E<strong>in</strong>satz<br />

e<strong>in</strong>zelner Chirurgen wi<strong>der</strong>, was hervorhebenswert<br />

ersche<strong>in</strong>t.“<br />

Ka<strong>der</strong>politik an Universitäten und<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Akademien <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Der <strong>in</strong>dividuelle Drang <strong>zur</strong> fachlichen Entwicklung<br />

und weiteren Qualifizierung wurde<br />

im Pr<strong>in</strong>zip nicht unterdrückt, nur wurden<br />

Voraussetzungen und Bed<strong>in</strong>gungen dafür<br />

schon gezielt unterschiedlich zugeteilt. Die<br />

Entwicklungschancen h<strong>in</strong>gen eben weniger<br />

von dem Qualifikationsgrad als vom gesellschaftspolitischen<br />

Bekenntnis ab.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Der Aufstieg <strong>in</strong> höhere Positionen war<br />

nicht das Ergebnis von Konkurrenz und<br />

Leistung, die Auswahl erfolgte durch die<br />

gesellschaftspolitische Führungsriege <strong>der</strong><br />

SED. Mitglie<strong>der</strong> bestimmter Gruppen (z. B.<br />

Blockparteien, Frauenför<strong>der</strong>ung) hatten bestimmte<br />

Vorteile.<br />

E<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Mangel bestand auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> zunehmenden Unterordnung gesundheitspolitischer<br />

und auch kl<strong>in</strong>ischer Aufgaben<br />

durch parteigelenkte Zielstellungen<br />

und entsprechende Vorgaben. Das betraf<br />

beson<strong>der</strong>s die Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten<br />

von ärztlichen Mitarbeitern,<br />

die sich nicht durch SED-Mitgliedschaft explizit<br />

<strong>zur</strong> <strong>DDR</strong>-Politik bekannten. Der <strong>in</strong>tensive<br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Staatssicherheit <strong>in</strong> nahezu<br />

alle Belange <strong>der</strong> ärztlichen Berufsausübung<br />

und <strong>der</strong> universitären Lehre war <strong>der</strong> überwiegenden<br />

Zahl <strong>der</strong> ärztlichen Mitarbeiter<br />

nicht bekannt.<br />

Zu ka<strong>der</strong>politischen Entscheidungen berichtet<br />

<strong>der</strong> Autor E. M. über se<strong>in</strong>e persönlichen<br />

Erfahrungen.<br />

Ich habe nach me<strong>in</strong>er Habilitation im Jahre<br />

1977 mehrere, von me<strong>in</strong>em Kl<strong>in</strong>ikdirektor<br />

unterstützte Anträge auf Zuerkennung<br />

e<strong>in</strong>er Dozentur gestellt. Mehrere Anträge<br />

wurden abgelehnt; die Antragsunterlagen<br />

habe ich <strong>in</strong> Form spärlicher Reste erst nach<br />

<strong>der</strong> Wende <strong>zur</strong>ück bekommen. Ich wurde<br />

auch nach ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Ablehnung offiziell<br />

<strong>in</strong>formiert. Der Tatbestand wurde mir<br />

<strong>in</strong>noffiziell von e<strong>in</strong>em Kenntnisträger mitgeteilt.<br />

Erst 1983 wurde ich zum Dozenten<br />

ernannt. Im Jahre 1987 wurde ich durch den<br />

M<strong>in</strong>ister für das Hoch- und Fachschulwesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als außerordentlicher Professor berufen.<br />

Der Vorschlag g<strong>in</strong>g von H. Schrö<strong>der</strong><br />

(1929–1997), Nachfolger von T. Becker, und<br />

von Vertretern me<strong>in</strong>er Universität aus, die<br />

offensichtlich auf me<strong>in</strong>e weitere Tätigkeit<br />

<strong>in</strong> Jena nicht verzichten wollten. Ich war <strong>in</strong>zwischen<br />

an an<strong>der</strong>en Hochschulen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(Rostock, Magdeburg) für die Leitung <strong>der</strong><br />

Abteilung <strong>Unfallchirurgie</strong> im Gespräch.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es mehrfach selbst erlebtes Beispiel<br />

betraf die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Besuchs<br />

von Fortbildungsveranstaltungen im westlichen<br />

Ausland. Im Jahr 1970 erhielt ich e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>ladung zum Besuch e<strong>in</strong>es AO-Kurses <strong>in</strong><br />

Bad Gleichenberg <strong>in</strong> Österreich. Nach Bearbeitung<br />

<strong>der</strong> aufwendigen Formalitäten<br />

und langer Wartezeit erhielt ich schließlich<br />

via M<strong>in</strong>isterium, Rektorat <strong>der</strong> Universität,<br />

Bereichsleitung Mediz<strong>in</strong> und Kl<strong>in</strong>ikdirektor<br />

den H<strong>in</strong>weis, dass <strong>der</strong> Antrag abgelehnt<br />

wurde, da ke<strong>in</strong>e Devisen <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stünden. Nach me<strong>in</strong>er Information an die<br />

Veranstalter über die Ablehnung me<strong>in</strong>er<br />

Teilnahme hat mir <strong>der</strong> organisatorische Leiter<br />

des Kurses, <strong>der</strong> damalige Oberarzt <strong>der</strong><br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik für Chirurgie <strong>in</strong> Graz, Dr.<br />

Harald Tscherne, geschrieben, dass das Organisationskomitee<br />

<strong>der</strong> Sektion Österreich<br />

<strong>der</strong> AO mich und me<strong>in</strong>e Frau abermals e<strong>in</strong>laden<br />

möchte und alle Kosten für den Kurs,<br />

die Übernachtung und die Reise übernehmen<br />

würde. Die Antwort nach langer Zeit,<br />

den genannten Weg nehmend, war e<strong>in</strong>e<br />

Ablehnung me<strong>in</strong>er Reise; diesmal ohne Begründung.<br />

Das war politischer Alltag <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>!<br />

Literatur<br />

1. Böhler L. Die Technik <strong>der</strong> Knochenbruchbehandlung.<br />

Verlag Wilhelm Maudrich 1929<br />

2. Ekkernkamp A, Probst J. Von <strong>der</strong> Unfallheilkunde<br />

<strong>zur</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>. Z. ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh.wes<br />

2004; 98: 31–36<br />

3. Fläschendräger W, Klaus W, Köhler R, Kraus A, Steiger<br />

G. Magister und Scholaren, Professoren und<br />

Studenten – <strong>Geschichte</strong> deutscher Universitäten<br />

und Hochschulen im Überblick. Leipzig-Jena-Berl<strong>in</strong>:<br />

Urania-Verlag; 1981<br />

4. Heim UFA. Das Phänomen AO – Gründung und<br />

erste Jahre <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für das Studium<br />

<strong>der</strong> Osteosynthese. Verlag H. Huber 2001<br />

5. Howmedica GmbH Kiel. Gerhard Küntscher – E<strong>in</strong><br />

Pionier <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Osteosynthese. Festschrift<br />

1990<br />

6. Hoßfeld U, Kaiser T, Mestrup H. Hochschule im Sozialismus.<br />

Bölau Verlag 2007<br />

7. Lemmens F. Der Wie<strong>der</strong>aufbau und die Entwicklung<br />

des Leistungsprofils <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät<br />

<strong>in</strong> den Jahren 1945 bis 1961. In.: Kästner I,<br />

Thom A. 575 Jahre Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät <strong>der</strong> Universität<br />

Leipzig. Johann Ambrosius Barth Verlag<br />

1990: 210–211<br />

8. Löffler F. Eröffnungsansprache des 1. Vorsitzenden<br />

auf <strong>der</strong> ersten wissenschaftlichen Tagung <strong>der</strong><br />

neuen Gesellschaft. Beitr. Orthop. 1954; 1: 7–11<br />

9. Markgraf E. Theo Becker - e<strong>in</strong> Wegbereiter <strong>der</strong><br />

Chirurgie <strong>in</strong> <strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong>. Zentralbl Chir<br />

2006; 131: 93–94<br />

10. Meißner F. Herbert Uebermuth und die Spezialisierung<br />

<strong>der</strong> Chirurgie. In: Schönfel<strong>der</strong> M, Schwokowski<br />

C. Herbert Uebermuth (1901–1986) – Leben<br />

und Werk e<strong>in</strong>es Chirurgen. Leipzig: Verlag Andreas<br />

Lieback; 2001<br />

11. Neumann M, Spiegel HU. Chirurgische Forschung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 2007; 36:<br />

350–355<br />

12. Povacz F. Der Geist <strong>der</strong> Böhlerschule. Verlag Wilhelm<br />

Maudrich; 2004<br />

13. Probst J. 60 Jahre Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde.<br />

Demeter Verlag; 1982<br />

14. Red<strong>in</strong>g R. Kommentar zu „Chirurgische Forschung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“. In: Neumann M, Spiegel HU. Chirurgische<br />

Forschung <strong>in</strong> Deutschland. Kaden Verlag;<br />

169–190. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Chirurgie; 36: 355–356<br />

15. Rupprecht H, Schickedanz H, Presselt N. Erziehung,<br />

Aus- und Weiterbildung. In: Schickedanz<br />

H. Die Chirurgische Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Universität Jena<br />

1961–1980. Wissenschaftliche <strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong> FSU;<br />

1980: 17–28<br />

16. Schober KL. Stal<strong>in</strong>grad – Befreiung <strong>in</strong> Gefangenschaft.<br />

Demeter Verlag; 1995<br />

17. Steiger G, Flaschenträger W. Magister und Scholaren,<br />

Professoren und Studenten – <strong>Geschichte</strong><br />

deutscher Universitäten und Hochschulen im<br />

Überblick. Urania-Verlag; 1981; 225<br />

18. Ste<strong>in</strong>bach, Matthias. Universitätserfahrung Ost.<br />

<strong>DDR</strong>-Hochschullehrer im Gespräch. Verlag Bussert<br />

& Stadeler; 2005<br />

19. Stiller H. Gedanken <strong>zur</strong> Behandlung von Verletzungen<br />

und ihren Früh- und Spätfolgen. Ther. d.<br />

Gegenw. 1960; 99: 361–371<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 23


24<br />

Die Rolle <strong>der</strong> konfessionellen<br />

Krankenhäuser <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

S. Grafe<br />

Abb. 1 Hauptgebäude des katholischen „St. Elisabethkrankenhauses“<br />

Leipzig. Aus: Privatarchiv S. Grafe<br />

Das staatliche Gesundheitswesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

wurde, wie das Adjektiv aussagt, vom Staat,<br />

somit von <strong>der</strong> Regierung, reglementiert und<br />

durchorganisiert. Für an<strong>der</strong>e Rechtsträger<br />

war deshalb <strong>in</strong> diesem System auch aus ideologischen<br />

Gründen ke<strong>in</strong> Platz vorgesehen.<br />

Die von <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, übrigens auch für an<strong>der</strong>e<br />

Län<strong>der</strong> des real existierenden Sozialismus<br />

nicht ganz selbstverständliche, e<strong>in</strong>malige<br />

Vorgabe e<strong>in</strong>er für den Patienten völlig kostenfreien<br />

Versorgung und ärztlichen Behandlung<br />

<strong>der</strong> Kranken war e<strong>in</strong> Grundpr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung. Sie wurde<br />

verwirklicht durch die ebenfalls staatlich<br />

kontrollierten Krankenversicherungen und<br />

sie verlangte e<strong>in</strong>e totale f<strong>in</strong>anzielle Absicherung<br />

durch den staatlichen Haushaltsplan<br />

(sog. Fünfjahrplan). Die Ausgaben <strong>der</strong> Versicherungen<br />

wurden zentral vorgegeben. Der<br />

Plan sollte e<strong>in</strong>gehalten werden. E<strong>in</strong> mangelhaft<br />

kontrollierbarer Posten, wie die Budgets<br />

und die Ausgabenplanung nicht staatlicher<br />

E<strong>in</strong>richtungen, passte deshalb nicht <strong>in</strong>s<br />

Konzept. Damit war die Zulassung an<strong>der</strong>er<br />

Krankenhausrechtsträger für die <strong>DDR</strong> nicht<br />

nur e<strong>in</strong> ideologisches, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong><br />

wirtschaftliches Problem, das bis <strong>in</strong> das ausgehende<br />

achte Dezennium des vergangene<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts nur über e<strong>in</strong>e kostendeckende<br />

Vergütung <strong>der</strong> Leistungen e<strong>in</strong>seitig zu Lasten<br />

<strong>der</strong> konfessionellen Krankenhäuser geregelt<br />

wurde.<br />

An<strong>der</strong>erseits, und auch das ist für die<br />

<strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit gewesen, waren die<br />

konfessionellen Krankenhäuser, wie auch<br />

die großen Glaubens- und Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

selbst, eben erst aus <strong>der</strong> Unterdrückung<br />

durch das Naziregime befreit worden.<br />

Sie hatten, bis auf e<strong>in</strong>ige Ausnahmen, nach<br />

dem zweiten Weltkrieg die Eigenständigkeit<br />

durch die sowjetische Militäradm<strong>in</strong>istration<br />

wie<strong>der</strong> <strong>zur</strong>ückerhalten (� Abb. 1).<br />

So begnügte sich <strong>der</strong> aufstrebende sozialistische<br />

Staat mit <strong>der</strong> Strategie <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

Nadelstiche. Den Krankenhäusern und<br />

Anstalten wurde jede Unterstützung materieller<br />

und f<strong>in</strong>anzieller Art vorenthalten.<br />

Die geduldete stationäre Versorgung von<br />

Patienten (e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> ambulanten<br />

Nachbehandlung) musste im Gegensatz<br />

zu den staatlichen E<strong>in</strong>richtungen auf Heller<br />

und Pfennig nach den tatsächlichen Ausgaben<br />

am Ende e<strong>in</strong>es abgelaufenen Jahres<br />

abgerechnet werden. Das Krankenhaus trat<br />

also f<strong>in</strong>anziell immer erst <strong>in</strong> Vorleistung.<br />

Das än<strong>der</strong>te sich erst als Staat und evangelische<br />

Kirche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spitzengespräch am<br />

18.03.1978 e<strong>in</strong> besseres Zusammenarbeiten<br />

beschlossen. Grund dafür war e<strong>in</strong>erseits<br />

die Anerkennung <strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

<strong>der</strong> kirchlichen E<strong>in</strong>richtungen auf<br />

dem Gebiet des Gesundheitswesens. An<strong>der</strong>erseits<br />

war die Arbeit <strong>der</strong> konfessionellen<br />

Krankenhäuser, <strong>der</strong> Rehabilitations- und <strong>der</strong><br />

Pflegee<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong> ökonomisch und<br />

leistungsmäßig nicht mehr wegzudenken<strong>der</strong><br />

Faktor im Gesundheitswesen geworden.<br />

E<strong>in</strong>e bemerkenswerte Ausnahme gab es auf<br />

dem Gebiet <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, entgegen dem Grundsatz,<br />

dass für konfessionelle Träger nur<br />

Abb. 2 Die e<strong>in</strong>zige selbständige Polikl<strong>in</strong>ik mit Fachambulanzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

<strong>in</strong> Rechtsträgerschaft des Vere<strong>in</strong>s des Diakonissenhauses Leipzig.<br />

Aus: Privatarchiv S. Grafe<br />

Krankenhausarbeit zugelassen war, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Duldung e<strong>in</strong>er selbständigen ambulanten<br />

E<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsträgerschaft des<br />

Vere<strong>in</strong>s des Diakonissenhauses Leipzig, <strong>der</strong><br />

se<strong>in</strong>e Polikl<strong>in</strong>ik weiter betreiben durfte, weil<br />

diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Arbeiterwohngebiet 1923<br />

<strong>zur</strong> kostengünstigen ambulanten Versorgung<br />

<strong>der</strong> werktätigen Bevölkerung entstanden<br />

war. Beide Diktaturen hat diese Polikl<strong>in</strong>ik<br />

überstanden. Erst die politisch gewollte<br />

Auflösung <strong>der</strong> Krankenhausambulanzen im<br />

Jahre 1996 brachte das Aus für sie (� Abb. 2).<br />

Aus zu Beg<strong>in</strong>n unterdrückten, später geduldeten<br />

E<strong>in</strong>richtungen waren durch die Entwicklung<br />

Arbeitsfel<strong>der</strong> hervorgegangen,<br />

die notwendige zusätzliche Kapazitäten im<br />

Gesundheitswesen vorhielten, auf die man<br />

nicht mehr verzichten konnte und wollte.<br />

Rehabilitation und Pflege von Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

waren anfangs dem aufstrebenden Sozialismus<br />

e<strong>in</strong> Hemmschuh, den man gerne<br />

den Kirchen und Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften<br />

überlies. Nach dem oben erwähnten Spitzengespräch<br />

zwischen dem Staatsratsvorsitzenden<br />

Honecker, dem vorsitzenden<br />

evangelischen Bischof und Vertretern <strong>der</strong><br />

Diakonie wurde deshalb den konfessionellen<br />

Krankenhäusern erstmalig auch Unterstützung<br />

zu Teil. Es gab ab dato e<strong>in</strong>en<br />

reibungsfreien Transfer für die vielfältige f<strong>in</strong>anzielle<br />

und materielle Unterstützung, die<br />

<strong>der</strong> Deutsche evangelische Krankenhausverband<br />

und <strong>der</strong> Caritasverband <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland aus Spenden und<br />

aus dem Staatsvertrag <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


mit den Kirchen organisierte. Das führte<br />

dazu, dass <strong>in</strong> vielen Häusern den Patienten<br />

mo<strong>der</strong>nste mediz<strong>in</strong>ische Geräte und Instrumente<br />

<strong>zur</strong> Verfügung standen (� Abb. 3).<br />

Trotzdem haben die konfessionellen Krankenhäuser<br />

und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tene<strong>in</strong>richtungen<br />

zu ke<strong>in</strong>er Zeit die Würdigung erfahren, die<br />

ihnen gerecht geworden wäre. In <strong>der</strong> Chronik<br />

des Deutschen evangelischen Krankenhausverbandes<br />

liest sich das so: – „Zuletzt<br />

gab es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 46 evangelische und 31<br />

katholische Krankenhäuser. Sie stellten<br />

16,7 % <strong>der</strong> <strong>in</strong>sgesamt 541 Krankenhäuser<br />

und 14,2 % aller Krankenhausbetten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>. – Dennoch blieben sie Fremdkörper im<br />

staatlichen Gesundheitswesen – sie wurden<br />

geduldet, weil sie unentbehrlich waren, und<br />

sie behielten ihre Selbständigkeit, weil e<strong>in</strong>e<br />

Übernahme <strong>in</strong> staatliche Trägerschaft vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund des <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> garantierten Grundrechts auf freie Religionsausübung<br />

politisch brisant war.“ [1]<br />

Nach all dem, was sich daraus ergeben<br />

hat, ist es nur verständlich, dass sich auch<br />

die Traumatologie <strong>in</strong> den konfessionellen<br />

Krankenhäusern nur sehr ambivalent entwickeln<br />

konnte. E<strong>in</strong>erseits profitierte das<br />

Gesundheitswesen von <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

hochqualifizierte operative Knochenbruchbehandlung<br />

<strong>in</strong> den Krankenhäusern vornehmen<br />

zu lassen, weil importierten Geräte<br />

und Instrumente dem <strong>in</strong>ternational höchsten<br />

Standard genügten und weil sie nicht<br />

aus dem Devisenvolumen des Staates für<br />

das Gesundheitswesen f<strong>in</strong>anziert werden<br />

mussten. An<strong>der</strong>erseits wurde den Häusern<br />

ke<strong>in</strong>erlei Unterstützung für Forschung und<br />

Weiterentwicklung gewährt. Ke<strong>in</strong> konfessionelles<br />

Krankenhaus wurde für die Maximalversorgung<br />

zugelassen. Die Regel war<br />

die E<strong>in</strong>stufung <strong>in</strong> die Grundversorgung,<br />

nur bei regionalen Beson<strong>der</strong>heiten wurde<br />

notgedrungen <strong>der</strong> Status für die Regelversorgung<br />

zuerkannt. E<strong>in</strong>e weitere Hürde war<br />

die zentrale Regelung <strong>der</strong> Patientenströme<br />

durch den Krankentransport, was im Rettungsdienst<br />

beson<strong>der</strong>s deutlich zum Ausdruck<br />

kam. In den Ballungsgebieten erreichten<br />

deshalb nur ger<strong>in</strong>gfügig Verletzte das<br />

am Ort tätige konfessionelle Krankenhaus.<br />

Dass trotz dieser grundsätzlichen Ignoranz,<br />

schwerer Verletzte <strong>in</strong> konfessionelle Häuser<br />

e<strong>in</strong>geliefert wurden, war dem guten Ruf<br />

und den Erfolgen von Spezialisten <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

chirurgischen Abteilungen zu danken. In<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung und auch <strong>in</strong> Kreisen <strong>der</strong><br />

Parteiführung gab es immer wie<strong>der</strong> Personen,<br />

die darauf bestanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Haus <strong>der</strong><br />

Kirche e<strong>in</strong>gewiesen zu werden, auch wenn<br />

das eigentlich für sie nicht vorgesehen war.<br />

So konnten die Fachkenntnisse <strong>der</strong> Ärzte,<br />

die auch im „nichtsozialistischen Ausland“<br />

Tagungen besuchten, auf dem mo<strong>der</strong>nsten<br />

Wissensstand gebracht werden.<br />

Der o. a. kirchliche F<strong>in</strong>anztransfer war für<br />

die beste Behandlung <strong>der</strong> Patienten vorgesehen.<br />

Diese Mittel aber für die Forschung<br />

e<strong>in</strong>zusetzen, verbot sich gegenüber den<br />

Spen<strong>der</strong>n und Organisationen, die sie ausschließlich<br />

für Wohltätigkeitszwecken <strong>zur</strong><br />

Verfügung gestellt hatten. Es war deshalb<br />

ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, dass wenn Ärzte <strong>in</strong> den konfessionellen<br />

Krankenhäusern Forschung betrieben<br />

haben, Fragen <strong>der</strong> täglichen Praxis und<br />

Erfahrung mit e<strong>in</strong>fachen Verletzungsbil<strong>der</strong>n<br />

zu Themen gemacht wurden. Unblutige<br />

Knochenbruchheilungswege, <strong>in</strong> Son<strong>der</strong>heit<br />

die Methoden <strong>der</strong> frühfunktionellen Knochenbruchbehandlung<br />

beispielsweise <strong>in</strong><br />

Anlehnung an die Lehre von Sarmiento fanden<br />

e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung. Da die Dauer<br />

des Aufenthaltes im Krankenhaus nicht <strong>der</strong><br />

Abb. 3 E<strong>in</strong>satz mo<strong>der</strong>nster Spitzentechnik im traumatologischen Operationssaal: „Bildverstärker<br />

letzter Generation“. Aus: Privatarchiv S. Grafe<br />

staatlichen Reglementierung unterlag und<br />

je<strong>der</strong> Patient auch ambulant vom Krankenhausarzt<br />

zu Ende behandelt werden durfte,<br />

waren für solche kl<strong>in</strong>ischen Forschungen<br />

die Voraussetzungen nahezu ideal. Die<br />

Traumatologie wurde also <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Häusern sehr unterschiedlich praktiziert.<br />

Sie zeichnete sich e<strong>in</strong>erseits durch<br />

hohe Qualität <strong>der</strong> operativen Versorgung<br />

von Knochenbrüchen mit <strong>in</strong>ternationalem<br />

Standard <strong>der</strong> Technik <strong>der</strong> Osteosynthesen,<br />

an<strong>der</strong>erseits aber auch durch e<strong>in</strong>fache, oft<br />

unblutige Konzepte <strong>zur</strong> Knochenbruchbehandlung<br />

mit guten funktionellen Ergebnissen<br />

aus. Die zentrale Bedeutung e<strong>in</strong>er den<br />

Mitmenschen achtenden und ihm zugewandten<br />

Betreuung als Kernmotivation von<br />

Caritas und Diakonie, ließ dem Patienten<br />

die Wahl, welchen therapeutischen Weg er<br />

bevorzugte. Ke<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anziellen Erwägungen<br />

störten ihn und se<strong>in</strong>en Arzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entscheidung<br />

über die angebotene Therapie. Die oft<br />

langen Krankenhausaufenthalte boten die<br />

notwendige Zeit, mit dem Patienten e<strong>in</strong>e<br />

persönliche Beziehung e<strong>in</strong>zugehen. Diese<br />

konnte die manchmal wenig komfortablen<br />

Unterbr<strong>in</strong>gungen kompensieren. Das entstandene<br />

Vertrauensverhältnis hat viele<br />

Patienten ermutigt, die erfor<strong>der</strong>liche Akzeptanz<br />

für se<strong>in</strong>e Verletzung aufzubauen.<br />

Schnelle und gute Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />

Funktion verletzter Extremitäten waren <strong>der</strong><br />

Erfolg. Zuletzt darf die bedeutende, <strong>in</strong> mancherlei<br />

Weise beispielgebende Rolle bei <strong>der</strong><br />

Rehabilitation Verletzter <strong>in</strong> den orthopädisch<br />

geführten, konfessionellen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tene<strong>in</strong>richtungen<br />

nicht vergessen werden<br />

zu erwähnen.<br />

Nach dem 18. März 1978 hat es dann auch<br />

ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse mehr gegeben, die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Mittel für die ausreichende Versorgung<br />

<strong>der</strong> Verletzten je<strong>der</strong> Art <strong>in</strong> voller Höhe<br />

mit den Krankenkassen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorauslaufenden<br />

Planungsprozess auszuhandeln.<br />

Diese Budgetverhandlungen hatten nur<br />

die konfessionellen Krankenhäuser mit <strong>der</strong><br />

Krankenkasse des „Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes“<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zu führen. E<strong>in</strong><br />

Umstand, <strong>der</strong> sich nach <strong>der</strong> Wende auszahlte.<br />

Sie waren mit <strong>der</strong> pr<strong>in</strong>zipiellen Problematik<br />

<strong>der</strong> Budgetverhandlungen vertraut<br />

und konnten ihre Erfahrungen auch an an<strong>der</strong>e<br />

Krankenhäuser weitergeben.<br />

Literatur<br />

1 Helbig W. Evangelischer Krankenhauskongress 98,<br />

Dokumentation, Herne-Wanne 1999<br />

Prof. Dr. S. Grafe<br />

Lise-Meitner-Str. 13<br />

04178 Leipzig<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 25


26<br />

Die mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

K. Sandner, W. Senst, E. Markgraf<br />

Nach <strong>der</strong> bed<strong>in</strong>gungslosen Kapitulation<br />

Hitlerdeutschlands im Mai 1945 wurden<br />

alle bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Gebiet<br />

Deutschland existierenden mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Gesellschaften durch Kontrollratsbeschluss<br />

aufgelöst.<br />

Am 12.5.1947 erteilte die Sowjetische Militäradm<strong>in</strong>istration<br />

<strong>in</strong> Deutschland (SMAD)<br />

den Befehl 124 „Über die Organisation<br />

<strong>der</strong> deutschen wissenschaftlichen mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Gesellschaften“. Dieser Befehl wurde<br />

vom Oberbefehlshaber <strong>der</strong> SMAD, dem<br />

Oberkommandierenden <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungstruppen und Marschall <strong>der</strong> Sowjetunion<br />

W. Sokolowski und vom Chef des<br />

Stabes <strong>der</strong> SMAD, Generalleutnant Tratw<strong>in</strong><br />

unterzeichnet. In diesem Schreiben wurde<br />

die Bildung von mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone gefor<strong>der</strong>t (� Abb. 1).<br />

Für den organisatorischen Aufbau <strong>der</strong> Gesellschaften<br />

wurde gleichzeitig als Paragraph<br />

8 des Befehls e<strong>in</strong> Musterstatut beigefügt.<br />

Im Befehl Nr. 124 <strong>der</strong> SMAD wurden<br />

die Universitätsstädte mit mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fakultäten ausdrücklich <strong>zur</strong> Gründung <strong>der</strong>artiger<br />

mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlicher Gesellschaften<br />

berechtigt und aufgefor<strong>der</strong>t,<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Städten wurden Auflagen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>destzahl von ansässigen<br />

Ärzten (mehr als 25 Ärzte e<strong>in</strong>er gleichen<br />

Fachrichtung) gemacht.<br />

Der für e<strong>in</strong> Jahr von <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

zu wählende Vorstand war vom<br />

Gelehrtenrat bei <strong>der</strong> deutschen Verwaltung<br />

des Gesundheitswesens <strong>in</strong> <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Abb. 1 Befehl Nr.124 <strong>der</strong> SMAD [1]<br />

Besatzungszone (Vorläufer des M<strong>in</strong>isteriums<br />

für Gesundheitswesen) zu bestätigen.<br />

Nach Erlass dieses Befehls wurden im selben<br />

Jahr regionale Gesellschaften von Fachärzten<br />

an den Universitäten gebildet.<br />

In e<strong>in</strong>zelnen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone erfolgte diese Entwicklung<br />

jedoch unterschiedlich. Ende 1949 wurden<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage dieses Befehls 46 mediz<strong>in</strong>ische<br />

Regionalgesellschaften <strong>in</strong> den<br />

Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone<br />

gegründet, wie z. B. die Gesellschaft für Kl<strong>in</strong>ische<br />

Mediz<strong>in</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, die Gesellschaften<br />

für Innere Mediz<strong>in</strong> an den Universitäten<br />

Jena, Leipzig, Greifswald und Rostock und<br />

die Gesellschaft für Innere Mediz<strong>in</strong>, Neurologie,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>heilkunde und Grenzgebiete <strong>in</strong><br />

Sachsen-Anhalt.<br />

Die ersten mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften für Chirurgie wurden<br />

an den Universitäten Berl<strong>in</strong>, Leipzig, Halle,<br />

Jena, Rostock und Greifswald gegründet.<br />

Die Berl<strong>in</strong>er Gesellschaft für Chirurgie<br />

wurde durch Herrn Prof. Dr. Sauerbruch am<br />

27.1.1948 neu unter dem Namen „Chirurgische<br />

Gesellschaft an <strong>der</strong> Universität Berl<strong>in</strong>“<br />

gegründet. Nach dem Mauerbau wurde<br />

die Berl<strong>in</strong>er Gesellschaft für Chirurgie bis<br />

<strong>zur</strong> vollständigen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung im<br />

Jahre 1991 im Ost- und Westteil <strong>der</strong> Stadt <strong>in</strong><br />

zwei Gesellschaftsteilen fortgeführt.<br />

Die wissenschaftliche Gesellschaft für Chirurgie<br />

zu Leipzig wurde 1948 durch Prof. Dr.<br />

Heller <strong>in</strong>s Leben gerufen. Sie hielt bis zum<br />

Jahre 1990 <strong>in</strong>sgesamt 47 wissenschaftliche<br />

Tagungen ab.<br />

1948 wurde auch die Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie,<br />

Urologie, Röntgenologie und Orthopädie an<br />

<strong>der</strong> Universität Leipzig gegründet, die sich<br />

ab 1959 Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche Gesellschaft<br />

für Chirurgie an <strong>der</strong> Universität<br />

Leipzig nannte.<br />

1948 wurde die Gesellschaft für Chirurgie<br />

an <strong>der</strong> Universität Leipzig, Tochtergesellschaft<br />

Dresden gegründet.<br />

Im März 1948 wurde die Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie<br />

an <strong>der</strong> Universität Halle-Wittenberg durch<br />

Prof. Dr. Budde gegründet, die sich dann ab<br />

Anfang <strong>der</strong> 80-er Jahre Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie an <strong>der</strong><br />

Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

nannte.<br />

Bei den jährlich stattf<strong>in</strong>denden Tagungen<br />

wurden stets auch unfallchirurgische Themen<br />

abgehandelt, z. B. referierte im Mai<br />

1963 <strong>der</strong> Nestor <strong>der</strong> österreichischen <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

Prof. Dr. Lorenz Böhler aus Wien<br />

über Oberschenkelfrakturen und im Mai<br />

1979 hielt Prof. Dr. H. Tscherne aus Hannover<br />

das Hauptreferat – „Der polytraumatisierte<br />

Patient“. 1949 wurde als Regionalgesellschaft<br />

auch die Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie im<br />

Lande Sachsen-Anhalt gegründet.<br />

Bereits im Oktober 1947 gründete Prof.<br />

Dr. Guleke die Thür<strong>in</strong>ger-Mediz<strong>in</strong>isch-Wissenschaftliche<br />

Chirurgenvere<strong>in</strong>igung, die<br />

1949 <strong>in</strong> die Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie Thür<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Jena<br />

umbenannt wurde. 1950 nannte sie sich<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Gesellschaft<br />

für Chirurgie an <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-Universität<br />

<strong>in</strong> Jena. Im Jahre 1979 erfolgte auf<br />

Vorschlag und Initiative von Prof. Dr. Usbeck<br />

die Umbenennung <strong>in</strong> „Thür<strong>in</strong>gische Gesellschaft<br />

für Chirurgie“, die auch die Chirurgen<br />

<strong>der</strong> Südbezirke <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Erfurt, Gera und<br />

Suhl mit e<strong>in</strong>bezog. Diese Gesellschaft zeichnete<br />

sich durch e<strong>in</strong>e rege wissenschaftliche<br />

Tätigkeit aus. Jährlich fanden zwei Tagungen<br />

jeweils im Frühjahr und Herbst statt.<br />

1948 wurden auch die mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften für Chirurgie<br />

an den Universitäten <strong>in</strong> Rostock und<br />

Greifswald gegründet.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Mitglie<strong>der</strong>zahl<br />

wurden 1959 die Chirurgen bei<strong>der</strong> Universitäten<br />

<strong>in</strong> den Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften für Chirurgie an den<br />

Universitäten Rostock und Greifswald zusammengefasst.<br />

Mitglie<strong>der</strong> konnten die<br />

Chirurgen von Mecklenburg-Vorpommern<br />

und die <strong>der</strong> übrigen 11 Bezirke <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> werden.<br />

1968 erfolgte die Umbenennung <strong>in</strong> die<br />

Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Chirurgen <strong>der</strong> beiden Nordbezirke<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.<br />

Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Gesellschaften<br />

für Chirurgie existierten ferner an<br />

<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Akademie Carl-Gustav-<br />

Carus Dresden seit 1962, an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie <strong>in</strong> Erfurt und an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie <strong>in</strong> Magdeburg.<br />

Außerdem gab es e<strong>in</strong>e Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche<br />

Gesellschaft für Chirurgie<br />

des Bezirkes Karl-Marx-Stadt.<br />

Die von den Chirurgengesellschaften organisierten<br />

wissenschaftlichen Tagungen <strong>der</strong><br />

Regionalgesellschaften dienten <strong>zur</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

des wissenschaftlichen Nachwuchses,<br />

<strong>zur</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> praktischen und wissenschaftlichen<br />

Anliegen <strong>der</strong> Chirurgie und <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung wissenschaftlicher Forschung<br />

und Studien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgie.<br />

Jüngere Fachkollegen hatten hier die<br />

Möglichkeit Vorträge zu halten und sich<br />

wissenschaftlich zu profilieren.<br />

Die Chirurgengesellschaften fühlten sich<br />

mitverantwortlich für die Arbeit und Qualität<br />

<strong>der</strong> Fachkommissionen, die u. a. die Facharztprüfungen<br />

durchzuführen hatten.<br />

Nach <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> Mauer <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> im<br />

Jahre 1961 erfolgte e<strong>in</strong> systematischer Aufbau<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ungestört und zielgerichtet.<br />

Am 5.5.1962 wurde die Gesellschaft<br />

für Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als Dachgesellschaft<br />

für die kl<strong>in</strong>ischen Fächer gegründet.<br />

Zunächst bestanden 5 Dachgesell schaften<br />

– Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong>, Experimen telle<br />

Mediz<strong>in</strong>, Gesamte Hygiene, Stomatologie,<br />

Pharmazie – später kam noch die Militärmediz<strong>in</strong><br />

h<strong>in</strong>zu (� Abb. 2).<br />

Kl<strong>in</strong>ische<br />

Mediz<strong>in</strong><br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium<br />

Rev. Komm.<br />

R<br />

B G<br />

9<br />

K<br />

F G<br />

35<br />

B G<br />

11 fachl. Glied.<br />

ohne: 7<br />

mit: 28<br />

Unterstellung<br />

Zuordnung<br />

Zusammenwirken<br />

Koord<strong>in</strong>ierung<br />

Experimentelle<br />

Mediz<strong>in</strong><br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium K<br />

Rev. Komm.<br />

R<br />

B G<br />

3<br />

F G<br />

12<br />

fachl. Glied.<br />

ohne:<br />

mit:<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsrat<br />

Kommissionen<br />

Dachgesellschaften<br />

Gesamte<br />

Hygiene<br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium<br />

Rev. Komm.<br />

Bedeutende Fortschritte für die Präzisierung<br />

<strong>der</strong> Aufgabenstellung und die Perspektive<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften wurden durch die Realisierung<br />

<strong>der</strong> „Verordnung <strong>zur</strong> Registrierung von<br />

Vere<strong>in</strong>en“ vom 9.11.1967 (GBl. II/1967, S.86)<br />

erreicht.<br />

Die staatliche Verantwortung für die<br />

Tätigkeit und Entwicklung <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischwissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

wurde mit Wirkung vom 1.7.1969 dem<br />

„Generalsekretariat <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften“ beim M<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheitswesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

übertragen.<br />

Das Generalsekretariat hatte folgende Aufgaben:<br />

– die Planung und Organisation des Kongresswesens<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Planung und Realisierung <strong>der</strong> Teilnahme<br />

von Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> an<br />

wissenschaftlichen Veranstaltungen im<br />

Ausland e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Arbeit nach <strong>der</strong><br />

BRD und Westberl<strong>in</strong><br />

M<strong>in</strong>ister und<br />

M<strong>in</strong>isterium für<br />

Gesundheitswesen<br />

Sekretariat<br />

KR<br />

Generalsekretariat<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischwissenschaftlichen<br />

Gesellschaften<br />

beim<br />

M<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheitswesen<br />

– die Organisierung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Arbeit sowie die Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben<br />

<strong>in</strong> und gegenüber <strong>in</strong>ternationalen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Gesellschaften sowie<br />

– die Publikationstätigkeit und Profilierung<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Zeitschriften.<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>isterratsbeschlusses<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vom 7.5.1969 wurde am<br />

21.10.1969 <strong>in</strong> Potsdam <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsausschuss<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> gegründet,<br />

dessen Mitglie<strong>der</strong> durch das M<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheitswesen ernannt wurden.<br />

Die Verb<strong>in</strong>dung zum M<strong>in</strong>isterium stellte<br />

<strong>der</strong> Direktor des Generalsekretariats <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

beim M<strong>in</strong>isterium dar (� Abb. 3).<br />

Die Gesellschaft für Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> glie<strong>der</strong>te sich <strong>in</strong> 35 Fachgesellschaften<br />

und 9 selbstständige regionale Gesellschaften.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 27<br />

4<br />

8<br />

B G<br />

0<br />

K<br />

F G<br />

8<br />

fachl. Glied.<br />

ohne:<br />

mit:<br />

1<br />

7<br />

Stomatologie<br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium K<br />

Rev. Komm.<br />

B G<br />

11<br />

F G<br />

6<br />

fachl. Glied.<br />

ohne:<br />

mit:<br />

6<br />

0<br />

Pharmazie<br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium K<br />

Rev. Komm.<br />

B G<br />

8<br />

F G<br />

4<br />

fachl. Glied.<br />

ohne:<br />

mit:<br />

Abb. 2 Die Struktur <strong>der</strong> wissenschaftlich-mediz<strong>in</strong>ischen Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> [3]<br />

2<br />

2<br />

Militär-<br />

Mediz<strong>in</strong><br />

Deleg. Konf.<br />

Präsidium<br />

Rev. Komm.<br />

B G<br />

7<br />

K<br />

F G<br />

8<br />

fachl. Glied.<br />

ohne:<br />

mit:<br />

4<br />

4


28<br />

M<strong>in</strong>isterium<br />

für Hoch- u.<br />

Fachschulwesen<br />

Mediz<strong>in</strong><br />

Akademie d.<br />

Wissenschaften<br />

Molekularbiologie<br />

u. Mediz<strong>in</strong><br />

MHF-E<strong>in</strong>richtungen<br />

Rat für<br />

Planung und<br />

Koord<strong>in</strong>ierung<br />

<strong>der</strong> mediz.<br />

Wissenschaften<br />

Die Gesellschaft für Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> umfasste<br />

– die Gesellschaft für Arbeitsmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>,<br />

– die Gesellschaft für Altersforschung <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>,<br />

– die Gesellschaft für Anästhesiologie und<br />

Reanimation <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

– die Gesellschaft <strong>der</strong> Augenärzte <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

– die Gesellschaft für Bronchiologie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>.<br />

Die Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> umfasste<br />

7 Sektionen:<br />

– Sektion Polikl<strong>in</strong>ische Chirurgie,<br />

– Sektion Experimentelle Chirurgie,<br />

– Sektion Herz- und Gefäßchirurgie,<br />

– Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie,<br />

– Sektion Plastische- und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie,<br />

– Sektion Thoraxchirurgie und die<br />

– Sektion Traumatologie<br />

M<strong>in</strong>isterrat <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

staatliche<br />

Plankommission<br />

M<strong>in</strong>ister und M<strong>in</strong>isterium<br />

für Gesundheitswesen<br />

General-Sekretariat<br />

d. mediz.-wissenschaftl.<br />

Gesellschaften beim<br />

M. f. Ge. <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Koord<strong>in</strong>ierungsrat<br />

<strong>der</strong> mediz.-wissenschaftl.<br />

Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Kommissionen<br />

Präsidien <strong>der</strong> Dachgesellschaften<br />

I II III IV V VI<br />

ADW-E<strong>in</strong>richtungen<br />

Praxis des Gesundheitsschutzes <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

übrige<br />

zentrale<br />

staatliche<br />

Organe<br />

Akademie<br />

für ärztliche<br />

Fortbildg.<br />

d. <strong>DDR</strong><br />

Unterstellung<br />

Zuordnung<br />

Zusammenwirken<br />

Koord<strong>in</strong>ierung<br />

übrige dem<br />

M. f. Ge.<br />

nachgeordnete<br />

E<strong>in</strong>richtungen<br />

örtliche Organe<br />

<strong>der</strong> Staatsmacht<br />

Abt. Gesundheitsund<br />

Sozialwesen<br />

staatl. Gesundheits-<br />

E<strong>in</strong>richtungen<br />

Abb. 3 Die Organisation <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen Gesellschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und ihre<br />

gesellschaftlichen Verb<strong>in</strong>dungen [3]<br />

Die Sektion Traumatologie unterglie<strong>der</strong>te<br />

sich wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> 5 Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften:<br />

– Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Knochenbruchbehandlung,<br />

– Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Unfallprophylaxe<br />

und Erste chirurgische Hilfe,<br />

– Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Thermische und<br />

komb<strong>in</strong>ierte Schädigungen,<br />

– Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

und die<br />

– Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Rehabilitation und<br />

Begutachtung.<br />

Außerdem existierten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Gefäßchirurgie,<br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Herzchirurgie,<br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Hospitalismus,<br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Tumorchirurgie<br />

im K<strong>in</strong>desalter,<br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Chirurgie des<br />

Harntrakts im K<strong>in</strong>desalter und<br />

– die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Prognosefragen.<br />

Bezirksgesellschaften <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bestanden <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Dresden,<br />

Gera, Halle, Karl-Marx-Stadt, Leipzig,<br />

Potsdam und Rostock:<br />

– die Dermatologische Gesellschaft <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Endokr<strong>in</strong>ologie und<br />

Stoffwechselkrankheiten <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Gastroenterologie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Geschwulstbekämpfung<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Hämatologie und<br />

Bluttransfusion <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für kl<strong>in</strong>ische und experimentelle<br />

Immunologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Innere Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Kardiologie und Angiologie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Lungenkrankheiten<br />

und Tuberkulose <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Mediz<strong>in</strong>ische Mykologie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Nephrologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Neurochirurgie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Neuro-Elektrodiagnostik<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Neuropathologie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Orthopädie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Osteologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Otorh<strong>in</strong>olaryngologie<br />

und cervicofaciale Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Pädiatrie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für per<strong>in</strong>atale Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Physiotherapie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Ärztliche Psychotherapie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für mediz<strong>in</strong>ische Radiologie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Rheumatologie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Sportmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Ultraschalldiagnostik<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Gesellschaft für Urologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– die Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Gesellschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zum Studium <strong>der</strong> aktuellen<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

Zu den selbstständigen regionalen Gesellschaften<br />

gehörten<br />

– die Mediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft <strong>der</strong> Bezirke<br />

Cottbus und Frankfurt/O<strong>der</strong><br />

– die Mediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft Magdeburg<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


– die Mediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft des Bezirkes<br />

Potsdam<br />

– die Mediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft Rostock<br />

– die Mediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft Zwickau<br />

– die Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Gesellschaft<br />

an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Akademie<br />

Erfurt<br />

– die Gesellschaft <strong>der</strong> Ärzte des Bezirkes<br />

Gera<br />

– <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ische Vere<strong>in</strong> Greifswald<br />

– die Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche Gesellschaft<br />

Eichsfel<strong>der</strong> Ärzte<br />

Zu den weiteren Dachgesellschaften<br />

(� Abb. 2) gehörten<br />

– die Gesellschaft für Experimentelle Mediz<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit 12 Subgesellschaften<br />

– die Gesellschaft für die gesamte Hygiene<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit 8 Subgesellschaften<br />

– die Gesellschaft für Stomatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

mit 6 Subgesellschaften<br />

– die Pharmazeutische Gesellschaft <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

mit 4 Subgesellschaften<br />

– die Gesellschaft für Militärmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

Publikationsorgane waren:<br />

– Das deutsche Gesundheitswesen (Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit)<br />

– <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> Orthopädie und Traumatologie<br />

(Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit)<br />

– Mediz<strong>in</strong> und Sport (Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk<br />

und Gesundheit)<br />

– Zeitschrift für die gesamte Innere Mediz<strong>in</strong><br />

und ihre Grenzgebiete (Leipzig: VEB Georg<br />

Thieme)<br />

– Zentralblatt für Chirurgie (Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth)<br />

– Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung (Jena:<br />

VEB Gustav-Fischer-Verlag)<br />

– Zeitschrift für experimentelle Chirurgie<br />

und chirurgische Forschung (Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Verlag Volk und Gesundheit) Band 1/1968<br />

– Band 9/1976<br />

– Zeitschrift für experimentelle Chirurgie,<br />

Transplantation und künstliche Organe<br />

(Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit)<br />

Band 10/1977 – Band 23/1990<br />

Das Zentralblatt für Chirurgie war das wichtigste<br />

Publikationsorgan <strong>der</strong> Ostdeutschen<br />

Chirurgen.<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Alter deutscher Tradition entsprechend<br />

dom<strong>in</strong>ierte <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> lange Zeit, wie <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> BRD auch, die „große Chirurgie“ und<br />

damit <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>chirurg als „Chef“. Am<br />

Knochen „hart“ zu operieren galt vielerorts<br />

gegenüber <strong>der</strong> Weichteilchirurgie als weniger<br />

anspruchsvoll. Das traumatologische<br />

Krankengut wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auf e<strong>in</strong>er<br />

Unfallstation zusammengefasst, die meist<br />

von e<strong>in</strong>em Oberarzt geleitet wurde. Auf<br />

Budget und personelle Besetzung hatte<br />

dieser kaum E<strong>in</strong>fluss. Die Assistenten „rotierten“<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Weiterbildung zum<br />

Facharzt für Chirurgie. Selbst an größeren<br />

Kl<strong>in</strong>iken zählte im Bereitschaftsdienst die<br />

Behandlung verunfallter Patienten, bis h<strong>in</strong><br />

<strong>zur</strong> Schädeltrepanation, <strong>zur</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

Dienstaufgabe. E<strong>in</strong> spezieller unfallchirurgischer<br />

H<strong>in</strong>tergrunddienst war bis <strong>in</strong> die<br />

70er Jahre die Ausnahme.<br />

Nur <strong>in</strong> wenigen Krankenhäusern wurde auf<br />

die wachsende Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

für die mediz<strong>in</strong>ische Versorgung frühzeitig<br />

reagiert und ihr <strong>der</strong> entsprechende<br />

Status e<strong>in</strong>geräumt. So entstanden neben<br />

<strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>chirurgie an kommunalen<br />

Häusern selbstständige Kl<strong>in</strong>iken für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Friedrichsha<strong>in</strong> 1956,<br />

Berl<strong>in</strong>-Köpenick 1961, Karl-Marx-Stadt 1968<br />

(die „Zschopauer-Straße“), Cottbus 1971,<br />

Zwickau 1975, Dessau 1975. Den Bereitschaftsdienst<br />

sicherte hier zumeist e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Team aus Allgeme<strong>in</strong>- und Unfallchirurgen<br />

ab.<br />

Unter dem Druck steigen<strong>der</strong> Unfallzahlen<br />

und Unfallschwere <strong>in</strong> den 70er Jahren erlangte<br />

die <strong>Unfallchirurgie</strong> auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

e<strong>in</strong>e größere Aufmerksamkeit. Außerdem<br />

musste den großen Fortschritten <strong>der</strong> operativen<br />

Knochenbruchbehandlung Rechnung<br />

getragen werden. Die 1958 gegründete<br />

Schweizerische Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für<br />

Osteosynthesefragen (SAO) hatte durch<br />

die Neuentwicklung und technische Perfektionierung<br />

von Instrumentarien und<br />

Implantaten, durch Grundlagenforschung,<br />

systematische Ergebniskontrollen sowie<br />

Schulungskurse für Ärzte und Operationsschwestern<br />

große Erfolge und weltweite<br />

Ausstrahlung erlangt. Das konnte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> nicht unbeachtet bleiben. Hier trugen<br />

die Aktivitäten von E. San<strong>der</strong>, Halle, wesentlich<br />

zu e<strong>in</strong>er Entwicklung bei, welche die<br />

E<strong>in</strong>führung und Verbreitung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

operativen Knochenbruchbehandlung zum<br />

Ziele hatte. Jetzt wurden auch mehr staatliche<br />

Mittel für Importe aus dem westlichen<br />

Ausland bereitgestellt.<br />

Mit <strong>der</strong> besseren technischen Ausrüstung<br />

stieg beson<strong>der</strong>s an den Hochschulkl<strong>in</strong>iken<br />

und Bezirkskrankenhäusern die Zahl unfallchirurgischer<br />

Operationen weiter an. Die<br />

technischen Voraussetzungen erlaubten<br />

anspruchsvollere E<strong>in</strong>griffe, zum Beispiel die<br />

operative Stabilisierung von Frakturen des<br />

Beckens und <strong>der</strong> Wirbelsäule o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gelenkersatz.<br />

Die <strong>Unfallchirurgie</strong> erfuhr e<strong>in</strong>e<br />

allgeme<strong>in</strong>e Aufwertung.<br />

In den 80er Jahren entstanden an den Chirurgischen<br />

Universitäts- und Akademiekl<strong>in</strong>iken<br />

unfallchirurgische Abteilungen mit<br />

weitgehen<strong>der</strong> Selbstständigkeit <strong>in</strong> Lehre,<br />

Wissenschaft und Praxis. Für die Leiter<br />

eröffnete sich die Perspektive e<strong>in</strong>es Lehrstuhles<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong>. Die ordentlichen<br />

Professuren waren zwar fachbezogen ausgewiesen,<br />

blieben aber <strong>der</strong> Grundfachrichtung<br />

Chirurgie zugeordnet. Zum Professor<br />

für Chirurgie/Traumatologie wurden zum<br />

Beispiel berufen: R. Henke, Erfurt, 1981; G.<br />

Hildebrandt, Berl<strong>in</strong>-Charité, 1983; H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch,<br />

Leipzig, 1984; E. Schenk, Magdeburg,<br />

1985. Den ersten Lehrstuhl für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

an e<strong>in</strong>er deutschen Hochschule<br />

richtete Prof. Dr. Walter Schmitt bereits im<br />

Jahre 1965 <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> Universität Rostock<br />

e<strong>in</strong>. Erster Inhaber dieses Lehrstuhls war H.<br />

Brückner, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> führenden Traumatologen<br />

sowie plastischen und plastisch-rekonstruktiven<br />

Chirurgen dieser Zeit. Se<strong>in</strong>e<br />

kl<strong>in</strong>ischen Nachfolger waren die Dozenten<br />

Dr. D. Ansorge und Dr. H. Tröger.<br />

An den Chirurgischen Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong> Bezirkskrankenhäuser<br />

und <strong>der</strong> größeren Kreiskrankenhäuser<br />

vollzog sich e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />

Entwicklung <strong>der</strong> unfallchirurgischen Spezialisierung.<br />

Unfallchirurgische Oberärzte<br />

erhielten mehr Selbstständigkeit. Die personelle<br />

Hoheit und e<strong>in</strong> eigenes Budget wurden<br />

ihnen allerd<strong>in</strong>gs nicht zugestanden.<br />

Trotzdem bedeutete dieser Status für die<br />

Oberärzte – zumeist gestandene, allseitig<br />

ausgebildete Chirurgen und häufig die Vertreter<br />

des Chefarztes – e<strong>in</strong>e sichere Perspektive<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung und vor allem e<strong>in</strong>en<br />

großen mediz<strong>in</strong>ischen Fortschritt im territorialen<br />

Betreuungsbereich.<br />

Relativ früh reagierten das M<strong>in</strong>isterium für<br />

Gesundheitswesen und die ihm nachgeordnete<br />

Akademie für Ärztliche Fortbildung. Ab<br />

1974 galt die Anweisung <strong>zur</strong> Subspezialisierung.<br />

Fachärzte für Innere Mediz<strong>in</strong> (Diabetologie<br />

– Gastroenterologie – Kardiologie/<br />

Angiologie - Nephrologie – Rheumatologie),<br />

Pharmakologie (Kl<strong>in</strong>ische Pharmakologie)<br />

und Chirurgie (Herz- und Gefäßchirurgie,<br />

Traumatologie) konnten e<strong>in</strong>e Subspezialisierung<br />

aufnehmen (s. Kapitel 7: „Fort- und<br />

Weiterbildung“). Mit dieser Subspezialisierung<br />

sollte e<strong>in</strong>er überzogenen Verselbstständigung<br />

und Abspaltung spezialisierter<br />

Bereiche aus dem jeweiligen „Mutterfach“<br />

begegnet werden. Denn die Vertreter dieser<br />

Fachgebiete strebten oft e<strong>in</strong>e eigene Fachrichtung<br />

an, nicht zuletzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> durchaus<br />

berechtigten Hoffnung, <strong>in</strong> personeller und<br />

technischer H<strong>in</strong>sicht besser ausgestattet<br />

zu werden. Allgeme<strong>in</strong> jedoch wurde damals<br />

diese Regelung <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 29


30<br />

als Fortschritt begrüßt, da mit dem zuvor<br />

erworbenen Facharzt die solide fachliche<br />

Grundlage bei weiterer Spezialisierung gewahrt<br />

blieb.<br />

Die Rahmen-Krankenhausordnung (RKO)<br />

vom 14.11.1979 trug <strong>der</strong> wachsenden Bedeutung<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> schon Rechnung.<br />

Für Krankenhäuser mit erweiterter<br />

Aufgabenstellung, das heißt mit überkreislichen<br />

und über die Grundbetreuung<br />

h<strong>in</strong>ausgehenden Aufgaben, wurde e<strong>in</strong>e<br />

Fachabteilung für <strong>Unfallchirurgie</strong> gefor<strong>der</strong>t.<br />

Für größere Häuser <strong>der</strong> spezialisierten und<br />

hochspezialisierten Betreuung war e<strong>in</strong>e Abteilung<br />

Traumatologie ebenfalls gefor<strong>der</strong>ter<br />

Standard <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Chirurgie. Der Grad<br />

an Selbstständigkeit <strong>der</strong> Unfallabteilungen<br />

wird <strong>in</strong> dieser Rahmenordnung allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht näher bezeichnet.<br />

An den Hochschulen und <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>flussreichen<br />

Gremien <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> überwog die kritische Haltung<br />

gegenüber e<strong>in</strong>er absoluten Verselbstständigung<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>. Die diesbezüglichen<br />

Bemühungen zahlreicher Traumatologen<br />

hatten deshalb ke<strong>in</strong>en Erfolg. Bis zum<br />

Ende <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wurden an den Universitäten<br />

und Akademien ke<strong>in</strong>e selbstständigen Kl<strong>in</strong>iken<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong> e<strong>in</strong>gerichtet, und<br />

an den Bezirkskrankenhäusern kamen nach<br />

1975 ke<strong>in</strong>e eigenständigen Unfallkl<strong>in</strong>iken<br />

mehr h<strong>in</strong>zu. Begründet wurde diese Strategie<br />

unter an<strong>der</strong>em mit dem Argument, dass<br />

die optimale Behandlung des Polytraumas<br />

und an<strong>der</strong>er komplizierter Verletzungen e<strong>in</strong>e<br />

breite Kompetenz <strong>der</strong> Traumatologen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Grundfachrichtung Chirurgie und die Vorteile<br />

e<strong>in</strong>er strukturierten Kl<strong>in</strong>ik unter e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

Dach voraussetze. Im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

herrschte Übere<strong>in</strong>stimmung dar<strong>in</strong>, dass<br />

die Behandlung e<strong>in</strong>es Mehrfachverletzten<br />

zwar e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Aufgabe darstelle,<br />

aber die Koord<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Behandlungsmaßnahmen<br />

und damit die letzte<br />

Verantwortung beim Unfallchirurgen liege.<br />

Die Verantwortung für die vitalen Funktionen<br />

obliege dabei dem Anästhesisten. Um<br />

dieser Aufgabe gerecht werden zu können,<br />

brauche <strong>der</strong> Traumatologe die Integration <strong>in</strong><br />

die Breite des chirurgischen Faches.<br />

Es ist erstaunlich, dass die offensichtliche<br />

Dynamik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Traumatologie des Stütz-<br />

und Bewegungsapparates und die sich<br />

schon <strong>in</strong> den 70er Jahren abzeichnende<br />

unaufhaltsame weitere Spezialisierung vielerorts<br />

nicht erkannt o<strong>der</strong> nicht gebührend<br />

beachtet wurde. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Grundlagenforschung<br />

<strong>zur</strong> Knochenbruchheilung,<br />

die systematischen kl<strong>in</strong>ischen Ergebniskontrollen,<br />

nicht zuletzt die metallurgischen<br />

Studien hatten neue Perspektiven eröffnet.<br />

Neue Osteosyntheseverfahren und Instrumentarien,<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl spezieller und gewebsverträglicher<br />

Implantate waren das<br />

Ergebnis. Es war jetzt e<strong>in</strong>e „<strong>in</strong>dividualisierte<br />

Osteosynthese“ möglich, die neben <strong>der</strong><br />

Frakturlokalisation und Frakturform auch<br />

Alter, Zustand und zum Teil sogar Wünsche<br />

des Patienten berücksichtigen konnte. Die<br />

operative Rekonstruktion und Stabilisierung<br />

von Hüftpfannenbrüchen, Beckenbrüchen,<br />

Frakturen und Luxationen <strong>der</strong> Wirbelsäule<br />

war auf dem Wege <strong>zur</strong> Rout<strong>in</strong>e. Krankenhausaufenthalt<br />

und Behandlungszeit<br />

wurden verkürzt, Behandlungskomfort<br />

und Endresultate verbessert. Die Wie<strong>der</strong>erlangung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit im erlernten<br />

Beruf und selbst die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> Sportfähigkeit als Behandlungsziel war<br />

ke<strong>in</strong>e illusionäre Vorstellung mehr. Neue<br />

Arbeitsrichtungen und Spezialisierungen<br />

(Endoskopische E<strong>in</strong>griffe, mikrochirurgische<br />

E<strong>in</strong>griffe unter Verwendung des Ope-<br />

rationsmikroskops) waren zwar noch auf<br />

Zentren begrenzt, e<strong>in</strong>e schnelle Ausweitung<br />

<strong>zur</strong> Rout<strong>in</strong>e zeichnete sich aber bereits ab.<br />

Nicht zuletzt s<strong>in</strong>d die Erfolge e<strong>in</strong>er wichtigen<br />

Säule <strong>der</strong> AO zu nennen: die systematischen<br />

Schulungen von Ärzten und Schwestern.<br />

Die angesichts dieser Entwicklung folgerichtige<br />

Aufbruchstimmung unter den Unfallchirurgen<br />

fand vonseiten <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong><br />

„großen Chirurgie“, wie retrospektiv kritisch<br />

festzustellen ist, zu wenig Beachtung, und<br />

das sowohl an den Hochschulen als auch<br />

den kommunalen Häusern. Die Struktur<br />

<strong>der</strong> chirurgischen Kl<strong>in</strong>iken und Status <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> än<strong>der</strong>ten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

selbst <strong>in</strong> den 80er Jahren noch nicht.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass<br />

das traumatologische Leistungsprofil <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> im Großen und Ganzen dem <strong>in</strong>ternationalen<br />

Stand entsprach. Persönlicher E<strong>in</strong>satz<br />

und Initiative vieler Unfallchirurgen,<br />

wissenschaftliches Engagement im staatlichen<br />

Gesundheitswesen, die wissenschaftliche<br />

Gesellschaft mit ihren Arbeitsgruppen,<br />

die Kontakte zu ausländischen Kollegen<br />

<strong>in</strong> Ost und West, hatten zum erreichten<br />

Niveau beigetragen. Allerd<strong>in</strong>gs war dieser<br />

Stand vorwiegend auf größere Kl<strong>in</strong>iken beschränkt.<br />

Mancherorts erreichten die Ergebnisse<br />

noch nicht das <strong>in</strong>ternationale Niveau.<br />

So war als Folge <strong>der</strong> baulichen E<strong>in</strong>schränkungen<br />

die Infektionsrate relativ hoch.<br />

Die anstehenden Strukturän<strong>der</strong>ungen blieben<br />

<strong>der</strong> Zeit nach 1990 vorbehalten.<br />

Literatur<br />

1. Deutsches Gesundheitswesen 1947; 14<br />

2. Horn H, Abe R. Die Mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche<br />

Gesellschaft an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen Akademie Erfurt<br />

– <strong>Geschichte</strong>, Traditionen, Perspektiven. <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Universität Erfurt (1975–1978); 18<br />

3. Matthes T, Rohland L, Spaar H. Die mediz<strong>in</strong>ischwissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.<br />

<strong>Geschichte</strong> – Funktion – Aufgaben. Teil I und II.<br />

2. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1981<br />

4. Rühland D, Eigler FW. Die regionalen Chirurgenvere<strong>in</strong>igungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Oberhausen: Verlag<br />

Karl Maria Laufen; 1999<br />

5. Schoenemann J. Das Gesundheitswesen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Chirurgie 2005; 1: 53–61<br />

6. Zaage J. Bericht über den 2. Mitteldeutschen Chirurgenkongress<br />

vom 23.9. bis 25.9.2004 <strong>in</strong> Leipzig.<br />

Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Chirurgie 2005; 1: 74<br />

7. 25 Jahre <strong>DDR</strong> – 25 Jahre Entwicklung <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: Koord<strong>in</strong>ierungsrat d. Med. –<br />

Wiss. Gesellschaften d. <strong>DDR</strong>; 1974<br />

Prof. Dr. K. Sandner<br />

Rohrbacher Str. 18<br />

08258 Markneukirchen/Sachsen<br />

OT Landwüst<br />

Prof. Dr. W. Senst<br />

Wildenbruch Str. 5a<br />

15230 Frankfurt/O<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Fort- und Weiterbildung<br />

K. Welz<br />

Grundlagen und Ziele<br />

Mitte <strong>der</strong> 50er und während <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts erlebte e<strong>in</strong>e<br />

Reihe bis dah<strong>in</strong> von den Auswirkungen des<br />

2. Weltkrieges geprägten Staaten im zentralen<br />

Europa nicht nur e<strong>in</strong> nachhaltiges Erstarken<br />

ihrer Wirtschaft, darüber h<strong>in</strong>aus trugen<br />

auch mediz<strong>in</strong>technischer Aufschwung und<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Zusammenwirken<br />

zahlreicher Wissenschaftszweige spürbare<br />

Früchte. Sie spiegelten sich <strong>in</strong> recht bedeutsamen<br />

Fortschritten <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Praxis<br />

wie<strong>der</strong>. Sie wurden – wie auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Fachgebieten – gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Chirurgie von e<strong>in</strong>er rasanten Entwicklung<br />

zahlreicher Spezialdiszipl<strong>in</strong>en, wie Thorax-,<br />

Herz- und Gefäß-, Transplantations- und<br />

schließlich gerade auch <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

begleitet. Gerade letztere konnte sich an<br />

beachtenswerten Forschritten <strong>in</strong> Diagnostik,<br />

Therapie und Rehabilitation orientieren,<br />

wenngleich Niveauunterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> materiellen<br />

Basis zwischen westlich ausgerichteten<br />

und Ostblockstaaten unübersehbar<br />

waren.<br />

Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> bedeuteten<br />

die für die Knochenbruchbehandlung revolutionierenden<br />

Behandlungskonzepte <strong>der</strong><br />

Schweizer AO – durch neue Erkenntnisse<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Grundlagenforschung und e<strong>in</strong>e bisher<br />

beispiellose technische Basis – e<strong>in</strong>e<br />

beachtliche Erweiterung des Behandlungsspektrums<br />

und e<strong>in</strong>e glänzende fachliche<br />

Perspektive. Sie hatte <strong>in</strong> Deutschland zu<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 40er Jahre des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

durch Gerhard Küntschers bahnbrechendes<br />

Konzept <strong>der</strong> Markraumnagelung<br />

e<strong>in</strong>en nicht zu unterschätzenden Vorlauf<br />

erfahren.<br />

In entsprechenden Fachgremien Ostdeutschlands<br />

wuchs mit Ende <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

die Erkenntnis, dass <strong>der</strong> objektive Prozess<br />

mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlicher und technischer<br />

Fortschritte sowie die offensichtlichen<br />

Trends e<strong>in</strong>er Spezialisierung mit Arbeitsteilung<br />

auf zahlreichen mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fachgebieten nicht nur Vorteile für die<br />

mediz<strong>in</strong>ische Patientenbetreuung, son<strong>der</strong>n<br />

zwangsläufig Auswirkungen auf e<strong>in</strong>e postgraduale<br />

Weiterbildung <strong>der</strong> Fachärzte nach<br />

sich ziehen musste, um die Vorteile für die<br />

mediz<strong>in</strong>ische Patientenbetreuung <strong>in</strong> dem<br />

nun gebotenen Umfang zu sichern.<br />

Wie zunächst <strong>in</strong> <strong>der</strong> postgradualen Weiterbildung<br />

von Internisten, Frauen- und<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>ärzten waren den verantwortlichen<br />

zentralen Gremien des M<strong>in</strong>isteriums für<br />

Gesundheitswesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und <strong>der</strong> dazu<br />

beauftragten Akademie für ärztliche Fortbildung,<br />

die bereits im Dezember 1954<br />

statutengemäß den Hochschulen gleichgestellt<br />

worden war, die Spezialisierung<br />

von <strong>in</strong>teressierten Fachärzten für Chirurgie<br />

zu hochqualifizierten Unfallchirurgen e<strong>in</strong><br />

notwendiges gesellschaftliches Anliegen.<br />

Es wurde von <strong>der</strong> Überzeugung bestimmt,<br />

dass e<strong>in</strong>e schwerpunktmäßige und spezialisierte<br />

fachärztliche Betätigung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

e<strong>in</strong>e unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung<br />

für e<strong>in</strong>e Optimierung <strong>der</strong> Behandlung<br />

Verletzter darstellte. Die wissenschaftlich<br />

technische Entwicklung hatte bereits Ende<br />

<strong>der</strong> 60er Jahre und Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre<br />

e<strong>in</strong>e zunehmende Arbeitsteilung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Fachrichtung Chirurgie erkennen lassen. Daraus<br />

resultierte u. a. auch e<strong>in</strong>e Profilierung<br />

von unfallchirurgischen Abteilungen an<br />

chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>iken und an<br />

den damaligen Bezirkskrankenhäusern <strong>der</strong><br />

16 Bezirke <strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong>. Mit Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> 70er Jahre existierten darüber h<strong>in</strong>aus<br />

e<strong>in</strong>e Reihe organisatorisch eigenständiger<br />

unfallchirurgischer Kl<strong>in</strong>iken am Städtischen<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Berl<strong>in</strong>-Friedrichsha<strong>in</strong>, Berl<strong>in</strong>-Köpenick<br />

sowie den Bezirkskrankenhäusern<br />

Cottbus, Dessau und Karl-Marx-Stadt.<br />

Um generell territorial flächendeckend die<br />

Qualität <strong>der</strong> unfallmediz<strong>in</strong>ischen Betreuung<br />

– wie übrigens auch <strong>in</strong> den schon aufgezeigten<br />

übrigen Grundfachrichtungen<br />

– steigern zu können wurde mit zunächst<br />

15 Subspezialisierungsrichtungen <strong>der</strong> rechtliche<br />

Rahmen postgradualer Weiterbildung<br />

durch die Anordnung Nr. 2 vom 23.05.1974<br />

(Gesetzblatt 1/1974/12) über die Weiterbildung<br />

<strong>der</strong> Ärzte und Zahnärzte <strong>zur</strong> Subspezialisierung<br />

abgesteckt.<br />

Die damaligen Zielstellungen geregelter<br />

Subspezialisierungen seien <strong>in</strong> folgenden<br />

Leitsätzen zusammengefasst:<br />

– Wie auch <strong>in</strong> weiteren Fachbereichen galt<br />

es, das „Mutterfach“ Chirurgie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>heit zu erhalten und e<strong>in</strong>er drohenden<br />

Zersplitterung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl expandieren<strong>der</strong><br />

chirurgischer Fachdiszipl<strong>in</strong>en<br />

durch e<strong>in</strong>e geregelte postgraduale Weiterbildung<br />

(Voraussetzung FA f. Chirurgie)<br />

E<strong>in</strong>halt zu gebieten und sie übersehbar zu<br />

regulieren.<br />

– E<strong>in</strong>er generellen Selbstständigkeit <strong>der</strong><br />

Subspezialisierungsgebiete wurde bewusst<br />

mit <strong>der</strong> sogenannten Bezeichnung<br />

„Subspezialisierung“ begegnet, um dadurch<br />

die Zugehörigkeit <strong>zur</strong> Grundfachrichtung<br />

Chirurgie zu unterstreichen.<br />

– E<strong>in</strong>e Subspezialisierung „Traumatologie“<br />

(gesetzlich festgelegte Bezeichnung für<br />

die spezialisierte <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

damaligen <strong>DDR</strong>) wurde als Grundlage <strong>der</strong><br />

Optimierung e<strong>in</strong>er Versorgung Verletzter<br />

erachtet und damit zugleich e<strong>in</strong>e Voraussetzung<br />

für die Sicherung e<strong>in</strong>es Netzes<br />

flächendecken<strong>der</strong> personeller Kapazitäten<br />

<strong>zur</strong> qualifizierten unfallmediz<strong>in</strong>ischen Betreuung<br />

Verletzter geschaffen.<br />

– In <strong>der</strong> Subspezialisierung von Fachärzten<br />

für Chirurgie zu Subspezialisten <strong>der</strong> Traumatologie<br />

wurde e<strong>in</strong>e wesentliche Bed<strong>in</strong>gung<br />

für die Weiterentwicklung des<br />

Subspezialisierungsgebietes gesehen. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus sei nicht verschwiegen, dass<br />

sich subspezialisierte Chirurgen <strong>der</strong> Traumatologie<br />

durch die Subspezialisierung<br />

e<strong>in</strong>e vorteilhafte Entwicklung <strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong><br />

stagnierenden materiell-technischen<br />

Basisausstattungen versprachen.<br />

Gesetzliche Bestimmungen<br />

Mit den erklärten Zielen<br />

– spezialisierte mediz<strong>in</strong>ische Betreuung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung durch entsprechend qualifizierte<br />

Fachärzte zu sichern und,<br />

– die Fachärzte, die ständig beabsichtigen<br />

auf e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> festgelegten Spezialisierungsgebiete<br />

tätig zu se<strong>in</strong>, <strong>zur</strong> qualifizierten<br />

spezialisierten Betätigung zu befähigen<br />

hat das M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit <strong>der</strong> Anweisung Nr. 1 über die<br />

Weiterbildung <strong>der</strong> Ärzte – Subspezialisierung<br />

<strong>der</strong> Fachärzte – vom 20.06.1974 (GBL<br />

1/1974/12) die weitere berufliche Qualifizierung<br />

von Fachärzten auf gesetzlicher<br />

Grundlage geregelt. Mit dieser Anordnung<br />

wurden zunächst 9 Subspezialisierungsrichtungen<br />

traditioneller Facharztdiszipl<strong>in</strong>en<br />

festgelegt, zu denen auch die <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

(damalige Bezeichnung Traumatologie)<br />

zählte [1] (� Abb. 1).<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 31


32<br />

Die wichtigsten Inhalte <strong>der</strong> Anordnung<br />

lassen sich <strong>in</strong> folgenden Positionen zusammenfassen:<br />

– Die Präambel <strong>der</strong> Anordnung enthielt den<br />

e<strong>in</strong>deutigen H<strong>in</strong>weis, das Subspezialisierungsrichtungen<br />

Teilgebiete traditioneller<br />

Facharztdiszipl<strong>in</strong>en und ke<strong>in</strong>e eigenen<br />

Facharztrichtungen darstellen.<br />

– Als Bed<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>er Subspezialisierung<br />

Traumatologie galt e<strong>in</strong>e vorausgegangene<br />

abgeschlossene Facharztausbildung und<br />

die bestätigte Anerkennung des erworbenen<br />

Facharztes für Chirurgie.<br />

– Die Zulassung <strong>zur</strong> Subspezialisierung Traumatologie<br />

– wie übrigens auch zu je<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Subspezialisierung – unterlag <strong>der</strong><br />

Entscheidung durch die Fachabteilungen<br />

Gesundheits- und Sozialwesen <strong>der</strong> Räte<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Bezirke <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Maßgabe<br />

<strong>der</strong> Zulassungsentscheidung war <strong>der</strong><br />

objektive Bedarf an Subspezialisten, <strong>der</strong><br />

sich an <strong>der</strong> Territorial- und Krankenhausstruktur<br />

<strong>der</strong> 16 Bezirke und <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Bevölkerungsdichte orientierte.<br />

– Die Dauer <strong>der</strong> Subspezialisierung wurde<br />

für alle festgelegten Richtungen mit m<strong>in</strong>destens<br />

2 Jahren anberaumt. Details des<br />

Ablaufes wurden <strong>in</strong> die Kompetenz <strong>der</strong> zu<br />

berufenden zentralen Fachgruppen für die<br />

Subspezialisierung Traumatologie verwiesen.<br />

Die grundsätzliche Richtungskompetenz<br />

spiegelte sich schließlich <strong>in</strong> dem von<br />

<strong>der</strong> zentralen Fachgruppe Traumatologie<br />

erarbeiteten Bildungsprogramm wie<strong>der</strong>.<br />

Jedes Bildungsprogramm, so auch jenes für<br />

die Subspezialisierung Traumatologie, betonte<br />

e<strong>in</strong>gangs den Anspruch des Bildungszieles,<br />

mit <strong>der</strong> Subspezialisierung Traumatologie<br />

die komplexe Versorgung aller Verletzungen<br />

und ihrer Folgen zu gewährleisten.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge die<br />

fachspezifischen theoretisch-praktischen<br />

und mediz<strong>in</strong>ischtechnischen Bildungs<strong>in</strong>halte<br />

aufgezeigt:<br />

– Erweiterung und Vertiefung von Grundlagenwissen,<br />

– Erwerb spezieller Kenntnisse, Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>,<br />

– spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />

von Grenzgebieten aus an<strong>der</strong>en<br />

Fachrichtungen (Orthopädie, Physiotherapie,<br />

Epidemiologieprophylaxe und Sportschäden).<br />

In den verantwortlichen Gremien bestand<br />

une<strong>in</strong>geschränkte Übere<strong>in</strong>stimmung, dass<br />

<strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Bildungs<strong>in</strong>halte e<strong>in</strong>e 3-jährige<br />

Dauer <strong>der</strong> Subspezialisierung <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

rechtfertigte (24 Monate <strong>Unfallchirurgie</strong>,<br />

4 Monate Neurochirurgie, 3 Monate<br />

Orthopädie, 3 Monate Handchirurgie, 2 Monate<br />

Thoraxchirurgie).<br />

Abb. 1 Subspeziali sierungs richtungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weiter bildung <strong>der</strong> Ärzte (Anordnung vom 20.06.1974).<br />

Aus: Verfügungen und Mitteilungen des M<strong>in</strong>ist. f. Gesundheitswesen Berl<strong>in</strong> (1974) 12, S. 75<br />

Als beson<strong>der</strong>e und zusätzliche Leistungsnachweise<br />

wurden gefor<strong>der</strong>t:<br />

– Teilnahme an e<strong>in</strong>em fachbezogenem<br />

Lehrgang sowie Teilnahme an weiteren<br />

Fortbildungs- und Arbeitstagungen des<br />

Subspezialisierungsgebietes,<br />

– bestätigte Gutachtertätigkeit (20 Gutachten),<br />

– Nachweise wissenschaftlicher Aktivitäten.<br />

Der Gesetzestext des Bildungsprogramms<br />

„Traumatologie“ ist als � Anlage 1 beigefügt.<br />

Inhalte des Bildungsprogramms<br />

Wie auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en zentraleuropäischen<br />

Län<strong>der</strong>n stellte die <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

damaligen <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e Querschnittsdiszipl<strong>in</strong><br />

dar. Dem entsprachen im Wesentlichen die<br />

Leistungsprofile Chirurgischer Kl<strong>in</strong>iken mit<br />

Abteilungsbildungen und die Hochschul-<br />

und territorialen Schwerpunktkl<strong>in</strong>iken.<br />

Mit <strong>der</strong> Subspezialisierung Traumatologie<br />

konnte daher die komplexe Versorgung <strong>der</strong><br />

verschiedenen Verletzungskategorien und<br />

ihrer Folgen gewährleistet werden.<br />

Neben e<strong>in</strong>em breiten theoretischen Wissenserwerb<br />

war die Anerkennung praktischer<br />

Fertigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> akut- und wie<strong>der</strong>herstellenden<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> des Halte-<br />

und Bewegungsapparates, <strong>der</strong> Verletzungen<br />

des Schädels, Verletzungen von Rumpf- und<br />

Gliedmaßen, bei thorakalen und abdom<strong>in</strong>ellen<br />

Verletzungszuständen, <strong>der</strong> Beckenregion,<br />

<strong>der</strong>en Organsystemen sowie des ZNS<br />

und <strong>der</strong> Wirbelsäule erklärtes Weiterbildungsziel.<br />

Zielstellung des Bildungsprogramms h<strong>in</strong>sichtlich<br />

umfassen<strong>der</strong> theoretischer Kenntnisse<br />

und operativer Fertigkeiten war dem<br />

angestrebten umfassenden Erwerb von<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


1. Bildungsziel<br />

In Auswertung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Chirurgie<br />

und ihrer Beson<strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> stellt die<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> e<strong>in</strong>e Querschnittsdiszipl<strong>in</strong> dar,<br />

<strong>der</strong>en Basis die allgeme<strong>in</strong>e Chirurgie ist. Mit <strong>der</strong><br />

Subspezialisierung sollte daher die komplexe<br />

Versorgung aller Verletzungen und ihrer Folgen<br />

gewährleistet werden.<br />

Die Subspezialisierung hat das Ziel, entsprechend<br />

<strong>der</strong> Notwendigkeit von Qualitätsverbesserungen<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung qualifizierte<br />

Fachärzte für Chirurgie <strong>zur</strong> spezialisierten<br />

Behandlung Unfallgeschädigter zu befähigen.<br />

Der Subspezialist muss nach dem <strong>in</strong>ternationalen<br />

Stand die Ätiologie, Epidemiologie,<br />

Diagnostik, Therapie und Nachsorge von<br />

Verletzungen Übersehen. Von ihm ist zu for<strong>der</strong>n,<br />

dass er ambulant und stationär jede frische<br />

Verletzung, gleich welcher Lokalisation, <strong>in</strong> ihrem<br />

Ausmaß erkennen und dr<strong>in</strong>glich versorgen, dass<br />

er Verletzungsfolgen korrigieren und gestörte<br />

Funktionen im Rahmen des Möglichen wie<strong>der</strong>herstellen<br />

kann. Dazu muss er die mo<strong>der</strong>nen<br />

Untersuchungsmethoden, differentialdiagnostische<br />

Möglichkeiten, spezialisierte konservative<br />

und operative Behandlungsverfahren selbständig<br />

anwenden können. Kenntnisse und Fähigkeiten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> Behandlungsmaßnahmen<br />

beim Massenanfall Geschädigter müssen<br />

ebenso beherrscht werden wie die Grundlagen<br />

und Methoden <strong>der</strong> Rehabilitation Verletzter und<br />

die Begutachtung von Verletzungen und ihren<br />

Folgen.<br />

Für dieses Weiterbildungsziel ist e<strong>in</strong>e umfassende<br />

Aneignung von Wissen und Können erfor<strong>der</strong>lich,<br />

das sich auf den fachbezogenen Erwerb<br />

von theoretischen Kenntnissen und praktischen<br />

Fertigkelten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgie des Skelett- und<br />

Bewegungsapparates, <strong>der</strong> abdom<strong>in</strong>ellen und<br />

thorakalen <strong>Unfallchirurgie</strong> und auf Grundlagen<br />

<strong>der</strong> Neurotraumatologie, <strong>der</strong> plastischen und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie, <strong>der</strong> Urologie, <strong>der</strong><br />

Orthopädie sowie auf die Physiotherapie erstrekken<br />

muss.<br />

Der Unfallchirurg soll <strong>in</strong> allen Situationen<br />

beruflicher For<strong>der</strong>ung Entschlusskraft und<br />

E<strong>in</strong>satzfreude zum notwendigen Handeln beweisen,<br />

die erworbenen gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Kenntnisse <strong>zur</strong> Lösung <strong>der</strong> ihm gestellten<br />

Aufgaben praktisch anwenden und gesundheitserzieherisch<br />

e<strong>in</strong>wirken können und erkennbar<br />

bemüht se<strong>in</strong>, den wissenschaftlichen Fortschritt<br />

des Subspezialisierungsgebietes zu för<strong>der</strong>n.<br />

2. Fachspezifische theoretische, praktische<br />

und mediz<strong>in</strong>technische Bildungs<strong>in</strong>halte<br />

Theoretische Kenntnisse und praktische Fertigkeiten<br />

des Bildungsprogramms zum Fach arzt<br />

für Chirurgie s<strong>in</strong>d Voraussetzung <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

auf dem Subspezialisierungsgebiet<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

2.1 Erweiterung und Vertiefung des Grundlagenwissens<br />

nach den Anfor<strong>der</strong>ungen des Subspezialisierungsgebietes<br />

– Vertiefte Kenntnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> topographischen<br />

Anatomie<br />

– Pathophysiologie von Traumafolgen.<br />

2.2 Spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten des Subspezialisierungsgebietes<br />

2.2.1 Nachfolgen<strong>der</strong> fachspezifischer theoretischer<br />

Bildungs<strong>in</strong>halt muss beherrscht werden:<br />

– konservative und operative Frakturen behandlung<br />

– biomechanische Reaktionen des Knochens <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von Frakturform, Behandlung<br />

und Heilung<br />

– histomorphologische, biomechanische und<br />

metallurgische Grundlagen für die Metallimplantation<br />

– Diagnostik und Behandlung von Schädelhirntraumen<br />

und ihren Komplikationen<br />

– <strong>Unfallchirurgie</strong> des Thorax und Abdomens<br />

– <strong>Unfallchirurgie</strong> des Beckens und Uroge ni talsystems<br />

– <strong>Unfallchirurgie</strong> das Bewegungsapparates<br />

– dr<strong>in</strong>gliche <strong>Unfallchirurgie</strong> an <strong>der</strong> Hand<br />

– Grundlagen <strong>der</strong> fachbezogenen plastischen<br />

und rekonstruktiven Chirurgie<br />

– Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Verletzungen im K<strong>in</strong>des-<br />

und Greisenalter<br />

– thermische, akt<strong>in</strong>ische und chemische Schädi<br />

gungen<br />

– Polytrauma und komb<strong>in</strong>ierte Schädigungen<br />

– Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Feldchirurgie (spezialisierte<br />

chirur gische Hilfe)<br />

– Organisation und Verhalten bei Massenunfällen<br />

und im Katastrophene<strong>in</strong>satz<br />

– Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Rehabilitation Unfall ge schädigter<br />

– Begutachtung von Unfallfolgen<br />

– Dokumentation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

– <strong>Geschichte</strong> und gesellschaftliche Stellung <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Nachfolgende fachspezifische Behandlungs verfahren<br />

müssen praktisch beherrscht werden:<br />

– kortikale und <strong>in</strong>tramedulläre Osteosynthese -<br />

ver fahren<br />

– operative Methoden bei Frakturen im Wach stumsalter<br />

– operative Behandlung bei gestörter Knochenbruchheilung<br />

– Grundlagen und Anwendung physiotherapeutischer<br />

Verfahren <strong>zur</strong> Rehabilitation nach<br />

Verletzungen e<strong>in</strong>schließlich Arbeitstherapie<br />

und Versehrtensport<br />

– Epidemiologie, Prophylaxe und Behandlung<br />

von traumatisch bed<strong>in</strong>gten Arbeitsschäden<br />

– Diagnostik und Therapie von traumatischen<br />

Sportschäden sowie <strong>der</strong>en Reha bi litationsmethoden<br />

– Indikation und Technik fachbezogener örtlicher<br />

Betäubungsverfahren.<br />

3. H<strong>in</strong>weise zum Ablauf <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

Die Dauer <strong>der</strong> Subspezialisierung beträgt<br />

3 Jahre.<br />

Für die Subspezialisierung durch e<strong>in</strong>en Facharzt<br />

für Chirurgie werden folgende Weiter bil dungszeiten<br />

empfohlen:<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> 24 Monate<br />

Neurotraumatologie 4 Monate<br />

Orthopädie 3 Monate<br />

Handchirurgie 3 Monate<br />

Thoraxchirurgie 2 Monate<br />

Die Delegierungen s<strong>in</strong>d nach Möglichkeit ohne<br />

zeitliche Unterbrechung an dafür zugelassenen<br />

E<strong>in</strong>richtungen abzuleisten. Der <strong>zur</strong> Weiterbildung<br />

delegierte Facharzt ist voll <strong>in</strong> den Arbeitsablauf<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik, an <strong>der</strong> die Hospitation stattf<strong>in</strong>det, zu<br />

<strong>in</strong>tegrieren.<br />

4. Lehrveranstaltungen und Leistungsnachweise<br />

4.1 Lehrveranstaltungen<br />

Zur Vermittlung erfor<strong>der</strong>licher theoretischer<br />

Kenntnisse und praktischer Fertigkeiten s<strong>in</strong>d folgende<br />

Lehrgänge zu besuchen:<br />

obligatorisch: Teilnahme an fachbezogenen<br />

Fortbildungs lehrgängen und Arbeitstagungen<br />

empfohlen: Teilnahme an Fortbildungs lehrgängen<br />

und Arbeitstagungen von Grenzdiszipl<strong>in</strong>en<br />

mit fachbezogener Thematik (entsprechend<br />

dem Inhalt des Bildungsprogramms )<br />

4.2 Leistungsnachweise<br />

– Begutachtung von Unfallfolgen<br />

– Nachweis wissenschaftlicher Publikationstätigkeit.<br />

Anlage 1 Bildungsprogramm: Subspezialisierung für Traumatologie (Erarbeitet durch die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> zentralen Fachgruppe Traumatologie [siehe Seite 35]<br />

und bestätigt durch die Akademie für ärztl. Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.)<br />

Fähigkeiten geschuldet, Verletzungen aller<br />

Körperregionen, Polytraumen, thermische<br />

Schädigungen u. a. erfolgreich behandeln<br />

sowie organisatorische Probleme bei Massenanfall<br />

Verletzter sowie im Katastro-<br />

phene<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> eigener Regie bewältigen zu<br />

können.<br />

Mit dem Abschluss <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

Traumatologie war daher:<br />

– <strong>der</strong> Erwerb umfassenden Wissens, <strong>der</strong><br />

Epidemiologie, Ätiologie, Diagnostik,<br />

Therapie und Nachsorge Verletzter aller<br />

Schweregrade nach jeweiligem Stand <strong>der</strong><br />

Erkenntnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Prüfung beizubr<strong>in</strong>gen,<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 33


34<br />

Anlage 2 Durch die Akademie für Ärztl. Fortbildung den zentralen<br />

Fachgruppen <strong>zur</strong> Vefügung gestellt.<br />

– e<strong>in</strong> Nachweis entsprechen<strong>der</strong> operativer<br />

Fertigkeiten <strong>der</strong> Behandlung Akutverletzter<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Folgezustände zu führen,<br />

– die Bestätigung über e<strong>in</strong>e 3-jährige Weiterbildungszeit<br />

im Subspezialisierungsgebiet<br />

mit e<strong>in</strong>em Prüfungsabschluss nachzuweisen.<br />

(� Anlagen 2 und 3)<br />

Das Bildungsprogramm enthielt zugleich<br />

e<strong>in</strong>e „Übergangsregelung“ für Fachärzte die<br />

bereits vor Erlass <strong>der</strong> Anordnung über die<br />

Subspezialisierung Traumatologie entsprechende<br />

Weiterbildungsmaßnahmen absolviert<br />

hatten o<strong>der</strong> Kenntnisse nachweisen<br />

konnten, bzw. mehrere Jahre traumatologisch<br />

tätig waren. Wer e<strong>in</strong>e 5-jährige Tätigkeit<br />

<strong>in</strong> traumatologischen Schwerpunkte<strong>in</strong>richtungen<br />

nachweisen konnte und die im<br />

Bildungsprogramm gefor<strong>der</strong>ten Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten beherrschte, konnte e<strong>in</strong>en<br />

Antrag auf Anerkennung als Subspezialist<br />

stellen.<br />

Institutionen <strong>der</strong> Weiterbildung/<br />

Subspezialisierung<br />

Akademie für ärztliche Fortbildung<br />

Die Subspezialisierung „Traumatologie“<br />

unterlag von Beg<strong>in</strong>n an wie alle weiteren<br />

bestätigten Subspezialisierungsrichtungen<br />

<strong>in</strong> Leitung, Planung, Organisation und Realisierung<br />

e<strong>in</strong>er gesetzlich geregelten Unterstellung.<br />

Dafür hatte <strong>der</strong> M<strong>in</strong>ister für<br />

Gesundheitswesen die Akademie für ärztliche<br />

Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit Wirkung vom<br />

1.07.1961 e<strong>in</strong>em eigenständigen Status zugeführt<br />

und sie autorisiert für die geregelte<br />

Weiter- und Fortbildung aller Hochschulabsolventen<br />

des Gesundheits- und Sozialwesens<br />

verantwortlich zu zeichnen. Trotz<br />

teilweise dirigistischer Züge erwies sich die<br />

Institution und das Direktorat <strong>der</strong> Akademie<br />

für ärztliche Fortbildung angesichts <strong>der</strong> Tatsache,<br />

dass es abgesehen vonseiten <strong>der</strong> Bezirke<br />

ke<strong>in</strong>e den Län<strong>der</strong>hoheiten <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland vergleichbaren dezentralisierten<br />

Verwaltungs<strong>in</strong>stitutionen gab,<br />

für die Durchsetzung <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

als sehr effektiv. Der Senat <strong>der</strong> Akademie<br />

hatte sich unter Leitung des damaligen<br />

Anlage 3 Die Anerkennungsbestätigung wurde ausschließlich durch die<br />

Räte <strong>der</strong> Bezirke den Subspezialisten übermittelt.<br />

Rektors Prof. Dr. H. Redetzky mit zunächst<br />

19 Lehrstühlen konstituiert. Als Aufgaben<br />

wurden ihr die Mitarbeit bei <strong>der</strong> Organisation<br />

<strong>der</strong> fachärztlichen Ausbildung, <strong>der</strong><br />

Durchführung zentraler Fortbildungslehrgänge<br />

und e<strong>in</strong>e Anleitung und För<strong>der</strong>ung<br />

peripherer regionaler Fortbildungsaktivitäten<br />

aufgetragen. Außerdem wurde ihr die<br />

Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Habilitationsrechtes<br />

zugesprochen. Ungeachtet nachfolgen<strong>der</strong><br />

Erweiterung von Aufgabenstellungen und<br />

struktureller Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den Folgejahren<br />

blieb sie für die Durchführung <strong>der</strong><br />

Subspezialisierung bis 1990 <strong>in</strong> vollem Umfang<br />

verantwortlich.<br />

In zahlreichen Gesprächen und Auswertungen<br />

von Diskussionen war im Vorfeld<br />

<strong>der</strong> 1974 erlassenen Anordnungen unter<br />

akademiebeauftragten Vertretern entsprechen<strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischwissenschaftlicher<br />

Gesellschaften und zentraler Gremien<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung erzielt worden, dass e<strong>in</strong>e<br />

Spezialisierung <strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischer Wissenschaft<br />

und Praxis e<strong>in</strong>e objektiv notwendige<br />

Entwicklung darstellte die es gebot, den<br />

Rahmen rechtlicher Regelung auf die Spe-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


zialisierung von Fachärzten auszudehnen,<br />

um dadurch e<strong>in</strong>e höhere Qualität <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Betreuung auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong><br />

postgraduellen Spezialisierung realisieren<br />

zu können.<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Aufgabe fiel <strong>der</strong> Akademie<br />

für ärztliche Fortbildung mit <strong>der</strong> Berufung<br />

von Mitglie<strong>der</strong>n zentraler Fachgruppen und<br />

<strong>der</strong>en Bildung für die jeweiligen Subspezialisierungsgebiete<br />

zu, um nach Erlass <strong>der</strong><br />

Anordnung über die Subspezialisierung<br />

vom 23.05.1974 das gesetzlich verankerte<br />

Inkrafttreten mit dem 1.09.1974 wirksam<br />

zu unterstützen.<br />

Die zentrale Fachgruppe Traumatologie<br />

Die für die Subspezialität Traumatologie<br />

berufene Fachgruppe hatte mit Beg<strong>in</strong>n des<br />

Jahres 1974 ihre Arbeit aufgenommen. Zu<br />

Mitglie<strong>der</strong>n wurden 6 Kollegen bestellt:<br />

Frau Prof. Dr. H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch, Leipzig;<br />

Prof. Dr. K. Franke, Berl<strong>in</strong>; MR Dr. K. Lowie,<br />

Berl<strong>in</strong>; Prof. Dr. E. San<strong>der</strong>, Halle; Prof. Dr. W.<br />

Senst, Frankfurt; OMR Dr. K. Welz, Cottbus<br />

und als zeitweiliges Mitglied für Angelegenheiten<br />

<strong>der</strong> Subspezialisierung beim<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Dienst <strong>der</strong> NVA Prof. Dr. Stöcker,<br />

Bad Saarow. Auf ihrer ersten Beratung<br />

wurde zum Vorsitzenden <strong>der</strong> Zentralen<br />

Fachgruppe auf Vorschlag <strong>der</strong> Fachgruppenmitglie<strong>der</strong><br />

OMR Dr. K. Welz vom Rektor <strong>der</strong><br />

Akademie für ärztliche Fortbildung ernannt.<br />

Er nahm diese Funktion über 16 Jahre bis<br />

zum 31.03.1990 wahr.<br />

In zeitweilig wechseln<strong>der</strong> Zusammensetzung<br />

trat die Kommission zu Beg<strong>in</strong>n ihrer<br />

Tätigkeit <strong>in</strong> kurzzeitigen Abständen – <strong>in</strong> den<br />

Folgejahren <strong>in</strong> 1/4-jährlichem Turnus zusammen.<br />

Zu ihren Aufgaben zählten<br />

– die Erarbeitung e<strong>in</strong>es Bildungsprogramms,<br />

– die Festlegung von Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen,<br />

– die Überwachung <strong>der</strong> Subspezialisierungsabläufe,<br />

– die Organisation zentraler Weiterbildungsveranstaltungen,<br />

– die Überprüfung erfolgreicher Subspezialisierungsabschlüsse<br />

und<br />

– e<strong>in</strong>e generelle fachliche Anleitung.<br />

Die Fachgruppentätigkeit war von dem<br />

Bestreben geprägt die Subspezialisierung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> zu begleiten und zu<br />

e<strong>in</strong>em vollen Erfolg zu verhelfen. Ihre Tätigkeit<br />

fand über die Grenzen <strong>der</strong> damaligen<br />

<strong>DDR</strong> gebührende Anerkennung wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Publikation „Der Erfolg <strong>der</strong> AO im kommunistischen<br />

Ostdeutschland“ (Surgery, Sciencpand<br />

Industry, a Revolution <strong>in</strong> Fracture<br />

Care 1950–1990) zu lesen ist. [5]<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>zur</strong> Subspezialisierung<br />

Nach e<strong>in</strong>gehenden Beratungen wurden <strong>zur</strong><br />

Wahrnehmung <strong>der</strong> Weiterbildung Subspezialisierung<br />

von <strong>der</strong> zentralen Fachgruppe<br />

alle unfallchirurgischen Abteilungen an<br />

chirurgischen Hochschulkl<strong>in</strong>iken und den<br />

Kl<strong>in</strong>iken für Chirurgie <strong>der</strong> Bezirkskrankenhäuser<br />

für die Zulassung <strong>zur</strong> Weiterbildung<br />

vorgeschlagen. Nach Überprüfung des<br />

Leistungsprofils wurde <strong>in</strong> den folgenden<br />

Jahren darüber h<strong>in</strong>aus die Zahl <strong>der</strong> Weiterbildungskl<strong>in</strong>iken<br />

durch geeignete Unfallabteilungen<br />

größerer Kreiskrankenhäuser und<br />

Städtischer E<strong>in</strong>richtungen erweitert und <strong>in</strong><br />

das Netz zugelassener Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>in</strong>tegriert. Damit besaß die <strong>DDR</strong><br />

e<strong>in</strong>e ausreichende Zahl leistungsfähiger<br />

Kl<strong>in</strong>iken und Abteilungen mit e<strong>in</strong>em den<br />

Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen adäquaten Profil<br />

für e<strong>in</strong>e geregelte Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Die <strong>zur</strong> Weiterbildung Subspezialisierung<br />

Traumatologie von <strong>der</strong> AfÄFB bestätigten<br />

E<strong>in</strong>richtungen wurden zugleich <strong>in</strong> den Status<br />

von Fortbildungszentren <strong>der</strong> Akademie<br />

für ärztliche Fortbildung erhoben. Sie bildeten<br />

praktisch die kl<strong>in</strong>ische Basis für die<br />

Akademie für ärztliche Fortbildung, die neben<br />

<strong>der</strong> Gewährleistung <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

<strong>zur</strong> Subspezialisierung Fortbildungsaufgaben,<br />

wie Gruppenhospitationen sowie<br />

E<strong>in</strong>zelhospitationen für Fachärzte aus <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischen Grundbetreuung auf freiwilliger<br />

Basis wahrnahmen und sich großer<br />

Akzeptanz erfreuten. Die bestätigten<br />

Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

Traumatologie standen grundsätzlich<br />

für Delegierungen von angehenden<br />

Subspezialisten aus weniger spezialisierten<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>zur</strong> Verfügung. Für die Delegierung<br />

<strong>zur</strong> organisierten subspezialisierten<br />

Weiterbildung entschieden im Übrigen<br />

territorialer Bedarf an Subspezialisierungsmaßnahmen<br />

und die fachliche Eignung<br />

<strong>der</strong> betreffenden Kollegen. Die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bei Delegierungen<br />

f<strong>in</strong>anziell akzeptabel gestaltet<br />

(überwiegend Weiterzahlung des Gehaltes<br />

durch die delegierende E<strong>in</strong>richtung).<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

zwischen 1974 – 1990<br />

Der Erlass <strong>der</strong> M<strong>in</strong>isteranordnung über die<br />

Weiterbildung/Subspezialisierung vom<br />

23.05.1974 und dazugehöriger Anweisungen<br />

fand unter Fachärzten für Chirurgie<br />

sowie auch <strong>in</strong> den weiteren angesprochenen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e verbreitete Resonanz,<br />

obwohl mit e<strong>in</strong>em Abschluss <strong>der</strong><br />

Weiterbildung/Subspezialisierung ke<strong>in</strong>e<br />

höhere Vergütung verbunden war. Rasch<br />

zeichnete sich dennoch die Tendenz ab, dass<br />

die Subspezialisierung Traumatologie von<br />

Fachärzten für Chirurgie als willkommene<br />

Gelegenheit persönlicher Weiterbildung<br />

und schließlich auch beruflicher Perspektive<br />

betrachtet wurde.<br />

Die zentrale Fachgruppe für Traumatologie<br />

nahm mit Inkrafttreten <strong>der</strong> Anordnung e<strong>in</strong>e<br />

geregelte Tätigkeit ab 1.09.1974 turnusmäßig<br />

pro Quartal wahr. Sie sah sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangsperiode<br />

ihrer Tätigkeit <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

mit Antragstellungen konfrontiert, die von<br />

Fachärzten im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Übergangsbestimmungen<br />

gestellt wurden. Die auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Folge zahlreich erfolgten Antragstellungen<br />

führten <strong>in</strong> zahlreichen Beratungen immer<br />

wie<strong>der</strong> zu Diskussionen darüber, ob die Antragstellungen<br />

e<strong>in</strong>em tatsächlichen Bedarf<br />

entsprachen. Hierzu konnte die zentrale<br />

Fachgruppe ke<strong>in</strong>e Entscheidungen treffen.<br />

Ihr oblag es fernerh<strong>in</strong>, das zentral gelenkte<br />

e<strong>in</strong>heitliche Weiterbildungssystem gesetzesentsprechend<br />

zu begleiten, die Fachabteilungen<br />

<strong>der</strong> Räte <strong>der</strong> Bezirke h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Auswahl geeigneter Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

zu beraten und die E<strong>in</strong>haltung des<br />

Bildungsprogramms zu kontrollieren. Die<br />

Organisation <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> Subspezialisierung,<br />

d. h. die bedarfsgerechte Weiterbildung<br />

oblag entsprechend den territorialen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen und Bedürfnissen den<br />

Räten <strong>der</strong> Bezirke.<br />

Um die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Weiterbildung zu<br />

erleichtern wurde auf Vorschlag bei Beson<strong>der</strong>heiten<br />

<strong>der</strong> Territorialstruktur die Zahl<br />

<strong>der</strong> Weiterbildungskl<strong>in</strong>iken nach Überprüfung<br />

des Leistungsprofils um geeignete Unfallabteilungen<br />

von Kreis- und Städtischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen für e<strong>in</strong>e Teil- o<strong>der</strong> auch<br />

Vollausbildung erweitert, so dass die Zahl<br />

bestätigter Weiterbildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

für die Subspezialisierung Traumatologie<br />

10 Jahre nach Inkrafttreten <strong>der</strong> Anordnung<br />

bereits 27, 1989 42 betrug.<br />

Auf Initiative <strong>der</strong> Zentralen Fachgruppe<br />

fanden zwischen 1974 und 1988 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Pankow und zwischen 1977 bis 1989 <strong>in</strong> Bagenz/Cottbus<br />

jeweils <strong>in</strong> 2-jährigen Abständen<br />

turnusgemäße Weiterbildungswochen<br />

für ständig <strong>in</strong> spezialisierten E<strong>in</strong>richtungen<br />

tätigen Kollegen unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

bef<strong>in</strong>dlichen Fachärzte statt. Die jeweils 5tägigen<br />

Veranstaltungen zielten vorrangig<br />

auf Vermittlung von unfallchirurgischem<br />

Spezialwissen unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Zielstellung <strong>der</strong> Programme für die Subspezialisierung<br />

ab. Diese jeweiligen Wochenkurse<br />

erfreuten sich e<strong>in</strong>es ständig wachsenden<br />

Zuspruches. Die Teilnehmerkapazitäten<br />

waren bereits Wochen zuvor komplett aus-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 35


36<br />

gebucht. Die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Teilnehmer<br />

erfolgte kostenfrei, Verpflegung wurde gegen<br />

e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Entgelt gewährt. Für die<br />

Vortragstätigkeit und die Diskussionsrunden<br />

stellten sich stets namhafte Vertreter<br />

des Fachgebietes <strong>Unfallchirurgie</strong> aus Hochschul-<br />

und Schwerpunkte<strong>in</strong>richtungen <strong>zur</strong><br />

Verfügung. Die wissenschaftliche Leitung<br />

<strong>der</strong> Kurse lag <strong>in</strong> den Händen ortsansässiger<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zentralen Fachgruppe<br />

(<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> Prof. Dr. K. Fanke, <strong>in</strong> Bagenz Dr. K.<br />

Welz) (� Abb. 2).<br />

Der Zuwachs an spezialisierten Fachärzten<br />

entsprach im Wesentlichen den territorialen<br />

Bedürfnissen. Ende 1987 betrug die<br />

Zahl anerkannter Subspezialisten 152, Ende<br />

1988 176 und Ende 1989 187.<br />

Zusammenfassend hat das Staatliche Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

Subspezialisierung den Bedürfnissen<br />

spezialisierter unfallchirurgischer Patientenbetreuung<br />

entsprochen. Die Akademie<br />

erfuhr mit dem Weiterbildungssystem <strong>in</strong>ternationale<br />

Aufmerksamkeit und mit se<strong>in</strong>em<br />

zentral durchorganisierten System die<br />

Anerkennung e<strong>in</strong>er Ernennung zum Collaboration<br />

Centre <strong>der</strong> WHO.<br />

Die geregelte Weiterbildung <strong>zur</strong> Subspezialisierung<br />

Traumatologie hat ihre Bewährungsprobe<br />

nicht nur vor 1989 bestanden.<br />

Gerade auch nach <strong>der</strong> politischen Wende<br />

bildete die geregelte Weiterbildung <strong>zur</strong> Subspezialisierung<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> die Grundlage<br />

für e<strong>in</strong>e problemlose Integration <strong>in</strong> das<br />

Gesundheitssystem <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland und allerbeste Voraussetzung<br />

für die Realisierung des berufsgenossenschaftlichen<br />

Heilverfahrens.<br />

Literatur<br />

1. Anweisung Nr. 1/ Supspezialisierung <strong>der</strong> Fachärzte<br />

vom 20. Juni 1974. Verfügungen und Mitteilungen<br />

des M<strong>in</strong>. f. Gesundheitswesen; 1974; Nr.<br />

12<br />

2. Dokumente für die Subspezialisierung <strong>der</strong> Fachärzte.<br />

Akademie für ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

Berl<strong>in</strong> 1976<br />

3. Mros B, Jäschke G, Spaar H. Akademie für ärztliche<br />

Fortbildung. Veröff. Med. Ges. 2003; 44/55<br />

4. Red<strong>in</strong>g R. In: Hierholzer G. u. S. Chirurgisches Handeln<br />

– Der E<strong>in</strong>fluss des Zeitgeschehens auf die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Chirurgie <strong>in</strong> Mitteleuropa Mitte<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts bis <strong>zur</strong> Gegenwart. Stuttgart:<br />

Thieme Verlag; 1989, 204–211<br />

5. Schlich T. Surgery, Science and Industry, A Revolution<br />

<strong>in</strong> Fracture Care 1950 bis 1990; Bast<strong>in</strong>gstoke:<br />

Verlag Polgrave Macmillan; 2002<br />

Dr. med. K. Welz<br />

F<strong>in</strong>sterwal<strong>der</strong> Str. 45a<br />

03048 Cottbus<br />

Abb. 2 Deckblatt des wissenschaftlichen Programms zum letzten Lehrgang für Traumatologie <strong>der</strong><br />

Akademie für ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>/Sept. 1989<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Kongresse – Tagungen mit<br />

<strong>in</strong>ternationaler Beteiligung<br />

K. Sandner, E. Markgraf, W. Senst<br />

Kongresse und Symposien sollten als Foren<br />

des wissenschaftlichen Me<strong>in</strong>ungsstreites<br />

<strong>zur</strong> Vorbereitung o<strong>der</strong> Lösung von Forschungs-<br />

und Entwicklungsaufgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> und des kont<strong>in</strong>uierlichen wissenschaftlichen<br />

Erfahrungsaustausches organisiert<br />

werden. E<strong>in</strong>e entsprechende Thematik sollte<br />

im Mittelpunkt e<strong>in</strong>es jeden Kongresses stehen,<br />

um Stellung, Bedeutung und Aufgaben<br />

e<strong>in</strong>es Fachgebietes im sozialistischen<br />

Gesundheitswesen zu analysieren und<br />

se<strong>in</strong>e Perspektive unter Orientierung auf<br />

die gesamtgesellschaftliche Entwicklung<br />

vorzubereiten und mitzubestimmen. Für<br />

das Problemgebiet wurden die zuständigen<br />

<strong>in</strong>ternationalen Spitzenwissenschaftler e<strong>in</strong>geladen.<br />

Die Kongressteilnehmer sollten<br />

breit gefächert über den neuesten Wissensstand<br />

und die Wissenschaftsentwicklung<br />

im Fachgebiet <strong>in</strong>formiert und die Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> Fachzeitschriften, wie zum Beispiel<br />

im Zentralblatt für Chirurgie, veröffentlicht<br />

werden. E<strong>in</strong>e Redaktionskommission erarbeitete<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Autorreferate<br />

und <strong>der</strong> Vortragsmanuskripte qualifizierte<br />

Ergebnisberichte.<br />

Ziel <strong>der</strong> Kongresse und <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Tagungen war es, die Darstellung<br />

und Diskussion neuer wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse verzögerungsfrei <strong>in</strong> die Praxis<br />

des sozialistischen Gesundheitswesens zu<br />

überführen. Die von Expertengruppen <strong>in</strong><br />

Vorbereitung des Kongresses im Auftrag des<br />

Vorstandes <strong>der</strong> Gesellschaften erörterten<br />

Empfehlungen über die Anwendung diagnostischer<br />

und therapeutischer Methoden<br />

und Standards wurden bekannt gegeben<br />

und diskutiert. Zu den Podiumsdiskussionen<br />

(Rundtischgesprächen) wurden ebenfalls<br />

kompetente <strong>in</strong>ternationale Wissenschaftler<br />

des Fachgebietes e<strong>in</strong>geladen. Industrieausstellungen<br />

und Industrie<strong>in</strong>formationen<br />

anlässlich <strong>der</strong> wissenschaftlichen Veranstaltungen<br />

sollten nicht nur neue technischmethodische<br />

Möglichkeiten bekannt geben,<br />

son<strong>der</strong>n auch die wesentlichen Parameter<br />

<strong>der</strong> beabsichtigten technischen Entwicklung<br />

den Fachexperten <strong>zur</strong> Diskussion stellen.<br />

Ziel war ferner die Integration <strong>der</strong> Spezialgebiete<br />

e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen Diszipl<strong>in</strong>, <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischen Diszipl<strong>in</strong>en untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Wissenschaft mit<br />

<strong>der</strong> Natur- und <strong>der</strong> Gesellschaftswissenschaft.<br />

Es wurde empfohlen, Kongresse geme<strong>in</strong>sam<br />

o<strong>der</strong> Teile von Kongressen durch<br />

zwei o<strong>der</strong> mehrere Fachdiszipl<strong>in</strong>en zu organisieren.<br />

Persönliche Kontakte während<br />

<strong>der</strong> Kongresse und die Anknüpfung wissenschaftlicher<br />

Kooperationsbeziehungen<br />

stellten die effektivsten Ergebnisse dar.<br />

Die abgehaltene Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

während des Kongresses (halber Tagesabschnitt)<br />

stellte das höchste demokratische<br />

Organ <strong>der</strong> Gesellschaft dar. Von ihr g<strong>in</strong>gen<br />

die entscheidenden Impulse <strong>zur</strong> Lösung <strong>der</strong><br />

dem Fachgebiet übertragenen Aufgaben<br />

aus. Außerdem wurden <strong>der</strong> Vorstand und<br />

<strong>der</strong> „Vorsitzende“ für e<strong>in</strong>en begrenzten Zeitraum<br />

gewählt.<br />

In <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wurden zwei Tagungen für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

und 10 Unfallchirurgenkongresse<br />

mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung veranstaltet.<br />

Der XII. Unfallchirurgenkongress<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung<br />

fand als Kuriosum im November 1990 im<br />

wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>ten Deutschland statt.<br />

Die Kongresse III bis V wurden durch Dr. J.<br />

Riedeberger, die Kongresse VI bis XII durch<br />

Dr. K. Sandner organisiert.<br />

Die I. Tagung <strong>Unfallchirurgie</strong> mit <strong>in</strong>ternationaler<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie fand <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

vom 28.–30.5.1959 <strong>in</strong> Erfurt unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Leitung von Herrn Prof. Dr.<br />

Egbert Schwarz statt. Hauptthemen des<br />

Kongresses waren Frakturen, Schädel-Hirn-<br />

Verletzungen und Fragen <strong>der</strong> Unfallprophylaxe.<br />

An <strong>der</strong> oben genannten Tagung<br />

nahmen rund 500 Gäste aus Ost und West<br />

teil. Als namhafte Persönlichkeiten aus dem<br />

Ausland konnten <strong>der</strong> Nestor <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

<strong>in</strong> Österreich, Prof. Dr. Lorenz Böhler,<br />

Wien, sowie die Professoren Dr. Pavrovsky,<br />

Prag (CSSR), Dr. Novak, Brno (CSSR), und Dr.<br />

Robany, Budapest (Ungarn), sowie Dr. Szulc,<br />

Warschau (Polen), begrüßt werden.<br />

Die II. Tagung <strong>Unfallchirurgie</strong> mit <strong>in</strong>ternationaler<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie fand vom 28.–30.10.1965 <strong>in</strong><br />

Weimar unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Herrn Prof. Dr. F. Mörl, Halle/Saale,<br />

statt. Hauptthemen des wissenschaftlichen<br />

Programms waren die „operative Osteosynthese“,<br />

das Schädel-Hirn-Trauma, Wirbelbrüche,<br />

Bauchverletzungen, Knöchelbrüche<br />

sowie Fragen <strong>der</strong> Begutachtung. Im Rahmen<br />

dieser Tagung wurde e<strong>in</strong> wissenschaftliches<br />

Filmprogramm veranstaltet. Als prom<strong>in</strong>ente<br />

Gäste nahmen die Professoren Dr. M. Allgöwer,<br />

Chur (Schweiz), Dr. H. Contzen, Frankfurt/Ma<strong>in</strong>,<br />

und Dr. J. Mann<strong>in</strong>ger, Budapest<br />

(Ungarn), teil.<br />

Die wissenschaftlichen Veranstaltungen auf<br />

dem Gebiet <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> wurden anschließend<br />

von <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie, <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

als Unfallchirurgenkongresse <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung organisiert<br />

und durchgeführt.<br />

Der III. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

fand vom 13.–14.4.1972 <strong>in</strong> Leipzig unter <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Leitung von Herrn Prof.<br />

Dr. W. Wehner, Leipzig, statt. Der Kongress<br />

wurde geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Orthopädie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit dem wissenschaftlichen<br />

Hauptthema „Pseudarthrosen langer<br />

Röhrenknochen“ veranstaltet. Während des<br />

Kongresses tagte die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Rehabilitation und Begutachtung“ <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie und bei dieser Gelegenheit<br />

wurde die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Prophylaxe und 1. Hilfe bei Unfällen“ <strong>der</strong><br />

gleichen Sektion neu gegründet. Am zweiten<br />

Kongresstag handelte die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Thermische und komb<strong>in</strong>ierte<br />

Schädigungen“ <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

das Thema „Thermische Schädigungen“ ab.<br />

Im Rahmen dieses wissenschaftlichen Programms<br />

wurden die Epidemiologie thermischer<br />

Schädigungen erörtert, Todesfälle<br />

nach Verbrennungen analysiert sowie die<br />

Infektion <strong>der</strong> Verbrennungswunde und die<br />

Lokalbehandlung <strong>der</strong> Verbrennungswunden<br />

diskutiert. In e<strong>in</strong>er Podiumsdiskussion wurde<br />

e<strong>in</strong>e „Empfehlung <strong>zur</strong> Behandlung thermischer<br />

Schädigungen“ verabschiedet. Das<br />

wissenschaftliche Programm wurde durch<br />

namhafte Gastreferenten, wie die Herren<br />

Professoren Dr. H. Willenegger, Liestal<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 37


38<br />

(Schweiz), Dr. G. Küntscher, Flensburg, und<br />

Dr. C. Burri, Ulm, bereichert.<br />

Der IV. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

fand vom 5.–7.12.1973 <strong>in</strong> Leipzig unter <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Leitung von Herrn Prof.<br />

Dr. W. Wehner, Magdeburg, statt. Dieser<br />

Kongress wurde geme<strong>in</strong>sam mit den Gesellschaften<br />

für Orthopädie und Alternsforschung<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> sowie den Sektionen für<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie und Experimentelle Chirurgie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie und <strong>der</strong><br />

AG Rehabilitation und Begutachtung <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie veranstaltet. Die<br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> führte<br />

am 5.12.1973 e<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>veranstaltung<br />

zum Thema „Fehler bei <strong>der</strong> Beurteilung des<br />

Körperschadens nach e<strong>in</strong>fachen Unfällen<br />

bei Ärzten im Rahmen <strong>der</strong> Vertragsversicherung“<br />

durch. Ferner tagten die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

„Rehabilitation und Begutachtung“,<br />

„Prophylaxe und 1. Hilfe bei Unfällen“<br />

sowie „Thermische und komb<strong>in</strong>ierte Schädigungen“.<br />

Die Tagung <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

„Thermische und komb<strong>in</strong>ierte Schädigungen“<br />

stand unter dem Thema „Frühexzision<br />

und primäre Totaldeckung drittgradiger<br />

Verbrennungswunden, unter beson<strong>der</strong>er<br />

Berücksichtigung von Konservenhaut“. Die<br />

Plenartagungen standen am 6.12.1973 unter<br />

dem Thema „Altersfrakturen des proximalen<br />

Femur“ und am 7.12.1973 unter <strong>der</strong><br />

Thematik „Osteosynthesen im K<strong>in</strong>desalter“.<br />

Prom<strong>in</strong>ente Gastreferenten wie die Professoren<br />

Dr. S. Weller, Tüb<strong>in</strong>gen, Dr. E. Trojan,<br />

Wien (Österreich), und Dr. J. Mann<strong>in</strong>ger,<br />

Budapest (Ungarn), trugen mit ihren wissenschaftlichen<br />

<strong>Beiträge</strong>n wesentlich zum<br />

Gel<strong>in</strong>gen des Kongresses bei.<br />

Der V. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

fand vom 22.–24.9.1976 <strong>in</strong> Leipzig unter <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Leitung von Herrn Prof.<br />

Dr. E. San<strong>der</strong>, Halle/Saale, statt. Als Hauptthema<br />

wurden komplex die „Verletzungen<br />

des Kniegelenkes“ wissenschaftlich abgehandelt.<br />

Unter an<strong>der</strong>em wurden hierbei<br />

die Biomechanik und Diagnostik des Kniegelenkes,<br />

kniegelenknahe Oberschenkelbrüche,<br />

Schienbe<strong>in</strong>kopfbrüche, Patellafrakturen,<br />

Kniegelenkverletzungen des K<strong>in</strong>des,<br />

Weichteil-, Knorpel- und Bandverletzungen<br />

bei Kniegelenkfrakturen diskutiert. Ferner<br />

wurden Fragen <strong>der</strong> Rehabilitation und <strong>der</strong><br />

Begutachtung erörtert. Namhafte Gastreferenten<br />

wie die Professoren Dr. H. Tscherne,<br />

Hannover, Dr. J. Rehn, Dortmund, Dr. E. Morscher,<br />

Basel (Schweiz), sowie Dr. W. Bandi,<br />

Interlaken (Schweiz), bereicherten das wissenschaftliche<br />

Programm.<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1977; 102:<br />

802–814<br />

Abb. 1 Titelblatt zum Programmheft des<br />

VI. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1978<br />

Abb. 2 Titelblatt zum Programmheft des<br />

VII. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1980<br />

Der VI. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 1) fand vom 13.-15.9.1978 <strong>in</strong> Leipzig<br />

unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Herrn Prof. Dr. E. San<strong>der</strong>, Halle/Saale,<br />

statt. Die Hauptthemen des Kongresses<br />

beschäftigten sich mit <strong>der</strong> „Messtechnik <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>“, dem „stumpfen Bauchtrauma“<br />

und dem frischen „geschlossenen<br />

diaphysären Unterschenkelbruch“. Zur<br />

Bereicherung des wissenschaftlichen Programms<br />

trugen aktiv die Professoren Dr. H.<br />

Willenegger, Bern (Schweiz), Dr. G. Hierholzer,<br />

Duisburg, Dr. R. Ganz, Bern (Schweiz),<br />

und Dr. J. Rehn, Bochum, bei.<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1979; 104:<br />

332–345<br />

Der VII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 2) wurde vom 17.-19.9.1980 <strong>in</strong><br />

Leipzig unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Herrn Prof. Dr. E. San<strong>der</strong>, Halle/<br />

Saale, veranstaltet. Als Hauptthemen des<br />

Kongresses wurden die „Sofort- und Frühbehandlung<br />

schwerer Verbrennungsverletzungen“,<br />

„Verletzungen des Vor<strong>der</strong>armes“<br />

sowie „Thoraxverletzungen“ abgehandelt<br />

und diskutiert. Das wissenschaftliche Programm<br />

wurde durch die Anwesenheit <strong>der</strong><br />

Professoren Dr. G. Muhr, Hannover, Dr. K. H.<br />

Jungbluth, Hamburg, Dr. G. Chapchal, Luzern<br />

(Schweiz), und M.D. Jackson, Birm<strong>in</strong>gham<br />

(Großbritannien), bereichert.<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1981; 106:<br />

757–770<br />

Der VIII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 3) wurde vom 15.–17.9.1982 <strong>in</strong><br />

Leipzig unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Herrn Prof. Dr. W. Senst, Frankfurt/O<strong>der</strong>,<br />

abgehalten. Die Hauptthemen<br />

des Kongresses beschäftigten sich mit <strong>der</strong><br />

„Knochendurchblutung unter den Bed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>der</strong> Fraktur“, mit <strong>der</strong> „Epidemiologie<br />

des Unfallgeschehens <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ und den<br />

„mo<strong>der</strong>nen Untersuchungsmethoden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>“. Weitere Kongressthemen<br />

behandelten die Verletzungen des Fußes,<br />

wie zum Beispiel des Talus, des Kalkaneus,<br />

des Vorfußes, Luxationen im Fußbereich<br />

und Fußverletzungen im K<strong>in</strong>desalter. Ausgenommen<br />

waren die Verletzungen des<br />

oberen Sprunggelenkes. Die <strong>Beiträge</strong> <strong>der</strong><br />

Gastreferenten <strong>der</strong> Professoren Dr. E. Beck,<br />

Innsbruck (Österreich), Dr. G. Berentey, Budapest<br />

(Ungarn), und Dr. G. Muhr, Homburg,<br />

trugen wesentlich zum Gel<strong>in</strong>gen des<br />

Kongresses bei.<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1983; 108:<br />

667–677<br />

Der IX. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 4) fand vom 12.–14.9.1984 <strong>in</strong> Leipzig<br />

unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Herrn Prof. Dr. W. Senst, Frankfurt/O<strong>der</strong>,<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


statt. E<strong>in</strong> Teil des wissenschaftlichen Programms<br />

beschäftigte sich mit <strong>der</strong> „Erstbehandlung<br />

von „Halswirbelsäulenverletzungen“.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Thema bildeten die<br />

„Oberschenkelschaftbrüche“. In diesem<br />

Rahmen wurden zwei Studien <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vorgetragen und<br />

diskutiert. Die Studien be<strong>in</strong>halteten die Behandlungsergebnisse<br />

allgeme<strong>in</strong>, mit und<br />

ohne Komplikationen (z. B. Infektionen). Ferner<br />

wurden die Indikationen <strong>zur</strong> Operation,<br />

die Operationsmethoden, Oberschenkelschaftfrakturen<br />

bei Mehrfachverletzungen,<br />

<strong>der</strong> gestörte Heilverlauf, Folgezustände<br />

nach Oberschenkelschaftfrakturen sowie<br />

Oberschenkelschaftbrüche im Wachstumsalter<br />

erörtert. In Kasuistiken wurden „Problemsituationen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> unfallchirurgischen<br />

Versorgung“ vorgestellt. Das wissenschaftliche<br />

Programm wurde durch die Gastreferenten<br />

wie die Professoren Dr. H. Willenegger,<br />

Bern (Schweiz), Dr. G. Muhr Bochum, Dr.<br />

J. Poigenfürst, Wien (Österreich), und Dr. K.<br />

Kalnbers, Riga (Sowjetunion), bereichert.<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1985; 110:<br />

944–957<br />

Der X. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 5) wurde vom 10.–12.9.1986 <strong>in</strong><br />

Leipzig unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung<br />

von Frau Prof. Dr. H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch<br />

abgehalten. Der Kongress wurde <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit <strong>der</strong> Sektion Neurotraumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Neurochirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

veranstaltet. Die Hauptthemen des Kongresses<br />

waren „Schädelhirnverletzungen“<br />

und „Verletzungen des Schultergelenkes“.<br />

Die Schädelhirnverletzungen be<strong>in</strong>halteten<br />

Übersichten und Diagnostik, Therapie, Letalitätsanalysen<br />

sowie Fragen <strong>der</strong> Rehabilitation<br />

und Begutachtung. Bei den Schultergelenkverletzungen<br />

wurden Übersichten<br />

und Diagnostik, die Therapie <strong>der</strong> Frakturen,<br />

Schulterluxationen, Luxationsfrakturen,<br />

Verletzungen <strong>der</strong> Rotatorenmanschette,<br />

Humerusverletzungen im Wachstumsalter<br />

sowie Fragen <strong>der</strong> Rehabilitation und Begutachtung<br />

diskutiert. Außerdem standen die<br />

Verletzungen des Schultereckgelenkes im<br />

Mittelpunkt <strong>der</strong> wissenschaftlichen Erörterungen.<br />

Als Gastreferenten nahmen die Professoren<br />

Dr. J. Böhler, Wien (Österreich), und<br />

Dr. G. Hierholzer am wissenschaftlichen<br />

Programm aktiv teil.<br />

� Summary: wurde nicht gedruckt<br />

Der XI. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 6) fand vom 6.–9.9.1988 <strong>in</strong> Leipzig<br />

unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung von<br />

Herrn Prof. Dr. K. Franke, Berl<strong>in</strong>/Pankow,<br />

statt. Das Hauptthema des Kongresses<br />

beschäftigte sich im Komplex mit den „frischen<br />

Verletzungen des Kniegelenkes <strong>in</strong>klusive<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>strumentellen Diag nostik und <strong>der</strong><br />

Abb. 3 Titelblatt zum Programmheft des<br />

VIII. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1982<br />

Abb. 5 Titelblatt zum Programmheft des<br />

X. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1986<br />

Abb. 4 Titelblatt zum Programmheft des<br />

IX. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1984<br />

Abb. 6 Titelblatt zum Programmheft des<br />

XI. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1988<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 39


40<br />

Abb. 7 Anlässlich des XI. Unfallchirurgenkon gresses wurde Herrn Dr. h.c. Robert Mathys (Schweiz)<br />

im Gewandhaus zu Leipzig die Ehrennadel <strong>der</strong> „Karl-Marx-Universität Leipzig“ verliehen. (v.l.n.r.: Welz<br />

(Cottbus), Markgraf (Jena), Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch (Leipzig), Mathys (Bettlach-Schweiz), Henke (Erfurt),<br />

Sandner (Leipzig)). Aus: Privatarchiv K. Sandner<br />

Kniegelenk-Endoskopie“. In diesem Rahmen<br />

wurden die <strong>in</strong>traartikulären Frakturen, traumatische<br />

Knorpelschäden, Kapsel-Bän<strong>der</strong>-<br />

Läsionen, <strong>in</strong>klusive Meniskusläsionen und<br />

operative Arthroskopie umfassend abgehandelt.<br />

Außerdem wurden die Verletzungen<br />

nach Kniegelenkluxationen, die sekundäre<br />

Therapie sowie Fragen <strong>der</strong> Rehabilitation<br />

und <strong>der</strong> Begutachtung erörtert. Die optimale<br />

Therapie <strong>der</strong> Kniegelenkverletzungen<br />

wurde <strong>in</strong> Rundtischgesprächen ausführlich<br />

diskutiert und zusammengefasst als Therapierichtl<strong>in</strong>ien<br />

den Kongressteilnehmern<br />

<strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Zum Gel<strong>in</strong>gen des<br />

Kongresses trugen als Gastreferenten die<br />

Professoren Dr. W. Gl<strong>in</strong>z, Zürich (Schweiz),<br />

Dr. G. Muhr, Bochum, und Dr. P. Hertel, Berl<strong>in</strong>-West,<br />

bei (� Abb. 7).<br />

� Summary: Zbl. Chirurgie 1989; 114:<br />

1171–1180<br />

Der XII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(� Abb. 8) stellt e<strong>in</strong> Unikat <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> deutschen <strong>Unfallchirurgie</strong> dar. Die wissenschaftliche<br />

Veranstaltung wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> beschlossen, entsprechend konzipiert<br />

und nahezu vollständig organisiert. Der<br />

Kongress fand unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Leitung von Herrn Prof. Dr. E. Markgraf,<br />

Jena, vom 5.–8.11.1990 im wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>ten<br />

Deutschland <strong>in</strong> Leipzig statt. Als Hauptthema<br />

des Kongresses wurde die „konservative<br />

Frakturtherapie – Indikationen und Methoden<br />

bei Verletzungen <strong>der</strong> oberen und<br />

unteren Extremität“ abgehandelt. Ferner<br />

wurden „neue Trends <strong>in</strong> <strong>der</strong> Infektionsbehandlung“<br />

sowie „therapeutische Grenz<strong>in</strong>dikationen<br />

bei Wirbelfrakturen“ vorgestellt.<br />

E<strong>in</strong> weiteres wichtiges Kongressthema<br />

betraf verlaufsbed<strong>in</strong>gte Komplikationen<br />

nach Extremitätenverletzungen, wie zum<br />

Beispiel nervale Komplikationen, das Kom-<br />

Abb. 8 Titelblatt zum Programmheft des<br />

XII. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1990<br />

partment-Syndrom, Gefäßschäden, Morbus<br />

SUDECK (Algodystrophie) und ossäre Komplikationen<br />

(verzögerte Knochenbruchheilung,<br />

Pseudarthrosen, Komplikationen nach<br />

Osteosynthesen). Außerdem wurden Fragen<br />

<strong>der</strong> Begutachtung erörtert. Der Repräsentant<br />

<strong>der</strong> AO-International, Herr Professor Dr.<br />

H. Willenegger, Pratteln-Liestal (Schweiz),<br />

sowie die Professoren Dr. U. Heim, Bern<br />

(Schweiz), Dr. E. Trojan, Wien (Österreich),<br />

Dr. H. Renner, Budapest (Ungarn), Dr. G.<br />

Muhr, Bochum, J. Probst, Murnau, und Dr.<br />

D. Havemann, Kiel, bereicherten mit ihren<br />

<strong>Beiträge</strong>n wesentlich das Kongresspro -<br />

gramm.<br />

Publikationen<br />

1. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch H, Riedeberger J.<br />

Kl<strong>in</strong>ik und Therapie <strong>der</strong> Verbrennungsverletzungen.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Volk und<br />

Gesundheit; 1979<br />

2. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch H. Kl<strong>in</strong>ik und Therapie<br />

<strong>der</strong> Verbrennungsverletzungen. 2. überarbeitete<br />

und erweiterte Auflage. Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Volk und Gesundheit; 1983<br />

3. Becker T. Kurzgefasster Operationskurs.<br />

1. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1955. 1. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1956, 2. neubearbeitete<br />

Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth;<br />

1959, 3. neubearbeitete Aufl. Leipzig: VEB<br />

Johann Ambrosius Barth; 1963. 4. Aufl. Leipzig:<br />

VEB Johann Ambrosius Barth; 1980<br />

5. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1984. 6. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1989. Lizenzausgabe des<br />

Barth-Verlags. Frankfurt/Ma<strong>in</strong>: Ed. Wötzel;<br />

1989<br />

4. Becker T. Grundriss <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1967<br />

5. Becker T. Grundriss <strong>der</strong> speziellen <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Teil I: Kopf – Hals – Brust – Bauch<br />

– Becken. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1968<br />

6. Becker T. Grundriss <strong>der</strong> speziellen <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Teil II: Wirbelsäule – Beckengürtel<br />

– Be<strong>in</strong> und Fuß – Schultergürtel – Arm und<br />

Hand. Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth;<br />

1973<br />

7. Becker T. Grundriss <strong>der</strong> speziellen <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

1. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1983<br />

8. Becker T, Markgraf E. Grundriss <strong>der</strong> speziellen<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>. 2. überarbeitete<br />

und ergänzte Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1986. 2. überarbeitete und<br />

ergänzte Aufl. (Lizenzausgabe des Barth-Verlages).<br />

Stuttgart-NewYork: Thieme;1986.<br />

3. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1989<br />

9. Becker T. Krebs und Unfall. Leipzig: VEB<br />

Johann Ambrosius Barth; 1966 bzw. München:<br />

J. A. Barth; 1966<br />

10. Brückner H. Frakturen und Luxationen.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und<br />

Gesundheit; 1969. 2. bearbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit; 1974.<br />

3. bearbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1978. 4. bearbeitete<br />

Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1981. 5. bearbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1984<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


11. Brückner H, H<strong>in</strong>ze M. Zugangswege <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Traumatologie. 1. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1980. 2. bearbeitete<br />

Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth;<br />

1986. 2. bearbeitete Aufl. Stuttgart: Hippokrates<br />

Verlag; 1986<br />

12. Brückner H. Das Verbandbuch. 1. Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1985<br />

13. Brückner H, Hoff H. Der Gipsverband.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1979. 2. bearbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Verlag Volk und Gesundheit; 1983<br />

14. Brückner H, Ansorge D. Verbandvademecum.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und<br />

Gesundheit; 1988<br />

15. Büchter L. Chirurgische Behandlung <strong>der</strong><br />

verletzten und erkrankten Hand. Leipzig:<br />

VEB Johann Ambrosius Barth; 1972<br />

16. Franke K. Traumatologie des Sports<br />

– Sportmediz<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit; 1977.<br />

2. bearbeitete und erweiterte Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit; 1980. Traumatologie<br />

des Sports. 2. bearbeitete Aufl.<br />

Stuttgart-New York: Thieme; 1980<br />

17. Franke K, Brenke H. Traumatologie des<br />

Sports. 3. bearbeitete und erweiterte Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1986. 3. bearbeitete Aufl. Stuttgart-New<br />

York: Thieme; 1986<br />

18. Franke K. Erste Hilfe bei Sportverletzungen<br />

und Sporthygiene. 2. Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

Sportverl; 1960 (1. Aufl. u.d.T.: Krause G.<br />

Erste Hilfe bei Sportverletzungen und Sporthygiene)<br />

19. Franke K, Unger RR, Paul B. Das Schädel-<br />

Hirn-Trauma (SHT) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Notfallpraxis.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1973. 2. bearb. und erweit. Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit; 1978<br />

20. Heller E. Das Handwerk des chirurgischen<br />

Stationsdienstes. 1. Aufl. Leipzig:<br />

Hirzel; 1948. 2. neubearbeitete Aufl. Leipzig:<br />

Hirzel; 1955. 3. neubearbeitete Aufl. von<br />

Franz Mörl. Leipzig: Hirzel; 1961. 4. neubearbeitete<br />

Aufl. von Franz Mörl. Leipzig: Hirzel;<br />

1966<br />

21. Kiene S, Külz J. Das Schädelhirn trauma<br />

im K<strong>in</strong>desalter. Kl<strong>in</strong>ische und elektroenzephalographische<br />

Aspekte. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1968<br />

22. Kürz<strong>in</strong>ger R, Kollmorgen G, Müldner J.<br />

Grundlagen <strong>der</strong> ärztlichen Begutachtung.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1987<br />

23. Mörl F. Lehrbuch <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und<br />

Gesundheit; 1964. 2. durchges., verb. u. erw.<br />

Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1968<br />

24. Red<strong>in</strong>g R. Chirurgie und Diabetes mellitus.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth;<br />

1974<br />

25. Red<strong>in</strong>g R, Lang G. Schädel – Hirn – Trauma<br />

und Komb<strong>in</strong>ationsverletzungen. Leipzig:<br />

VEB Johann Ambrosius Barth; 1977<br />

26. Red<strong>in</strong>g R. Grundlagen <strong>der</strong> Chirurgie.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1983<br />

27. Senst W. Spezielle Krankheitslehre/Chirurgie/Anästhesiologie/Urologie.<br />

1. Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1982. 2. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und<br />

Gesundheit; 1987. 3. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1989<br />

28. Serfl<strong>in</strong>g HJ, Schober KL, Schmitt W. Spezielle<br />

Chirurgie. 1. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1971. 2. Aufl. Leipzig: VEB<br />

Johann Ambrosius Barth; 1978<br />

29. Strauch E, Schnei<strong>der</strong> HJ, Schrö<strong>der</strong> R.<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Unfallheilkunde, e<strong>in</strong><br />

Leitfaden für Schwestern und Pfleger und<br />

DRK-Helfer. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk<br />

und Gesundheit; 1962. 2. überarbeitete Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1973. 3. überarbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 197<br />

30. Strauch E, He<strong>in</strong>icke D. Die Operationsschwester.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk<br />

und Gesundheit; 1980. 2. überarbeitete Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1985. Strauch E, Düsterhöft S. 3. überarbeitete<br />

Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1989<br />

31. Scheidler K, Wolf E. Notfallmediz<strong>in</strong> – Organisation<br />

und Praxis. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Verlag Volk und Gesundheit; 1978.<br />

2. überarbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk<br />

und Gesundheit; 1981<br />

32. Schmitt W. Allgeme<strong>in</strong>e Chirurgie.<br />

1. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1955. 2. verb. u. verm. Aufl. Leipzig:<br />

VEB Johann Ambrosius Barth; 1958. 3. verb.<br />

u. verm. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1960. 4. verb. Aufl. Leipzig: VEB<br />

Johann Ambrosius Barth; 1963. 5. verb. Aufl.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1964.<br />

6. verb. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1966. 7. erw. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1970. 8. erw. Aufl.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1977.<br />

8. erw. Aufl. Stuttgart: Enke; 1977. 9. Aufl.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1979.<br />

10. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1985<br />

33. Schmitt W. Chirurgie <strong>der</strong> Infektionen.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1968<br />

34. Schmitt W, Kiene S. Chirurgie <strong>der</strong><br />

Infektionen. 2. überarbeitete und erweiterte<br />

Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth;<br />

1981. 2. überarbeitete und erweiterte Aufl.<br />

Berl<strong>in</strong>; Heidelberg; New York: Spr<strong>in</strong>ger; 1981<br />

35. Wehner W. Fettembolie.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1968<br />

36. Wehner W, San<strong>der</strong> E. <strong>Unfallchirurgie</strong>.<br />

Lehrbuch für Studenten <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>.<br />

1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1981<br />

37. Wehner W, Schädlich M. Grundlagen<br />

<strong>der</strong> ersten Hilfe. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1972. 2. überarbeitete<br />

Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1975. 3. überarbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1978. 4. überarbeitete<br />

Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1982. 5. überarbeitete Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

VEB Verlag Volk und Gesundheit; 1988<br />

38. Uebermuth H. Die Weichteile im<br />

Bereich <strong>der</strong> Extremitäten. Lehrbuch <strong>der</strong><br />

Chirurgie – Band 1. 11. umgearbeitete Aufl.<br />

Jena: Fischer; 1956<br />

39. Uebermuth H. Spezielle Chirurgie.<br />

1. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1957. 2. verb. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1960. 3. verb. Aufl.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1962.<br />

4. verb. Aufl. Leipzig: VEB Johann Ambrosius<br />

Barth; 1964. 5. verb. Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1967<br />

40. Uebermuth H. Die Chirurgie <strong>der</strong> Lungen.<br />

Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1960<br />

41. Uebermuth H. Die Verletzungen des<br />

Bauches und <strong>der</strong> Bauchorgane. Aus: Die<br />

Chirurgie des Traumas – Band 2. Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Verlag Volk und Gesundheit; 1967<br />

42. Zeumer G. Praxis <strong>der</strong> Handchirurgie<br />

<strong>in</strong> Operationsskizzen. 1. Aufl. Leipzig: VEB<br />

Johann Ambrosius Barth; 1972. 2. überarbeitete<br />

und erweiterte Aufl. Leipzig: VEB Johann<br />

Ambrosius Barth; 1982<br />

43. Zippel H, Höhndorf H. Meniskusverletzungen<br />

und Menikusschäden.<br />

Leipzig: VEB Johann Ambrosius Barth; 1973<br />

Fachbuch „<strong>Unfallchirurgie</strong>“<br />

Das 1964 im Verlag Volk und Gesundheit<br />

erschienene, weit verbreitete „Lehrbuch<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong>“ von Professor Franz<br />

Mörl, Direktor <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik und<br />

Polikl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg, war nicht weiter geführt<br />

worden. Inzwischen hatte sich aber e<strong>in</strong>e<br />

immense Entwicklung <strong>in</strong> allen Bereichen<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> vollzogen. Es fehlte e<strong>in</strong>e<br />

breit angelegte, umfassende Übersicht des<br />

aktuellen Wissens. Nach dem IX. Unfallchirurgenkongress<br />

1984 gewann <strong>der</strong> Verlag<br />

Wolfgang Senst als Initiator für e<strong>in</strong> neues<br />

Projekt.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 41


42<br />

Am 26.9.1986 wurde <strong>der</strong> Vertrag zwischen<br />

dem VEB „Verlag Volk und Gesundheit“ und<br />

den Herausgebern Prof. Dr. Wolfgang Senst,<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik des BKH<br />

Frankfurt/O<strong>der</strong>, Prof. Dr. Günther Hildebrandt,<br />

Leiter <strong>der</strong> Unfallchirurgischen Abteilung<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Charité,<br />

Humboldt-Universität Berl<strong>in</strong> und Dozent Dr.<br />

Eberhard Markgraf, Leiter <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Abteilung <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>der</strong> Friedrich-Schiller-Universität Jena, unterzeichnet.<br />

Die Herausgeber hatten sich für den Charakter<br />

e<strong>in</strong>es Fachbuchs entschieden, das folgenden<br />

Zielstellungen dienen sollte:<br />

– Vermittlung e<strong>in</strong>es unfallchirurgischen Basiswissens<br />

für den Facharzt für Chirurgie<br />

o<strong>der</strong> Orthopädie <strong>in</strong> <strong>der</strong> täglichen traumatologischen<br />

Praxis,<br />

– Informationsquelle für den Arzt <strong>in</strong> Weiterbildung<br />

zum Facharzt für Chirurgie und <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Subspezialisierung Traumatologie,<br />

– Nachschlagewerk für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>er,<br />

Sportärzte, Fachärzte für Physiotherapie<br />

und <strong>der</strong> angrenzenden chirurgischen<br />

Fachgebiete.<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Motivation bestand für Verlag,<br />

Herausgeber und Autoren dar<strong>in</strong>, dass<br />

im deutschsprachigen Raum ke<strong>in</strong> Werk existierte,<br />

welches mit dem angestrebten Profil<br />

e<strong>in</strong>es Fachbuches vergleichbar gewesen<br />

wäre. Die Herausgeber verwiesen auf die<br />

Marktsituation und schrieben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konzeption:<br />

„Das unfallchirurgische Basiswissen<br />

wird <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie durch Monografien<br />

über abgegrenzte Themenkreise, darüber<br />

h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> Handbüchern, Kompendien und<br />

Lehrbüchern für Studenten vermittelt“. Erst<br />

1995 erschien im Verlag Urban & Schwarzenberg<br />

die „<strong>Unfallchirurgie</strong>“ von A. Rüter,<br />

O. Trentz und M. Wagner.<br />

Die Herausgeber und die weiteren 34 Mitautoren<br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, BRD, CSSR, Österreich,<br />

Schweiz, Ungarn bearbeiteten <strong>in</strong>sgesamt<br />

36 Kapitel. In e<strong>in</strong>er mehrtägigen Klausur<br />

wurden E<strong>in</strong>zelheiten des Buchprofils beraten<br />

und e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Abstimmung vorgenommen.<br />

Im Jahre 1988 verstarb Professor Dr. G. Hildebrandt<br />

unerwartet. Wolfgang Senst und<br />

Eberhard Markgraf führten das Projekt alle<strong>in</strong><br />

weiter und legten Anfang 1989 dem<br />

Verlag e<strong>in</strong> etwa 1400 Seiten umfassendes<br />

Manuskript mit zahlreichen Abbildungen,<br />

Strichzeichnungen, Tabellen und Diagrammen<br />

vor. Doch das Lektorat kam <strong>in</strong> Verzug,<br />

die Lektoren wechselten, so dass <strong>der</strong> Titel<br />

nicht wie geplant im gleichen Jahr ersche<strong>in</strong>en<br />

konnte.<br />

Als Folge <strong>der</strong> politischen Wende und Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

vollzog sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit für den Osten Deutschlands charakteristischer<br />

weiterer Ablauf: Der <strong>zur</strong> GmbH<br />

umgewandelte volksei gene Verlag „Volk<br />

und Gesundheit“ verlangte e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />

Risikoabsicherung und orientierte auf Sponsoren,<br />

um den Titel weiter führen zu können.<br />

Diese Unterstützungen wurde uns von<br />

SYNTHES GmbH Bochum, HUG GmbH Freiburg/Umkirch,<br />

BEIERSDORF-AG Hamburg<br />

<strong>in</strong> Aussicht gestellt. Daraufh<strong>in</strong> erhielten wir<br />

am 19.11.1990 vom Verlag die Zusage, das<br />

1989 bereits begonnene Lektorieren des<br />

Manuskripts zügig abzuschließen und das<br />

Buch im Herbst 1991 herauszubr<strong>in</strong>gen. Es<br />

sollte anlässlich des 4. Ostdeutschen AO-<br />

Symposiums <strong>in</strong> Weimar vorgestellt werden.<br />

Im Jahr darauf nahm <strong>der</strong> Verlag Volk und<br />

Gesundheit, <strong>der</strong> bald darauf nicht mehr existierte,<br />

von se<strong>in</strong>en Verpflichtungen Abstand.<br />

Diese Entwicklung voraussehend, nahmen<br />

wir schon im Herbst 1990 mit dem Johann<br />

Ambrosius Barth Verlag Leipzig Kontakt auf.<br />

Eberhard Markgraf hatte e<strong>in</strong> sondierendes<br />

Gespräch geführt, an welches wir jetzt anknüpfen<br />

konnten. Inzwischen (März 1991)<br />

war jedoch J. A. Barth über die Treuhand von<br />

<strong>der</strong> Hüthig-Verlagsgruppe Heidelberg als<br />

alle<strong>in</strong>iger Gesellschafter übernommen worden.<br />

Mit Nachdruck wurde nunmehr aus<br />

marktstrategischen Gründen empfohlen,<br />

Verträge mit Alt-BRD-Autoren abzuschließen<br />

und auch <strong>in</strong> vorhandene und bewährte<br />

Titel namhafte Fachvertreter aus den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>zubeziehen. Daraufh<strong>in</strong><br />

gewannen wir Prof. Dr. Gert Muhr, Direktor<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>ik und<br />

Polikl<strong>in</strong>ik Berufsgenossenschaftliche Krankenanstalten<br />

„Bergmannsheil Bochum“ als<br />

weiteren Herausgeber. Das Manuskript war<br />

<strong>in</strong>zwischen veraltet. In die Überarbeitung<br />

und Neufassung von Kapiteln sollten Mitarbeiter<br />

von Gert Muhr e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

2 Jahre später, am 4.11.1993, entschlossen<br />

sich die Herausgeber das Projekt aufzugeben.<br />

Dieser schweren Entscheidung, zu <strong>der</strong><br />

wir ke<strong>in</strong>e Alternative sahen, lagen mehrere<br />

Ursachen zugrunde. Der langjährige und<br />

mit <strong>der</strong> chirurgischen <strong>DDR</strong>-Fachliteratur<br />

vertraute Cheflektor des Johann-Ambrosius-Barth-Verlages<br />

P. Bläske hatte im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Verlagsumgestaltung se<strong>in</strong>e Tätigkeit<br />

gewechselt. Das Leipziger Cheflektorat<br />

wurde durch e<strong>in</strong>e Bereichsleitung Mediz<strong>in</strong><br />

mit Sitz <strong>in</strong> Heidelberg ersetzt. Die Überarbeitung<br />

des gesamten Manuskriptes war<br />

nicht vorangekommen. Die Mitautoren im<br />

Osten Deutschlands waren mit den Auswirkungen<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung ausgelastet.<br />

Chefärzte und Leiter konzentrierten sich <strong>in</strong><br />

dieser Zeit <strong>der</strong> Umgestaltung auf an<strong>der</strong>e<br />

Aufgaben. Priorität hatte die Umsetzung<br />

neuer Gesetze sowie versicherungsrechtlicher<br />

und f<strong>in</strong>anzieller Regelungen <strong>in</strong> ihren<br />

Verantwortungsbereichen. Die technische<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>in</strong> vielen Kl<strong>in</strong>ikbereichen<br />

erfor<strong>der</strong>te ebenfalls e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit.<br />

Es fehlte <strong>der</strong> nötige Freiraum.<br />

Die jahrelangen Mühen führten zwar nicht<br />

zum Erfolg, sie waren dennoch nicht vergeblich.<br />

Wir können heute auf e<strong>in</strong>e Zeit <strong>in</strong>teressanter<br />

Diskussionen und anregen<strong>der</strong><br />

Gespräche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr angenehmen kollegialen<br />

Atmosphäre <strong>zur</strong>ückblicken.<br />

Prof. Dr. K. Sandner<br />

Rohrbacher Str. 18<br />

08258 Markneukirchen/Sachsen<br />

OT Landwüst<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

Prof. Dr. W. Senst<br />

Wildenbruch Str. 5a<br />

15230 Frankfurt/O<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Unfallchirurgische Aktivitäten und<br />

Erfahrungen <strong>in</strong> Mosambik und Uganda<br />

D. Paul, K. Paul<br />

Diese Mitteilung beruht überwiegend auf<br />

eigenen Erfahrungen, die wir als Chirurg<br />

und Krankenschwester während e<strong>in</strong>es<br />

2-jährigen Aufenthaltes <strong>in</strong> Mosambik 1983<br />

bis 1985 und e<strong>in</strong>em weiteren 6-monatigen<br />

E<strong>in</strong>satzes als Chirurg <strong>in</strong> Uganda 1989 sammeln<br />

konnten. Die <strong>in</strong> diesem Bericht enthaltenen<br />

politischen Schlussfolgerungen s<strong>in</strong>d<br />

letztlich als persönliche und damit unverb<strong>in</strong>dliche<br />

E<strong>in</strong>schätzungen anzusehen.<br />

Die <strong>DDR</strong> unterhielt während ihres Bestehens<br />

enge Beziehungen zu den Staaten<br />

<strong>der</strong> dritten Welt, die ihr beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Anerkennungsfrage wohl gesonnen waren<br />

und zu erkennen gaben, dass sie zum<strong>in</strong>dest<br />

tendenziell e<strong>in</strong>e sozialistische Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>schlagen wollten. Im Rahmen dieser Beziehungen<br />

wurde auch die Gewährung mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Hilfeleistungen vere<strong>in</strong>bart. Da<br />

die Haltung mancher dieser „befreundeten“<br />

Staaten im Laufe <strong>der</strong> Zeit wechselte, wurde<br />

die mediz<strong>in</strong>ische Hilfeleistung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> unterschiedlichen<br />

Staaten zuteil: Wurden anfangs<br />

Ärzte z. B. nach Algerien, Ghana und<br />

Ägypten entsandt, betraf das später mehr<br />

Angola, Mosambik, Nikaragua, Kambotscha<br />

und Äthiopien. Dabei ist nicht zu übersehen,<br />

dass es sich oft um <strong>in</strong>nenpolitisch außerordentlich<br />

<strong>in</strong>stabile Län<strong>der</strong> handelte, <strong>in</strong> denen<br />

Bürgerkrieg o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest bürgerkriegsähnliche<br />

Zustände herrschten.<br />

Die mediz<strong>in</strong>ischen Hilfeleistungen beruhten<br />

auf zwischenstaatlichen Verträgen<br />

zwischen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und dem jeweiligen Entwicklungsland<br />

und wurde pr<strong>in</strong>zipiell von<br />

staatlichen Stellen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> organisiert:<br />

Das M<strong>in</strong>iste rium für Gesundheitswesen<br />

war zuständig für Ärzte aus Bezirks- und<br />

Kreiskrankenhäusern, das M<strong>in</strong>isterium für<br />

Hochschulwesen für Ärzte aus Universitätskl<strong>in</strong>iken.<br />

Seltener wurden Außenhandelsbetriebe<br />

wie BIEG u. a. aktiv. Für die Abwicklung<br />

vor Ort waren die Botschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

zuständig, die wie<strong>der</strong>um von verschiedenen<br />

untergeordneten Strukturen (z. B. INTER-<br />

COOP) unterstützt wurden.<br />

Die Auswahl geeigneter Ärzte oblag <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel <strong>der</strong> Abteilung Gesundheitswesen bei<br />

den Räten <strong>der</strong> Bezirke. Die Anregung zu<br />

e<strong>in</strong>er Tätigkeit im Ausland g<strong>in</strong>g fast ausschließlich<br />

von dieser Behörde aus, während<br />

persönliche Bewerbungen und Initiativen<br />

eher Ausnahmen darstellten. Dabei war die<br />

<strong>DDR</strong> schon aus Imagegründen an <strong>der</strong> Entsendung<br />

erfahrener kompetenter Fachärzte<br />

<strong>in</strong>teressiert. Die Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er Partei<br />

stellte dagegen ke<strong>in</strong> Kriterium für e<strong>in</strong>en<br />

<strong>der</strong>artigen E<strong>in</strong>satz dar. Ehepaare konnten<br />

geme<strong>in</strong>sam reisen, wenn e<strong>in</strong>e geeignete<br />

berufliche Tätigkeit für den Ehepartner am<br />

E<strong>in</strong>satzort vorhanden war und K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> <strong>zur</strong>ückblieben.<br />

In unserem Fall konfrontierte uns völlig<br />

überraschend und ohne jede Vorankündigung<br />

e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> des Rates des Bezirkes<br />

mit <strong>der</strong> Frage, ob wir bereit wären,<br />

2 Jahre lang als Chirurg und Krankenschwester<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prov<strong>in</strong>zkrankenhaus <strong>in</strong> Mosambik<br />

zu arbeiten. Die Entscheidung darüber<br />

lag ausschließlich bei uns; Druck wurde<br />

nicht ausgeübt.<br />

Die Motivation für die Übernahme e<strong>in</strong>er<br />

solchen Aufgabe dürfte bei den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Kandidaten sicher unterschiedlich gewesen<br />

se<strong>in</strong>. Bei uns überwog e<strong>in</strong>deutig <strong>der</strong><br />

Gedanke, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>tönigkeit des täglichen Lebens<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Enge <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> für e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Zeit zu entfliehen und etwas völlig Neues,<br />

e<strong>in</strong>schließlich des Erlernens e<strong>in</strong>er Fremdsprache<br />

(bei uns portugiesisch) kennen zu<br />

lernen. Weiter war für uns, wie sicher auch<br />

für viele an<strong>der</strong>e Kollegen, <strong>der</strong> Wunsch sehr<br />

wesentlich, s<strong>in</strong>nvolle Hilfe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entwicklungsland<br />

zu leisten. F<strong>in</strong>anzielle Erwägungen<br />

dürften demgegenüber von untergeordneter<br />

Bedeutung gewesen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e<br />

entsprechende Absicherung war gegeben,<br />

da die Planstelle während <strong>der</strong> Abwesenheit<br />

nicht an<strong>der</strong>weitig vergeben werden durfte<br />

und somit die Rückkehr auf den alten Arbeitsplatz<br />

gewährleistet war. Das Gehalt<br />

wurde während des E<strong>in</strong>satzes weiter gezahlt,<br />

h<strong>in</strong>zu kam vor Ort e<strong>in</strong>e zusätzliche relativ<br />

ger<strong>in</strong>ge Auslösung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landeswährung.<br />

E<strong>in</strong>e größere Rolle, was allerd<strong>in</strong>gs für<br />

uns nicht zutraf, dürften dagegen nicht selten<br />

Absprachen über e<strong>in</strong>en Karrieresprung<br />

nach Beendigung des E<strong>in</strong>satzes gespielt<br />

haben.<br />

Die unmittelbare Vorbereitung bestand <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Teilnahme an e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tensiven Sprachkurs<br />

und <strong>der</strong> aufwändigen Beschaffung mitzunehmen<strong>der</strong><br />

persönlicher Ausrüstungsge-<br />

genstände und Nahrungsmittel. Es mussten<br />

u. a. Kleidung, Waschmittel, Kosmetika und<br />

persönliche Medikamente für 2 Jahre und<br />

Nahrungsmittel für 3 Monate, dazu zahlreiche<br />

Ausrüstungsgegenstände wie Tauchsie<strong>der</strong>,<br />

Elektrokocher, Backform usw. besorgt<br />

und verpackt werden. Dazu standen neben<br />

dem üblichen Fluggepäck <strong>in</strong>sgesamt 100 kg<br />

„Vorausgepäck“ und e<strong>in</strong>e Seekiste für weitere<br />

100 kg <strong>zur</strong> Verfügung. Diese Vorbereitungen<br />

waren speziell für Mosambik wegen<br />

<strong>der</strong> dort herrschenden extremen Notsituation<br />

(es waren we<strong>der</strong> Nahrungsmittel noch<br />

an<strong>der</strong>e Gegenstände käuflich zu erwerben)<br />

erfor<strong>der</strong>lich; <strong>der</strong> „Nachschub“ wurde dann<br />

direkt aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 3-Monate-<br />

Rhythmus realisiert. Brot musste von den<br />

Frauen selbst gebacken, das gesamte Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

musste gefiltert, abgekocht und anschließend<br />

gekühlt werden.<br />

Eigene Erfahrungen <strong>in</strong> Mosambik<br />

Aufgrund <strong>der</strong> genannten Verträge versorgten<br />

Fachärzte aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die Prov<strong>in</strong>zkrankenhäuser<br />

<strong>in</strong> Chimoio und Tete, wobei<br />

wir <strong>in</strong> Tete, ca. 800 km lande<strong>in</strong>wärts von <strong>der</strong><br />

Hauptstadt Maputo entfernt am Sambesi<br />

gelegen, zum E<strong>in</strong>satz kamen. Dieser e<strong>in</strong>zigen<br />

stationären E<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichnamigen<br />

Prov<strong>in</strong>z oblag die Versorgung <strong>der</strong><br />

ca. 1 Million E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet von<br />

<strong>der</strong> Größe etwa e<strong>in</strong>es Viertels von Deutschland.<br />

Die Gesamtsituation wurde damals bestimmt<br />

durch e<strong>in</strong>en seit ca. 10 Jahren tobenden<br />

Bürgerkrieg, wobei das regierungstreue<br />

Militär die großen Städte besetzt<br />

hielt und dort auch für Sicherheit sorgte,<br />

während das gesamt flache Land de facto<br />

von den „Rebellen“ beherrscht wurde. Daraus<br />

ergaben sich beson<strong>der</strong>s für die weit<br />

von <strong>der</strong> Hauptstadt entfernten Prov<strong>in</strong>zen<br />

wie Tete außerordentliche Schwierigkeiten<br />

durch den vollständigen Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> gesamten Infrastruktur und die damit<br />

verbundene Unterbrechung <strong>der</strong> Straßenverb<strong>in</strong>dungen<br />

und damit <strong>der</strong> Nachschubwege<br />

für Nahrungsmittel und sonstige Hilfsmaßnahmen.<br />

Die e<strong>in</strong>zige Verb<strong>in</strong>dung <strong>zur</strong> Hauptstadt<br />

bestand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Flugverb<strong>in</strong>dung<br />

pro Woche. Dieses Flugzeug wurde<br />

stets sehnlichst erwartet, da es möglicher-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 43


44<br />

weise Post aus <strong>der</strong> Heimat an Bord hatte.<br />

Stabile Straßenverb<strong>in</strong>dungen existierten<br />

auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z Tete nicht mehr,<br />

so dass die Mehrzahl <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wohner das<br />

Prov<strong>in</strong>zkrankenhaus nur unter größten<br />

Schwierigkeiten erreichen konnte.<br />

Unter diesen unruhigen Umständen<br />

standen natürlich Fragen <strong>der</strong> eigenen Sicherheit<br />

stets im Mittelpunkt, zumal wir erleben<br />

mussten, wie Ansiedlungen <strong>in</strong> naher<br />

Umgebung <strong>der</strong> Stadt Tete überfallen und<br />

nie<strong>der</strong>gebrannt und ihre E<strong>in</strong>wohner getötet<br />

o<strong>der</strong> schwer verletzt wurden.<br />

In die Zeit unseres Aufenthaltes fiel auch<br />

e<strong>in</strong> tragisches Ereignis, als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

Prov<strong>in</strong>z landwirtschaftliche Entwicklungshelfer<br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> auf dem Weg zu ihrer<br />

Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>terhalt gerieten und ermordet<br />

wurden.<br />

Wir können aber retrospektiv feststellen,<br />

dass wir glücklicherweise selbst nie <strong>in</strong> gefährliche<br />

Situationen geraten s<strong>in</strong>d, wobei<br />

wir uns allerd<strong>in</strong>gs nie außerhalb <strong>der</strong> Stadt<br />

aufgehalten haben, was übrigens auch<br />

s<strong>in</strong>nvollerweise von <strong>der</strong> Botschaft <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

so vorgegeben war.<br />

Erstaunlich schnell wurden wir von <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

angenommen und <strong>in</strong>tegriert. Dabei<br />

schätzten wir die zahlreichen Kontakte<br />

mit ganz unterschiedlichen Personengruppen<br />

als sehr <strong>in</strong>teressant und wertvoll e<strong>in</strong>.<br />

Für ganz e<strong>in</strong>fache Menschen war e<strong>in</strong> kurzer<br />

Besuch unsererseits <strong>in</strong> ihren Unterkünften<br />

e<strong>in</strong>e Ehre. E<strong>in</strong>ladungen für unsere Mitarbeiter<br />

wie z. B. die spanischen Nonnen bereiteten<br />

beiden Seiten große Freude. Gern<br />

statteten wir <strong>in</strong>dischen, pakistanischen<br />

o<strong>der</strong> den wenigen verbliebenen portugiesischen<br />

Familien Besuche ab. E<strong>in</strong>e gute und<br />

längere Zusammenarbeit bestand mit e<strong>in</strong>er<br />

jungen britischcn Ärzt<strong>in</strong>, gelegentliche Kontakte<br />

auch zu französischen „Ärzten ohne<br />

Grenzen“ und bundesdeutschen Entwicklungshelfern.<br />

Es soll nicht verschwiegen<br />

werden, dass es e<strong>in</strong>e Pflicht <strong>zur</strong> Berichterstattung<br />

über <strong>der</strong>artige Kontakte gab, die<br />

man mühelos damit erfüllte, dass man <strong>in</strong><br />

größeren Abständen entsprechend harmlose<br />

kurze Schreiben verfasste, etwa wir<br />

folgt: „Bei e<strong>in</strong>em Kaffeetr<strong>in</strong>ken mit mosambikanischen<br />

Mitarbeitern wurde die<br />

schwierige Versorgungslage ausführlich<br />

diskutiert.“<br />

Abwechslung im etwas ermüdenden<br />

Alltag vermittelten ansonsten nur K<strong>in</strong>obesuche,<br />

wo überwiegend sehr seichte<br />

<strong>in</strong>dische Filme o<strong>der</strong> aber Karate-Filme gezeigt<br />

wurden. Echte Höhepunkte dagegen<br />

bedeuteten für uns die Christvespern <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

hochmo<strong>der</strong>nen Kathedrale, denn Tete war<br />

katholischer Bischofssitz.<br />

Abb. 1 Besuch bei e<strong>in</strong>er „Mediz<strong>in</strong>frau“. Aus: Privatarchiv D. und K. Paul<br />

Die E<strong>in</strong>heimischen waren diesen politischen<br />

Wirren praktisch schutzlos ausgeliefert.<br />

Die Lage wurde zusätzlich durch<br />

e<strong>in</strong>e kaum vorstellbare Hungersnot <strong>in</strong>folge<br />

des Ausbleibens e<strong>in</strong>er Regenzeit 1983/1984<br />

kompliziert. Diese wurde noch wesentlich<br />

verstärkt durch das Ausbleiben von Hilfsmaßnahmen,<br />

was wie<strong>der</strong>um auf die völlig<br />

darnie<strong>der</strong>liegende Infrastruktur <strong>zur</strong>ückzuführen<br />

war. Verhungerte Menschen am<br />

Straßenrand und am Hunger gestorbene<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die von ihren Müttern <strong>in</strong>s Krankenhaus<br />

gebracht wurden, waren ke<strong>in</strong>e seltenen,<br />

dafür aber psychisch belastenden Erlebnisse.<br />

Bezeichnend für die extrem hohe<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>sterblichkeit war, dass verstorbene<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> erst ab dem 5. Lebensjahr registriert<br />

wurden. Auch die Leistungsfähigkeit des<br />

mit uns zusammenarbeitenden Personals<br />

litt natürlich unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen.<br />

Nicht zu unterschätzen und aus europäischer<br />

Sicht sicher kritisch zu bewerten<br />

war die verbreitete Tätigkeit von Mediz<strong>in</strong>männern<br />

und -frauen. Die E<strong>in</strong>heimischen<br />

suchten primär fast regelmäßig vor <strong>der</strong><br />

Konsultation e<strong>in</strong>es Arztes den „curandeiro“<br />

auf, was auch auf Mosambikaner zutraf, die<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> jahrelang e<strong>in</strong>e berufliche Ausbildung<br />

absolviert hatten. Wir lernten e<strong>in</strong>e<br />

Mediz<strong>in</strong>frau, die sich von uns an e<strong>in</strong>em Leistenbruch<br />

operieren ließ, kennen und hatten<br />

die seltene Gelegenheit, e<strong>in</strong>mal ihren<br />

Behandlungen beizuwohnen (� Abb. 1).<br />

Alle im Krankenhaus tätigen <strong>DDR</strong>-Bürger<br />

waren geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em recht mo<strong>der</strong>nen<br />

Haus mit großen Wohnungen untergebracht,<br />

<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe wohnten<br />

<strong>in</strong>dische und pakistanische Familien, zu<br />

denen sich rasch gutnachbarliche Bezie-<br />

hungen ergaben. Allerd<strong>in</strong>gs schützten uns<br />

diese für mosambikanische Verhältnisse<br />

sehr guten Wohnbed<strong>in</strong>gungen nicht vor<br />

unkalkulierbaren Ausfällen <strong>der</strong> Strom- und<br />

Wasserversorgung e<strong>in</strong>schließlich von Kühlschrank<br />

und Klimaanlage und <strong>der</strong> Ausgang<br />

des Kampfes gegen die allgegenwärtigen<br />

Kakerlaken blieb je<strong>der</strong>zeit spannend.<br />

Belastend waren zweifellos auch die<br />

klimatischen Verhältnisse, zumal die Regenzeit<br />

<strong>in</strong> die Sommermonate Oktober bis<br />

März mit Temperaturen bis um 40°C fiel,<br />

während die W<strong>in</strong>termonate April bis September<br />

(Trockenperiode mit Temperaturen<br />

zwischen 20° und 30°C) wesentlich angenehmer<br />

waren.<br />

Im von den Portugiesen recht zweckmäßig<br />

konzipierten Prov<strong>in</strong>zkrankenhaus Tete waren<br />

2 Chirurgen, 1 Gynäkologe, 1–2 Pädiater,<br />

1 Internist, 1 Zahnarzt und 1 Apotheker<strong>in</strong><br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> tätig. Zwei <strong>der</strong> mitreisenden<br />

Ehefrauen konnten als Krankenschwestern,<br />

e<strong>in</strong>e weitere als MTA (Laborant<strong>in</strong>) arbeiten.<br />

Das Krankenhaus stand unter <strong>der</strong> Leitung<br />

des e<strong>in</strong>zigen e<strong>in</strong>heimischen Arztes, e<strong>in</strong>es<br />

Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>ers. Als Anaesthesisten<br />

fungierten 2 fachlich ausgezeichnete „Techniker“,<br />

d. h. speziell ausgebildete Krankenpfleger.<br />

Da <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Chirurg überwiegend<br />

abdom<strong>in</strong>alchirurgisch orientiert war, konnte<br />

ich mich schwerpunktmäßig dem unfallchirurgisch-orthopädischen<br />

Krankengut<br />

widmen.<br />

Auch das Operationspersonal besaß e<strong>in</strong>e<br />

durchaus befriedigende Qualifikation und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit ihm gab es nie<br />

ernsthafte Probleme.<br />

Sehr wertvoll für uns war <strong>der</strong> Umstand,<br />

dass die Krankenstationen von langjährig<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 2 Zusammenarbeit mit spanischer Nonne auf <strong>der</strong> neu e<strong>in</strong>gerichteten „M<strong>in</strong>i-Wachstation“. Aus:<br />

Privatarchiv D. und K. Paul<br />

dort tätigen spanischen Nonnen geleitet<br />

wurden, <strong>der</strong>en fachliche Kenntnisse und<br />

vor allem <strong>der</strong>en Engagement über jeden<br />

Zweifel erhaben waren. Die Freude über die<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit war auf<br />

beiden Seiten groß. Mit ihrer Hilfe wurde es<br />

z. B. me<strong>in</strong>er Frau ermöglicht, e<strong>in</strong> Zimmer für<br />

Frischoperierte als „M<strong>in</strong>i-Wachstation“ e<strong>in</strong><strong>zur</strong>ichten<br />

(� Abb. 2).<br />

Die Versorgung <strong>der</strong> Patienten wurde erschwert<br />

durch<br />

– e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>suffiziente Röntgentechnik: Die<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehenden Röntgenfilme<br />

brachten bei dem klimabed<strong>in</strong>gt enorm<br />

hohen Entwicklertemperaturen oft kaum<br />

verwertbare Ergebnisse, trotz aller Bemühungen<br />

e<strong>in</strong>es durchaus gut geschulten<br />

Röntgenassistenten;<br />

– das Fehlen e<strong>in</strong>er Bakteriologie vor Ort: Es<br />

konnten zwar Blut-, Ur<strong>in</strong>- und Stuhlproben<br />

auf Malaria und Wurmeier untersucht<br />

werden, Keim- und Resistenzbestimmungen<br />

mussten jedoch per Flugzeug <strong>in</strong><br />

die Hauptstadt gebracht werden, so dass<br />

die Ergebnisse oft erst nach 3 Wochen<br />

<strong>zur</strong> Verfügung standen. Somit war e<strong>in</strong>e<br />

gezielte Antibiotikagabe praktisch nicht<br />

möglich. Gleiches galt für histologische<br />

Untersuchungen;<br />

– e<strong>in</strong> sehr „buntes“ Angebot an aus <strong>in</strong>ternationalen<br />

Hilfslieferungen stammenden<br />

Medikamenten, weil z. B. <strong>der</strong>en Zusammensetzung<br />

bei Beschriftungen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>esisch<br />

o<strong>der</strong> Japanisch kaum zu entziffern<br />

war;<br />

– e<strong>in</strong>e nur sehr e<strong>in</strong>geschränkte Verwendbarkeit<br />

von Geräten und Instrumenten, die<br />

entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong>komplett o<strong>der</strong> defekt waren<br />

und ke<strong>in</strong> Service <strong>zur</strong> Verfügung stand;<br />

– den häufigen Ausfall <strong>der</strong> Wasser- und<br />

Stromversorgung mit entsprechenden<br />

Auswirkungen auf Wäscheaufbereitung,<br />

Sterilisation usw., wobei e<strong>in</strong> Notstromaggregat<br />

nur für den Operationssaal existierte;<br />

– den Ausfall von Geräten durch Mangel an<br />

technischen Gasen;<br />

– den Mangel an Blutkonserven, da unter<br />

den beschriebenen Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

kaum Spen<strong>der</strong> zu f<strong>in</strong>den waren, falls sich<br />

nicht e<strong>in</strong> Familienmitglied zu e<strong>in</strong>er Spende<br />

bereit erklärte;<br />

– die ungenügende Hygiene auf den Stationen<br />

und<br />

– den herabgesetzten Allgeme<strong>in</strong>zu stand<br />

<strong>der</strong> Patienten und auch <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

durch Hunger, Malaria, Tbc, Bilharziose<br />

und Durchfallerkrankungen, möglicherweise<br />

auch durch AIDS, wobei uns damals<br />

diesbezüglich sowohl mediz<strong>in</strong>ische Erfahrungen<br />

als auch diagnostische Möglichkeiten<br />

fehlten.<br />

Wir Chirurgen wurden mit völlig ungewohnten<br />

Krankheitsbil<strong>der</strong>n konfrontiert,<br />

über die wir vorher nicht aufgeklärt worden<br />

und somit auch nicht entsprechend vorbereitet<br />

waren.<br />

In <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>chirurgie traf das u. a. auf<br />

die Operation unförmiger Ingu<strong>in</strong>alhernien<br />

zu, <strong>der</strong>en Beseitigung oft an die Grenze <strong>der</strong><br />

technischen Möglichkeiten führte.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Beson<strong>der</strong>heit stellte die Exstirpation<br />

riesiger Splenomegalien als Folge<br />

chronischer Malariaerkrankung dar, wobei<br />

das Risiko hauptsächlich dar<strong>in</strong> bestand,<br />

dass meistens nur 500 bis maximal 1000 ml<br />

Blut bereitgestellt werden konnte.<br />

Abb. 3 Abszedierende Myositis. Aus: Privatarchiv<br />

D. und K. Paul<br />

Während Appendizitiden praktisch nie<br />

vorkamen, musste bei lokalisierten Peritonitiden<br />

im rechten Unterbauch deshalb<br />

primär stets an entzündliche Konglomerattumoren<br />

im Ileozökalbereich <strong>in</strong>folge Spulwurmbefalls<br />

o<strong>der</strong> Bilharziose gedacht<br />

werden. Der Mut des Zuwartens mit Durchführung<br />

e<strong>in</strong>er konservativen Behandlung<br />

wurde damit belohnt, dass e<strong>in</strong>e risikoreiche<br />

Laparotomie mit eventueller rechtsseitiger<br />

Hemikolektomie vermieden werden konnte.<br />

Völlig überraschend entdeckten wir bei<br />

e<strong>in</strong>igen Probelaparotomien junger Männer,<br />

die völlig unklare Peritonitissymptome boten,<br />

Dünndarmperforationen <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>es<br />

Typhus abdom<strong>in</strong>alis. Die Dünndarmresektion<br />

führte <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Antibiotikagaben<br />

zu überraschend günstigen Heilverläufen.<br />

E<strong>in</strong> junger mosambikanischer<br />

Armeearzt, <strong>der</strong> gern bei uns hospitierte,<br />

stellte uns e<strong>in</strong> Lehrbuch über „Chirurgie <strong>in</strong><br />

den Tropen“ <strong>zur</strong> Verfügung, welches für uns<br />

bei <strong>der</strong> Erkennung und Behandlung <strong>der</strong>artig<br />

exotischer Krankheitsbil<strong>der</strong> von unschätzbarem<br />

Wert war.<br />

Völlig unbekannt waren uns auch riesige<br />

Abszessbildungen an den Extremitäten,<br />

auffälligerweise ohne schwerere Allgeme<strong>in</strong>symptome.<br />

Bei <strong>der</strong> Spaltung entleerten sich<br />

dann Eitermengen von oft über 1000 ml <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit ausgedehnten Muskelnekrosen<br />

(abszedierende Myositis) (� Abb. 3).<br />

Für den Unfallchirurgen stellte die Versorgung<br />

<strong>der</strong> häufigen Schussverletzungen aller<br />

Art die größte Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Diese<br />

betrafen seltener die Körperhöhlen, da diese<br />

Verletzten wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

<strong>der</strong> Fälle das Hospital nicht lebend erreichten,<br />

son<strong>der</strong>n überwiegend die<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 45


46<br />

Abb. 4 Verletzung nach unsachgemäßem<br />

Umgang mit e<strong>in</strong>er Panzerfaust. Aus: Privatarchiv<br />

D. und K. Paul<br />

Abb. 5 M<strong>in</strong>enopfer. Aus: Privatarchiv D. und K.<br />

Paul<br />

Abb. 6 „Transfixationsgips“ <strong>zur</strong> Behandlung<br />

<strong>in</strong>fizierter Schussbrüche. Aus: Privatarchiv D.<br />

und K. Paul<br />

Extremitäten. Infolge <strong>der</strong> bereits beschriebenen<br />

desolaten Infrastruktur handelte es<br />

sich überwiegend um bereits e<strong>in</strong>ige Tage<br />

alte unversorgte Schussbrüche mit beg<strong>in</strong>nenden<br />

Infektzeichen, die, wenn e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong><br />

Konvoi das Krankenhaus erreichte, stets <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Mehrzahl (bis zu 20 Verletzte) e<strong>in</strong>geliefert<br />

wurden (� Abb. 4).<br />

Beson<strong>der</strong>s schwere Verletzungen mit<br />

Zertrümmerung <strong>der</strong> unteren Extremitäten,<br />

oft e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Genitalien, sahen wir<br />

nach M<strong>in</strong>enexplosionen (� Abb. 5).<br />

Hieb- und Stichverletzungen durch<br />

Buschmesser und Bajonette vervollständigten<br />

die Palette <strong>der</strong> durch den Bürgerkrieg<br />

bed<strong>in</strong>gten und uns Europäern weitgehend<br />

unbekannten Verletzungsarten.<br />

Da <strong>der</strong> Fluss Sambesi reichlich von Krokodilen<br />

und Flusspferden besiedelt ist und die<br />

E<strong>in</strong>heimischen pr<strong>in</strong>zipiell bis zu den Knien<br />

im undurchsichtig braunen Wasser stehend<br />

angelten, mussten mehrfach Nachamputationen<br />

nach abgerissenen Be<strong>in</strong>en <strong>in</strong>folge<br />

von Krokodilbissen vorgenommen werden,<br />

sofern <strong>der</strong> Betroffene überhaupt lebend die<br />

Kl<strong>in</strong>ik erreichte. E<strong>in</strong>mal mussten wir e<strong>in</strong>e<br />

Frau mit Mehrfachfakturen versorgen, die<br />

vor ihrer Hütte von e<strong>in</strong>em Flusspferd angefallen<br />

und durch die Luft gewirbelt worden<br />

war.<br />

Als häufigster typischer Verkehrsunfall<br />

ist <strong>der</strong> Sturz von <strong>der</strong> Ladefläche e<strong>in</strong>es Lkw<br />

mit entsprechenden Folgen zu nennen.<br />

Schwere Verbrennungen ereigneten sich<br />

sehr häufig sowohl bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n wie auch bei<br />

Erwachsenen, wenn diese am offenen Feuer<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hütte e<strong>in</strong>schliefen, e<strong>in</strong>e seltenere Ursache<br />

war <strong>der</strong> unsachgemäße Umgang mit<br />

brennbaren Flüssigkeiten.<br />

Weitere Indikationen ergaben sich aus <strong>der</strong><br />

Notwendigkeit rekonstruktiver Maßnahmen<br />

bei Pseudarthrosen, Fehlstellungen,<br />

Osteomyelitiden, Gelenktuberkulosen, Nervenverletzungen,<br />

chronischen Hautdefekten<br />

und Kontrakturen nach Verbrennungen.<br />

Unfälle waren mit 44,9 % an den 2427 <strong>in</strong>nerhalb<br />

von 21 Monaten stationär aufgenommen<br />

Patienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgie beteiligt. In<br />

diesem Zeitraum wurden stationär und ambulant<br />

1274 Knochenbrüche versorgt.<br />

Das Fehlen kompletter Systeme <strong>zur</strong> Osteosynthese,<br />

noch stärker aber die ungünstigen<br />

Hygienebed<strong>in</strong>gungen und auch die Mentalität<br />

und <strong>der</strong> Intelligenzgrad <strong>der</strong> Patienten<br />

zwangen pr<strong>in</strong>zipiell zunächst <strong>zur</strong> Ausschöpfung<br />

aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten<br />

(88 % <strong>der</strong> Extremitätenfrakturen).<br />

Plattenosteosynthesen waren aus den genannten<br />

Gründen als sehr problematisch<br />

e<strong>in</strong>zuschätzen, zumal e<strong>in</strong>e effektive Nachbehandlung<br />

und Nachuntersuchungen undurchführbar<br />

waren und „Teilbelastungen“<br />

und ähnliche Maßnahmen kaum von den<br />

Patienten realisiert wurden.<br />

Für e<strong>in</strong>ige Verletzungen, mehr noch für<br />

die genannten rekonstruktiven E<strong>in</strong>griffe,<br />

eigneten sich eher die wenigen vorhandenen<br />

Marknägel. Optimal wären für e<strong>in</strong>e<br />

große Anzahl <strong>der</strong> Fälle die Anwendung geeigneter<br />

(billiger) Fixateur externe-Systeme<br />

gewesen, die aber nicht <strong>zur</strong> Verfügung<br />

standen. So blieb als – übrigens recht erfolgreicher<br />

– Ausweg beson<strong>der</strong>s bei <strong>in</strong>fizierten<br />

Unterschenkelschussbrüchen e<strong>in</strong>e<br />

Improvisation <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es „Transfixations-<br />

Gipses“, wobei e<strong>in</strong>gebrachte Ste<strong>in</strong>mann-<br />

Nägel mit beidseits angebrachten schmalen<br />

Gipslonguetten verbunden wurden und<br />

anschließend das Gebilde zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>kompletten<br />

Oberschenkelliegegips ergänzt wurde<br />

(� Abb. 6).<br />

Umfangreiche kl<strong>in</strong>ische Erfahrungen,<br />

beson<strong>der</strong>s aber solide biomechanische<br />

Kenntnisse bilden die Grundlage dafür,<br />

dass sich mit <strong>der</strong>artigen, auf den E<strong>in</strong>zelfall<br />

zugeschnittenen „Improvisationen“ durchaus<br />

gute/befriedigende Resultate erzielen<br />

lassen. <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

kann ke<strong>in</strong>e Aufgabe für Anfänger se<strong>in</strong><br />

(� Abb. 7).<br />

Eigene Erfahrungen <strong>in</strong> Uganda<br />

E<strong>in</strong> weiterer 6-monatiger Aufenthalt <strong>in</strong><br />

Ugan da 1989 basierte auf e<strong>in</strong>em Wirtschaftsabkommen,<br />

<strong>in</strong> dessen Rahmen die<br />

<strong>DDR</strong> für e<strong>in</strong>en neu gebauten Operationstrakt<br />

e<strong>in</strong>es Krankenhauses <strong>in</strong> Kampala die<br />

gesamte technische und <strong>in</strong>strumentelle<br />

Ausstattung geliefert hatte. Geme<strong>in</strong>sam<br />

mit e<strong>in</strong>em Anaesthesisten hatte ich die Aufgabe,<br />

den Operationstrakt e<strong>in</strong><strong>zur</strong>ichten und<br />

<strong>in</strong> Betrieb zu nehmen.<br />

Auch hier bestand das Krankengut überwiegend<br />

aus den Folgen oft jahrelang <strong>zur</strong>ückliegen<strong>der</strong><br />

Schussverletzungen während<br />

des Bürgerkrieges (Infekt-/Defektpseudarthrosen,<br />

chronische Gelenkempyeme; teilweise<br />

groteske Fehlstellungen). Da aber alle<br />

gängigen Instrumente <strong>zur</strong> Verfügung standen,<br />

konnte die Behandlung nach den anerkannten<br />

Pr<strong>in</strong>zipien vorgenommen werden,<br />

so dass auf e<strong>in</strong>e detaillierte Darstellung<br />

verzichtet werden kann. Während des Aufenthaltes<br />

<strong>in</strong> Kampala konnten von mir die<br />

ersten 6 Hüftgelenkstotalendoprothesen <strong>in</strong><br />

Uganda implantiert werden.<br />

E<strong>in</strong>e nicht zu übersehende Proble matik<br />

bestand hier jedoch dar<strong>in</strong>, dass die auf<br />

den Stationen herrschenden Verhältnisse<br />

den weitgehend optimalen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

im neuen Operationstrakt diametral entgegengesetzt<br />

waren, beson<strong>der</strong>s was die<br />

Sauberkeit und Hygiene betraf. So musste<br />

<strong>in</strong> jedem e<strong>in</strong>zelnen Fall bei <strong>der</strong> Durchfüh-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 7 Ergebnis nach Arthrodese l<strong>in</strong>kes<br />

Hüftgelenk, valgisieren<strong>der</strong> Osteotomie l<strong>in</strong>ker<br />

Oberschenkel und Verkürzungsosteotomie<br />

rechter Oberschenkel nach frühk<strong>in</strong>dlicher<br />

Hüftkopfnekrose unbekannter Genese. Aus:<br />

Privatarchiv D. und K. Paul<br />

rung e<strong>in</strong>es aseptischen E<strong>in</strong>griffs mit großer<br />

Hartnäckigkeit e<strong>in</strong>e geson<strong>der</strong>te und somit<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>igermaßen adäquate Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

durchgesetzt werden, um Misserfolge<br />

zu vermeiden.<br />

Zusammenfassung<br />

– Der E<strong>in</strong>satz von Unfallchirurgen stellt e<strong>in</strong>en<br />

wesentlichen Teil <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Hilfeleistungen <strong>in</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

dar und ist deshalb generell als wertvoll<br />

und s<strong>in</strong>nvoll e<strong>in</strong>zuschätzen.<br />

– Für die notleidenden und auf kompetente<br />

ärztliche Hilfe wartenden Menschen <strong>in</strong><br />

den Entwicklungslän<strong>der</strong>n ist es unerheblich,<br />

aus welchen Staaten diese Hilfe<br />

kommt und auf welchen persönlichen,<br />

karitativen o<strong>der</strong> auch politischen Motiven<br />

diese Hilfe basiert.<br />

– Die seitens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Ärzte geleistete Arbeit<br />

war zweifellos effektiv und wurde vor<br />

Ort als sehr wertvoll e<strong>in</strong>geschätzt, weil<br />

erfahrende Fachärzte entsandt wurden,<br />

die fähig waren, auch unter schwierigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen zum<strong>in</strong>dest befriedigende<br />

Resultate zu erzielen.<br />

– Die organisatorische Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Ärzte, <strong>der</strong>en Betreuung im E<strong>in</strong>satzland<br />

seitens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Behörden und <strong>der</strong> gesicherte<br />

Erhalt des Arbeitsplatzes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Heimat können retrospektiv als durchaus<br />

zweckentsprechend und nützlich bezeichnet<br />

werden.<br />

– Übere<strong>in</strong>stimmend schätzen <strong>in</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

tätig gewesene Kollegen<br />

auch noch nach Jahren nicht nur ihre fachliche<br />

Tätigkeit als s<strong>in</strong>nvoll und effektiv e<strong>in</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n verweisen auch darauf, dass e<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>artiger E<strong>in</strong>satz sie durch das Kennnenlernen<br />

<strong>der</strong> Schönheiten und <strong>der</strong> Probleme<br />

des fasz<strong>in</strong>ierenden Erdteils Afrika bereichert,<br />

beson<strong>der</strong>s aber auch persönlichcharakterlich<br />

wesentlich geprägt habe.<br />

PD Dr. D. Paul<br />

K. Paul<br />

Wil<strong>der</strong>-Mann-Str. 42<br />

01129 Dresden<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 47


48<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an me<strong>in</strong> Zusatzstudium im<br />

Lettischen wissenschaftlichen Institut für<br />

Traumatologie und Orthopädie <strong>in</strong> Riga<br />

1. Januar bis 30. Juni 1986<br />

F. Schulz<br />

„Du musst als parteiloser Mitarbeiter an e<strong>in</strong>er<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong> Gegengewicht haben<br />

und e<strong>in</strong>e Habilitation (B-Promotion) <strong>in</strong><br />

Angriff nehmen.“ So o<strong>der</strong> ähnlich war <strong>der</strong><br />

Rat me<strong>in</strong>es damaligen unfallchirurgischen<br />

Lehrers und För<strong>der</strong>ers, Prof. Dr. Markgraf, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Jenaer Chirurgischen Universitäts-kl<strong>in</strong>ik.<br />

In dieser Zeit (80er Jahre) war auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Jena die<br />

Habilitation die Muss-Voraussetzung für<br />

e<strong>in</strong>e Oberarzternennung. Bei <strong>der</strong> Aufnahme<br />

me<strong>in</strong>er Untersuchungen <strong>zur</strong> Habilitation<br />

(B-Promotion) war mir jedoch nicht bewusst,<br />

dass für den erfolgreichen Abschluss<br />

e<strong>in</strong> Zusatzstudium <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> „sozialistischen<br />

Bru<strong>der</strong>län<strong>der</strong>“ gefor<strong>der</strong>t war. Nach<br />

<strong>der</strong> Verteidigung me<strong>in</strong>er Habilitationsschrift<br />

im Dezember 1985 musste ich somit<br />

noch das formale Kriterium „Zusatzstudium“<br />

erfüllen.<br />

Befreundete Kollegen hatten berichtet, dass<br />

sie während ihres Zusatzstudiums <strong>in</strong> Moskau<br />

bzw. Len<strong>in</strong>grad (St. Petersburg) hauptsächlich<br />

im Operationssaal auf e<strong>in</strong>em Treppchen<br />

über die Schulter des Operateurs schauen<br />

durften und relativierten damit <strong>in</strong>sgesamt<br />

den Nutzen e<strong>in</strong>es solchen Aufenthaltes. Für<br />

mich stand somit, fest – da Prag und Budapest<br />

<strong>in</strong> dem für mich <strong>in</strong> Frage kommenden<br />

Zeitraum nicht möglich war – dass ich mir<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> damaligen Sowjetunion e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Stadt als Moskau o<strong>der</strong> Len<strong>in</strong>grad suchen<br />

musste. Neben Prof. Ilisarow <strong>in</strong> Kurgan war<br />

zu dieser Zeit Prof. Kalnbers <strong>in</strong> Riga für se<strong>in</strong>en<br />

R<strong>in</strong>gfixateur <strong>zur</strong> Frakturstabilisierung<br />

und für Extremitätenkorrekturen bekannt.<br />

Me<strong>in</strong>er Bewerbung, das Zusatzstudium <strong>in</strong><br />

Riga zu absolvieren, wurde nach entsprechenden<br />

Begründungsschreiben vom Direktorat<br />

für Internationale Beziehungen <strong>der</strong><br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena stattgegeben.<br />

Damit waren jedoch noch nicht alle<br />

Voraussetzungen erfüllt. Ich musste noch<br />

<strong>in</strong> die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische<br />

Freundschaft e<strong>in</strong>treten und den Russisch-<br />

Sprachkundigen-Nachweis erbr<strong>in</strong>gen. Letzteres<br />

bedeutete e<strong>in</strong> Jahr vier Stunden pro<br />

Woche Russischunterricht und Ablegen <strong>der</strong><br />

Abschlussprüfung.<br />

Nach Überw<strong>in</strong>dung all dieser Hürden flog<br />

ich dann am 2. Januar 1986 via Moskau<br />

nach Riga. Für 14 Tage wohnte ich im Ersten<br />

Hotel am Platz, im Hotel „Latvija“. Umso<br />

größer war die Umstellung, als ich danach<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Wohnheim für wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

<strong>der</strong> Rigaer Universität e<strong>in</strong>quartiert<br />

wurde. Selbst für e<strong>in</strong>en nicht verwöhnten<br />

<strong>DDR</strong>-Bürger waren die Wohnbed<strong>in</strong>gungen<br />

nicht akzeptabel. Es war bee<strong>in</strong>druckend, mit<br />

welcher Selbstverständlichkeit die überaus<br />

kargen Wohnbed<strong>in</strong>gungen von den jungen<br />

Akademikern <strong>der</strong> Rigaer Universität toleriert<br />

wurden (schlecht funktionierende Geme<strong>in</strong>schaftsduschen;<br />

reparaturbedürftige Außentoiletten;<br />

kle<strong>in</strong>e, dunkle, renovierungsbedürftige<br />

H<strong>in</strong>terhofzimmer – möbliert<br />

mit Bett, Stuhl, Tisch, Sp<strong>in</strong>d). Ich habe es <strong>in</strong><br />

diesem Wohnheim nur zwei Tage und zwei<br />

Nächte ausgehalten und konnte dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

am Stadtrand gelegenes Auslän<strong>der</strong>wohnheim<br />

e<strong>in</strong>ziehen, allerd<strong>in</strong>gs mit dem Preis,<br />

täglich 45 M<strong>in</strong>uten mit dem Trolleybus<br />

quer durch Riga fahren zu müssen, da das<br />

Traumatologisch-Orthopädische Institut im<br />

gegenüber liegenden Stadtteil lag. Der Unterschied<br />

zwischen den zwei Wohnheimen<br />

war gravierend: Ich bezog e<strong>in</strong>e me<strong>in</strong>en Bedürfnissen<br />

entsprechende, renovierte und<br />

gut ausgestattete Appartement-Wohnung<br />

(Bad, kle<strong>in</strong>er Flur, Küche, Wohnzimmer mit<br />

Schlafcouch).<br />

Am ersten Tag wurde ich morgens von<br />

e<strong>in</strong>em Kollegen abgeholt, im Institut von<br />

Abb. 2 Lageplan <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Gebäude des<br />

Institutes<br />

Herrn Prof. Kalnbers herzlich begrüßt und<br />

zunächst mit <strong>der</strong> Struktur des Institutes<br />

vertraut gemacht (� Abb. 1).<br />

Abb. 1 Prof. Kalnbers demonstriert se<strong>in</strong>en<br />

„Apparat“. Aus: Informationsbroschüre „Latvian<br />

Scientific Research Institute for Traumatology<br />

and Orthopaedics“ (1981)<br />

Das Lettische wissenschaftliche Institut für<br />

Traumatologie und Orthopädie <strong>in</strong> Riga war<br />

das Zentral<strong>in</strong>stitut für Wissenschaft, Forschung<br />

und Ausbildung und für die überregionale<br />

traumatologisch-orthopädische<br />

Versorgung <strong>der</strong> Patienten <strong>der</strong> damaligen<br />

baltischen Sowjetrepubliken Lettland, Litauen<br />

und Estland zuständig. Die Gebäude<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Abteilungen des Institutes<br />

lagen verstreut <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em parkähnlichen<br />

Gelände. Die Operationssäle waren<br />

dezentralisiert <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen operativen<br />

Abteilungen untergebracht (� Abb. 2, 3).<br />

Abb. 3 Gebäude <strong>der</strong> ersten und zweiten<br />

kl<strong>in</strong>ischen Abteilung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Die kl<strong>in</strong>ischen Abteilungen verfügten damals<br />

<strong>in</strong>sgesamt über 450 traumatologischorthopädische<br />

Betten. Täglich wurden<br />

unfallchirurgische Notfallpatienten e<strong>in</strong>schließlich<br />

neuro-traumatologischer und<br />

Verbrennungspatienten sowie Patienten<br />

mit orthopädischen Erkrankungen aufgenommen.<br />

Die Zuweisung erfolgte aus allen<br />

Städten und Distrikten Lettlands und den<br />

an<strong>der</strong>en damaligen baltischen Republiken.<br />

Des weiteren waren die erfahrenen unfallchirurgisch-orthopädischen<br />

Kollegen des<br />

Institutes oft zu Konsultationen und operativer<br />

Unterstützung <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Kl<strong>in</strong>iken<br />

Rigas und per Hubschrauber <strong>in</strong> ganz Lettland<br />

unterwegs. Der entsprechende consult<br />

doctor war oft tagelang nicht im Institut<br />

e<strong>in</strong>setzbar. In den 80er Jahren wurden ca.<br />

6500 Patienten jährlich <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken des<br />

Institutes stationär behandelt. 7000 operative<br />

E<strong>in</strong>griffe wurden durchgeführt. Die<br />

Zahl <strong>der</strong> ambulanten Behandlungen betrug<br />

ca. 25000 im Jahr. Das Zentrum des Institutes<br />

bildete das Forschungsdepartment<br />

<strong>der</strong> Methodik <strong>der</strong> externen Knochenfixation<br />

mit dem Kompressions-Distraktions-Apparat<br />

nach Prof. Kalnbers. Angeschlossen<br />

waren biophysikalische und biomechanische<br />

Forschungslabors. So wurde die<br />

Frakturheilung unter den Bed<strong>in</strong>gungen des<br />

„Kalnbers-Apparates“ unter unterschiedlichen<br />

Lastbed<strong>in</strong>gungen, nach E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen<br />

allogener dem<strong>in</strong>eralisierter Knochenmatrix,<br />

unter Magnetfeldbed<strong>in</strong>gungen, mit direkter<br />

bzw. <strong>in</strong>direkter Elektrostimulation sowie<br />

bei komplizierten Frakturen auch mit immuntherapeutischen<br />

Verfahren untersucht.<br />

Es wurden an Materialprüfmasch<strong>in</strong>en vergleichende<br />

Stabilitätsmessungen unterschiedlicher<br />

R<strong>in</strong>gmontagen durchgeführt,<br />

um die bestmögliche rigide Konstruktion<br />

zu erzielen. Im Labor für kl<strong>in</strong>ische Biophysik<br />

wurden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Akademie<br />

<strong>der</strong> Wissenschaften <strong>der</strong> Lettischen<br />

Sowjetrepublik die Voraussetzungen für die<br />

Serienproduktion des „Alfa pulsar“, e<strong>in</strong>es<br />

Gerätes für die nie<strong>der</strong>frequente elektromagneti-sche<br />

Therapie bei Patienten mit verzögerter<br />

Frakturheilung, geschaffen. Die Behandlungsstrategien<br />

bei angeborenen und<br />

erworbenen Skelettfehlstellungen und <strong>zur</strong><br />

Frakturversorgung waren ausschließlich auf<br />

den „Kalnbers-Kompressions-Distraktions-<br />

Apparat“ ausgerichtet. Die bei uns angewendeten<br />

Osteosyntheseverfahren <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen<br />

Knochenbruchfixation kamen kaum<br />

<strong>zur</strong> Anwendung und wenn, dann nicht nach<br />

den Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> AO. In <strong>der</strong> experimentellen<br />

Abteilung des Institutes unter <strong>der</strong><br />

Leitung von Prof. Kalnbers wurde die erste<br />

Generation des externen Kompressions-Distraktions-Apparates<br />

bereits 1976 entwickelt<br />

und <strong>in</strong> den folgenden Jahren bis 1979 kont<strong>in</strong>uierlich<br />

verbessert. Mit se<strong>in</strong>en Bestandtei-<br />

len – Plastehalbr<strong>in</strong>gen bzw. Komplettr<strong>in</strong>gen<br />

<strong>in</strong> flacher, mit Bohrungen versehener o<strong>der</strong><br />

run<strong>der</strong> Form, den Befestigungsschellen, Gew<strong>in</strong>destangen<br />

und Kompressions- bzw. Distraktionsmuttern,<br />

war es möglich – über die<br />

transossär e<strong>in</strong>gebrachten und gespannten<br />

Kirschnerstifte (mit o<strong>der</strong> ohne Olive) die Reposition<br />

und rigide Fixation von Schaftfrakturen<br />

und Gelenkfrakturen zu erzielen. Für<br />

mich bee<strong>in</strong>druckend war, mit welcher Präzision<br />

das Anlegen des Apparates geplant<br />

und durchgeführt wurde. Anhand des präoperativen<br />

Röntgenbildes wurden die Positionierung<br />

<strong>der</strong> Kirschnerstifte und die Lage<br />

<strong>der</strong> R<strong>in</strong>ge festgelegt, unmittelbar vor <strong>der</strong><br />

Operation die Landmarken <strong>der</strong> Region, <strong>der</strong><br />

Verlauf <strong>der</strong> wichtigen funktionellen Gebilde<br />

und <strong>der</strong> Frakturverlauf aufgezeichnet. Die<br />

begleitende Röntgenbildverstärkerkontrolle<br />

während <strong>der</strong> Operation war obligat. Für<br />

jede Region <strong>der</strong> Extremitätenknochen, Gelenkregion<br />

und Schaftknochen <strong>der</strong> oberen<br />

und unteren Extremität gab es e<strong>in</strong>en Spezialisten,<br />

<strong>der</strong> dieses Gebiet wissenschaftlich<br />

bearbeitet und darüber promoviert hatte.<br />

Ich konnte während me<strong>in</strong>er Hospitation<br />

bei allen Operationen assistieren und auch<br />

selbst den „Apparat“ mit erfahrenen Kollegen<br />

anlegen (� Abb. 4–6).<br />

Komplexe und schwierige Frakturformen<br />

aller Extremitätenregionen wurden überzeugend<br />

und rout<strong>in</strong>iert mit dem Kalnbers<br />

Apparat dreidimensional reponiert, ret<strong>in</strong>iert<br />

und <strong>in</strong>dividuell frakturtypadäquat funktionell<br />

mit guten und akzeptablen Ergebnissen<br />

<strong>zur</strong> Ausheilung gebracht. Sicher ist diskussionswürdig,<br />

dass Frakturen ausschließlich<br />

mit dem Kalnbers-Apparat stabilisiert wurden<br />

und an<strong>der</strong>e Osteosyntheseverfahren<br />

praktisch nicht <strong>zur</strong> Anwendung kamen.<br />

Verantwortlich dafür waren die materialtechnischen<br />

Voraussetzungen: das AO-<br />

Instrumentarium und die AO-Implantate<br />

sowie <strong>in</strong>tramedulläre Nagelsysteme waren<br />

zwar bekannt, aber nicht vorhanden. So war<br />

die „Wahl“ des geeigneten Osteosyntheseverfahrens<br />

vorgegeben. Ich habe lediglich<br />

vere<strong>in</strong>zelt Osteosyntheseplatten polnischen<br />

Fabrikates gesehen. Auch die Hüftendoprothetik<br />

war aufgrund <strong>der</strong> herrschenden Mangelsituation<br />

aus me<strong>in</strong>er Sicht unterentwickelt,<br />

obwohl verschiedene Biomaterialien<br />

auf ihre statischen und dynamischen Eigenschaften<br />

im sogenannten Endoprothesenlabor<br />

untersucht wurden. E<strong>in</strong> schwedisches<br />

Team hat e<strong>in</strong>mal an zwei Tagen bikondyläre<br />

Knieprothesen implantiert. Sie hatten dafür<br />

alle Instrumente und Implantate bis h<strong>in</strong> zum<br />

Nahtmaterial mitgebracht. Der materialtechnische<br />

Mangel hat jedoch an<strong>der</strong>erseits<br />

zu vielen eigenständigen patentrechtlichen<br />

Entwicklungen geführt und <strong>in</strong>sgesamt das<br />

Improvisationsvermögen gefor<strong>der</strong>t. Ich<br />

Abb. 4 Planung <strong>der</strong> Positionierung des<br />

„Apparates“<br />

Abb. 5 Der „Kalnbers-Apparat“ am Ober- und<br />

Unterschenkel <strong>in</strong> situ<br />

Abb. 6 Der Patient während <strong>der</strong> funktionellen<br />

Nachbehandlung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 49


50<br />

Abb. 7 Reiserouten während me<strong>in</strong>es<br />

Studienaufenthaltes<br />

er<strong>in</strong>nere mich an e<strong>in</strong> dem Schenkelhalsdurchmesser<br />

angepasstes köcherförmiges<br />

Zielgerät zum E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>er Vielzahl von<br />

Kirschnerstiften <strong>zur</strong> Versorgung medialer<br />

und lateraler Schenkelhalsfrakturen o<strong>der</strong> an<br />

e<strong>in</strong>e Halsmanschette, die über e<strong>in</strong>en Fe<strong>der</strong>mechanismus<br />

<strong>zur</strong> kontrollierten Distraktion<br />

<strong>der</strong> HWS führte (Prof. Zeidurs).<br />

Regelhaft begann <strong>der</strong> Dienst im Institut um<br />

7:30 Uhr mit e<strong>in</strong>er Morgenbesprechung<br />

und Röntgenvisite, die <strong>zur</strong> sprachlichen<br />

Schulung <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Abteilungen abwechselnd russisch, lettisch,<br />

englisch o<strong>der</strong> deutsch abgehalten wurden.<br />

Um 8:00 Uhr begann dann das Operationsprogramm.<br />

Außer Akutoperationen, die<br />

notfallmäßig versorgt wurden, wurde nur<br />

an jedem zweiten Tag elektiv operiert. Die<br />

an<strong>der</strong>en Tage wurden für Stationsarbeiten<br />

und adm<strong>in</strong>istrative Tätigkeiten genutzt. Regelmäßige<br />

Weiterbildungsveranstaltungen<br />

fanden außerhalb <strong>der</strong> regulären Dienstzeit<br />

statt. Vor<strong>der</strong>gründig habe ich während<br />

me<strong>in</strong>es Studienaufenthaltes <strong>in</strong> Riga die<br />

Frakturversorgung, das Pseudarthrosenmanagement<br />

und die Korrektur angeborener<br />

und erworbener Extremitätenfehlstellungen<br />

mit dem „Kalnbers-Apparat“ kennen<br />

gelernt. Daneben konnte ich aber auch<br />

bei Säugl<strong>in</strong>gshüftdysplasieoperationen,<br />

hautplastischen und weichteilrekonstruktiven<br />

Verfahren, Meniskusoperationen<br />

(erstaunlicherweise <strong>in</strong> <strong>in</strong>filtrativer Lokalanästhesie,<br />

ausnahmslos offen und <strong>in</strong> Form<br />

<strong>der</strong> Exstirpation) und – unüblich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

traumatologisch-orthopädischen Institut<br />

– bei Mammaaufbauplastiken mit vorgeformten<br />

„Kadaverfettkörpern“ assistieren.<br />

Arthroskopische E<strong>in</strong>griffe am Kniegelenk,<br />

wie wir sie <strong>in</strong> Jena zu dieser Zeit bereits <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er gewissen Zahl durchführten, waren<br />

aufgrund <strong>der</strong> nicht vorhandenen Ausrüstung<br />

<strong>in</strong> Riga nicht etabliert. Patienten mit<br />

Verletzungen <strong>der</strong> Körperhöhlen wurden <strong>in</strong><br />

entsprechenden Spezialkl<strong>in</strong>iken Rigas versorgt<br />

und die Behandlung <strong>der</strong> begleitenden<br />

Extremitätenverletzungen erfolgte durch<br />

die h<strong>in</strong>zugerufenen „consult doctors“. Auch<br />

bei diesen Aktionen konnte ich mich je<strong>der</strong>zeit<br />

beteiligen.<br />

Insgesamt habe ich alle zwei Monate die<br />

Abteilung gewechselt. Ich wurde <strong>in</strong> jedem<br />

Team herzlich, ausgesprochen kollegial und<br />

une<strong>in</strong>geschränkt <strong>in</strong>tegriert. So habe ich an<br />

mannigfachen Teamfeiern, verschiedenen<br />

Exkursionen und an den regelmäßigen<br />

sportlichen Betätigungen <strong>der</strong> Kollegen teilgenommen.<br />

Zweimal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche wurde<br />

abends Basketball gespielt und selbst bei<br />

e<strong>in</strong>em öffentlichen Orientierungslauf im<br />

Mai 1986 wurde ich <strong>zur</strong> Teilnahme veranlasst<br />

(� Abb. 7, 8).<br />

Wie <strong>der</strong> Landkartenabbildung zu entnehmen<br />

ist, habe ich Dank <strong>der</strong> Kollegen fast<br />

alle Regionen im Baltikum bereisen können,<br />

obwohl ich offiziell nur e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgenehmigung<br />

für die Stadt Riga hatte.<br />

Nicht nur das bee<strong>in</strong>druckende Riga, son<strong>der</strong>n<br />

auch Vilnius und Tall<strong>in</strong> habe ich unter fachkundiger<br />

Führung kennen lernen dürfen<br />

(� Abb. 9).<br />

Ich b<strong>in</strong> mir bewusst, dass ich mich nach<br />

22 Jahren nur fragmenthaft und auch nur an<br />

e<strong>in</strong>ige Akzente me<strong>in</strong>es Studienaufenthaltes<br />

<strong>in</strong> Riga er<strong>in</strong>nern kann. Entgegen me<strong>in</strong>er anfänglichen<br />

Vorbehalte gegen die Unternehmung<br />

„Zusatzstudium“ und auch nach den<br />

erlebten E<strong>in</strong>schränkungen gegenüber dem<br />

vergleichbaren Alltag <strong>in</strong> Jena möchte ich die<br />

sechs Monate <strong>in</strong> Riga nicht missen. Habe ich<br />

doch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Struktur des Gesundheitswesens<br />

unter den Bed<strong>in</strong>gungen des materialtechnischen<br />

Mangels und e<strong>in</strong> Verfahren<br />

<strong>der</strong> Frakturversorgung und <strong>der</strong> Korrektur<br />

von Fehlstellungen des Skelettsystems mit<br />

dem Distraktions-Kompressions-Apparat<br />

von Prof. Kalnbers kennen und schätzen gelernt.<br />

Ich b<strong>in</strong> unverm<strong>in</strong><strong>der</strong>t dankbar für die<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit erlebte kollegiale Zuwendung<br />

<strong>der</strong> lettischen Kollegen, die mich freundschaftlich<br />

beruflich, aber auch im privaten<br />

Umfeld <strong>in</strong> ihre Aktivitäten e<strong>in</strong>gebunden haben.<br />

Ich hege noch immer Hochachtung für<br />

ihre stets demonstrierte Bescheidenheit,<br />

mit <strong>der</strong> sie ohne zu klagen, <strong>in</strong> sich ruhend,<br />

mit lettischer Leichtigkeit, sogar fröhlich<br />

und mit Optimismus, die D<strong>in</strong>ge, die für sie<br />

nicht än<strong>der</strong>bar waren – die schwierigen<br />

wirtschaftlichen und sozialen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> damaligen Lettischen Sowjetrepublik<br />

– getragen haben. In ihrer Gastfreundschaft<br />

haben sie s<strong>in</strong>nbildlich den letzten Rubel<br />

mit mir geteilt. So hat <strong>der</strong> Studienaufenthalt<br />

<strong>in</strong> Riga mich menschlich geprägt und<br />

auch me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellung zu unserer Situation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1986 relativiert, waren doch<br />

hier die beklagten wirtschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

– die politischen Verhältnisse außer<br />

acht gelassen – unvergleichlich besser.<br />

PD Dr. med. F. Schulz<br />

Sophien- und Hufeland-Kl<strong>in</strong>ikum gGmbH<br />

Henry-van-de-Velde-Straße 2<br />

99425 Weimar<br />

Abb. 8 Eisangler auf <strong>der</strong> Ostsee <strong>in</strong> Jurmala Abb. 9 Blick auf Riga mit dem Schloss im Vor<strong>der</strong>grund über die Daugava<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Die Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International<br />

W. Otto, E. Markgraf<br />

a b c d e<br />

Abb. 1 Die „Grün<strong>der</strong>väter“ <strong>der</strong> AO <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz, a R. Schnei<strong>der</strong>, b W. Bandi, c M. Allgöwer, d M.<br />

E. Müller und e H. Willenegger (Aus: Matter P, Loel<strong>in</strong>ger U. AO history/AO today. CD-ROM <strong>der</strong> AO-<br />

Foundation vom 6.6.2003; mit freundlicher Genehmigung von AO Publish<strong>in</strong>g, © AO Publish<strong>in</strong>g,<br />

Schweiz)<br />

Von em<strong>in</strong>enter Bedeutung für die Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>er mo<strong>der</strong>nen, wissenschaftlich<br />

be gründeten, flächendeckenden unfallchirurgischen<br />

Versorgung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> war,<br />

dass frühzeitig und konsequent die Chance<br />

erkannt und ergriffen wurde, mit <strong>der</strong> AO–<br />

Schweiz bzw. später <strong>der</strong> AO­International<br />

zusammen­ und schließlich sogar als nationale<br />

Sektion <strong>in</strong> letzterer mitzuarbeiten. Die<br />

Voraussetzungen dafür, die beschrittenen<br />

Wege, die maßgeblichen Akteure und Beteiligten<br />

sowie die Erfolge s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e zusammenfassende<br />

Beschreibung wert. Die seit<br />

den späten sechziger Jahren mit den Methoden<br />

<strong>der</strong> AO auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erreichten<br />

Behandlungsergebnisse waren sowohl für<br />

die beteiligten Ärzte als auch für ungezählte<br />

Patienten von kaum zu ermessendem<br />

Vorteil.<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Voraussetzungen<br />

Der 6. 11. 1958, <strong>der</strong> Tag, an dem <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schweiz von 13 führenden Orthopäden<br />

und unfallchirurgisch profilierten Chirurgen<br />

a b<br />

e<strong>in</strong>e „Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Osteosynthesefragen“,<br />

die „AO“, gegründet wurde, stellt<br />

e<strong>in</strong>en Wendepunkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> bei<strong>der</strong><br />

Fachgebiete dar! Am Anfang standen natürlich<br />

mehr Fragen als Antworten. Die ärztlichen<br />

Haupt<strong>in</strong>itiatoren, die Orthopäden M.<br />

E. Müller und. R. Schnei<strong>der</strong> sowie von chirurgischer<br />

Seite M. Allgöwer, H. Willenegger<br />

und W. Bandi (� Abb. 1) konnten mit Robert<br />

Mathys sen., Bettlach, und Dr. Ing. Fritz<br />

Strau mann, Waldenburg, (� Abb. 2) <strong>in</strong>teressierte,<br />

<strong>in</strong>novative und engagierte Techniker<br />

gew<strong>in</strong>nen, die nach den Ideen <strong>der</strong> Ärzte<br />

Instrumente und Implantate konstruierten<br />

und herstellten.<br />

Die Knochenbruchheilung ohne Callusbildung<br />

unter absoluter Ruhe im Frakturspalt<br />

war als „primäre“ o<strong>der</strong> „angiogene“ Heilung<br />

zunächst das Fasz<strong>in</strong>osum (� Abb. 3). Die<br />

AO konzentrierte sich zunächst auf Therapiepr<strong>in</strong>zipien,<br />

die diese anfangs als ideal<br />

angesehene Heilungsform regelmäßig zu<br />

erzielen gestatteten, und fanden sie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Druckosteosynthese mittels Schrauben und<br />

Platten. Mit ihr wurden so ungewöhnliche<br />

a b<br />

Abb. 2 a Dr. Ing. Fritz Straumann und b R. Mathy s<br />

sen. (Aus: Matter P, Loel<strong>in</strong>ger U. AO history/AO<br />

today. CD-ROM <strong>der</strong> AO-Foundation vom 6.6.2003;<br />

mit freundlicher Genehmigung von AO Publish<strong>in</strong>g,<br />

© AO Publish<strong>in</strong>g, Schweiz).<br />

Heilungsverläufe und ­ergebnisse erzielt,<br />

dass e<strong>in</strong>e große <strong>in</strong>ternationale Aufmerksamkeit<br />

entstand und schon bald die Bildung<br />

von Arbeitsgruppen gleicher Zielsetzung<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n Europas und <strong>in</strong> Amerika<br />

folgte. So entwickelte sich e<strong>in</strong>e grenzenübergreifende<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft, die am<br />

25. 11. 1972 offiziell als „AO­International“<br />

gegründet wurde.<br />

Der Weg <strong>zur</strong> AO – Sektion <strong>DDR</strong><br />

Im Osten Deutschlands, also <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, wie<br />

<strong>in</strong>ternational, stand man <strong>in</strong> den 50er und<br />

frühen 60er Jahren des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

mediz<strong>in</strong>isch vor dem Problem,<br />

dass mit den herkömmlichen konservativen<br />

und operativen Verfahren sehr oft wirklich<br />

gute Ergebnisse bei <strong>der</strong> Behandlung von<br />

Verletzungen des Stütz­ und Bewegungsapparates<br />

nicht zu erzielen waren. Auch<br />

hier suchte man nach neuen, effizienten<br />

Behandlungsverfahren und strebte nach<br />

e<strong>in</strong>er Verbesserung <strong>der</strong> Resultate, stieß aber<br />

Abb. 3 „Primäre“, „angiogene“, „direkte“ Heilung ohne Callus. a Histologie des frakturübergreifenden angiogenen Umbaus, b entsprechende Heilung nach<br />

stabiler Schrauben- und Plattenosteosynthese am Tibiaschaft.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 51


52<br />

a b<br />

Abb. 4 Prof. Dr. med.<br />

habil. F. Mörl, Direktor<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Halle<br />

1956 bis 1965<br />

Abb. 5 a Dr. med. E. San<strong>der</strong> 1962, b Prof. Dr. med.<br />

habil. E. San<strong>der</strong> 1987. Von Herrn Prof. Dr. Otto<br />

privat/persönlich übergeben.<br />

Abb. 6 Prof. Dr. med.<br />

habil. M. Allgöwer<br />

(Aus: Matter P, Loel<strong>in</strong>ger<br />

U. AO history/AO<br />

today. CD-ROM <strong>der</strong><br />

AO-Foundation vom<br />

6.6.2003; mit freundlicher<br />

Genehmigung von<br />

AO Publish<strong>in</strong>g, © AO<br />

Publish<strong>in</strong>g, Schweiz)<br />

Abb. 7 Programm für den AO-E<strong>in</strong>führungskurs am 12. und 13.12.1968<br />

(nachgebesserte Kopie e<strong>in</strong>es sehr schlechten Durchschlages)<br />

ökonomisch wie politisch immer wie<strong>der</strong> auf<br />

Grenzen. Der Mangel an Devisen und die<br />

politisch begründeten Beschränkungen <strong>der</strong><br />

Reisefreiheit, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nach den sogenannten<br />

Grenzsicherungsmaßnahmen am<br />

13. August 1961 erschwerten bzw. verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

den Gedankenaustausch o<strong>der</strong> die<br />

wissenschaftliche Zusammenarbeit ganz<br />

erheblich.<br />

1965 wurde Professor Dr. med. Franz Mörl<br />

(� Abb. 4), <strong>der</strong> damalige Direktor <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Halle und für<br />

diese Zeit bemerkenswert unfallchirurgisch<br />

profiliert, <strong>in</strong>teressiert und engagiert, <strong>zur</strong><br />

Teilnahme an e<strong>in</strong>em AO­Kurs <strong>in</strong> Davos e<strong>in</strong>geladen.<br />

Diese E<strong>in</strong>ladung gab er, kurz vor <strong>der</strong><br />

Emeritierung stehend, weiter an den Leiter<br />

<strong>der</strong> traumatologischen Abteilung se<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik,<br />

Herrn Dozenten Dr. med. habil. Eberhard<br />

San<strong>der</strong> (� Abb. 5). Dieser reiste im Dezember<br />

1965 zum ersten Mal zu e<strong>in</strong>er solchen<br />

Veranstaltung und war von den neuen Erkenntnissen<br />

und sich abzeichnenden Möglichkeiten<br />

sofort überzeugt, ja begeistert,<br />

und Willens, diese so bald wie möglich im<br />

eigenen Land nutzbar zu machen. Professor<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Allgöwer (� Abb. 6), e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> AO ­ Schweiz und se<strong>in</strong>erzeit<br />

Direktor <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik des Kantonsspitals<br />

<strong>in</strong> Chur, lud ihn danach zu e<strong>in</strong>er<br />

Hospitation <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>. Diese konnte<br />

1966 für zwei Monate realisiert werden<br />

und war <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er langjährigen kollegial­freundschaftlichen<br />

Verbundenheit.<br />

Im Jahre 1967 konnte E. San<strong>der</strong> erneut an<br />

e<strong>in</strong>em AO­Kurs <strong>in</strong> Davos teilnehmen. Danach<br />

war se<strong>in</strong> Entschluss endgültig gefasst,<br />

diese mo<strong>der</strong>nen Pr<strong>in</strong>zipien, Methoden und<br />

Behandlungsverfahren nicht nur an <strong>der</strong><br />

Halleschen Universitätskl<strong>in</strong>ik alsbald e<strong>in</strong>zuführen,<br />

son<strong>der</strong>n darüber h<strong>in</strong>aus so schnell<br />

wie möglich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen <strong>DDR</strong> möglich<br />

zu machen und umzusetzen.<br />

Spezielle Voraussetzungen und<br />

Aktivitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

Parallel zu dieser Entwicklung, jedoch vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

unabhängig, hatte sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e „Sektion Traumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie“ etabliert. Unter<br />

<strong>der</strong>en Dach bildete E. San<strong>der</strong> schon bald<br />

nach se<strong>in</strong>er Hospitation <strong>in</strong> Chur e<strong>in</strong>e „Kooperationsgruppe<br />

für operative Knochenbruchbehandlung“.<br />

Namens und im Auftrag<br />

Abb. 8 Programm <strong>der</strong> 1. Arbeitstagung <strong>der</strong> Kooperationsgruppe für operative<br />

Knochenbruchbehandlung am 29. und 30.10.1969 (Kopie e<strong>in</strong>es<br />

Durchschlages)<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 9 Titelseite und Programm zum 3. Instruktionskurs für die Druckosteosynthese mit Arbeitstagung <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für operative<br />

Knochenbruchbehandlung vom 02. bis 04.11.1970<br />

Abb. 10 Titelseiten <strong>der</strong> Programmflyer <strong>der</strong> Instruktionskurse <strong>zur</strong> Druckosteosynthese und Arbeitstagungen <strong>der</strong> AG für operative Knochenbruchbehandlung<br />

<strong>der</strong> Jahre 1971, 1973 und 1975<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 53


54<br />

dieser Gruppe führte er am 12. und 13. Dezember<br />

1968 e<strong>in</strong>en „AO E<strong>in</strong>führungskurs“<br />

an <strong>der</strong> Halleschen Universitätskl<strong>in</strong>ik durch<br />

(� Abb. 7). An diesem nahmen führende<br />

Vertreter <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

aus jener Zeit teil. Sie alle waren begeistert<br />

von den neuen Therapiemöglichkeiten und<br />

<strong>der</strong> offensichtlich wesentlich verbesserten<br />

Prognose. Bei dieser Gelegenheit wurde die<br />

„Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für operative Knochenbruchbehandlung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> gegründet. Die Statuten wurden for­<br />

muliert und <strong>in</strong> Kraft gesetzt. Bereits im Oktober<br />

1969 folgte e<strong>in</strong>e erste Arbeitstagung<br />

dieser Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft (� Abb. 8) wie<strong>der</strong>um<br />

<strong>in</strong> Halle und vom 2. bis 4. 11. 1970<br />

<strong>der</strong> „3. Instruktionskurs für die Druckosteosynthese“,<br />

verbunden mit <strong>der</strong> „2. Arbeitstagung“<br />

am gleichen Ort (� Abb. 9). Es folgten<br />

weitere „Arbeitstagungen mit praktischen<br />

Übungen“ <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft nach<br />

dem Vorbild <strong>der</strong> AO­Basis­Kurse für Ärzte<br />

1971, 1973 und 1975 (� Abb. 10).<br />

AO-Veranstaltungen<br />

Abb. 11 Kurse <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International <strong>der</strong> Jahre 1977, 1981, 1985 und 1989, Titelseiten <strong>der</strong> Programmflyer<br />

Abb. 12 Titelseite des Vorprogramms für den X.<br />

Halleschen AO-Kurs vom 22. bis 24.06.1992<br />

Erst nachdem im April 1976 e<strong>in</strong>e Sek tion<br />

<strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO­International gegründet worden<br />

war, konnten <strong>in</strong> den Jahren 1977, 1981,<br />

1985 und 1989 weitere <strong>der</strong>artige Veranstaltungen<br />

stattf<strong>in</strong>den (� Abb. 11), die<br />

nun auch offiziell AO­Kurse (6. bis 9.) genannt<br />

werden durften. Die beiden letzten<br />

davon waren für Fortgeschrittene an­ und<br />

ausgelegt, alle an<strong>der</strong>en waren Basis­ bzw.<br />

Grundlagenkurse. Sie alle standen unter <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Leitung von Doz. (spä­<br />

Abb. 13 Programmtitel <strong>der</strong> AO-Symposien <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Sektion <strong>in</strong> den Jahren 1979, 1983 und 1987<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


ter dann Prof.) Dr. San<strong>der</strong>. Die Organisation<br />

lag <strong>in</strong> den Händen se<strong>in</strong>es Mitarbeiters Dr.<br />

med. Sieghard Grafe, <strong>der</strong> später Chefarzt<br />

des evangelisch­ lutherischen Diakonissenkrankenhauses<br />

<strong>in</strong> Leipzig war und nach <strong>der</strong><br />

Wende im Rahmen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gutmachung<br />

zum Professor berufen wurde.<br />

Als Ergänzung zu den AO­Basis­Kursen für<br />

Ärzte <strong>in</strong> Halle bekam die <strong>DDR</strong>­Sektion Anfang<br />

<strong>der</strong> 80er Jahre drei Übungs<strong>in</strong>strumentarien<br />

kostenlos <strong>zur</strong> Verfügung gestellt, mit<br />

denen im Rahmen von Workshops dezentral<br />

und <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Gruppen die Grundlagen<br />

<strong>der</strong> Osteosynthese nach den Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong><br />

AO vermittelt und <strong>in</strong> praktischen Übungen<br />

die Anwendung von Instrumenten und Implantaten<br />

tra<strong>in</strong>iert werden konnten. Sie waren<br />

nach Frankfurt/O<strong>der</strong>, Karl­Marx­Stadt<br />

und Halle vergeben worden und kamen<br />

dort unter Leitung <strong>der</strong> Herren Professoren<br />

Senst, Wehner und San<strong>der</strong> zum E<strong>in</strong>satz. Die<br />

Gesamtheit dieser Aktivitäten für die bzw.<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> AO und <strong>der</strong>en konzentrierter<br />

Ausgang von <strong>der</strong> Halleschen Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

hatte ihre Wirkung auf die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> im Osten nicht<br />

verfehlt. Deshalb entstand nach <strong>der</strong> Wende<br />

das dr<strong>in</strong>gende Bedürfnis, diese zu e<strong>in</strong>er guten<br />

Tradition gewordenen Veranstaltungen<br />

möglichst bald wie<strong>der</strong> aufleben zu lassen.<br />

Drei Jahre nach dem politischen Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und im Zuge <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

Deutschlands konnten<br />

die Kursaktivitäten <strong>in</strong> Halle im Juni 1992<br />

wie<strong>der</strong> aufgenommen werden, nun unter<br />

Leitung von PD. (später Univ.­Prof.) Dr. med.<br />

Wieland Otto, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> langjähriger Schüler,<br />

Mitarbeiter und schließlich Amtsnachfolger<br />

von Prof. Dr. San<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

Halle war. Nachdem dieser 10. Hallesche<br />

AO­Kurs (� Abb. 12) erfolgreich verlaufen<br />

war, wurde beschlossen, zukünftig jährlich<br />

e<strong>in</strong>en AO­Grundlagen­Kurs <strong>in</strong> Halle zu veranstalten<br />

und damit e<strong>in</strong>en dritten festen<br />

Standort für die Durchführung solcher Veranstaltungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland zu etablieren.<br />

Die organisatorische Leitung übernahm Dr.<br />

med. Wolfgang Wawro, Halle.<br />

In den Jahren 1979, 1983 und 1987 haben<br />

<strong>in</strong> Cottbus, Potsdam und Eisenach AO­Symposien<br />

zu speziellen Rahmenthemen stattgefunden<br />

(� Abb. 13). Auch diese standen<br />

unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen Leitung von<br />

Professor San<strong>der</strong>. Organisiert wurden sie<br />

von Klaus Welz, Cottbus, (Cottbus, 1979<br />

und Eisenach, 1987) und Friedhelm Struck<br />

(Potsdam, 1983).<br />

Neben Vertretern <strong>der</strong> AO­Sektion <strong>DDR</strong><br />

konnten 1979 als Referenten zu den Problemfel<strong>der</strong>n<br />

„Offene Frakturen“, „Posttrau­<br />

matische Knochen<strong>in</strong>fektion“ und „Freie<br />

Themen“ die Herren Szyszkowitz, Graz;<br />

Zolczer, Budapest; Burri, Ulm; Cech, Prag;<br />

Willenegger, Bern und Schnei<strong>der</strong>, Biel, gewonnen<br />

werden.<br />

1983 Stand das Rahmenthema „Individualisierung<br />

<strong>der</strong> Osteosynthese“ neben „Varia“ <strong>zur</strong><br />

Debatte. Als ausländische Referenten beteiligten<br />

sich Willenegger, Bern; Salacz, Budapest;<br />

Vecsei, Wien; Schweiberer, München, Reschauer,<br />

Graz; Muhr, Bochum und Cech, Prag.<br />

1987 waren „Hüftnahe Femurfrakturen und<br />

ihre beson<strong>der</strong>en Aspekte“ sowie „Dis tale<br />

Femurfrakturen“ Gegenstand <strong>der</strong> Verhandlungen.<br />

Auswärtige Referenten waren Salacz,<br />

Budapest; Regazzoni, Basel; Raaijmakers,<br />

Amsterdam, Vrevc, Ljubliana; Reschauer,<br />

L<strong>in</strong>z; Povacz, Wels; Berentey Budapest: Kuner,<br />

Freiburg und Micnek, Brno.<br />

In die Zeit des Aufbruchs aus <strong>der</strong> postkommunistischen<br />

<strong>DDR</strong> <strong>in</strong> das wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igte<br />

Deutschland fiel auch noch das von Prof. Dr.<br />

med. Eberhard Markgraf, Friedrich­Schiller­<br />

Universität Jena, veranstaltete IV. Ostdeutsche<br />

AO­Symposium vom 9. bis 11. 10. 1991<br />

<strong>in</strong> Weimar unter <strong>der</strong> organisa torischen<br />

Verantwortung von R. Friedel, Jena. Als Referenten<br />

aus an<strong>der</strong>en AO­Sektionen konnten<br />

hierfür gewonnen werden die Herren<br />

Claudi, München; Heim, Bern; Höntzsch,<br />

Tüb<strong>in</strong>gen; Kuner Freiburg; Maurer, Tüb<strong>in</strong>gen;<br />

Muhr Bochum; Ondracek, Aachen;<br />

Pannicke, Frankfurt/Ma<strong>in</strong>; Perren, Davos;<br />

Rueger, Frankfurt/Ma<strong>in</strong>; Rahman za deh,<br />

Berl<strong>in</strong>; Remiger, Davos; Schmitz, Aachen;<br />

Schweiberer München; Trentz, Zürich; Volkmann,<br />

Tüb<strong>in</strong>gen und Weller, Tüb<strong>in</strong>gen.<br />

Neben diesen AO­Veranstaltungen für<br />

Ärzte war natürlich auch die Fortbildung<br />

bzw. Schulung des OP­Personals <strong>in</strong> diesen<br />

neuen Methoden und Techniken, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Instrumentenlehre und ­pflege e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gende<br />

Notwendigkeit, aus ärztlicher Sicht<br />

e<strong>in</strong> echtes Bedürfnis. Deshalb fanden vom<br />

Jahr 1972 an ebenfalls alle zwei Jahre, also<br />

im Wechsel mit den Kursen und Symposien<br />

für die Ärzte, auch solche für das Op.­Personal<br />

statt, auch „Schwesternkurse“ genannt.<br />

Auch für diese zeichnete Prof. Dr. San<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

enger Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Firma Synthes<br />

Bettlach (Schweiz) wissenschaftlich/<br />

<strong>in</strong>haltlich verantwortlich. Organisator war<br />

auch hierfür Dr. med. S. Grafe. Diese Kurse<br />

fanden von 1972 bis 1984 7 mal ebenfalls<br />

<strong>in</strong> Halle statt, <strong>der</strong> 8. und 9. als Fortbildungskurse<br />

für bereits grundsätzlich geschultes<br />

Personal <strong>in</strong> Himmelpfort, nördlich von Berl<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für diesen Zweck <strong>zur</strong> Verfügung<br />

gestellten Ferienanlage e<strong>in</strong>es Hallenser Betriebes<br />

(Bezirksfilmdirektion Halle).<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für diese<br />

Aktivitäten<br />

Die partei­ und regierungsseitigen Restriktionen,<br />

bezüglich <strong>der</strong> Anmelde­, Antrags­<br />

und Genehmigungsverfahren und ­fristen<br />

für Veranstaltungen mit Beteiligung ausländischer<br />

Referenten, namentlich aus dem<br />

„nichtsozialistischen Ausland“ aber auch<br />

die sozioökonomischen Bed<strong>in</strong>gungen im<br />

Land waren so angelegt o<strong>der</strong> hatten sich so<br />

ungünstig entwickelt, dass maximal e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong>artige Veranstaltung pro Jahr möglich<br />

war. Das Programm <strong>der</strong> jeweiligen Veranstaltung<br />

und <strong>der</strong> Druck von Vorprogrammen<br />

und Programmen bedurften sogar <strong>der</strong><br />

polizeilichen Genehmigung.<br />

E<strong>in</strong> für die <strong>DDR</strong>­typisches H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis bei <strong>der</strong><br />

Organisation <strong>der</strong>artiger Veranstaltungen<br />

war <strong>der</strong> Mangel an Hotelkapazitäten und<br />

die Notwendigkeit, die Buchungen dafür<br />

2 Jahre im Voraus vorzunehmen. Der Mangel<br />

an Druckkapazitäten war ebenfalls eklatant.<br />

Auch aus diesen Gründen war es kaum<br />

vorstellbar, die Reihe <strong>der</strong> verschiedenen AO­<br />

Veranstaltungen auf mehr als e<strong>in</strong>e pro Jahr<br />

zu verdichten. H<strong>in</strong>zu kam, dass maximal 6<br />

Referenten aus dem „nichtsozialistischen<br />

Ausland“ e<strong>in</strong>geladen werden durften, darunter<br />

höchstens e<strong>in</strong> bundesdeutscher<br />

Staatsbürger. Der gesamte technische Support<br />

und e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> Referenten kamen<br />

daher jeweils aus <strong>der</strong> Schweiz. Die <strong>in</strong>dustriellen<br />

Partner <strong>in</strong> <strong>der</strong> AO, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Synthes<br />

zusammengefasst, übernahmen die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> technisch­apparativen Ausstattung<br />

aller dieser Fortbildungsveranstaltungen.<br />

Für das Gebiet <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, den Nordosten<br />

Deutschlands, war im Wesentlichen die<br />

Firma Robert Mathys, Bettlach (CH) zuständig,<br />

unterstützt für den Bereich des prothetischen<br />

Ersatzes aus unfallchirurgischer<br />

Indikation von Vertretern <strong>der</strong> Prothek­AG<br />

(Bern [CH]).<br />

Aufwendige Zollverfahren waren bei <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>­ und Ausreise die Regel und wenig geeignet,<br />

den Enthusiasmus dieser wichtigen<br />

Partner zu för<strong>der</strong>n. Trotzdem blieb er erhalten.<br />

Auch das benötigte Informations­ und<br />

Lehrmaterial, Kataloge, Lehrbücher, spezielle<br />

wissenschaftliche Publikationen, Operationslehren<br />

etc. wurde großzügig und <strong>in</strong><br />

aller Regel kostenlos durch die AO und die<br />

Synthes <strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Auch <strong>der</strong>en<br />

„E<strong>in</strong>fuhr“ bedurfte <strong>der</strong> behördlichen Genehmigung.<br />

Nach 1989 übernahm dann<br />

die Fa. Synthes Bochum unter ihrem Geschäftsführer<br />

Hans­Jürgen Gühne große<br />

Teile <strong>der</strong> technisch­organisatorischen und<br />

logistischen Betreuung.<br />

Von Anfang an wurden die genannten Veranstaltungen<br />

extrem bereichert durch die<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 55


56<br />

a b c<br />

Abb. 14 a M. E. Müller, b H. Willenegger und c M. Allgöwer , verdienstvolle<br />

Ärzte, Forscher, und Hochschullehrer, die <strong>zur</strong> Entwicklung <strong>der</strong> AO <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

wesentliche <strong>Beiträge</strong> geleistet haben (Aus: Matter P, Loel<strong>in</strong>ger U. AO history/AO<br />

today. CD-ROM <strong>der</strong> AO-Foundation vom 6.6.2003; mit freundlicher<br />

Genehmigung von AO Publish<strong>in</strong>g, © AO Publish<strong>in</strong>g, Schweiz).<br />

wie<strong>der</strong>holte o<strong>der</strong> gar regelmäßige Teilnahme<br />

hoch­ und höchstrangiger Persönlichkeiten<br />

<strong>der</strong> AO­Schweiz bzw. <strong>der</strong> AO­International.<br />

Neben M. E. Müller, M. Allgöwer,<br />

H. Willenegger, (� Abb. 14) W. Bandi und R.<br />

Schnei<strong>der</strong> waren als hochgeschätzte Gäste<br />

T. Rüedi, S. Perren, S. Ste<strong>in</strong>emann, B. Rahn<br />

und H. Burch zum Teil mehrfach <strong>in</strong> Halle, beson<strong>der</strong>s<br />

bei den Veranstaltungen für Ärzte.<br />

So entstanden neben fachlich­beruflichen<br />

Übere<strong>in</strong>stimmungen auch starke persönliche<br />

Beziehungen und Verb<strong>in</strong>dungen, die<br />

für uns nicht nur sehr anregend und erfreulich<br />

son<strong>der</strong>n zugleich Ansporn waren,<br />

die von Ihnen vertretene Sache <strong>der</strong> AO zu<br />

unserer eigenen zu machen und mit aller<br />

Kraft für ihre Umsetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Praxis e<strong>in</strong>zutreten. Alle unsere Gäste nahmen<br />

immer wie<strong>der</strong> mancherlei Unannehmlichkeiten,<br />

Schikanen, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen und<br />

Umstände auf sich, um zum Erfolg <strong>der</strong><br />

AO­Veranstaltungen beizutragen. Bedauerlicher<br />

Weise stehen direkte Bilddokumente<br />

aus all den Jahren nicht o<strong>der</strong> nur <strong>in</strong> sehr<br />

begrenztem Umfang <strong>zur</strong> Verfügung und<br />

wenn, dann <strong>in</strong> privater Hand.<br />

Trotz aller staatlich­politischen Restriktionen,<br />

die e<strong>in</strong>e Teilnahme von Vertretern <strong>der</strong><br />

AO <strong>der</strong> Bundesrepublik sehr erschwerten,<br />

gelang es 1977, Herrn Prof. Dr. med. Siegfried<br />

Weller (� Abb. 15), damals Obmann <strong>der</strong> AO­<br />

Sektion <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland,<br />

als Referenten zu gew<strong>in</strong>nen, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>reisegenehmigung<br />

für ihn zu erwirken und ihn<br />

e<strong>in</strong>laden zu können. Erstmals 1975, danach<br />

be<strong>in</strong>ahe regelmäßig, war auch Urs Heim<br />

Abb. 15 Prof. Dr.<br />

med. habil. S. Weller,<br />

Gründungspräsident <strong>der</strong><br />

(Bundes-)Deutschen AO-<br />

Sektion (Aus: Matter P,<br />

Loel<strong>in</strong>ger U. AO history /<br />

AO today. CD-ROM <strong>der</strong><br />

AO-Foundation vom<br />

6.6.2003; mit freundlicher<br />

Genehmigung von<br />

AO Publish<strong>in</strong>g, © AO<br />

Publish<strong>in</strong>g, Schweiz).<br />

(� Abb. 16), später Nachfolger von Hans<br />

Willenegger im Amt des Präsidenten <strong>der</strong><br />

AO­I, verehrter Gast, Mentor, gefragter Referent<br />

und Disputant <strong>der</strong> Halleschen Kurse.<br />

Parallel zu diesen praktischen und auf die<br />

möglichst rasche und authentische Vermittlung<br />

dieser wahrhaft Epoche machenden<br />

Erkenntnisse und sich daraus ergebende<br />

therapeutischen Möglichkeiten gerichteten<br />

Aktivitäten fanden zwischen 1972 und 1976<br />

mehrere <strong>in</strong>tensive Gespräche von Professor<br />

Willenegger mit Vertretern verschiedener<br />

M<strong>in</strong>isterien o<strong>der</strong> sonstigen Repräsentanten<br />

<strong>der</strong> Regierung statt, <strong>in</strong> denen schließlich<br />

erreicht wurde, dass e<strong>in</strong>e gewisse Zahl<br />

von Grund<strong>in</strong>strumentarien e<strong>in</strong>schließlich<br />

e<strong>in</strong>er Erstausstattung mit Implantaten e<strong>in</strong>geführt<br />

und an entsprechend qualifizierte<br />

und <strong>in</strong>teressierte Kl<strong>in</strong>iken unter maßgeblicher<br />

Mitwirkung von Professor San<strong>der</strong><br />

verteilt werden konnte. Dabei spielten Qualifikation<br />

und regionale Bedarfssituation e<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Rolle.<br />

Dem unermüdlichen Engagement und persönlichen<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für operative Knochenbruchbehandlung<br />

und <strong>der</strong>en Vorsitzendem sowie<br />

<strong>der</strong> ebenso ausdauernden, wie geschickten<br />

und <strong>in</strong>tensiven Verhandlungs­ und Gesprächsführung<br />

von Hans Willenegger ist es<br />

zu danken, dass es gelang, die Vertreter von<br />

„Partei und Regierung“ schließlich davon zu<br />

überzeugen, dass die Mitarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft wie <strong>der</strong><br />

AO­International für die Patienten von groß­<br />

Abb. 16 Dr. med. U.<br />

Heim, Präsident <strong>der</strong><br />

AO-International 1988-<br />

1993 (Aus: Matter P,<br />

Loel<strong>in</strong>ger U. AO history/<br />

AO today. CD-ROM <strong>der</strong><br />

AO-Foundation vom<br />

6.6.2003; mit freundlicher<br />

Genehmigung von<br />

AO Publish<strong>in</strong>g, © AO<br />

Publish<strong>in</strong>g, Schweiz).<br />

em Vorteil wäre, nicht zuletzt aber auch für<br />

das Prestige <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und ihrer Führung sich<br />

nach <strong>in</strong>nen und nach außen sehr vorteilhaft<br />

auswirken würde. So konnte am 3. April<br />

1976 e<strong>in</strong>e Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO­International<br />

gegründet werden. Ihr gehörten zunächst<br />

20 Mitglie<strong>der</strong> an. Bed<strong>in</strong>gung war, dass sie<br />

eigenständig und fachlich unabhängig e<strong>in</strong>e<br />

Unfallchirurgische o<strong>der</strong> Orthopädische Kl<strong>in</strong>ik<br />

o<strong>der</strong> Abteilung e<strong>in</strong>es größeren (Bezirks­,)<br />

Krankenhauses o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Universitäts­ bzw.<br />

Akademie­Kl<strong>in</strong>ikums leiteten. Zum Obmann<br />

wurde Herr Professor Dr. med. E. San<strong>der</strong> gewählt,<br />

<strong>der</strong> dieses Amt bis 1990 bekleidete.<br />

Herr Dr. med. K. Welz wurde zum Sekretär<br />

<strong>der</strong> Sektion ernannt und Herr Dr. med. G.<br />

Hildebrandt (gest. 1988) aus <strong>der</strong> Hallenser<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik übernahm die zentrale<br />

Dokumentation für die Sektion.<br />

Weitere Gründungsmitglie<strong>der</strong> waren<br />

(<strong>in</strong> alphabetischer Ordnung):<br />

– Dr. med. K. Arnold, Berl<strong>in</strong>­Friedrichsha<strong>in</strong><br />

– Doz. Dr. med. H. Arz<strong>in</strong>ger, Univ.­Kl<strong>in</strong>ikum<br />

Leipzig<br />

– Dr. med. J. Bernhard, Mediz<strong>in</strong>. Akademie<br />

Dresden<br />

– Dr. med. R. Brückner, Charité Berl<strong>in</strong><br />

– Dr. med. S. Grafe, Univ.­Kl<strong>in</strong>ikum Halle<br />

– Dr. med. G. Graner, Mediz<strong>in</strong>. Akademie Erfurt<br />

– Dr. med. S. Hecht, St. Georg­Krankenhaus<br />

Leipzig<br />

– Prof. Dr. sc. med. J. Hell<strong>in</strong>ger, Mediz<strong>in</strong>. Akademie<br />

Dresden<br />

– Dr. med. S. Hirschfeld, Kreiskrankenhaus<br />

Weißenfels<br />

– Dr. med. D. Miehle, Bezirkskrankenhaus<br />

Zwickau<br />

– Dr. med. S. Neumann, Bezirkskrankenhaus<br />

Rostock­Südstadt<br />

– Dr. med. D. Paul, Bezirkskrankenhaus Dresden­Friedrichstadt<br />

– Doz. Dr,. med. J. Richter, Mediz<strong>in</strong>. Akademie<br />

Magdeburg<br />

– Doz. Dr. med. W. Senst, Bezirkskrankenhaus<br />

Frankfurt/O<strong>der</strong><br />

– Prof. Dr. med. H. Seyfarth, Univ. Kl<strong>in</strong>ikum<br />

Leipzig<br />

– Dr. med. F. Struck, Bezirkskrankenhaus<br />

Potsdam<br />

– Prof. Dr. med. W. Wehner, Bezirkskrankenhaus<br />

Karl­Marx­Stadt<br />

In den folgenden Jahren kamen e<strong>in</strong>ige Mitglie<strong>der</strong><br />

h<strong>in</strong>zu, sofern sie die fachliche Qualifikation<br />

nachweisen konnten und e<strong>in</strong>er<br />

unabhängigen Kl<strong>in</strong>ik o<strong>der</strong> Abteilung für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

o<strong>der</strong> Orthopädie vorstanden.<br />

Bei e<strong>in</strong>er erweiterten Vorstandssitzung <strong>in</strong><br />

Ostberl<strong>in</strong> am 21. 9. 1990, also <strong>in</strong> <strong>der</strong> „postwendischen“<br />

<strong>DDR</strong>, konnten weitere neue<br />

Mitglie<strong>der</strong> aufgenommen werden, darunter<br />

auch <strong>der</strong> Autor. Herr Prof. Dr. med. E. Mark­<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 17 Offizielle Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-I <strong>in</strong> die Deutsche Sektion am 5. Oktober 1991 durch <strong>der</strong>en Präsidenten Prof. Dr. med. S.<br />

Weller (7. v. l.) im Beise<strong>in</strong> des Präsidenten <strong>der</strong> AO-International, Dr. U. Heim, (3. v. l.)<br />

Von l<strong>in</strong>ks nach rechts: Wöllenweber, Schenk, Heim, Arnold, Arz<strong>in</strong>ger, Grafe, Weller, Markgraf, Welz, Senst und Otto. Aus: Privatarchiv W. Otto<br />

graf, Univ.­ Kl<strong>in</strong>ikum Jena, wurde zum Nachfolger<br />

des ausscheidenden Präsidenten<br />

Prof. Dr. E. San<strong>der</strong> gewählt. Er übte dieses<br />

Amt aus bis <strong>zur</strong> Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>­Sektion <strong>in</strong> die Deutsche Sektion<br />

<strong>der</strong> AO­International im Rahmen ihrer Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

am 5. Oktober 1991<br />

(� Abb. 17). Damit fand die sich über 15<br />

Jahre erstreckende <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> eigenständigen<br />

und sehr erfolgreichen Sektion<br />

<strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO­International ihr Ende.<br />

Lehren und Lernen<br />

Als e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Ehre und Würdigung<br />

<strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong> erbrachten Leistungen <strong>der</strong><br />

Unfallchirurgen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> auf ihrem Weg <strong>in</strong><br />

die AO darf <strong>der</strong>en Beteiligung an <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Ausgestaltung des ersten<br />

AO­Symposions für Ungarn im Frühsommer<br />

1976 <strong>in</strong> Budapest betrachtet werden.<br />

Drei Referenten aus <strong>der</strong> Schweiz, drei aus<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik und drei aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

bestritten das gesamte wissenschaftliche<br />

Programm dieser grundlegenden und sehr<br />

erfolgreichen mehrtägigen Veranstaltung.<br />

Die Delegation aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bestand aus<br />

den Herren San<strong>der</strong>, Halle, Welz, Cottbus und<br />

Otto, Halle.<br />

Dank <strong>der</strong> <strong>in</strong>tensiven und erfolgreichen Bemühungen<br />

um die Entwicklung <strong>der</strong> AO im<br />

Osten Deutschlands und <strong>der</strong> guten persönlichen<br />

Beziehungen zu wichtigen Repräsentanten<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

gelang es, auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

kostendecken<strong>der</strong> persönlicher E<strong>in</strong>ladungen<br />

o<strong>der</strong> als Mitglie<strong>der</strong> offizieller Delegationen<br />

<strong>in</strong> begrenztem Umfang Unfallchirurgen<br />

und Orthopäden aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zu Kursen <strong>der</strong><br />

AO nach Davos, zu den sogenannten Hüftkursen<br />

nach Bern und auch zu mehrwöchigen<br />

Kl<strong>in</strong>ikhospitationen <strong>in</strong> prom<strong>in</strong>enten<br />

Schweizer AO­Kl<strong>in</strong>iken und österreichischen<br />

Unfallkrankenhäusern reisen zu lassen und<br />

ihnen damit wertvolle Fortbildung und zunehmende<br />

Spezialisierung <strong>in</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

und Orthopädie zu vermitteln. Dieser<br />

Zuwachs an Wissen und Erfahrung schlug<br />

sich unmittelbar <strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>ik, wissenschaftlicher<br />

Arbeit, Aus­, Fort­ und Weiterbildung<br />

nie<strong>der</strong> und kam sehr direkt den Patienten zu<br />

gute.<br />

Schlussbemerkung<br />

Die Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO­International war<br />

und blieb bis <strong>zur</strong> Deutschen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

und <strong>der</strong> politischen Wende im<br />

Jahr 1989 <strong>in</strong> ganz Osteuropa die e<strong>in</strong>zige<br />

nationale AO­Sektion und konnte ihren ei­<br />

genständigen Beitrag <strong>zur</strong> grundsätzlichen<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Behandlungsmöglichkeiten<br />

und ­ergebnisse mit den Methoden<br />

und Verfahren <strong>der</strong> AO leisten. Trotz unterschiedlicher<br />

politisch­ideologischer, organisatorischer<br />

und struktureller Bed<strong>in</strong>gungen<br />

kann rückblickend mit e<strong>in</strong>igem Stolz festgestellt<br />

werden, dass <strong>der</strong> unfallchirurgische<br />

Versorgungsstandard, <strong>der</strong> Wissens­ und<br />

Kenntnisstand und die Erfolge <strong>der</strong> ostdeutschen<br />

Unfallchirurgen denen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n mit nationalen AO­<br />

Sektionen durchaus vergleichbar waren und<br />

dass von daher ohne Komplikationen o<strong>der</strong><br />

Probleme die Integration <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>­Sektion <strong>in</strong> die Deutsche Sektion<br />

<strong>der</strong> AO­Foundation möglich war. Die Verbundenheit<br />

mit <strong>der</strong> AO, ihrem Know­How<br />

und den hervorragenden Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

praktischen Umsetzung hat bei allen, die die<br />

hier aufgezeigte Entwicklung mit gestalten<br />

o<strong>der</strong> mit erleben durften, beson<strong>der</strong>s tiefgehende<br />

Wurzeln.<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 57


58<br />

Sporttraumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

K. Franke<br />

Historische Vorbemerkungen<br />

Während <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Dekade des 19. und<br />

<strong>der</strong> ersten Dekade des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts die<br />

sportliche Betätigung durch Turnen, Radfahren,<br />

Fußballspielen, Schwimmen und<br />

Leichtathletik zunehmend weite Kreise <strong>der</strong><br />

deutschen Bevölkerung begeisterte, f<strong>in</strong>den<br />

sich im Handbuch <strong>der</strong> Unfallerkrankungen<br />

von C. Thiem aus dem Jahre 1910 [1] nur<br />

relativ wenige H<strong>in</strong>weise auf Verletzungen<br />

beim Sport. Unter ätiologischen Gesichtspunkten<br />

viel ergiebiger ersche<strong>in</strong>en bei<br />

Thiem die Sanitätsberichte <strong>der</strong> preußischen<br />

Armee (SBPA). In ihnen werden e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

von Verletzungen beim Exerzieren, ‚Ausdauertra<strong>in</strong><strong>in</strong>g’<br />

durch Marschieren und beim Reiten<br />

erwähnt, allerd<strong>in</strong>gs auch beim Turnen.<br />

Auf die dabei unfreiwillig überschrittene<br />

Grenzbelastbarkeit des B<strong>in</strong>degewebes weisen<br />

e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> mitgeteilten Diagnosen h<strong>in</strong>,<br />

z. B. Spontanfrakturen des Femur, Marschfrakturen<br />

<strong>der</strong> Metatarsalia und Achillessehnenrupturen.<br />

Letztere s<strong>in</strong>d mit sechs Zeilen<br />

abgehandelt, und es wird lediglich e<strong>in</strong>e konservative<br />

Behandlung erwähnt.<br />

Dass es subjektiv viel angenehmer ist,<br />

vor dem Unfall Sport getrieben zu haben, als<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em militärischen Objekt geschunden<br />

worden und dabei zu Schaden gekommen<br />

zu se<strong>in</strong>, können fast alle bestätigen, denen<br />

entsprechende Vergleichsmöglichkeiten zugemutet<br />

worden s<strong>in</strong>d.<br />

Zwei Jahre nach <strong>der</strong> Gründung des „Deutschen<br />

Reichskomitees <strong>zur</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Leibesübungen“ anlässlich e<strong>in</strong>er 1912 <strong>in</strong><br />

Oberhof von F. Kraus geleiteten Tagung [2],<br />

erschien die erste deutschsprachige Monographie,<br />

welche Verletzungen beim Sport<br />

als ätiologische Entität berücksichtigte. Auf<br />

Beson<strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> Therapie und Rehabilitation<br />

wurde <strong>in</strong> ihr jedoch kaum e<strong>in</strong>gegangen.<br />

Verfasser des Buches „Sportverletzungen“<br />

war <strong>der</strong> Österreicher PD G. Freiherr v. Saar<br />

aus Innsbruck [3]. Er begründete im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Teil, warum er gerade dieses Thema<br />

bearbeitet hatte:<br />

1. war <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Bewegung<br />

und Verletzung nach Sportunfällen<br />

klarer darzustellen;<br />

2. s<strong>in</strong>d Sportler besser über den Unfallhergang<br />

orientiert als Handarbeiter und<br />

3. bestehen Unterschiede im Heilungsverlauf.<br />

In dem nach Sportarten geglie<strong>der</strong>ten speziellen<br />

Teil beschränkt sich v. Saar auf Diagnosen<br />

und klammert die Therapie weitgehend<br />

aus. Kennt man heutige Zahlen,<br />

ersche<strong>in</strong>t es kaum glaubhaft, dass unter<br />

21.000 <strong>in</strong> Wien 1912 registrierten Unfällen<br />

nur 220, also ca. 1 % während sportlicher<br />

Betätigung entstanden s<strong>in</strong>d. Unter diesen<br />

220 ereigneten sich 20 % beim Fußball,<br />

19 % beim Eislauf, 18 % beim Turnen … 6 %<br />

beim Rodeln und 5 % beim Skilauf. Die bei<br />

v. Saar aus <strong>der</strong> Literatur zitierten lediglich<br />

zwei Rupturen des vor<strong>der</strong>en Kreuzbandes<br />

(VKB) machen den epidemiologischen Wandel<br />

ebenso deutlich, wie die Zahlen bei den<br />

Meniskusverletzungen. Diese hatten sich zu<br />

80 % bei Bergleuten ereignet.<br />

Nach dem 1. Weltkrieg wuchs <strong>in</strong> Deutschland<br />

trotz <strong>der</strong> politisch und ökonomisch<br />

schwierigen Situation das Interesse am<br />

Sporttreiben. Hierzu trug sicher <strong>der</strong> Standpunkt<br />

des prom<strong>in</strong>enten Chirurgen August<br />

Bier (1861–1949) bei, dass die körperliche<br />

Ertüchtigung e<strong>in</strong>es Volkes auch se<strong>in</strong>e nationale<br />

Stärke mitbed<strong>in</strong>gt [2, 4]. Bier gründete<br />

jedenfalls die Reichsakademie für Leibesübungen<br />

und wurde ihr erster Präsident. Der<br />

August­Bier­Sportplatz auf dem Gelände<br />

des Berl<strong>in</strong>er Olympiastadions er<strong>in</strong>nert an<br />

diese Ambition des Chirurgen.<br />

11 Jahre nach den „Sportverletzungen“<br />

von v. Saar greift erneut e<strong>in</strong> Österreicher das<br />

Thema auf. Von F. Mandl ersche<strong>in</strong>t 1925 die<br />

„Chirurgie <strong>der</strong> Sportunfälle“ [5]. Dieser Monographie<br />

ist zu entnehmen, dass sich 80 %<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wiener Chirurgischen Univ. Kl<strong>in</strong>ik<br />

(v. Hochenegg) behandelten Sportunfälle<br />

beim Fußball ereignet hatten. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

dort zitierte Quelle weist aus, dass bei 1.140<br />

Sportverletzungen <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> Hälfte das<br />

Geräteturnen ursächlich beteiligt war.<br />

E<strong>in</strong>e Dekade danach ersche<strong>in</strong>en etwa<br />

zeitgleich <strong>in</strong> Deutschland und Österreich<br />

weitere Monographien zum Thema Sportverletzungen<br />

[6, 8, 9]. Ätiologische Faktoren<br />

werden dar<strong>in</strong> mit H<strong>in</strong>weisen <strong>zur</strong> Prophylaxe<br />

verbunden.<br />

1936 stellt W. Baetzner die Folgen e<strong>in</strong>er<br />

Fehlbelastung von Strukturen des B<strong>in</strong>de­<br />

und Stützgewebes durch Arbeit und Sport<br />

<strong>zur</strong> Diskussion [7]. Dieses Problem erlangte<br />

seit den 1960er Jahren e<strong>in</strong>e zunehmende Bedeutung,<br />

seit immer aggressivere Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmethoden<br />

und Wettkampfbelastungen die<br />

Grenzbereiche <strong>der</strong> Belastbarkeit des B<strong>in</strong>de­<br />

und Stützgewebes für das Individuum im<br />

Freizeit­ und Spitzensport aufzeigten.<br />

Der 1932 <strong>in</strong> München bei E. Lexer für<br />

Sportmediz<strong>in</strong> habilitierte Chirurg Karl<br />

Gebhardt (1897–1948) publizierte 1933<br />

e<strong>in</strong>e Monographie zum „Bandschaden des<br />

Kniegelenkes“ [10]. Durch se<strong>in</strong> Engagement<br />

für die NSDAP seit 1923 wurde er ärztlicher<br />

Leiter <strong>der</strong> Olympischen Spiele 1936 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

In <strong>der</strong>en Vorfeld berief man ihn 1935 zum<br />

ao. Professor und 1937 zum o. Professor und<br />

Ord<strong>in</strong>arius für orthopädische Chirurgie an<br />

<strong>der</strong> Friedrich­Wilhelms­Universität [11]. Er<br />

missbrauchte se<strong>in</strong>e fachliche Qualifikation,<br />

die ihn auch als Leiter des Sanatoriums für<br />

Sportverletzte <strong>in</strong> Hohenlychen auswies, für<br />

Menschenversuche an Häftl<strong>in</strong>gen des KZ<br />

Ravensbrück. Dafür wurde er <strong>in</strong> Nürnberg<br />

zum Tode verurteilt und h<strong>in</strong>gerichtet [12].<br />

Der Oberarzt von K. Gebhardt <strong>in</strong> Hohenlychen,<br />

Frowalt Heiß, habilitierte sich bei<br />

se<strong>in</strong>em Chef und setzte nach 1945 se<strong>in</strong>e<br />

Laufbahn als Leiter des Sanatoriums für<br />

Sportverletzte <strong>in</strong> Stuttgart­Bad Cannstatt<br />

fort [2].<br />

Übergangszeit nach 1945<br />

Von den aus früherer Zeit an sporttraumatologischen<br />

Problemen <strong>in</strong>teressierten Chirurgen<br />

und Orthopäden waren nach 1945<br />

nur wenige <strong>in</strong> <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone<br />

(SBZ) verblieben. Nach Gründung <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> am 7. Oktober 1949 s<strong>in</strong>d mir von diesen<br />

<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung Prof. Frosch (Arnstadt),<br />

<strong>der</strong> spätere Prof. H. H. Schnelle (Halle) und<br />

Dr. H. Eckhardt (Wernigerode). Ferner wäre<br />

noch Prof. A. Arnold zu nennen, <strong>der</strong> vor dem<br />

2. Weltkrieg <strong>in</strong> Leipzig Sportmediz<strong>in</strong> lehrte<br />

und nach 1945 das Sanatorium im Thermalbad<br />

Wiesenbad leitete [2].<br />

Im kriegszerstörten und <strong>in</strong> Besatzungszonen<br />

aufgeteilten Deutschland, mit dem<br />

Hunger als Massenersche<strong>in</strong>ung, war Sport<br />

wahrlich nicht das primäre Bedürfnis.<br />

Dennoch fanden bereits im Sommer 1945<br />

Fußballspiele zwischen alliierten Soldaten<br />

und Deutschen statt [13]. In <strong>der</strong> SBZ<br />

auf kommunaler Ebene organisiert, nahm<br />

<strong>in</strong> den folgenden Jahren das Interesse an<br />

sportlicher Betätigung wie<strong>der</strong> kont<strong>in</strong>uierlich<br />

zu. Das führte 1948 <strong>zur</strong> Gründung des<br />

Deutschen Sportausschusses. Die ärztliche<br />

Betreuung war zu dieser Zeit von lokalen<br />

Gegebenheiten und <strong>in</strong>dividuellen Möglichkeiten<br />

abhängig. Der Hausarzt überwies<br />

Verletzungen, die se<strong>in</strong>e Kompetenz überschritten,<br />

<strong>zur</strong> Behandlung dem Chirurgen<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


o<strong>der</strong> Orthopäden, also meistens <strong>in</strong>s örtliche<br />

Krankenhaus. Daraus erwuchsen bei<br />

sporttreibenden jungen Ärzten o<strong>der</strong> älteren<br />

Studenten Interessen für die mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Probleme beim Sport, die manche mit <strong>der</strong><br />

später gewählten Fachrichtung koord<strong>in</strong>ierten.<br />

Bis <strong>in</strong> die frühen 1950er Jahre war<br />

dieses Vorgehen landesweit üblich, wobei<br />

sich regional Profilierungen abzeichneten<br />

und dadurch zu e<strong>in</strong>er größeren Frequenz<br />

von Sportverletzungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>richtung führten. Das kann <strong>der</strong><br />

Autor auch über die eigene diesbezügliche<br />

Entwicklung mitteilen: Die 1956 fachlich<br />

selbständig gewordene Unfallkl<strong>in</strong>ik des<br />

Städt. Krankenhauses im Friedrichsha<strong>in</strong> (ÄD<br />

Prof. H. Klose) erfreute sich bei Sportverletzten<br />

e<strong>in</strong>es zunehmend guten Rufes. Ihr Chefarzt<br />

PD B. Janik hatte sich 1954 über Kreuzbandverletzungen<br />

(n=48!) habilitiert und<br />

genoss nicht nur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en sehr guten<br />

Ruf. Davon zehrten auch se<strong>in</strong>e Assistenten<br />

P. Fabian, K. Franke und G. Welsch, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Jugend und während des Studiums aktive<br />

Sportler waren. Sie erarbeiteten e<strong>in</strong>e „Traumatologie<br />

des Sports“, die 1959 zum 80. Geburtstag<br />

von H. Klose im Sportverlag Berl<strong>in</strong><br />

erschien. Als Herausgeber zeichnete aber<br />

dann e<strong>in</strong> ‚Autorenkollektiv’, da P. Fabian und<br />

Prof. B. Janik die <strong>DDR</strong> verlassen hatten.<br />

Aufbau e<strong>in</strong>er staatlich organisierten<br />

sportmediz<strong>in</strong>ischen Betreuung [14]<br />

Der größer werdenden Zahl aktiver Sportler<br />

bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, Jugendlichen und Erwachsenen<br />

trug das staatliche Gesundheitswesen<br />

durch e<strong>in</strong>e Reihe von Anordnungen Rechnung,<br />

welche die Qualität <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Betreuung von organisiert Sporttreibenden<br />

verbessern sollten. Das waren<br />

– 1953 die Anordnung über Organisation<br />

und Durchführung <strong>der</strong> sportärztlichen Betreuung<br />

<strong>in</strong> Kreisen und Bezirken, mit <strong>der</strong><br />

die E<strong>in</strong>richtung sportärztlicher Beratungsstellen<br />

<strong>in</strong> den Kreisen und Bezirken <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> begann;<br />

– 1956 e<strong>in</strong>e Anordnung über die Befreiung<br />

vom Turn­ und Sportunterricht;<br />

– 1956 die Anordnung über die staatliche<br />

Anerkennung als Sportarzt, wofür <strong>in</strong>sgesamt<br />

sechs Lehrgangswochen erfor<strong>der</strong>lich<br />

waren, davon e<strong>in</strong>e mit unfallchirurgisch/<br />

orthopädischen Inhalten;<br />

– 1963 die Anordnung über die Weiterbildung<br />

zum Facharzt für Sportmediz<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> fünf Jahren, davon e<strong>in</strong> Jahr stationär<br />

unfallchirurgisch­orthopädisch. Anpassungen<br />

<strong>der</strong> Weiterbildungsordnung erfolgten<br />

1965, 1972 und 1980;<br />

– 1963 die Gründung des Sportmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Dienstes (SMD) <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Dieser war<br />

<strong>in</strong> die Bereiche Breitensport, K<strong>in</strong><strong>der</strong>­ und<br />

Jugendsport und Leistungssport geglie<strong>der</strong>t.<br />

Chefarzt wurde G. Welsch, nach se<strong>in</strong>em<br />

Unfalltod 1976 D. Hannemann.<br />

Bis genügend Fachärzte ausgebildet waren,<br />

wurden die meisten sportmediz<strong>in</strong>ischen<br />

Aufgaben nebenamtlich ausgeführt, d. h.<br />

von ambulant o<strong>der</strong> kl<strong>in</strong>isch Tätigen, die<br />

Honorarverträge beim SMD erhielten. Da<br />

Sportler primär gesund waren und meist<br />

nicht simulierten, war ihre prophylaktische<br />

Betreuung subjektiv natürlich angenehmer,<br />

als z. B <strong>der</strong> Nachtdienst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rettungsstelle.<br />

Im Breitensport sowie im K<strong>in</strong><strong>der</strong>­ und<br />

Jugendsport war jährlich e<strong>in</strong>e ärztliche<br />

Untersuchung vorgeschrieben. K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendliche mit beson<strong>der</strong>en sportlichen<br />

Talenten wurden entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>­ und<br />

Jugendsportschulen unterrichtet o<strong>der</strong> außerschulisch<br />

<strong>in</strong> För<strong>der</strong>stufen zusammengefasst.<br />

Auch ihre regelmäßige sportmediz<strong>in</strong>ische<br />

Kontrolle war gesichert. Bis 1990<br />

blieben diese traditionellen Möglichkeiten<br />

<strong>zur</strong> Behandlung von Sportverletzten erhalten,<br />

die von den fachlichen Voraussetzungen<br />

im Territorium abhängig waren.<br />

Die gut ausgebildeten Sportmediz<strong>in</strong>er<br />

konnten das e<strong>in</strong>schätzen und besaßen zudem<br />

seit 1967 mit den Konsiliarkl<strong>in</strong>iken des<br />

SMD <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik des Städt.<br />

Krankenhauses Pankow (K. Franke) und <strong>der</strong><br />

Orthopädischen Kl<strong>in</strong>ik Bad Düben (D. Jungmichel)<br />

e<strong>in</strong>e Möglichkeit, <strong>in</strong> Zweifelsfällen<br />

dort Patienten vorzustellen. Für Leistungssportler<br />

war das Konsilium <strong>in</strong> Pankow o<strong>der</strong><br />

Bad Düben verb<strong>in</strong>dlich für den Fall vorgeschrieben,<br />

dass <strong>der</strong> betreuende Sportmediz<strong>in</strong>er<br />

Probleme für die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> sportlichen Leistungsfähigkeit sah. Als<br />

B. Paul 1984 nach Rostock berufen wurde,<br />

erhielt die unfallchirurgische Abteilung <strong>der</strong><br />

dortigen Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

ebenfalls den Konsiliarstatus für den SMD.<br />

Die Angehörigen <strong>der</strong> Armee­Sportvere<strong>in</strong>igungen<br />

wurden bei Verletzungen<br />

zunächst <strong>in</strong> den Lazaretten <strong>der</strong> NVA behandelt.<br />

Im Bedarfsfall konnten sie <strong>in</strong> den<br />

sporttraumatologischen Abteilungen <strong>in</strong><br />

Bad Düben und Pankow vorgestellt werden.<br />

Die SV Dynamo besaß seit 1966 e<strong>in</strong>e eigene<br />

sportmediz<strong>in</strong>ische Hauptberatungsstelle <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> (H. Wuschech, ab 1978 E. Ahrendt).<br />

Diese hatte nach baulicher Erweiterung ab<br />

1972 auch Möglichkeiten <strong>zur</strong> chirurgischstationären<br />

Behandlung von Sportverletzten<br />

(zwei Op.­Säle, 25 Betten).<br />

Die poststationäre Behandlung verletzter<br />

Leistungssportler erfolgte zentralisiert im<br />

1962 gegründeten Rehabilitationszentrum<br />

Kreischa bei Dresden, e<strong>in</strong>em ehemaligen<br />

Krankenhaus <strong>der</strong> Wismut A.G. Es wurde<br />

großzügig um e<strong>in</strong> Bettenhaus, Sportanlagen<br />

und Labore <strong>zur</strong> Bestimmung leistungsphy­<br />

Abb. 1 Teilnahme am Kongress <strong>der</strong> österreichischen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> 1971.<br />

Aus: Privatarchiv K. Franke<br />

siologischer Parameter erweitert (Direktor:<br />

S. E. Strauzenberg, Traumatologie: J. Weber)<br />

[14]. Die Qualität <strong>der</strong> dort geleisteten Arbeit<br />

ist auch daraus ersichtlich, dass die E<strong>in</strong>richtung<br />

1991 durch e<strong>in</strong> BRD­Konsortium übernommen<br />

und zu e<strong>in</strong>er 1000­Betten­Rehabilitationskl<strong>in</strong>ik<br />

ausgebaut wurde.<br />

Seit 1970 bestand bei <strong>der</strong> Leitung des<br />

SMD e<strong>in</strong>e zentrale Gutachterkommission,<br />

<strong>der</strong>en Vorsitz <strong>der</strong> Chefarzt des SMD o<strong>der</strong><br />

se<strong>in</strong> Vertreter führten, ohne dass sie selbst<br />

Gutachten erstellten. Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kommission hatten versicherungsrelevante<br />

Schäden zu beurteilen, <strong>der</strong>en Ursachen<br />

schwerpunktmäßig im Leistungssport des<br />

zivilen Bereiches zu suchen waren. Die ASV<br />

Vorwärts und die SV Dynamo hatten für diesen<br />

Zweck eigene Gremien. Gelegentlich erfolgte<br />

e<strong>in</strong> Austausch über fachliche Fragen.<br />

Wegen <strong>der</strong> bei Sportlern vorherrschenden<br />

Gründe für e<strong>in</strong> Gutachten, nämlich die Folgen<br />

e<strong>in</strong>es Traumas und/o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Fehlbelastung<br />

des B<strong>in</strong>de­ und Stützgewebes, waren<br />

ausschließlich Unfallchirurgen und Orthopäden<br />

<strong>in</strong> dieser Kommission vertreten (K.<br />

Franke – Berl<strong>in</strong>, B. Paul – Berl<strong>in</strong> bzw. Rostock,<br />

J. Weber – Kreischa, D. Jungmichel – Bad<br />

Düben, H. Schmidt – Leipzig). Gutachten<br />

zu Schadensfällen bei Sportlern, die an<strong>der</strong>e<br />

Fächer <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> betrafen (z. B. Innere,<br />

HNO, Augen, Psychiatrie), machten weniger<br />

als 5 % aus. Sie wurden von den hierzu beauftragten<br />

Spezialisten erstellt und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kommission entschieden. Aus eigener Er<strong>in</strong>nerung<br />

ist festzustellen, dass sich unter den<br />

von <strong>der</strong> Kommission des SMD begutachteten<br />

Schadensfällen ke<strong>in</strong>e befanden, die auf<br />

den Missbrauch von Pharmaka <strong>zur</strong>ückzuführen<br />

gewesen wären.<br />

Die Konzentration sporttraumatologischer<br />

Problempatienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ermöglichte<br />

relevante Aussagen <strong>zur</strong> Prophylaxe, optimalen<br />

Therapie und Rehabilitation unter<br />

dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>der</strong> sportlichen Leistungsfähigkeit. Hierzu<br />

dienten Vorträge auf Tagungen von Sportmediz<strong>in</strong>ern,<br />

Unfallchirurgen (� Abb. 1) und<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 59


60<br />

Abb. 2 Fahrt durch den Spreewald nach <strong>der</strong> AO-Tagung <strong>in</strong> Cottbus, Sep. 1973. Von l<strong>in</strong>ks: 1. Reihe: PD<br />

Paul (Dresden) – K. Franke; 2. Reihe: Frau Paul – Dr. Bernhard (Dresden) – Frau Bernhard; 3. Reihe: OMR<br />

Dr. Welz (Cottbus) – Prof. Wehner (Karl-Marx-Stadt) – Frau Prof. Arz<strong>in</strong>ger (Leipzig); 4. Reihe: Frau Welz –<br />

Prof. Szyszkowitz (Graz) – Frau Szyszkowitz; 5. Reihe: Prof. Willenegger (Liestal) – Prof. Seyfarth (Leipzig)<br />

– Prof. Schnei<strong>der</strong> (Biel); 6. Reihe: Prof. San<strong>der</strong> (Halle) – Frau San<strong>der</strong> – Prof. Otto (Halle)<br />

Aus: Privatarchiv K. Franke<br />

Abb. 3 Franke K. Traumatologie des Sports.<br />

3. Aufl. Berl<strong>in</strong>: Volk und Gesundheit; 1986<br />

Abb. 4 Franke K, Unger RR, Paul B. Das Schädel-<br />

Hirntrauma <strong>in</strong> <strong>der</strong> Notfallpraxis; 2. Aufl. Berl<strong>in</strong>:<br />

Volk und Gesundheit; 1978<br />

Abb. 5 Arthroskopie-Hospitation im Massachusetts General Hospital <strong>in</strong> Boston, Feb. 1980. Auch dort<br />

waren noch Röhren-Kameras von <strong>der</strong> Größe e<strong>in</strong>es halben Schuhkartons <strong>in</strong> Gebrauch!<br />

Aus: Privatarchiv K. Franke<br />

Orthopäden, ferner auf Lehrgängen <strong>der</strong><br />

Akademie für ärztliche Fortbildung (AfÄF<br />

– � Abb. 2). Publikationen <strong>in</strong> Zeitschriften<br />

und als Monographien (� Abb. 3, 4, 6) s<strong>in</strong>d<br />

ebenfalls zu erwähnen. Als e<strong>in</strong> Forum für<br />

die Verallgeme<strong>in</strong>erung unserer sporttraumatologischen<br />

Erfahrungen sahen wir die<br />

seit 1975 im Krankenhaus Pankow organisierte<br />

„Berl<strong>in</strong>er Woche für Traumatologie“<br />

(� Abb. 9) an, die bis 1988 unter Mitwirkung<br />

<strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er unfallchirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>iken durchgeführt wurde. Nachdem<br />

drei Berl<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>iken mit sporttraumatologischen<br />

Ambitionen auf verschiedenen Importwegen<br />

1980 e<strong>in</strong> Arthroskop (� Abb. 5)<br />

erhielten (Pankow/K. Franke, Weißensee/H.<br />

Wuschech, Dynamo/E.Ahrendt), konnten<br />

wir <strong>in</strong> den Folgejahren vielen Kollegen aus<br />

allen Bezirken <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bei Hospitationen<br />

und Vorträgen erste praktische Erfahrungen<br />

mit dieser neuen Methode vermitteln. Nach<br />

1990 war das für sie ohne Zweifel von Nutzen.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Weiterbildung ist zu erwähnen,<br />

dass unter Schirmherrschaft <strong>der</strong><br />

FIMS (Fédération Internationale de Médic<strong>in</strong>e<br />

Sportive) 1973, 1979 und 1982 <strong>in</strong> Rostock<br />

Lehrgänge für Sportmediz<strong>in</strong>er aus den<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n stattfanden, wo auch<br />

die Arbeitsmethoden und ­ergebnisse <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>­Sporttraumatologen vorgetragen wurden.<br />

Die gesundheitliche Betreuung von Leistungssportlern<br />

erfolgte nach bestimmten<br />

Richtl<strong>in</strong>ien. E<strong>in</strong>e freie Arztwahl war dementsprechend<br />

im Allgeme<strong>in</strong>en nicht gegeben.<br />

Das trug jedoch zum Optimieren mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Maßnahmen aller Art bei und bot<br />

damit beste Voraussetzungen für den angestrebten<br />

weiteren sportlichen Erfolg. Heimliche<br />

Konsultationen bei ‚Wun<strong>der</strong>heilern’,<br />

die BRD­Sportmediz<strong>in</strong>er immer als abträglich<br />

für ihre Aufgaben bezeichneten, waren<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> praktisch nicht möglich.<br />

Die E<strong>in</strong>richtungen des staatlichen Gesundheitswesens,<br />

welche <strong>in</strong> Belange des SMD<br />

durch Kooperationsverträge e<strong>in</strong>gebunden<br />

worden waren, kamen <strong>in</strong> den Genuss von<br />

zwei <strong>in</strong> damaliger Zeit wichtigen Vorteilen:<br />

1. wurden ihnen zusätzliche Planstellen<br />

(Ärzte, Schwestern, Physiotherapeuten)<br />

bewilligt und<br />

2. erhielten sie die für zusätzlich übernommene<br />

Aufgaben benötigten Geräte, Instrumente<br />

und Verbrauchsmaterialien<br />

außerhalb <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ikeigenen Planung,<br />

evtl. sogar aus Importen.<br />

Da das relativ kle<strong>in</strong>e Krankenhaus Pankow<br />

auch über ger<strong>in</strong>gere Mittel und weniger<br />

Planstellen verfügte als größere E<strong>in</strong>richtungen,<br />

konnte durch die „Liaison“ mit<br />

dem SMD unsere tägliche Arbeit optimiert<br />

werden. Von mediz<strong>in</strong>­ethischer Bedeutung<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


ersche<strong>in</strong>t dabei <strong>der</strong> Fakt, dass alle <strong>zur</strong> Verfügung<br />

gestellten Geräte und Materialien<br />

auch une<strong>in</strong>geschränkt <strong>zur</strong> Versorgung von<br />

an<strong>der</strong>en, nicht über den SMD e<strong>in</strong>gewiesenen<br />

Patienten verwendet werden konnten.<br />

Da nur etwa 10 % <strong>der</strong> im Krkhs. Pankow<br />

behandelten unfallchirurgischen Patienten<br />

Spitzensportler <strong>der</strong> SMD­Nomenklatur waren,<br />

kann man wohl zweifelsfrei von e<strong>in</strong>er<br />

Kooperation zum allseitigen Nutzen sprechen.<br />

Da auch viele verletzte Freizeitsportler<br />

aus Berl<strong>in</strong> und dem Umland zu uns kamen,<br />

ergaben sich aus <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Patienten<br />

und <strong>der</strong> Art ihrer Verletzungen o<strong>der</strong> Fehlbelastungsfolgen<br />

relevante Schlussfolgerungen<br />

für Prophylaxe und Therapie. Zur<br />

„Spezialstrecke“ entwickelte sich <strong>in</strong> Pankow<br />

die Behandlung von Läsionen des Kniegelenkes<br />

(Menisken, Bän<strong>der</strong>, Knorpel), was<br />

auch an<strong>der</strong>enorts <strong>der</strong> sporttraumatologischen<br />

Realität entsprach. Daraus ergaben<br />

sich die nachstehend genannten wissenschaftlichen<br />

Analysen und praxisrelevanten<br />

Schlussfolgerungen:<br />

– Knorpelschäden unterschiedlichen<br />

Schweregrades wurden bei Arthrotomien<br />

und später auch bei Arthroskopien <strong>in</strong><br />

jährlich zunehmen<strong>der</strong> Prozentzahl festgestellt,<br />

zuletzt bei 78 % <strong>der</strong> operierten<br />

Kniegelenke. Falls hierfür ursächlich ke<strong>in</strong>e<br />

gestörte Biomechanik wie bei e<strong>in</strong>er Meniskus­<br />

o<strong>der</strong> Bän<strong>der</strong>läsion gegeben war,<br />

kam als Ursache nur das Missverhältnis<br />

zwischen Belastbarkeit und tatsächlicher<br />

Belastung <strong>in</strong> Frage. Wir konnten <strong>in</strong> den<br />

frühen 1970er Jahren als e<strong>in</strong>en Grund ermitteln,<br />

dass die bei älteren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen als Krafttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g durchgeführten<br />

Tiefkniebeugen bzw. Hock­Streck­<br />

Sprünge mit Gewichtsbelastung geradezu<br />

Gift für den Gelenkknorpel se<strong>in</strong> können.<br />

Unsere diesbezügliche Intervention bei <strong>der</strong><br />

Leitung des SMD bewirkte e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramme. Die an <strong>der</strong> Praxis<br />

orientierte wissenschaftliche Bearbeitung<br />

des Themas (mehrere Promotionen, Habilitation<br />

von B. Paul 1980) ergab neben den<br />

vorstehend genannten Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im Krafttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g noch Empfehlungen für<br />

die operative/arthroskopische Entfernung<br />

verän<strong>der</strong>ten Knorpels, für medikamentöse<br />

Adjuvantien und für die Rehabilitation.<br />

– Verletzungen <strong>der</strong> Kreuzbän<strong>der</strong> wurden<br />

<strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong> Zahl <strong>in</strong> Pankow behandelt.<br />

Ab 1966 folgten wir vorzugsweise<br />

<strong>der</strong> Empfehlung von H. Brückner (1964),<br />

e<strong>in</strong> gestielt bleibendes Drittel des Lig. patellae<br />

für den plastischen Ersatz des VKB<br />

zu verwenden. Wir modifizierten das Verfahren,<br />

<strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> freies Transplantat mit<br />

Knochenblöcken an beiden Enden gebildet<br />

wurde. Die Ergebnisse <strong>der</strong> ersten Serie<br />

von 207 VKB­Ersatzplastiken konnte 1979<br />

(� Abb. 7) vorgestellt werden. P. Hertel hat<br />

Abb. 6 Franke K. Kritik des Boxsports aus ärztlicher Sicht; Vortragsreferat 15.12.1969; Berl<strong>in</strong>er Chirurg.<br />

Ges.<br />

Abb. 7 Franke K. Erfahrungsbericht über 200 Operationen zum Kreuzban<strong>der</strong>satz durch e<strong>in</strong> freies<br />

Transplantat aus dem Ligamentum patellae; Kongressbericht Int. Soc. of the Knee, Lyon, 24.–<br />

27.04.1979<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 61


62<br />

das Verfahren mit se<strong>in</strong>er press­fit­Technik<br />

weiter vervollkommnet. Wir haben seit<br />

etwa 1980 propagiert, Bän<strong>der</strong>läsionen am<br />

Kniegelenk primär, möglichst <strong>in</strong>nerhalb<br />

von drei Tagen nach dem Unfall zu operieren.<br />

Damit sollte dem Knorpelschaden <strong>in</strong>folge<br />

e<strong>in</strong>er über längere Zeit gestörten Biomechanik<br />

vorgebeugt werden. Es gelang<br />

uns, von anfänglich 5 % primärer Operationen<br />

auf e<strong>in</strong>en 30 %­Anteil zu kommen.<br />

– Die operative Behandlung <strong>der</strong> rezidivierenden<br />

Patellaluxation wurde <strong>in</strong> Pankow<br />

nach dem Verfahren von Roux (1886),<br />

mitunter <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit <strong>der</strong> Methode<br />

von H. Brückner (1970) durchgeführt.<br />

Bei 200 solcherart Operierten wurde das<br />

Ergebnis <strong>in</strong> zwei konsekutiven Serien im<br />

Rahmen von Promotionsschriften analysiert<br />

(Ch. Zastrow 1987, K. Senst 1994):<br />

bei 95 % fand sich e<strong>in</strong> gutes Ergebnis.<br />

Weitere praxisrelevante Erfahrungen aus<br />

<strong>der</strong> Sporttraumatologie jener Jahre waren:<br />

– die möglichst frühe Bewegung operierter<br />

Gelenke mittels Motorschiene,<br />

– Versuch des Erhaltens <strong>der</strong> antra<strong>in</strong>ierten<br />

kardiopulmonalen und muskulären Leistungsfähigkeit<br />

durch frühzeitige Belastung<br />

nicht operierter Regionen (Expan<strong>der</strong>,<br />

Fahrrad­ o<strong>der</strong> Drehkurbelergometer).<br />

Hierfür fanden Beratungen durch extern<br />

tätige Sportmediz<strong>in</strong>er statt.<br />

Die Analyse <strong>der</strong> Ergebnisse unserer Arbeit<br />

führte zu e<strong>in</strong>er Reihe von Promotionen von<br />

Abb. 8 „Kniekurs <strong>in</strong> Pankow“, 16.-21.11.1981 – Dank <strong>der</strong> f<strong>in</strong>nischen Gäste<br />

Mitarbeitern des eigenen Bereiches bei<br />

<strong>der</strong> AfÄF, wo wir den Status e<strong>in</strong>er Weiterbildungskl<strong>in</strong>ik<br />

besaßen. Im Rahmen dieser<br />

Aufgabe organisierten wir weiterh<strong>in</strong><br />

– die Berl<strong>in</strong>er Woche für Traumatologie<br />

(1974–1988; � Abb. 9),<br />

– Hospitationen von Interessenten zu Problemen<br />

<strong>der</strong> Sporttraumatologie (� Abb. 8) und<br />

– die Betreuung von Promotionen und Habilitationen<br />

aus an<strong>der</strong>en Bereichen des<br />

staatlichen Gesundheitswesens (<strong>in</strong>sgesamt<br />

81 Promotionen A und 11 Promotionen<br />

B = Habilitation).<br />

Wissenschaftliche Publikationen <strong>zur</strong><br />

Sporttraumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

– Die Zeitschrift Mediz<strong>in</strong> und Sport erschien<br />

ab 01.03.1961 zweimonatlich und ab<br />

1965 monatlich als Organ <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Sportmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und des<br />

SMD mit e<strong>in</strong>er Auflage von zuletzt 1.750<br />

Exemplaren (Chefredakteur 1961–1980:<br />

K. Franke, 1981–1990: W. Br<strong>in</strong>gmann). Ab<br />

1991 g<strong>in</strong>g sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen Zeitschrift<br />

für Sportmediz<strong>in</strong> auf. Der Inhalt von Mediz<strong>in</strong><br />

und Sport galt zu etwa e<strong>in</strong>em Drittel<br />

unfallchirurgischen und orthopädischen<br />

Themen, die Bezug zu Sport und Rehabilitation<br />

besaßen. Mit Übersichtsarbeiten<br />

und Kongressberichten wurde dem Anliegen<br />

<strong>der</strong> Weiterbildung zum Facharzt<br />

entsprochen. Autoren aus dem Ausland<br />

kamen auf Anfor<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> spontan zu<br />

Wort.<br />

– Monographien entsprachen neben dem<br />

Anspruch auf Wissenschaftlichkeit auch<br />

stets dem Weiterbildungsanliegen. Auf<br />

die 1959 erschienene Traumatologie des<br />

Sports e<strong>in</strong>es Autorenkollektivs wurde bereits<br />

h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

1977 erschien, von K. Franke herausgegeben,<br />

erneut e<strong>in</strong>e Traumatologie des Sports.<br />

Von dieser 1. Auflage wurde <strong>in</strong> Italien e<strong>in</strong><br />

„Raubdruck“ hergestellt. Die 2. Auflage erschien<br />

1980 bei Volk & Gesundheit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

und als Lizenzausgabe bei Thieme, Stuttgart.<br />

Sie wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> UdSSR übersetzt und<br />

nachgedruckt. Die 3. überarbeitete Auflage<br />

(Abb. 4) erschien dann 1986 wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

und Stuttgart unter Mitarbeit von A. Franke<br />

(Epidemiologie), R. Müller (Rückenmark und<br />

peripheres Nervensystem), sowie J. Weber,<br />

H. Brenke und L. Dietrich/Kreischa (Rehabilitation).<br />

Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> 3. Auflage ca. 1.000<br />

zitierten Quellen s<strong>in</strong>d zu erwähnen.<br />

Mit sporttraumatologischem und ­orthopädischem<br />

Inhalt erschienen weiterh<strong>in</strong>:<br />

Arnold A. Lehrbuch <strong>der</strong> Sportmediz<strong>in</strong>.<br />

2. Aufl. Leipzig: J. A. Barth; 1960<br />

Schmidt H. Orthopädie im Sport. Leipzig: J.<br />

A. Barth; 1972<br />

Arndt KH. Achillessehnenruptur und Sport.<br />

Leipzig: J. A. Barth; 1976<br />

Ehricht HG. Die Wirbelsäule <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sportmediz<strong>in</strong>;<br />

Leipzig: J. A. Barth; 1978<br />

Tittel K. Sprunggelenke im Sport; Tagungsbericht<br />

Dresden 1982 <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong> und Sport<br />

H.1/2; 1983<br />

Abb. 9 Programm <strong>der</strong> 11. Berl<strong>in</strong>er Woche für<br />

Traumatologie, 17.–21.11.1986<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Zusammenfassung<br />

Nach e<strong>in</strong>er Übersicht <strong>zur</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

Sporttraumatologie im deutschsprachigen<br />

Raum bis 1945 wird <strong>der</strong>en fachliche Gestaltung<br />

und organisatorische Struktur im Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> abgehandelt. Als<br />

Positiva werden angeführt:<br />

– E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von <strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie<br />

<strong>in</strong> die staatliche Anerkennung<br />

als Sportarzt (1956) und <strong>in</strong> die Weiterbildung<br />

zum Facharzt für Sportmediz<strong>in</strong><br />

(1963);<br />

– E<strong>in</strong>beziehen territorialer Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> die<br />

Betreuung verletzter Sportler. Nur die SV<br />

Dynamo besaß e<strong>in</strong>e eigene sporttraumatologisch­kl<strong>in</strong>ische<br />

Abteilung;<br />

– zentralisierte Rehabilitation verletzter Leistungssportler<br />

<strong>in</strong> Kreischa;<br />

– zentralisierte Begutachtung versicherungsrelevanter<br />

Fehlbelastungsfolgen<br />

und Verletzungen beim Sport;<br />

– E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den sporttraumatologischer Erkenntnisse<br />

<strong>in</strong> die Weiterbildung (AfÄF);<br />

– Vorteile <strong>in</strong> <strong>der</strong> materiell­technischen Versorgung<br />

für Vertragspartner des SMD.<br />

Monographien <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> Sporttraumatologie:<br />

1. Thiem C. Handbuch <strong>der</strong> Unfallerkrankungen.<br />

2. Aufl. Stuttgart: Enke; 1910<br />

2. Arnold A. Lehrbuch <strong>der</strong> Sportmediz<strong>in</strong>.<br />

2. Aufl. Leipzig: J. A. Barth; 1960<br />

3. v. Saar G. Sportverletzungen. Stuttgart:<br />

Enke; 1914<br />

4. Czymek G. A. Bier. In: Posterausstellung<br />

Berl<strong>in</strong>er Chirurgische Gesellschaft, Tagung<br />

16.–18.02.2006<br />

5. Mandl F. Chirurgie <strong>der</strong> Sportunfälle.<br />

Wien: Urban & Schwarzenberg; 1925<br />

6. Wachsmuth W, Wölk H. Über Sportunfälle<br />

und Sportschäden. Leipzig: Thieme; 1935<br />

7. Baetzner W. Sport­ und Arbeitsschäden.<br />

Leipzig: Thieme; 1936<br />

8. Breitner B. Sportschäden und Sportverletzungen.<br />

2. Aufl. Stuttgart: Enke; 1953<br />

9. Petitpierre M. W<strong>in</strong>tersportverletzungen.<br />

Stuttgart: Enke; 1939<br />

10. Gebhardt K. Der Bandschaden des Kniegelenkes.<br />

Leipzig: J. A. Barth; 1933<br />

11. David H. „… es soll das Haus die Charité<br />

heißen …“. Hamburg: akademos Verlag;<br />

2004<br />

12. Kater MH. Ärzte als Hitlers Helfer. München:<br />

Piper; 2002<br />

Monographien <strong>zur</strong> Sportmediz<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>:<br />

13. Wonneberger G, Westphal H, et al. <strong>Geschichte</strong><br />

des <strong>DDR</strong>­Sports. Berl<strong>in</strong>: Spotless;<br />

2002<br />

14. Strauzenberg SE, Gürtler H. Die Sportmediz<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Dresden: Saxonia Verlag;<br />

2005<br />

Prof. Dr. K. Franke<br />

Kle<strong>in</strong>e Homeyerstr. 4<br />

13156 Berl<strong>in</strong><br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 63


64<br />

Voraussetzungen für die operative<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

W. Otto<br />

In den letzten 40er, den 50er und den frühen<br />

60er Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts standen<br />

für die operative Behandlung von Verletzungen,<br />

Erkrankungen, Fehlstellungen<br />

und -bildungen im Osten Deutschlands, <strong>der</strong><br />

späteren <strong>DDR</strong>, Implantate und Instrumente<br />

etwa <strong>in</strong> dem Umfang und <strong>der</strong> Qualität <strong>zur</strong><br />

Verfügung, wie sie großen Teils auch schon<br />

vor dem zweiten Weltkrieg <strong>in</strong> Zentraleuropa<br />

benutzt worden waren. In dieser Zeit wurden<br />

erste Fortschritte auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Forschung <strong>zur</strong> Knochenheilung und dem<br />

jeweils erfor<strong>der</strong>lichen Bed<strong>in</strong>gungsgefüge<br />

erreicht. Auch <strong>der</strong> prothetische Ersatz von<br />

Gelenken o<strong>der</strong> Gelenkanteilen fand zunehmendes<br />

Interesse und wurde <strong>zur</strong> Anwendungsreife<br />

gebracht. Aufgabenteilung und<br />

Spezialisierung waren die Grundlage für die<br />

Zuständigkeiten zwischen Unfallchirurgen<br />

und Orthopäden, <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

lokalen o<strong>der</strong> regionalen Konstellation.<br />

Instrumente und Implantate<br />

für die Osteosynthese<br />

Während des 2. Weltkrieges und <strong>in</strong> den Jahren<br />

danach hat <strong>der</strong> Küntscher-Nagel se<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>führung und anschließend e<strong>in</strong>e so weit<br />

gehende Verbreitung gefunden, dass er<br />

<strong>zur</strong> Behandlung <strong>der</strong> Schaftfrakturen großer<br />

Röhrenknochen genutzt werden konnte.<br />

Drei-Lamellen- und an<strong>der</strong>e Schenkelhals-<br />

Nägel mit o<strong>der</strong> ohne Lasche, <strong>der</strong> Lezius-Nagel,<br />

<strong>der</strong> Y- o<strong>der</strong> Trochanternagel nach Küntscher,<br />

e<strong>in</strong>zelne o<strong>der</strong> gebündelte Kirschner-<br />

Drähte und Rush-P<strong>in</strong>s dienten <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren<br />

Schienung. Bei den beiden letzteren erwartete<br />

man e<strong>in</strong>e elastische Verklemmung. Die<br />

damit erreichte Stabilität genügte jedoch<br />

häufig nicht, um Komplikationen im Heilungsverlauf<br />

zu vermeiden und die Erfolgschancen<br />

spürbar zu verbessern. E<strong>in</strong>zelne<br />

Schrauben, den üblichen Holz-Schrauben <strong>in</strong><br />

Material und Form entsprechend, wurden<br />

für die Adaptation von Fragmenten verwendet.<br />

Gleiches gilt für Kirschner-Drähte,<br />

Cerclagen, und Hemicerclagen. Auch lyophilisierte<br />

Knochenspäne und Fremdmaterialien,<br />

wie Holz, Elfenbe<strong>in</strong>, Plexiglas wurden<br />

als <strong>in</strong>nere Verb<strong>in</strong>dungs- und/o<strong>der</strong> Überbrü-<br />

ckungsmaterialien erprobt. Die Erfolge waren<br />

zweifelhaft bis katastrophal!<br />

Die genannten Implantate und die dazu<br />

benötigten Instrumente wurden im Osten<br />

Deutschlands, also <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, im VEB Mediz<strong>in</strong>-Mechanik<br />

Suhl und <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren metallverarbeitenden<br />

Betrieben überwiegend<br />

<strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen und Sachsen hergestellt. Es<br />

bestand jedoch bei Ihrer Anwendung e<strong>in</strong><br />

hohes therapeutisches Risiko, beson<strong>der</strong>s bei<br />

Problemfrakturen mit ausgedehnten Weichteilschäden<br />

und längerstreckigen, mehrfragmentären<br />

strukturellen Zerstörungen. Ganz<br />

beson<strong>der</strong>s problematisch war die Situation<br />

bei kontam<strong>in</strong>ierten offenen Verletzungen<br />

o<strong>der</strong> sich anbahnenden o<strong>der</strong> bereits manifesten<br />

Infektionen. Durch die von <strong>der</strong> AO <strong>der</strong><br />

Schweiz <strong>in</strong>augurierte stabile Osteosynthese,<br />

mit den speziell dafür entwickelten Implantaten<br />

(Schrauben und Platten) und den<br />

für <strong>der</strong>en pr<strong>in</strong>zipiengerechte E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung<br />

notwendigen Instrumentensätzen, konnten<br />

geradezu revolutionäre Verbesserungen auf<br />

diesem Feld erreicht werden. Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

von zunächst 12 Grund<strong>in</strong>strumentarien<br />

und Implantatesätzen für die von <strong>der</strong> AO<br />

entwickelten Platten- und Schrauben- Osteosynthesen<br />

und Fixateur-externe-Versorgungen<br />

<strong>in</strong> den späten 60er und frühen 70er<br />

Jahren konnte diese Entwicklung auch bei<br />

uns nachvollzogen werden. Zum Bedauern<br />

<strong>der</strong> se<strong>in</strong>erzeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> Tätigen<br />

wurde die Genehmigung zum Import <strong>der</strong><br />

Marknägel nicht erteilt. Es gelang jedoch, die<br />

Kl<strong>in</strong>iken mit den Markraumbohrsystemen<br />

<strong>der</strong> AO, pressluftgetrieben und mit flexiblen<br />

Bohrwellen, auszustatten. Dazu gehörten<br />

ebenfalls E<strong>in</strong>- und Ausschlag<strong>in</strong>strumente,<br />

die ohne die zugehörigen Implantate allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht verwendet werden konnten. Als<br />

Implantate mussten nämlich die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

hergestellten „Küntscher-Nägel“ verwendet<br />

werden, jene <strong>in</strong> ganzer Länge geschlitzten,<br />

im Querschnitt kleeblattförmig gestalteten<br />

„Rohre“.<br />

Die Verteilung <strong>der</strong> Grundausstattungen<br />

erfolgte planmäßig flächendeckend über<br />

das gesamte Gebiet <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, wobei <strong>der</strong><br />

Nachweis qualifizierter unfallchirurgischer<br />

Erfahrung und die Teilnahme an den E<strong>in</strong>führungsveranstaltungen<br />

und Instruktionskursen<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für<br />

operative Knochenbruchbehandlung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> nach dem Vorbild <strong>der</strong><br />

Schweizerischen AO-Kurse wesentliche Kriterien<br />

für die getroffene Auswahl darstellten.<br />

E<strong>in</strong>ige Kl<strong>in</strong>iken, die zunächst nicht mit<br />

e<strong>in</strong>em solchen Grund<strong>in</strong>strumentarium ausgerüstet<br />

werden konnten, versuchten über<br />

den Erwerb von E<strong>in</strong>zelteilen sich Zugang zu<br />

diesen Methoden zu verschaffen. Dadurch<br />

traten allerd<strong>in</strong>gs gehäuft Komplikationen<br />

und nicht selten schwere Fehlergebnisse<br />

e<strong>in</strong>. Die Sachlage wurde weiter verschärft<br />

dadurch, dass <strong>der</strong> Import dieser Instrumentarien<br />

und Implantatesätze später e<strong>in</strong>gestellt<br />

und staatlicherseits darauf orientiert<br />

wurde, die AO-Implantate und die verschleißbed<strong>in</strong>gt<br />

erfor<strong>der</strong>lichen Ersatz<strong>in</strong>strumente<br />

(Bohrer, Gew<strong>in</strong>deschnei<strong>der</strong> etc.) im<br />

eigenen Land nachzubauen und diese Produkte<br />

dann den Chirurgen, Unfallchirurgen<br />

und Orthopäden <strong>zur</strong> Verfügung zu stellen.<br />

Zwar wurde das gleiche Ausgangsmaterial<br />

(Stahllegierung) benutzt wie bei dem Orig<strong>in</strong>alhersteller,<br />

aber <strong>der</strong> technologische Prozess<br />

<strong>der</strong> Endfertigung, die Kaltverformung,<br />

konnte nicht <strong>in</strong> gleicher Weise durchgeführt<br />

werden. Deshalb waren die Implantate<br />

aus <strong>der</strong> eigenen Produktion von ger<strong>in</strong>gerer<br />

Steifigkeit und Verformungsbeständigkeit<br />

und genügten <strong>in</strong> vielen Fällen von ihren<br />

mechanischen Qualitäten her nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Platten, die man mit <strong>der</strong> Hand<br />

biegen konnte (Schmale 4,5 mm 10-Lochplatte),<br />

Gew<strong>in</strong>debohrer/-schnei<strong>der</strong>, die sich<br />

bei vorschriftsmäßiger Verwendung um<br />

die Längsachse verw<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong> Sechskantimbus<br />

<strong>in</strong> den Schraubenköpfen, <strong>der</strong><br />

die Schraubendreher nicht formschlüssig<br />

aufnahm, so den Schraubendreher und sich<br />

selbst sehr leicht ab- o<strong>der</strong> ausrundete, waren<br />

e<strong>in</strong>deutige H<strong>in</strong>weise auf diesen Mangel<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Endfertigung <strong>der</strong> Produkte. Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im Design und <strong>in</strong> den Anwendungspr<strong>in</strong>zipien,<br />

wie sie schrittweise von <strong>der</strong> AO<br />

erarbeitet und umgesetzt wurden, konnten<br />

ebenfalls nicht o<strong>der</strong> nicht zeitgerecht begleitet<br />

o<strong>der</strong> nachvollzogen werden.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Hersteller dieser nachgebauten Produkte<br />

waren <strong>der</strong> VEB (Volkseigener Betrieb) Mediz<strong>in</strong>mechanik<br />

Suhl und die Instrumentenfabrik<br />

<strong>in</strong> Königssee. Der Vertrieb <strong>der</strong> trotz allem<br />

immer noch knappen Materialien erfolgte<br />

über das Staatliche Versorgungskontor <strong>in</strong><br />

Gera. Dabei kam es jedoch immer wie<strong>der</strong> zu<br />

langen Wartezeiten und Versorgungsengpässen,<br />

die zum Teil durch zeitweilig doch<br />

wie<strong>der</strong> genehmigte Importe, allerd<strong>in</strong>gs<br />

oft von an<strong>der</strong>en, preis- o<strong>der</strong> devisengünstigeren<br />

Herstellern, meistens ohne Rücksicht<br />

auf Systemkompatibilität und Qualität<br />

ausgeglichen werden mussten.<br />

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass auch<br />

die später aufkommenden Verriegelungsnägel<br />

nicht von Herstellern im Ausland bezogen<br />

werden durften, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> aber solche<br />

auch nicht hergestellt wurden. So blieb<br />

nur die Möglichkeit, die Verriegelungslöcher<br />

entwe<strong>der</strong> selbst zu Hause o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstadt<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> die vorhandenen Küntscher-Nägel<br />

zu bohren. Das war technisch<br />

nicht e<strong>in</strong>fach und begrenzte zwangsläufig<br />

das <strong>zur</strong> Verfügung stehende Lager dieser<br />

Nägel. Die Verriegelung erfolgte an beiden<br />

Nagelenden mit Kortikalisschrauben <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

„freien Technik“.<br />

Diese Mängel und Engpässe auf dem Instrumenten-<br />

und Implantatsektor trugen nicht<br />

unerheblich dazu bei, dass Verlaufs- und<br />

Heilungsstörungen, sogenanntes o<strong>der</strong> wirkliches<br />

Implantatversagen und Fehlergebnisse<br />

auftraten. Der vor allem durch die AO<br />

<strong>in</strong>duzierte Fortschritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versorgungsstrategie<br />

von knöchernen Läsionen machte<br />

sich aber trotzdem an vielen sehr viel besseren<br />

Ergebnissen deutlich bemerkbar.<br />

In dem Bemühen, sich bezüglich dieser<br />

Mediz<strong>in</strong>produkte von Importen aus dem<br />

sogenannten „nichtsozialistischen Wirtschafts-<br />

und Währungsgebiet“ unabhängig<br />

zu machen, wurde von „Staat und Partei“<br />

(SED) dann schließlich darauf orientiert<br />

bzw. gefor<strong>der</strong>t, eigene Methoden und Mittel<br />

zu entwickeln. E<strong>in</strong>ige Kollegen schufen<br />

daraufh<strong>in</strong> Osteosynthese-Systeme nach<br />

dem Vorbild bzw. den technologisch-therapeutischen<br />

Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> AO und brachten<br />

diese auf den Markt. Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d<br />

die Fixateur-externe-Modelle von Miehle<br />

mit Gew<strong>in</strong>destäben und wenig flexiblen Zusatzelementen<br />

(e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die technologische<br />

Vergangenheit!), <strong>der</strong> für die Millitärmediz<strong>in</strong><br />

entwickelte Stab-Fixateur <strong>in</strong> großer<br />

und kle<strong>in</strong>erer Variante und <strong>der</strong> „Plattenfixateur“,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> Polen entwickelt („Zespol“) und<br />

von e<strong>in</strong>igen Kl<strong>in</strong>iken (Bezirkskrankenhaus<br />

Frankfurt/O<strong>der</strong>; Med. Akademie Erfurt) modifiziert<br />

und genutzt wurde. Der Vergleich<br />

<strong>der</strong> Anwendbarkeit und <strong>der</strong> Ergebnisse mit<br />

denen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Osteosynthese, wie sie<br />

die AO entwickelt hatte, fiel jedoch für diese<br />

Verfahren e<strong>in</strong>deutig negativ aus. Von <strong>der</strong><br />

Mehrzahl <strong>der</strong> qualifizierten Traumatologen<br />

wurden diese Eigenprodukte eher skeptisch<br />

betrachtet bzw. abgelehnt. Sie konnten sich<br />

also nicht durchsetzen.<br />

Endoprothetik<br />

Zusammen mit den ersten AO-Instrumentarien<br />

wurden <strong>in</strong> ausgewählte Kl<strong>in</strong>iken auch<br />

Instrumentarien und Implantate von <strong>der</strong><br />

Firma Prothek, ebenfalls aus <strong>der</strong> Schweiz,<br />

ausgeliefert, um die unfallbed<strong>in</strong>gte primäre<br />

o<strong>der</strong> sekundäre Endoprothetik, zunächst<br />

nur <strong>der</strong> Hüfte, abzusichern. Auch hier traten<br />

später Probleme mit Nachschub- o<strong>der</strong><br />

Ergänzungsimporten e<strong>in</strong>, die Ärzte und Patienten<br />

<strong>in</strong> sehr unangenehme Situationen<br />

br<strong>in</strong>gen konnten bzw. gebracht haben.<br />

Deshalb wurde auch die Produktion von<br />

Hüftgelenkendoprothesen im eigenen Land<br />

von offizieller Seite gefor<strong>der</strong>t und geför<strong>der</strong>t.<br />

Dazu wurde, ausgehend von <strong>der</strong> Orthopädischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena, Standort<br />

Eisenberg, e<strong>in</strong> Metallschaft (Prothecast) im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es gestreckten Bananenschaftes<br />

entwickelt und komb<strong>in</strong>iert mit e<strong>in</strong>em Keramik-Kopf<br />

aus den keramischen Werken<br />

Hermsdorf, entwe<strong>der</strong> als Kopf-Prothese<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>er Polyaethylenpfanne<br />

als Totalendoprothese und für<br />

Standardversorgungen ausnahmslos angeboten.<br />

In vielen Fällen wurden diese erfolgreich<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Son<strong>der</strong>prothesen, z. B. für<br />

Revisionse<strong>in</strong>griffe o<strong>der</strong> die Korrektur orthopädischer<br />

und posttraumatischer Problemsituationen<br />

wurden im begrenzten Umfang<br />

auch weiterh<strong>in</strong> importiert, wobei die Wahl<br />

des Herstellers und des jeweiligen Modells<br />

wie<strong>der</strong>um von <strong>der</strong> „Devisensitua tion“ <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> abhängig gemacht wurde und nicht<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie von den Wünschen und Bedürfnissen<br />

<strong>der</strong> Patienten und Ärzte. E<strong>in</strong>e<br />

von Prof. Hell<strong>in</strong>ger, damals Ord<strong>in</strong>arius für<br />

Orthopädie <strong>in</strong> Dresden, vorgelegte „Neuschöpfung“<br />

e<strong>in</strong>er Femurkomponente aus<br />

Metall, die mit e<strong>in</strong>er Standardpfanne aus<br />

Polyäthylen komb<strong>in</strong>iert werden sollte, fand<br />

ke<strong>in</strong>e verbreitete Anwendung.<br />

Es fehlten außer den Schaftraspeln die für<br />

die korrekte Implantation erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Instrumentarien, was die Operationen erschwerte<br />

und das Risiko von Fehlergebnissen<br />

anwachsen ließ. Bis zum Ende <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

blieb also immer e<strong>in</strong>e Importabhängigkeit<br />

auch auf diesem Sektor bestehen, die immer<br />

stärker restriktiv gesehen und gehandhabt<br />

wurde.<br />

Zulassung von Mediz<strong>in</strong>produkten<br />

Die Entscheidungen über Importe von Mediz<strong>in</strong>produkten<br />

(Implantate, Instrumentarien,<br />

E<strong>in</strong>wegmaterialien, Medikamente) wurden<br />

von e<strong>in</strong>em zentralen Gutachterausschuss<br />

beim Außenhandelsm<strong>in</strong>isterium <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> getroffen, <strong>in</strong> dem namhafte Vertreter<br />

<strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Fachdiszipl<strong>in</strong>en vertreten<br />

waren o<strong>der</strong> bedarfsweise e<strong>in</strong>geladen wurden.<br />

Aus ökonomischen Gründen o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Folge sachlich unrichtiger Beratung dieses<br />

Gremiums kam es häufig zu Ablehnungen<br />

o<strong>der</strong> zu Importsperrungen von mediz<strong>in</strong>isch<br />

dr<strong>in</strong>gend benötigten Medikamenten und<br />

an<strong>der</strong>en Mediz<strong>in</strong>produkten. Es bedurfte<br />

oft langwieriger Verhandlungen, Neu-Zulassungen<br />

zu erreichen o<strong>der</strong> verhängte<br />

Importsperrungen rückgängig zu machen,<br />

zumal die Me<strong>in</strong>ungen und das Opportunitätsverständnis<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Fachvertreter<br />

sehr unterschiedlich waren.<br />

Unter all diesen Umständen war und blieb<br />

<strong>der</strong> Mangel an produkt- und methodenspezifischen<br />

Instrumenten, Implantatmaterialien<br />

speziellen Medikamenten und<br />

adjuvanten Mediz<strong>in</strong>produkten als dauerhafte<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung bestehen, obwohl seit<br />

1976 e<strong>in</strong>e Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International<br />

staatlich genehmigt und gegründet<br />

und die Zusammenarbeit zugesagt worden<br />

war. Deshalb konnte auch nicht orig<strong>in</strong>algetreu<br />

von den Weiterentwicklungen <strong>der</strong> AO<br />

<strong>in</strong> den Erkenntnissen, daraus abgeleiteten<br />

Pr<strong>in</strong>zipien und Fortschritten auf dem Implantatsektor<br />

Gebrauch gemacht werden.<br />

Daraus ergab und verstärkte sich mehr und<br />

mehr die Notwendigkeit <strong>der</strong> schöpferischen<br />

Improvisation bei <strong>der</strong> Umsetzung mo<strong>der</strong>ner<br />

Pr<strong>in</strong>zipien mit den verfügbaren Mitteln.<br />

Dabei wurde deutlich, dass es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

auf die pr<strong>in</strong>zipiengetreue konzeptionelle<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Erkenntnisse ankommt,<br />

wenn man erfolgreich behandeln will, und<br />

dass dieses auch mit relativ e<strong>in</strong>fachen, allgeme<strong>in</strong><br />

nutzbaren Implantaten möglich<br />

und vergleichbar erfolgreich se<strong>in</strong> kann o<strong>der</strong><br />

ist.<br />

Organisatorisch-strukturelle<br />

Voraussetzungen<br />

Nach dem 2. Weltkrieg wurde im Osten<br />

Deutschlands, <strong>der</strong> späteren <strong>DDR</strong>, <strong>in</strong> aller Regel<br />

die Behandlung von Unfallschäden von<br />

Chirurgen ausgeführt. Die orthopädischen<br />

Kollegen waren mehr für die Therapie von<br />

Krankheiten und unfallunabhängigen Schäden<br />

am Stütz- und Bewegungsapparat zuständig.<br />

Letztere waren <strong>in</strong> eigenständigen<br />

Kl<strong>in</strong>iken organisiert und strukturiert. Die<br />

unfallchirurgisch <strong>in</strong>teressierten und qualifi-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 65


66<br />

zierten Chirurgen waren allenfalls <strong>in</strong> Abteilungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb chirurgischer Strukture<strong>in</strong>heiten<br />

zusammengefasst und standen unter<br />

<strong>der</strong> übergeordneten Leitung des Chefarztes<br />

o<strong>der</strong> Direktors <strong>der</strong> jeweiligen Kl<strong>in</strong>ik o<strong>der</strong><br />

Abteilung für Chirurgie. Nur wenige dieser<br />

Ord<strong>in</strong>arien o<strong>der</strong> Chefärzte waren selbst unfallchirurgisch<br />

<strong>in</strong>teressiert und qualifiziert.<br />

Vielmehr waren sie geprägt von schlechten<br />

Erfahrungen und Ergebnissen mit den bis<br />

dah<strong>in</strong> verfügbaren Behandlungsmethoden<br />

und übertrugen die Aufgabe oft an junge,<br />

und/o<strong>der</strong> operativ nicht so sehr gut e<strong>in</strong>zusetzende<br />

Mitarbeiter. Lediglich <strong>in</strong> Cottbus,<br />

Dessau, Rostock-Südstadt und <strong>in</strong> Zwickau<br />

(damals Bezirkskrankenhäuser) und Berl<strong>in</strong>-<br />

Friedrichsha<strong>in</strong> (den Bezirkskrankenhäusern<br />

quasi gleichgestellt) entstanden schon früh<br />

eigenständige unfallchirurgische Kl<strong>in</strong>iken<br />

unter Leitung spezialisierter Traumatologen.<br />

Ansonsten regierten die Chirurgischen<br />

Chefs über die Unfallabteilungen, entschieden<br />

über <strong>der</strong>en f<strong>in</strong>anzielle, personelle sowie<br />

die apparativ-<strong>in</strong>strumentelle Ausstattung<br />

und engten so den Entwicklungsfreiraum<br />

<strong>der</strong> unfallchirurgisch <strong>in</strong>teressierten und mit<br />

<strong>der</strong> Ausübung beauftragten Kollegen e<strong>in</strong>. Bei<br />

<strong>der</strong> Zuteilung von Personal, OP-Kapazitäten<br />

und an<strong>der</strong>em wurden zunehmend Prioritäten<br />

zugunsten an<strong>der</strong>er prestigeträchtiger<br />

chirurgischer Diszipl<strong>in</strong>en gesetzt, sodass <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> oft Behandlungsverfahren<br />

geän<strong>der</strong>t und zeitliche Abläufe nicht<br />

garantiert werden konnten. Häufig waren<br />

daher konservative Verfahren immer wie<strong>der</strong><br />

alternativ erfor<strong>der</strong>lich und wegen <strong>der</strong> Unsicherheit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Planung, Organisation und<br />

Durchführung operativer Maßnahmen kristallisierte<br />

sich das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> „quasi def<strong>in</strong>itiven“<br />

Erstbehandlung heraus. Das Resultat<br />

<strong>der</strong> primären Therapiemaßnahmen musste<br />

dabei so gut se<strong>in</strong>, dass es unter ungünstigen<br />

Umständen notfalls auch so <strong>zur</strong> Ausheilung<br />

kommen und befriedigende funktionelle Ergebnisse<br />

erwarten lassen konnte.<br />

Erwähnt werden muss <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

auch, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenhauslandschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die Versorgungsaufträge<br />

deutlich abgestuft waren und danach<br />

auch <strong>der</strong> Ausrüstungsstandard bemessen<br />

wurde. Qualifizierte o<strong>der</strong> gar spezialisierte<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> konnte praktisch nur <strong>in</strong><br />

den Universitätskl<strong>in</strong>ika und den Bezirkskrankenhäusern<br />

erfolgen. Wo <strong>der</strong>artige<br />

Häuser nicht <strong>in</strong> angemessener Entfernung<br />

zu erreichen waren, wurden Kreiskranken-<br />

häuser „mit erweiterter Aufgabenstellung“<br />

beauftragt und entsprechend ausgestattet.<br />

Darüber entschied <strong>der</strong> jeweilige Bezirksarzt.<br />

In den übrigen Kreis- o<strong>der</strong> den konfessionellen<br />

Krankenhäusern reichten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

personelle und materielle Möglichkeiten<br />

sowie <strong>in</strong>dividuelle spezielle Erfahrung nicht<br />

aus, um über die Grundversorgung h<strong>in</strong>aus<br />

<strong>in</strong> größerem Umfang mo<strong>der</strong>ne operative<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> zu praktizieren. Es bestand<br />

e<strong>in</strong> erhebliches Gefälle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versorgungskapazität<br />

und -qualität von den Universitätskl<strong>in</strong>iken<br />

über die Bezirkskrankenhäuser<br />

h<strong>in</strong> zu den peripheren stationären und ambulanten<br />

(Polikl<strong>in</strong>iken) Versorgungse<strong>in</strong>richtungen.<br />

Daraus lässt sich auch erklären,<br />

dass die Kl<strong>in</strong>iken und Krankenhäuser Fachambulanzen<br />

unterhielten, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel lebenslange Betreuung im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>es Dispensaires angeboten wurde, was<br />

sowohl für die Patienten als auch für die<br />

Ärzte <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken e<strong>in</strong>e ganze Reihe Vorteile<br />

und Nutzeffekte hatte, wie z. B: die<br />

gesicherte unkomplizierte Betreuung o<strong>der</strong><br />

Behandlung wegen <strong>der</strong> Verletzungsfolgen<br />

bis <strong>zur</strong> abgeschlossenen Rehabilitation und<br />

auch darüber h<strong>in</strong>aus (Qualitätskontrolle,<br />

wissenschaftliche Bearbeitung, <strong>in</strong>tensives<br />

Arzt-Patienten-Verhältnis).<br />

Thermische Verletzungen<br />

Die Therapie von Patienten mit thermischen<br />

Schäden war traditionell e<strong>in</strong>e chirurgische<br />

Aufgabe. Mit <strong>der</strong> Herausbildung von unfallchirurgischen<br />

Funktionse<strong>in</strong>heiten g<strong>in</strong>g die<br />

Verantwortung dafür <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auf diese<br />

über <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit den<br />

Anästhesiologen. Die Bezirksärzte beauftragten<br />

die Fachabteilungen <strong>der</strong> Universitätskl<strong>in</strong>iken<br />

als Zentren für die umfassende<br />

Behandlung von Schwerbrandverletzten.<br />

Rückenmarksverletzungen<br />

Unfallbed<strong>in</strong>gt querschnittgelähmte Patienten<br />

wurden ebenfalls <strong>in</strong> Unfallchirurgischen<br />

Zentren primär versorgt und <strong>zur</strong><br />

Weiterbehandlung <strong>in</strong> dafür spezialisierte<br />

Rehabilitationse<strong>in</strong>richtungen, wie etwa <strong>in</strong><br />

Sülzhayn o<strong>der</strong> Kreischa, verlegt.<br />

Nicht zuletzt wegen dieser Patientengruppen<br />

aber auch wegen <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Schwere <strong>der</strong> Unfallverletzungen waren die<br />

Unfallchirurgen auch im Osten Deutschlands<br />

an <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung, Nutzung und Betreuung<br />

von Wach- und Intensivstationen<br />

<strong>in</strong>teressiert und beteiligt. Deren Leitung lag<br />

<strong>in</strong> aller Regel zwar <strong>in</strong> anästhesiologischer<br />

Verantwortung, jedoch war die Zusammenarbeit<br />

im Interesse <strong>der</strong> Patienten gut abgestimmt<br />

und führte nur selten zu Kontroversen<br />

o<strong>der</strong> Nachteilen für die Patienten.<br />

Kollegiale Zusammenarbeit<br />

E<strong>in</strong> „<strong>DDR</strong>-spezifisches Versorgungspr<strong>in</strong>zip“<br />

war auch, dass im Bedarfsfall <strong>der</strong> ärztliche<br />

Spezialist (Unfallchirurg, Neurochirurg u. a.)<br />

aus dem Zentrum zum Patienten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> peripheres<br />

Krankenhaus gerufen wurde und<br />

fuhr, um ihn dort mit den Kollegen vor Ort<br />

zu versorgen und die weitere Betreuung<br />

abzustimmen. E<strong>in</strong> funktionierendes Luftrettungs-<br />

o<strong>der</strong> -transportsystem stand nicht<br />

<strong>zur</strong> Verfügung und <strong>der</strong> Krankentransport<br />

per Sanitätskraftwagen war oft zu zeitaufwendig<br />

o<strong>der</strong> zu risikovoll. Nebenbei ergab<br />

sich auch e<strong>in</strong> Wissenstransfer, <strong>der</strong> sich positiv<br />

auf die regionale Zusammenarbeit auswirkte.<br />

Zusammenfassung<br />

Als Zeitzeuge und Mitwirken<strong>der</strong> an dieser<br />

Entwicklung kann man zusammenfassend<br />

von schwierigen, h<strong>in</strong><strong>der</strong>nis- und arbeitsreichen,<br />

aber auch sehr <strong>in</strong>teressanten und<br />

erfolgreichen Jahren sprechen. Der weitgehend<br />

reibungs- und problemlos abgelaufene<br />

Prozess <strong>der</strong> gleichberechtigten E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> das gesamtdeutsche Gesundheitssystem<br />

sowie <strong>der</strong> Auf- und Ausbau von selbständigen<br />

Unfallabteilungen o<strong>der</strong> -kl<strong>in</strong>iken,<br />

geleitet von adäquat qualifizierten Traumatologen,<br />

waren Bestätigung und Anerkennung<br />

des unter grundsätzlich an<strong>der</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>zur</strong>ückgelegten Weges mit dem<br />

gleichen Ziel, <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Diagnostik,<br />

Therapie und Nachsorge unfallverletzter<br />

Patienten.<br />

Prof. Dr. W. Otto<br />

Am Park 5<br />

06184 Kabelsketal<br />

OT Dieskau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Die Entwicklung <strong>der</strong> externen<br />

Knochenfixation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

D. Miehle<br />

Die Methoden <strong>der</strong> externen Fixation für<br />

knöcherne Verletzungen und <strong>der</strong>en Folgen<br />

für Korrekturen am knöchernen Skelett,<br />

Weichteilplastiken etc., rückten <strong>in</strong> den 70er<br />

und 80er Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts immer<br />

mehr <strong>in</strong> den Blickpunkt des Interesses<br />

und wurden so zu e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Fortschritte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Skelett-Traumatologie<br />

und Orthopädie <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte.<br />

Wichtige Grundvoraussetzungen für e<strong>in</strong>en<br />

erfolgreichen E<strong>in</strong>satz dieser Methoden<br />

waren verbesserte Technik und verbesserte<br />

Werkstoffe, neue biomechanische Erkenntnisse<br />

beson<strong>der</strong>s auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Vaskularität und des Weichteilschadens,<br />

Erkenntnisse bei <strong>der</strong> Behandlung von Rasanztraumen<br />

und <strong>der</strong> Behandlung von Multitrauma-Patienten.<br />

So kam es zu e<strong>in</strong>er echten<br />

Erweiterung <strong>der</strong> Behandlungsmöglichkeiten<br />

und Alternativen für diese kl<strong>in</strong>ischen<br />

Problemfälle.<br />

In <strong>der</strong> gesamten Welt war man bemüht,<br />

Geräte für die externe Knochenfixation zu<br />

entwickeln o<strong>der</strong> vorhandene weiterzuentwickeln<br />

und zu vervollkommnen.<br />

In <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> hatten Ende <strong>der</strong> 60er und Anfang<br />

<strong>der</strong> 70er Jahre nur wenige Kl<strong>in</strong>iken den bekannten<br />

drahtfixierten Apparat nach Ilisarov<br />

und später die Apparate nach Kalmbers<br />

<strong>zur</strong> Verfügung und durch die Wirtschaftsbeziehungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> damaligen sozialistischen<br />

Staatengeme<strong>in</strong>schaft auch den Fixateur<br />

externe nach Poldy (CSSR) und e<strong>in</strong>en bulgarischen<br />

Apparat. Alle diese Geräte waren<br />

drahtfixierte Geräte mit den bekannten Problemen<br />

<strong>der</strong> Kerbungen.<br />

Nach E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Druckplattenosteosynthese<br />

<strong>der</strong> Schweizer Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für Osteosynthesefragen (AO) im Jahre 1968<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, wurde später das Rohrsystem<br />

als nagel- und schraubenfixiertes Gerät <strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>en Stückzahlen importiert. Der Vorgänger<br />

war <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>e Gew<strong>in</strong>defixateur.<br />

Alle e<strong>in</strong>zelnen Apparate und Systeme waren<br />

jedoch auf dem <strong>in</strong>ternationalen Markt teuer,<br />

woraus sich erhebliche Devisenaufwendungen<br />

notwendig machten.<br />

Da an<strong>der</strong>erseits die Anwendungsbereiche<br />

Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre stürmisch anwuchsen<br />

und damit e<strong>in</strong> großer Bedarf <strong>in</strong> den unfallchirurgischen<br />

und orthopädischen E<strong>in</strong>-<br />

Abb. 1 Der Fixateur extern – System Miehle Abb. 2 Das Montage-Set des Fixateur<br />

richtungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> entstand, sich also<br />

e<strong>in</strong>e große Marktlücke auftat, musste man<br />

sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Wissenschaft und<br />

Praxis diese Probleme annehmen.<br />

So wurde <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit e<strong>in</strong>em<br />

Großbetrieb, dem VEB Sachsenr<strong>in</strong>g Automobilwerke<br />

Zwickau, nach Art e<strong>in</strong>es Patenschaftsvertrages<br />

auf <strong>der</strong> Basis des Schweizer<br />

Gew<strong>in</strong>defixateurs e<strong>in</strong>e völlig neue Variante<br />

konstruiert, entwickelt und an vielen<br />

Patienten, anfänglich an <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik des damaligen Karl-Marx-<br />

Stadt (heute wie<strong>der</strong> Chemnitz), von mir erfolgreich<br />

erprobt und weiterentwickelt, bis<br />

es zu e<strong>in</strong>er eigenständigen Produktion im<br />

VEB MLW Mediz<strong>in</strong>mechanik Suhl kommen<br />

konnte.<br />

So entstand e<strong>in</strong> eigenständiges Modell<br />

nach Art e<strong>in</strong>es Baukastenpr<strong>in</strong>zips als e<strong>in</strong><br />

universell anwendbares nagel- und schraubenfixiertes<br />

Gerät, das sich durch Pflegeleichtigkeit,<br />

E<strong>in</strong>fachheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Handhabung,<br />

beson<strong>der</strong>s auch räumlicher Anwendbarkeit<br />

auszeichnet und nur auf wenige Bauteile<br />

reduziert war (� Abb. 1–2).<br />

Entscheidend waren u. a. auch die neuen<br />

Erkenntnisse biomechanischer Untersu-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 67


68<br />

Abb. 3 Knochenmodell montage am Unterschenkel mit Fußplatte<br />

und dosierbarem Druck<br />

chungen drahtfixierter gegenüber schrauben-<br />

und nagelfixierter Geräte im Tierexperiment<br />

durch Mayer Greifswald-Dresden.<br />

Im eigenen Modell wurden die notwendigen<br />

For<strong>der</strong>ungen an mo<strong>der</strong>ne Osteosynthesematerialien<br />

berücksichtig, die sich<br />

auf biologischen, biomechanischen und<br />

metallurgischen Erkenntnissen ergaben.<br />

So entstand <strong>der</strong> Fixateur externe <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

<strong>der</strong> schließlich als „System Miehle“ <strong>in</strong> die<br />

Literatur e<strong>in</strong>gegangen ist. Dabei wurden<br />

die aus <strong>der</strong> Praxis gewonnenen Erkenntnisse<br />

und Notwenigkeiten an e<strong>in</strong>en mo<strong>der</strong>nen<br />

Apparat, wie Kraftschlüssigkeit <strong>der</strong><br />

äußeren Verb<strong>in</strong>dungen, Apparatspannkraft,<br />

beson<strong>der</strong>s dimensionierte Implantate für<br />

alle Knochenarten (große und kle<strong>in</strong>e Röhrenknochen,<br />

Spongiosa), Druckverformung<br />

des Knochens und Größe <strong>der</strong> Kerblochspannungen,<br />

bei <strong>der</strong> Konzipierung berücksichtigt.<br />

Die Abbildungen 3–6 zeigen verschiedene<br />

Anwendungen des Fixateurs.<br />

Das Erzeugnis bestand zunächst aus rostfreiem<br />

V4A-Stahl und später aus Titan.<br />

Das Erzeugnis hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis außerordentlich<br />

bewährt und wurde an hun<strong>der</strong>ten<br />

Patienten erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt. Daraus<br />

erfolgten viele Publikationen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachliteratur<br />

über den E<strong>in</strong>satz an <strong>der</strong> oberen und<br />

unteren Extremität, am koxalen Femurende,<br />

als Ligamentotaxis bei Extensionsfrakturen<br />

am Handgelenk, den E<strong>in</strong>satz bei so<br />

genannten Kettenfrakturen (Becken, Ober-<br />

und Unterschenkel), bei Arthrodesen am<br />

Knie und Sprunggelenk, bei Cross-leg-Plastiken,<br />

temporären Gelenküberbrückungen<br />

bei multitraumatisierten Patienten und bei<br />

Extremitätenverlängerung. Selbst bei nicht<br />

gelungenen Repositionen nach Totalendoprothesenimplantationen<br />

des Hüftgelenkes<br />

<strong>in</strong>traoperativ konnte das System als ileofe-<br />

morale Montage hilfreich e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

<strong>in</strong>dem durch kont<strong>in</strong>uierlichen Zug die<br />

Verkürzung und damit das Repositionsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis<br />

ausgeglichen werden.<br />

Aus vielen Fachvortragsreisen ergaben sich<br />

für MLW Intermed Berl<strong>in</strong> stets weitere Initiativen.<br />

So wurden Prospektmaterialien,<br />

sowohl <strong>in</strong> deutscher, englischer, spanischer,<br />

nie<strong>der</strong>ländischer und russischer Sprache, erarbeitet.<br />

Die große Bedeutung <strong>der</strong> externen<br />

Fixation und das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es eigenen<br />

Modells wurden auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Militärmediz<strong>in</strong><br />

erkannt, wo <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz für Schussverletzungen<br />

das Mittel <strong>der</strong> Wahl ist.<br />

So wurde von <strong>der</strong> Abteilung für Forschung<br />

des M<strong>in</strong>isteriums für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> Auftrag erteilt, den Fixateur externe<br />

„Sys tem Miehle“ als e<strong>in</strong> herausragendes<br />

Forschungsergebnis als Exponat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Dauerausstellung im Hygienemuseum<br />

Dresden im Jahr 1981 auszustellen.<br />

Während die Bestrebungen, das Produkt<br />

patentrechtlich zu schützen, fehlschlugen,<br />

konnte aber im Jahr 1981 die Produktion<br />

im VEB MLW Mediz<strong>in</strong>mechanik Suhl aufgenommen<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>e Weiterentwicklung durch viele gute<br />

Erfahrungen erfolgte durch mich im Jahre<br />

1987 mit verschiedenen E<strong>in</strong>zelteilen,<br />

e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>es Zielgerätes und e<strong>in</strong>er<br />

Fußplatte mit dosierbarem Fe<strong>der</strong>zug <strong>zur</strong><br />

Verbesserung des venösen Rückflusses und<br />

damit <strong>zur</strong> Prophylaxe von thromboembolischen<br />

Komplikationen.<br />

Vorausgegangen waren kl<strong>in</strong>ische Prüfungen<br />

des Fixateur externe „System Miehle“ an <strong>der</strong><br />

Orthopädischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie Dresden, <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Universität Leipzig, am Bezirks-<br />

Abb. 4 Montage Knochenmodell Becken-Oberschenkel<br />

krankenhaus Cottbus und Bezirkskrankenhaus<br />

Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) und im<br />

Waldkrankenhaus Bad Düben.<br />

An allen Kl<strong>in</strong>iken wurde das System erfolgreich<br />

erprobt und die wichtigen Vorteile <strong>der</strong><br />

hohen Stabilität und variablen E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />

gelobt. Dabei ist beson<strong>der</strong>s zu<br />

nennen, dass die Toleranzbreite zwischen<br />

e<strong>in</strong>er gefor<strong>der</strong>ten Stabilität e<strong>in</strong>erseits, und<br />

e<strong>in</strong>er nicht erwünschten absoluten Rigidität<br />

an<strong>der</strong>erseits zwar ger<strong>in</strong>g ist, aber im System<br />

mit berücksichtigt wurde.<br />

Beson<strong>der</strong>es wissenschaftliches Aufsehen<br />

erregten im In- und Ausland auf Kongressen<br />

sowie auf <strong>der</strong> Leipziger Messe, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

dieses Systems bei <strong>in</strong>stabilen Wirbelfrakturen<br />

mit und ohne Lähmungen. Diese<br />

E<strong>in</strong>griffe wurden erstmalig an <strong>der</strong> Universität<br />

Leipzig unter <strong>der</strong> Leitung von Prof. Dr.<br />

Arnold und an <strong>der</strong> Charité Berl<strong>in</strong> unter <strong>der</strong><br />

Leitung von Prof. Dr. Zippel durchgeführt.<br />

In vielen Gutachten wurde betont, dass <strong>der</strong><br />

„Typ Miehle“ den <strong>in</strong>ternationalen Angeboten<br />

standgehalten hat und wurde danach<br />

e<strong>in</strong>deutig als Importablösung angesehen<br />

und zum eigenen Export empfohlen.<br />

Der Fixateur externe „System Miehle“ wurde<br />

auch 1979/80 im Beise<strong>in</strong> des Präsidenten<br />

<strong>der</strong> AO-International, Prof. Dr. Willenegger<br />

Schweiz, <strong>in</strong> Ungarn vorgestellt und erhielt<br />

auch dort deutliche Anerkennung.<br />

Prof. Dr. Arnold Universität Leipzig / später<br />

Bezirkskrankenhaus Suhl hat alle<strong>in</strong> 4 Sets<br />

des Fixateur externe „System Miehle“ mit<br />

nach Äthiopien genommen und hat das System<br />

außerordentlich erfolgreich dort e<strong>in</strong>gesetzt<br />

und entsprechend positive Gutachten<br />

über die Vielseitigkeit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> räumlichen Anwendbarkeit und<br />

<strong>der</strong> vielen Korrekturmöglichkeiten <strong>in</strong>sbe-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 5 Knochenmodell Handgelenk Abb. 6 Knochenmodel Wirbelsäule<br />

son<strong>der</strong>e auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fachheit <strong>der</strong> Handhabung<br />

dem M<strong>in</strong>isterium mitgeteilt und im<br />

Gutachten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei Ausstellungen<br />

anlässlich <strong>der</strong> Leipziger Messe dargelegt.<br />

In <strong>der</strong> Zeit me<strong>in</strong>er Tätigkeit an <strong>der</strong> Charité<br />

Berl<strong>in</strong> wurde das System <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik bei Prof. Dr. med. habil. Dr. h.c.<br />

Helmut Wolff und <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Abteilung bei Prof. Dr. Hildebrandt von mir<br />

weiter vervollkommnet und viele Knochenmodelle<br />

angefertigt, die im In- und Ausland<br />

vorgestellt wurden.<br />

Neben e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Vortragstätigkeit<br />

<strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>iken <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, so an <strong>der</strong> Universität<br />

Jena, an <strong>der</strong> Humboldt Universität Berl<strong>in</strong>,<br />

<strong>der</strong> Universität Leipzig, <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie Magdeburg, Dresden und verschiedenen<br />

an<strong>der</strong>en Kl<strong>in</strong>iken (Berl<strong>in</strong>-Buch,<br />

Bad Düben) u. v. a. wurden auch Direktiven<br />

erarbeitet <strong>zur</strong> Realisierung von Aufgabenstellungen<br />

im sogenannten NSW.<br />

Ab Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre wurden Vortragsreisen<br />

<strong>in</strong> die BRD und <strong>in</strong>s Ausland organisiert.<br />

So erfolgten Vortragsreisen nach Ungarn,<br />

vom 31.5. bis 2.6.1979 / Kesckemed, nach<br />

Frankreich/Montpellier/Avignon im Januar<br />

1980.<br />

Prof. Kalnbers kam persönlich nach Chemnitz<br />

im Jahr 1980 und hat sich den Aufbau<br />

und die Wirkweise des Fixateur genauestens<br />

angesehen und E<strong>in</strong>ladungen nach<br />

Riga <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ik ausgesprochen.<br />

Vorstellungen erfolgten ebenso erfolgreich<br />

beim Weltkongress für externe Fixation<br />

vom 2.4. bis 4.4.1981 <strong>in</strong> Puerto Rico <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Hauptstadt San Juan.<br />

Im Jahr 1982 wurden mehrere Vorträge vom<br />

Autor des Fixateur „System Miehle“ auf E<strong>in</strong>-<br />

ladung <strong>in</strong> Palm Spr<strong>in</strong>gs Kalifornien verlesen.<br />

Auch hier waren die Rück<strong>in</strong>formationen<br />

außerordentlich positiv über die E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />

des Fixateur externe „System<br />

Miehle“.<br />

Im Jahr 1982 wurde <strong>der</strong> Fixateur erfolgreich<br />

im Iran <strong>in</strong> Teheran vorgestellt.<br />

Neben <strong>der</strong> Ausstellung <strong>zur</strong> Leipziger Messe,<br />

erfolgten ebenso Ausstellungen <strong>in</strong> Düsseldorf<br />

auf <strong>der</strong> Interhospital-Messe vom 7.6.<br />

bis 10.6.1983, sowie <strong>in</strong> Le Bouscat <strong>in</strong> Frankreich<br />

im gleichen Jahr.<br />

Ebenso erfolgte die Vorstellung e<strong>in</strong>schließlich<br />

mehrerer Vorträge <strong>zur</strong> 10. Internationalen<br />

Konferenz für externe Fixation vom<br />

22.9. bis 24.9.1983 an <strong>der</strong> Université Libre<br />

de Bruxelles.<br />

Am 08.06.1983 und am 20. bis 22.9.1983<br />

wurden Vorträge <strong>in</strong> Kurgan (Ural) bei Prof.<br />

Ilisarov gehalten.<br />

Auch <strong>in</strong> Damaskus <strong>in</strong> Syrien wurden vom<br />

14.2. bis 22.2.1984 erfolgreiche Opera tionen<br />

durchgeführt.<br />

In Budapest wurde <strong>der</strong> Fixateur erfolgreich<br />

e<strong>in</strong>gesetzt anlässlich e<strong>in</strong>er Forschungsreise<br />

vom 29.10. bis 2.11.1984, wo neben Vorlesungen<br />

und operativen E<strong>in</strong>sätzen auch e<strong>in</strong><br />

Hochschulfilm <strong>in</strong> Ungarisch und Deutsch<br />

angefertigt wurde.<br />

Als Vertragspartner <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD wurde durch<br />

Vortragsreisen nach Tuttl<strong>in</strong>gen die Firma<br />

Medicon-Instrumente gewonnen. Diese<br />

Aktivitäten fanden <strong>in</strong> den Jahren 1984 und<br />

1985 statt. In diesem Zusammenhang wurde<br />

<strong>der</strong> Fixateur auch an <strong>der</strong> Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

Tüb<strong>in</strong>gen erprobt e<strong>in</strong>schließlich Erstellung<br />

e<strong>in</strong>es ausführlichen Werbeprospektes.<br />

Ebenso erfolgte <strong>der</strong> erfolgreiche E<strong>in</strong>satz am<br />

Zentral<strong>in</strong>stitut für Traumatologie <strong>in</strong> Budapest<br />

bei Prof. Dr. Mann<strong>in</strong>ger am 19.7.1985.<br />

Von Prof. Dr. Mann<strong>in</strong>ger wurde dann auch<br />

e<strong>in</strong> sehr positives Gutachten über dieses<br />

Modell an das M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> weitergeleitet.<br />

Weiterh<strong>in</strong> erfolgten Reisen nach dem Irak,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nach Bagdad vom 6.11. bis<br />

13.11.1983 und 16.4. bis 24.4.1986. Dort<br />

wurde <strong>der</strong> Fixateur an <strong>der</strong> Universität Bagdad<br />

vorgestellt und <strong>in</strong> mehreren Kl<strong>in</strong>iken<br />

erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt. Selbst schwerste<br />

Schussverletzungen konnten damit ausgeheilt<br />

werden, wo dem Patienten vorher die<br />

Amputation angeraten wurde.<br />

Vom 15.5. bis 17.5.1986 erfolgten mehrere<br />

Vorträge auf dem Symposium <strong>in</strong> Katovice.<br />

Vom 1.3. bis 11.3.1987 konnte <strong>der</strong> Fixateur<br />

externe „System Miehle“ erfolgreich an vielen<br />

Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> Nicaragua vorgestellt werden.<br />

Anschließend erfolgten auch E<strong>in</strong>ladungen<br />

von Chirurgen und Orthopäden aus Nicaragua<br />

<strong>in</strong> die <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> das Kreiskrankenhaus<br />

Lichtenste<strong>in</strong>, wo <strong>der</strong> Autor diese Kollegen<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> externen Fixation mit<br />

dem „System Miehle“ erfolgreich ausbilden<br />

konnte. Im gleichen Jahr wurde <strong>der</strong> Fixateur<br />

e<strong>in</strong>schließlich wissenschaftlicher Vorträge<br />

<strong>in</strong> Nürnberg vom 23.10. bis 24.10.1987 vorgestellt,<br />

ebenso <strong>in</strong> Kuba 1988.<br />

Auch durch Aktivitäten e<strong>in</strong>es Dia-Ton-Vortrages<br />

konnte <strong>der</strong> Fixateur weiter bekannt<br />

gemacht werden.<br />

Dozent Dr. habil. D. Miehle<br />

Innere Zwickauer Str. 112<br />

08064 Zwickau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 69


70<br />

Studienreise nach Nicaragua<br />

1.3. bis 9.3.1987<br />

D. Miehle<br />

Abb. 1 Zwei typische Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> Managua<br />

Nach Produktionsbeg<strong>in</strong>n des Fixateur-externe-Systems<br />

Miehle im VEB Mediz<strong>in</strong>mechanik<br />

Suhl standen im Mittelpunkt <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeitsarbeit neben Referenzen<br />

namenhafter Unfallchirurgen und Orthopäden<br />

im In- und Ausland über dem volkseigenen<br />

Außenhandelsbetrieb MLW Intermed<br />

export und import, Schicklerstraße 5/7 <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> und Medicon chirurgische Instrumente<br />

Tuttl<strong>in</strong>gen BRD e<strong>in</strong>e Vielzahl von Studienreisen<br />

und Ausstellungen.<br />

Als Beispiel soll <strong>in</strong> diesem Beitrag e<strong>in</strong> kurzer<br />

Erfahrungsbericht über e<strong>in</strong>e Studienreise<br />

<strong>in</strong> das mittelamerikanische Land Nicaragua<br />

dienen und e<strong>in</strong> Gegenbesuch zweier<br />

Unfallchirurgen aus Managua <strong>in</strong> die <strong>DDR</strong><br />

nach Berl<strong>in</strong> (Charité) und <strong>in</strong> das Kreiskrankenhaus<br />

Lichtenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Sachsen aus dem<br />

Jahre 1987.<br />

Nach entsprechen<strong>der</strong> Vorbereitung durch<br />

Intermed und VEB Mediz<strong>in</strong>mechanik Suhl<br />

erfolgte die weitere E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> externen<br />

Knochenfixation mit dem System<br />

Miehle <strong>in</strong> Nicaragua. Die Reise fand vom 1.3.<br />

bis zum 9.3.1987 statt. Nach e<strong>in</strong>er über 14stündigen<br />

Flugreise von Berl<strong>in</strong> Schönefeld<br />

über Moskau, je e<strong>in</strong>er Zwischenlandung <strong>in</strong><br />

Irland und Kuba setzte die Masch<strong>in</strong>e vom<br />

Typ IL 62 M auf dem Flughafen von Managua<br />

sicher auf. Als erstes fielen mir die völlig<br />

ungewohnten, extremen klimatischen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

mit hoher Luftfeuchtigkeit und<br />

Hitze auf. Für uns Mitteleuropäer erheblich<br />

belastend.<br />

Nach e<strong>in</strong>em überaus freundlichen Empfang<br />

durch Mitarbeiter <strong>der</strong> Botschaft <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> und heimischer Unfallchirurgen wurde<br />

ich im Hotel Estrella <strong>in</strong> Managua untergebracht.<br />

E<strong>in</strong> Hotel mit westlichem Niveau.<br />

Gleich am ersten Tag wurde e<strong>in</strong> konzentriertes<br />

wissenschaftliches Programm festgelegt.<br />

Dazu hatten die Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie <strong>in</strong> Nicaragua,<br />

die Botschaft und <strong>der</strong> Handelsrat <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> gute Vorarbeit geleistet. Für die geplanten<br />

Besuche <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Kl<strong>in</strong>iken<br />

(� Abb. 1) wurde mir e<strong>in</strong>e junge Frau <strong>der</strong><br />

Botschaft mit e<strong>in</strong>em PKW <strong>zur</strong> Verfügung<br />

gestellt wie auch e<strong>in</strong>e Dolmetscher<strong>in</strong> Frau<br />

Mol<strong>in</strong>a de Esp<strong>in</strong>osa.<br />

Beide haben mir auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> wenig <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehenden Freizeit, Land und Leute<br />

vorgestellt. E<strong>in</strong> Land großer Gegensätze.<br />

Viele Menschen lebten dort <strong>in</strong> bitterster<br />

Armut <strong>in</strong> Blechhütten nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil<br />

verfügte über Reichtum, fe<strong>in</strong>ste Villen und<br />

große <strong>in</strong>teressante Grundstücke. Die gesamte<br />

Landschaft war sehr <strong>in</strong>teressant wegen<br />

des vulkanischen Ursprunges <strong>der</strong> entstandenen<br />

Seenkrater, noch aktiven Vulka-<br />

nen, Palmen und großen Bananenstauden.<br />

Ich wurde dort mir großer Gastfreundlichkeit<br />

empfangen, was unvergessen bleiben<br />

wird.<br />

Insgesamt wurde an 9 Tagen e<strong>in</strong> straffes<br />

wissenschaftliches Programm mit Vorträgen<br />

und Workshops durchgeführt.<br />

Beson<strong>der</strong>s war auffällig, dass die nicaraguanischen<br />

Kollegen überdurchschnittlich fleißig,<br />

motiviert und für jeden H<strong>in</strong>weis dankbar<br />

waren.<br />

Bereits am ersten Tag wurde mir mitgeteilt,<br />

dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik bereits mit zwei<br />

Instrumentarien des Systems Miehle <strong>der</strong> externen<br />

Knochenfixation erfolgreich gearbeitet<br />

wurde. Dies konnte ich per Teilnahme an<br />

Visiten selbst feststellen. Lei<strong>der</strong> konnten mir<br />

die Kollegen ke<strong>in</strong>e Fotos zeigen, weil dies e<strong>in</strong>erseits<br />

an f<strong>in</strong>anziellen Mitteln gemangelt<br />

hat, an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong>sgesamt im Land das<br />

anfertigen von Fotos nicht e<strong>in</strong>fach war, weil<br />

landespolitische Probleme entgegenstanden.<br />

Aus diesem Grunde s<strong>in</strong>d auch e<strong>in</strong>ige<br />

Fotos von mir versteckt aus dem fahrenden<br />

Auto gemacht worden.<br />

Der erste Besuch am 3.3.1987 galt dem<br />

Mi litärhospital unter <strong>der</strong> Leitung des Chefarztes<br />

Dr. med. Salac. An diesem Vortrag<br />

nahmen über 20 Ärzte teil.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Am 4.3.1987 erfolgte <strong>der</strong> Besuch des Hospitales<br />

Antonio Len<strong>in</strong> Fouseca. Dieses Kl<strong>in</strong>ikum<br />

verfügte über 180 Betten und 25<br />

Ärzte. Dieses Kl<strong>in</strong>ikum arbeitete bereits mit<br />

zwei Instrumentarien des Systems Miehle.<br />

Durch Teilnahme an Visiten konnte ich<br />

mir e<strong>in</strong>en guten Überblick verschaffen und<br />

wertvolle Ratschläge erteilen. An diesem<br />

Tag erfolgten auch praktische Übungen an<br />

Knochenmodellen und e<strong>in</strong> großer Diavortrag<br />

durch mich.<br />

Am 5.3.1987 wurde die Vortragstätigkeit<br />

am Krankenhaus Manolo Morales unter<br />

<strong>der</strong> Leitung des Chefarztes Dr. med. Luis Cutierrez<br />

fortgesetzt. Hier nahmen <strong>in</strong>sgesamt<br />

25 Ärzte und gleichzeitig <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie<br />

teil, sowie <strong>der</strong> Stellvertreter des<br />

Gesundheitswesens von Nicaragua und<br />

Direktor <strong>der</strong> Firma Coforma Herr Fernando<br />

Sanchanz. Der Chefarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik Manolo<br />

Morales bedankte sich am Schluss des Vortrages<br />

und bat darum, Fachliteratur über die<br />

Anwendung des Systems Miehle <strong>in</strong> Englisch<br />

und Spanisch zu erhalten.<br />

Der 6.3.1987 führte mich <strong>in</strong> die Universitätsstadt<br />

Leon etwa 90 km östlich von Managua.<br />

Auf <strong>der</strong> Fahrt dorth<strong>in</strong> lernte ich die<br />

typische Landschaft kennen. Im Hörsaal <strong>der</strong><br />

Universität hielt ich e<strong>in</strong>e Vorlesung mit über<br />

25 Ärzten mit anschließen<strong>der</strong> Übung an<br />

Knochenmodellen.<br />

Am 7.3.1987 erfolgte e<strong>in</strong>e abschließende<br />

große Zusammenkunft mit allen Ärzten<br />

und außerdem e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung <strong>zur</strong> Botschaft<br />

und dem Handelsrat <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Sowohl <strong>der</strong><br />

Präsident <strong>der</strong> Gesellschaft, als auch die anwesenden<br />

Ärzte bedankten sich herzlich<br />

für die geleistete solidarische Hilfe und<br />

betonten, dass ich als erster Spezialist aus<br />

dem Ausland das Land besucht hätte und<br />

wertvolle Hilfe geleistet hätte.<br />

Im Ergebnis des Besuches wurde <strong>der</strong> Wunsch<br />

nach weiteren Literaturmitteilungen, Wie<strong>der</strong>holungskursen<br />

mit praktischen Übungen<br />

und Operationen und Teilnahme an Visiten<br />

mir mit auf den Weg gegeben. Vom Präsident<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft wurde mitgeteilt,<br />

dass <strong>in</strong>sgesamt 20 Systeme an 6 Kl<strong>in</strong>iken<br />

des Landes verteilt wurden und alle Kollegen<br />

seien von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzmöglichkeit und<br />

Variabilität des Systems Miehle überzeugt.<br />

Aus diesem Grunde hat <strong>der</strong> Präsident den<br />

Wunsch geäußert, dass zwei o<strong>der</strong> drei Chefärzte<br />

noch im Jahre 1987 gerne <strong>in</strong> die <strong>DDR</strong><br />

<strong>zur</strong> weiteren Vertiefung <strong>der</strong> erworbenen Erkenntnisse<br />

kommen möchten.<br />

Im September 1987 kamen dann die Chefärzte<br />

Dr. med. Gerardo Alfaro P<strong>in</strong>eda und<br />

Dr. med. Luis ed Gardo Gutierrez Quant <strong>in</strong><br />

die <strong>DDR</strong>. Wir führten zunächst <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> an<br />

<strong>der</strong> Charité praktische Übungen durch an<br />

Knochenmodellen und danach reisten die<br />

Kollegen <strong>in</strong> das Kreiskrankenhaus Lichten-<br />

ste<strong>in</strong>/Sachsen wo ich als Chefarzt tätig war.<br />

Hier nahmen die Kollegen am täglichen<br />

OP-Programm teil und konnten ihre Kenntnisse<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> externen Fixation<br />

und auch im Gesamtgebiet Chirurgie,<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> und Orthopädie vertiefen.<br />

Neben ausführlicher wissenschaftlicher Arbeit<br />

und operativer Tätigkeit kam auch die<br />

Kultur und Kunst nicht zu kurz, so haben<br />

die Kollegen am Theater und Konzertaufführungen<br />

<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Heimatstadt Zwickau<br />

teilgenommen. Beim Abschied haben sich<br />

die außerordentlich bescheidenen Kollegen<br />

herzlichst bedankt und schrieben mir <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>ikbuch folgendes:<br />

„Wir haben viel bei Ihnen gelernt und<br />

werden alles was Sie uns mit Geduld und mit<br />

Begeisterung beigebracht haben so gut wie<br />

möglich <strong>in</strong> unserer Heimat anwenden.“<br />

Dozent Dr. habil. D. Miehle<br />

Innere Zwickauer Str. 112<br />

08064 Zwickau<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 71


72<br />

Begutachtung<br />

W. Senst<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

In allen sozialistischen Län<strong>der</strong>n vollzog sich<br />

e<strong>in</strong>e Umgestaltung des Begutachtungswesens.<br />

Im März 1961 fand <strong>in</strong> Bukarest die<br />

1. Internationale Konferenz dieser Län<strong>der</strong><br />

zu Gutachtenfragen statt. Dort wurde u. a.<br />

festgelegt, „dass die stürmische Entwicklung<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Produktion, <strong>der</strong> Ökonomik,<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft und <strong>der</strong> Kultur <strong>in</strong> den<br />

sozialistischen Län<strong>der</strong>n neue Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die ärztliche Begutachtung <strong>zur</strong> weiteren<br />

Vervollkommnung ihrer Methoden stellt“. [5]<br />

In <strong>der</strong> am 20.9.1965 vom M<strong>in</strong>ister für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erlassenen Anweisung<br />

Nr. 1 über die Organisation des ärztlichen<br />

Begutachtungswesens ist <strong>der</strong> Kern<br />

<strong>der</strong> Ungestaltung dokumentiert: Bisherige<br />

traditionelle deutsche Regelungen und<br />

Formen <strong>der</strong> Begutachtungsdienste wurden<br />

endgültig aufgegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

lag die Begutachtung ausschließlich<br />

<strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> Versicherungsträger, die<br />

auch die Gutachter beriefen. Damit wurde<br />

das ärztliche Begutachtungswesen def<strong>in</strong>itiv<br />

<strong>in</strong> die Verantwortung staatlicher Organe des<br />

Gesundheits- und Sozialwesens übernommen<br />

und zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Bestandteil<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit an sich. [8]<br />

Anmerkung In den 60er Jahren gab es <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

den Versuch, e<strong>in</strong>e abgewandelte Form des<br />

traditionellen deutschen Verletztenarten-Heilverfahrens<br />

<strong>der</strong> Berufsgenossenschaften zu etablieren<br />

[2, 4] und <strong>in</strong> diesem Rahmen auch die<br />

Begutachtung von Unfallfolgen zu regeln. Qualifizierte<br />

Unfallärzte, von den Stadtbezirksärzten<br />

ernannt, sollten diese Aufgabe übernehmen.<br />

Der Berl<strong>in</strong>er Stadtrat für Gesundheitswesen<br />

hatte schon am 18.9.1962 e<strong>in</strong> „Statut über das<br />

Spezielle Unfallverletztenheilverfahren“ herausgegeben.<br />

Die Initiatoren dieses Berl<strong>in</strong>er Weges<br />

waren Arnold und Häuble<strong>in</strong>, weiterh<strong>in</strong> Barbier,<br />

Schäfer, Bund und Mitarbeiter <strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>ik für<br />

Bauarbeiter. Sie führten unter an<strong>der</strong>em Informationsbesuche<br />

<strong>in</strong> den Rehabilitationszentren<br />

(u. a. Raupennest, Kreischa) durch, um den Stand<br />

<strong>der</strong> Nachbehandlung unfallverletzter Berl<strong>in</strong>er<br />

Bürger vor Ort zu überprüfen. Alle diese Bemühungen<br />

blieben aus unterschiedlichen Gründen<br />

erfolglos. Das M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

war gegen E<strong>in</strong>zellösungen und bestand<br />

generell auf zentralen Regelungen, auch des<br />

Begutachtungswesens. Aber auch an <strong>der</strong> Basis<br />

hielt man sich <strong>zur</strong>ück. So war zum Beispiel nach<br />

den ursprünglichen Vorstellungen <strong>der</strong> Sozialversicherungskasse<br />

(SVK) nur e<strong>in</strong>e Gutachtenpauschale<br />

von 3,50 Mark vorgesehen.<br />

Aufgaben des Begutachtungswesens<br />

Mit <strong>der</strong> im Gesetzblatt vom Januar 1974 veröffentlichen<br />

„Anordnung über Ärztliche Begutachtungen<br />

vom 18. Dezember 1973“ [3]<br />

war die Umgestaltung des Begutachtungswesens<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> offiziell abgeschlossen.<br />

Diese Anordnung regelte Grundlagen und<br />

Organisation:<br />

– Geltungsbereich und staatliche Leitung<br />

des Begutachtungswesens<br />

– die Verfahrensweise bei Anfor<strong>der</strong>ung von<br />

Gutachten<br />

– die zum Leistungsprofil <strong>der</strong> Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen<br />

zählende Gutachtertätigkeit<br />

und die daraus erwachsenden Pflichten<br />

– die Gutachtenerstellung für die Justiz- und<br />

Sicherheitsorgane<br />

– die Vergütung.<br />

Für die beson<strong>der</strong>en Belange <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Dienste des Verkehrswesens und<br />

<strong>der</strong> Wismut erließen die jeweiligen Leiter <strong>in</strong><br />

Abstimmung mit dem M<strong>in</strong>ister für Gesundheitswesen<br />

zusätzliche Bestimmungen.<br />

„Mediz<strong>in</strong>ische Begutachtungen von Angehörigen<br />

bewaffneter Organe erfolgen auf<br />

<strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> von den zuständigen M<strong>in</strong>istern<br />

getroffenen Festlegungen“ (Zitat aus<br />

<strong>der</strong> Anordnung von 1973).<br />

E<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>stellung nahm auch die Begutachtung<br />

von Leistungssportlern e<strong>in</strong> (s. Kap.<br />

12 „Sporttraumatologie“).<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Begutachtungen waren<br />

Leistungen <strong>der</strong> Sozialversicherungen (Invaliden-<br />

und Unfallrenten, Berufskrankheiten,<br />

Sachleistungen), des Sozialwesens,<br />

<strong>der</strong> Staatlichen Versicherung (z. B. private<br />

Unfallversicherung). Weiterh<strong>in</strong>: Gutachten<br />

<strong>zur</strong> Prüfung und Beurteilung von Sorgfaltspflichtverletzungen<br />

im Rahmen <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Versorgung und materiellen Verantwortlichkeit<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen, sowie Gutachten<br />

für Justiz- und Sicherheitsorgane.<br />

Zur gutachtlichen Prüfung e<strong>in</strong>er Voraussetzung<br />

für die Gewährung e<strong>in</strong>er erweiterten<br />

materiellen Unterstützung („EMU“) für Betroffene<br />

bei Gesundheitsschäden, die nicht<br />

Sorgfaltspflichtverletzungen anzulasten<br />

waren, wird noch geson<strong>der</strong>t Stellung genommen.<br />

Im Rahmen zivilrechtlicher Verfahren konnten<br />

von Bürgern <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Gutachten <strong>zur</strong> Be-<br />

urteilung körperlicher Schäden und mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Leistungen angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

Die Gutachten hatten E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> ambulanten<br />

und stationären Betreuung, Kl<strong>in</strong>iken<br />

und Institute <strong>der</strong> Hochschulen und mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftliche<br />

Institute zu erstellen.<br />

Struktur des Begutachtungswesens<br />

Die Zentralstelle für Ärztliches Begutachtungswesen,<br />

von e<strong>in</strong>em Direktor geleitet,<br />

war direkt dem M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen<br />

nachgeordnet. Ihre Aufgabe<br />

bestand <strong>in</strong> <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> vom M<strong>in</strong>isterium<br />

vorgegebenen Aufgaben und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit mit Versicherungen und<br />

jenen staatlichen Organen, welche Gutachten<br />

anfor<strong>der</strong>ten.<br />

In Analogie <strong>zur</strong> allgeme<strong>in</strong>en Verwaltungsstruktur<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bestand <strong>in</strong> jedem Bezirk<br />

e<strong>in</strong>e Bezirksstelle für Ärztliches Begutachtungswesen<br />

und <strong>in</strong> jedem Kreis e<strong>in</strong>e Kreisstelle<br />

für Ärztliches Begutachtungswesen.<br />

Die Bezirksstelle und ebenso die Kreisstelle<br />

wurden von e<strong>in</strong>em Arzt <strong>in</strong> hauptamtlicher<br />

Tätigkeit geleitet. Sie waren dem jeweiligen<br />

Bezirksarzt bzw. Kreisarzt unterstellt. Häufig<br />

handelte es sich um Ärzte <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren ihres Berufslebens. Diese Stellen<br />

übernahmen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Aufgaben <strong>der</strong><br />

Verwaltung und Koord<strong>in</strong>ation [7], <strong>der</strong> Qualitäts-<br />

und Term<strong>in</strong>kontrolle und Beratung<br />

(nicht fachlichen!) <strong>der</strong> Gutachter. An <strong>der</strong> Erstellung<br />

von Gutachten beteiligten sich die<br />

Leiter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht. E<strong>in</strong>e Ursache dürfte<br />

auch die begrenzte fachliche Kompetenz,<br />

aus welchen Gründen auch immer, gewesen<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Zur fachlichen Beratung wurden <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Ebenen Gutachterkommissionen<br />

gebildet: Zentrale Gutachterkommission<br />

und Bezirksgutachterkommissionen. E<strong>in</strong>e<br />

Gutachterkommission auf <strong>der</strong> Kreisebene<br />

gab es nicht.<br />

Begriffserklärungen<br />

Die Verwendung von Begriffen wie „M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit“, „Erwerbsm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung“,<br />

„allgeme<strong>in</strong>er Arbeitsmarkt“, „Teil<strong>in</strong>validität“<br />

hatten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ke<strong>in</strong>e Gültigkeit<br />

und waren nicht zu verwenden.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Für die Versehrtheit war <strong>in</strong> <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Begutachtung offiziell als mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Begriff „Körperschaden (KS)“ zu verwenden,<br />

nach welchem regelwidrige körperliche und<br />

psychische Zustände zu beurteilen waren.<br />

Als Bewertungsanhalt für den „Grad des<br />

Körperschadens (GdK)“, ausgedrückt <strong>in</strong> Prozenten,<br />

gab es e<strong>in</strong>e Tabelle mit Richtwerten<br />

(Kürz<strong>in</strong>ger, Kollmorgen, Müldner 1987;<br />

(� Abb. 1). Diese entsprachen weitgehend<br />

den MdE- und GdB-Orientierungen. Bei <strong>der</strong><br />

Abstufung des GdK waren 10 %-Schritte<br />

anzustreben, aber auch 5 %-Schritte waren<br />

möglich.<br />

Die Summe von „Teilkörperschäden“ entsprach<br />

nicht grundsätzlich dem „Gesamtkörperschaden“,<br />

welcher für jeden E<strong>in</strong>zelfall<br />

geson<strong>der</strong>t zu bewerten war.<br />

Der offizielle Term<strong>in</strong>us für die dauernde<br />

Erwerbsunfähigkeit bei Nichterreichen des<br />

Rentenalters war „Invalidität“. Diese Frage<br />

wurde nicht mit Prozentsätzen, son<strong>der</strong>n nur<br />

mit „ja“ o<strong>der</strong> „ne<strong>in</strong>“ beantwortet [7].<br />

Anmerkung Die Begriffsdef<strong>in</strong>ition „Invalidität“<br />

lehnte sich an die alte Reichsversicherungsordnung<br />

(RVO) an: Invalidität liegt vor, wenn<br />

durch Krankheit, Unfall o<strong>der</strong> sonstige geistige<br />

bzw. körperliche Schädigung das Leistungsvermögen<br />

und <strong>der</strong> Verdienst um m<strong>in</strong>destens zwei<br />

Drittel gem<strong>in</strong><strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d und die M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des<br />

Leistungsvermögens <strong>in</strong> absehbarer Zeit durch<br />

Heilbehandlung nicht behoben werden kann.<br />

Zur „Schonarbeit“ (Arbeitsgesetzbuch<br />

§ 216): „Wird ärztlich festgestellt, dass <strong>der</strong><br />

Abb. 1 Umschlag <strong>der</strong> Monografie „Grundlagen<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Begutachtung“. Herausgegeben<br />

von: OMR Prof. Dr. med. Richard Kürz<strong>in</strong>ger, OMR<br />

Dr. med. Günther Kollmorgen, OMR Dr. med.<br />

Jürgen Müldner. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag Volk und<br />

Gesundheit; 1987<br />

Werktätige wegen vorübergehen<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit o<strong>der</strong> zum vorbeugenden<br />

Gesundheitsschutz die vere<strong>in</strong>barte<br />

Arbeitsaufgabe unter den bisherigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen nicht ausführen kann, hat <strong>der</strong><br />

Betrieb durch E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe,<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gungen am Arbeitsplatz<br />

o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />

die Weiterbeschäftigung des Werktätigen<br />

mit dieser Arbeitsaufgabe zu ermöglichen<br />

o<strong>der</strong> ihm e<strong>in</strong>e zumutbare an<strong>der</strong>e Arbeit zu<br />

übertragen (Schonarbeit) …“.<br />

Die Gutachterkommissionen<br />

Die Bezirksgutachterkommission setzte sich<br />

aus erfahrenen Fachärzten e<strong>in</strong>es Bezirkes<br />

zusammen, die vom Bezirksarzt berufen<br />

wurden.<br />

Beispiel In <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommission<br />

Frankfurt (O<strong>der</strong>) waren folgende Fachgebiete<br />

vertreten: Innere Mediz<strong>in</strong> (Chefarzt BKH), 2 x<br />

Chirurgie (Chefarzt BKH und Chefarzt KKH),<br />

Gynäkologie und Geburtshilfe (Chefarzt BKH),<br />

Gerichtliche Mediz<strong>in</strong> (Leiter Bezirks<strong>in</strong>stitut),<br />

Neurologie und Psychiatrie (Oberarzt BKH),<br />

Orthopädie (Chefarzt BKH).<br />

Den Kommissionen oblag „<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Klärung <strong>der</strong> Begutachtungen – <strong>in</strong> Beschwerde-<br />

o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>spruchsverfahren, – bei<br />

Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten über die wissenschaftliche<br />

Begründung, <strong>in</strong>haltliche Darstellung<br />

bzw. Schlussfolgerung <strong>in</strong> Gutachten“<br />

(Zitat aus <strong>der</strong> Anordnung von 1973).<br />

E<strong>in</strong> Beratungsschwerpunkt e<strong>in</strong>er Bezirksgutachterkommission<br />

waren die Gutachten<br />

<strong>zur</strong> Prüfung des Verdachts auf Verletzung<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Sorgfaltspflicht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en schuldhaften Handlung. Im Ergebnis<br />

<strong>der</strong> Beratung wurde die Anerkennung<br />

o<strong>der</strong> Ablehnung e<strong>in</strong>er Pflichtverletzung<br />

empfohlen. Das Beratungsergebnis hatte<br />

bei Anerkennung e<strong>in</strong>es schuldhaft verursachten<br />

Schadens neben <strong>der</strong> Regulierung<br />

durch die Versicherung auch <strong>in</strong>direkten E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die weiteren rechtlichen bzw. diszipl<strong>in</strong>arischen<br />

Konsequenzen. Grundsätzlich<br />

wurde es als Bonus für den belasteten Arzt<br />

gewertet, wenn dieser um e<strong>in</strong>e objektive<br />

Darstellung bemüht war und zu se<strong>in</strong>er Fehlleistung<br />

stand.<br />

In <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> galt das Pr<strong>in</strong>zip des doppelten<br />

gutachtlichen Prüfungsverfahrens. Deshalb<br />

war das Beratungsergebnis <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommissionen<br />

<strong>zur</strong> Überprüfung<br />

durch die Zentrale Gutachterkommission<br />

<strong>der</strong> Zentralstelle für Ärztliches Begutachtungswesen<br />

vorzulegen. Erst nach <strong>der</strong> Bestätigung<br />

durch die Zentralstelle konnten<br />

auf Bezirksebene weitere Maßnahmen<br />

veranlasst werden. Die Abän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es<br />

Beratungsergebnisses war möglich, erfolgte<br />

ohne Diskussion mit <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommission<br />

und war verb<strong>in</strong>dlich.<br />

Erweiterung <strong>der</strong> materiellen<br />

Unterstützung („EMU“)<br />

Am 16.12.1974 trat die „Anordnung über die<br />

Erweiterung <strong>der</strong> materiellen Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Bürger <strong>in</strong>folge mediz<strong>in</strong>ischer E<strong>in</strong>griffe“ <strong>in</strong><br />

Kraft [6, 9].<br />

Die entsprechenden Fälle wurden <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommission<br />

<strong>zur</strong> Beratung<br />

vorgelegt.<br />

Voraussetzungen für die Anwendung dieser<br />

Anordnung waren:<br />

– Die mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>griffe s<strong>in</strong>d def<strong>in</strong>iert<br />

als diagnostische und therapeutische<br />

Maßnahmen, die mit operativ-chirurgischen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Handlungen verbunden<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

– Wenn die Gesundheitsschädigung trotz<br />

richtigen und pflichtgemäßen Handelns<br />

im krassen Missverhältnis zu dem Risiko<br />

steht, das aufgrund des mediz<strong>in</strong>ischen<br />

E<strong>in</strong>griffs vorhergesehen werden konnte.<br />

Ansprüche aus <strong>der</strong> materiellen Haftung <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung wegen schuldhaft verursachter<br />

Schadenszufügung ihrer Mitarbeiter blieben<br />

von dieser Anordnung unberührt.<br />

E<strong>in</strong>ige Beispiele, auf die sich diese Anordnung<br />

bezog [9]:<br />

In e<strong>in</strong>er technisch gut ausgestatteten E<strong>in</strong>richtung<br />

sachgerecht durchgeführte, <strong>in</strong>dizierte<br />

(Verdacht auf Aneurysma <strong>der</strong> Hirngefäße) Angiografie;<br />

unerwartete Folge: Halbseitenlähmung,<br />

Pflegebedürftigkeit.<br />

Indizierte und sachgerecht durchgeführte<br />

Stell atumblockade (längere Zeit Durchblutungsstörungen<br />

<strong>in</strong> den Armen) <strong>in</strong> technisch<br />

gut ausgestatteter E<strong>in</strong>richtung. Im Anschluss<br />

Lähmung aller Gliedmaßen. Folge: Invalidität,<br />

Rollstuhl.<br />

Indizierte Cholangiografie mit jodhaltigem<br />

Kontrastmittel. Folge: Anaphylaktischer<br />

Schock, trotz sofortiger Maßnahmen Tod des<br />

Unter suchten.<br />

Intraglutäale Injektion e<strong>in</strong>es Penizill<strong>in</strong>s bei<br />

e<strong>in</strong>em 7 Wochen alten Säugl<strong>in</strong>gs wegen<br />

Otitis media. Sachgerechte Durchführung.<br />

Danach Sickerblutung und Zeichen e<strong>in</strong>er<br />

Thrombembolie im Be<strong>in</strong>. Verlegung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Säugl<strong>in</strong>gskl<strong>in</strong>ik wegen Nicolau-Syndroms.<br />

Folge: Entwicklungsstörungen und letztlich<br />

Gebrauchsunfähigkeit des betroffenen Be<strong>in</strong>es,<br />

Funktionsausfälle von Blase und Mastdarm.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 73


74<br />

Im Bezirk Frankfurt/O<strong>der</strong> betrug <strong>in</strong> den<br />

Jahren 1975 bis 1987 <strong>der</strong> durchschnittliche<br />

Anteil <strong>der</strong> Emu-Anerkennungen 10 % aller<br />

Entschädigungsanträge <strong>der</strong> Patienten. Für<br />

47 % trafen die Kriterien <strong>der</strong> „Materiellen<br />

Verantwortung <strong>der</strong> Gesundheitse<strong>in</strong>richtung“<br />

(MVGE) zu, das heißt, es lag e<strong>in</strong>e Verletzung<br />

<strong>der</strong> Sorgfaltspflicht (Verstoß gegen<br />

anerkannte Regeln <strong>der</strong> Heilkunde o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Organisationsverschulden) vor. 43 % <strong>der</strong> Anträge<br />

wurden abgelehnt. Für das letzte Jahr<br />

des Berichtszeitraumes 1987 lauteten die<br />

Zahlen: EMU 14 % (gegenüber 21 % 1976),<br />

MVGE 54 % (gegenüber 33 % 1976), Ablehnung<br />

32 % (gegenüber 46 % 1976).<br />

Formen <strong>der</strong> materiellen Unterstützung waren:<br />

– F<strong>in</strong>anzielle Beihilfen bei wesentlicher<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeits- und Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

des Geschädigten (monatliche<br />

Rentenzahlungen, Pflegekostenbeitrag;<br />

bei Tod des Geschädigten e<strong>in</strong>malige<br />

Zahlung von 1000 Mark – sofern Unterhaltspflicht<br />

e<strong>in</strong> Jahresbruttoverdienst;<br />

e<strong>in</strong>malige Zahlung bei erheblichen Entstellungen).<br />

– Die bevorzugte Versorgung mit Versehrtenfahrzeugen<br />

und an<strong>der</strong>en Hilfsmitteln.<br />

– Berufliche Umschulung,<br />

Die f<strong>in</strong>anziellen Leistungen hatte die Staatliche<br />

Versicherung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zu übernehmen.<br />

Diese „EMU“-Regulierung von Schadensfällen<br />

hatte sich bewährt und wurde allgeme<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e von den Ärzten und<br />

an<strong>der</strong>en Mitarbeitern <strong>der</strong> betroffenen E<strong>in</strong>richtung,<br />

begrüßt.<br />

Begutachtungswesen und<br />

Fachgesellschaften<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bestand<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, aber sehr aktive Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Begutachtung und Rehabilitation. Diese<br />

AG knüpfte an die ersten Erfolge e<strong>in</strong>er<br />

Gruppe von engagierten Ärzten an, die vom<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Abteilung des<br />

KKH Stavenhagen Dr. Jahnke geleitet wurde<br />

[10]. Jahnke hatte unter an<strong>der</strong>em aus eigener<br />

Initiative <strong>in</strong> Jürgenstorf bei Stavenhagen<br />

e<strong>in</strong>e regional wirksame Rehabilitationse<strong>in</strong>richtung<br />

für Unfallverletzte geschaffen. Im<br />

Jahre 1973 übernahm G. Woziwodski die<br />

Leitung <strong>der</strong> Gruppe, die er bis 1990 <strong>in</strong>nehatte.<br />

Se<strong>in</strong>e ersten Bemühungen waren auf<br />

die allseitige Integration als AG <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie und auf e<strong>in</strong>e systematische<br />

Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften<br />

ausgerichtet.<br />

Arbeitsschwerpunkt <strong>der</strong> AG waren Belange<br />

<strong>der</strong> Rehabilitation. Das Begutachtungs-<br />

wesen war unter staatlicher Kontrolle<br />

und straff organisiert (s. Kap. „Aufbau des<br />

staatlichen Gesundheitswesens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“),<br />

so dass hier die Möglichkeiten e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>flussnahme<br />

sehr beschränkt waren. Jedoch<br />

brachte die AG Themen <strong>der</strong> Begutachtung<br />

und Rehabilitation <strong>in</strong> die Programme wissenschaftlicher<br />

Tagungen e<strong>in</strong> und zeichnete<br />

für diese verantwortlich [10].<br />

Vom 23. bis 25.11.1981 fand <strong>in</strong> Dresden die<br />

erste „Wissenschaftliche Konferenz des Ärztlichen<br />

Begutachtungswesens“ statt. Veranstalter<br />

war das Präsidium <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> (Präsident:<br />

OMR Prof. Dr. Matthes), geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong><br />

Zentralstelle für Ärztliches Begutachtungswesen<br />

(Direktor: OMR Dr. Kollmorgen). Zwei<br />

weitere Kongresse folgten, <strong>der</strong> dritte vom<br />

1. bis 3.11.1988 <strong>in</strong> Karl-Marx-Stadt.<br />

Auswahl von Themen des Kongresses<br />

1981 [1]:<br />

• Philosophisch-ethische Aspekte des ärztlichen<br />

Handelns<br />

• Zur Psychologie des Gutachters, des zu Begutachtenden<br />

und <strong>der</strong> Begutachtungssituation<br />

• Pr<strong>in</strong>zipielle rechtliche Fragen <strong>der</strong> ärztliche<br />

Begutachtung<br />

• Gutachtlich relevante Rechtsfragen <strong>der</strong> Aufklärung<br />

und Schweigepflicht<br />

• Das ärztliche Gutachten als e<strong>in</strong>e Form angewandter<br />

mediz<strong>in</strong>ischer Wissenschaft; Rechte<br />

und Pflichten des Gutachters im Gerichtsverfahren<br />

• Aspekte <strong>der</strong> Begutachtung aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong><br />

gerichtlichen Mediz<strong>in</strong><br />

• Schadenersatz und an<strong>der</strong>e Leistungen im<br />

Zusammenhang mit Gesundheitsschädigungen<br />

im Prozess <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Betreuung<br />

• Zu den Begriffen richtunggebende Verschlimmerung,<br />

eigengesetzlicher Verlauf,<br />

objektiver Besserungsnachweis<br />

• Zur Problematik des Risikos und <strong>der</strong> Risikohöhe<br />

bei mediz<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>griffen<br />

• Trauma und maligner Tumor.<br />

Jährliche Fortbildungslehrgänge für ärztliche<br />

Gutachter im Seebad Ahrenshoop<br />

wurden von <strong>der</strong> Deutschen Akademie für<br />

Ärztliche Fortbildung (später Akademie für<br />

Ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>) durchgeführt.<br />

Aus <strong>der</strong> Praxis<br />

Die Qualität <strong>der</strong> <strong>zur</strong> <strong>DDR</strong>-Zeit erstellten<br />

Gutachten wurde oft kritisiert, die un<strong>zur</strong>eichende<br />

Ausführlichkeit und Aussage bemängelt.<br />

Das mag pr<strong>in</strong>zipiell richtig se<strong>in</strong>, ersche<strong>in</strong>t<br />

aber bei Betrachtung <strong>der</strong> Vergütung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Licht. Zum Beispiel: für<br />

e<strong>in</strong> Formular-Erstgutachten <strong>zur</strong> Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Invalidität, Arbeits- o<strong>der</strong> Berufsfähigkeit<br />

zahlte <strong>der</strong> Auftragsgeber 12 bis 15 Mark <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>, für e<strong>in</strong> Nachgutachten 9 bis 12 Mark.<br />

Für e<strong>in</strong> Erstgutachten <strong>zur</strong> Beurteilung von<br />

Unfallfolgen standen 6 bis 15 Mark, für e<strong>in</strong><br />

Nachgutachten 6 bis 9 Mark <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Von diesem Honorar wurde noch e<strong>in</strong> Steuersatz<br />

von 20 % abgezogen. E<strong>in</strong> Anspruch auf<br />

Vergütung bestand aber nur dann, wenn<br />

das Gutachten außerhalb <strong>der</strong> Dienstzeit gemacht<br />

wurde, denn gemäß § 1 <strong>der</strong> zitierten<br />

Anordnung vom Jahre 1973 zählten Begutachtungen<br />

zum unmittelbaren Aufgabenbereich<br />

<strong>der</strong> Ärzte.<br />

Die folgerichtigen Reaktionen <strong>der</strong> Ärzte lagen<br />

auf <strong>der</strong> Hand: Das Formular wurde fast<br />

immer mit dem Vermerk „außerhalb <strong>der</strong><br />

Dienstzeit“ versehen; die Ausführlichkeit<br />

des Textes entsprach dem Honorar; die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Anordnung vorgegebene Frist von 6 Wochen<br />

wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht e<strong>in</strong>gehalten.<br />

Das Formulargutachten war Standard.<br />

Freie Gutachten bedurften <strong>der</strong> Zustimmung<br />

des Auftraggebers. Deren Honorierung (z. B.<br />

Obergutachten) war wesentlich besser,<br />

wenn auch nicht immer angemessen.<br />

Die Indikation <strong>zur</strong> Invalidisierung wurde<br />

mitunter sehr großzügig gehandhabt. Das<br />

geschah <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> sozialen Härtefällen;<br />

teilweise aber auch <strong>zur</strong> komplikationsarmen<br />

„Ausglie<strong>der</strong>ung“ älterer Leitungsmitglie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Betrieben und Verwaltungen,<br />

die ihren Aufgaben wegen Überfor<strong>der</strong>ung<br />

o<strong>der</strong> vorzeitiger biologischer Alterung nicht<br />

(mehr) gewachsen waren.<br />

Zusammenfassung<br />

Die bisherigen traditionellen deutschen Regelungen<br />

und Formen <strong>der</strong> Begutachtungsdienste<br />

wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> aufgegeben und<br />

das ärztliche Begutachtungswesen <strong>in</strong> die<br />

Verantwortung staatlicher Organe des Gesundheits-<br />

und Sozialwesens übernommen.<br />

Damit wurden sie zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten<br />

Bestandteil <strong>der</strong> ärztlichen Tätigkeit an sich.<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> ambulanten und stationären<br />

Betreuung, Kl<strong>in</strong>iken und Institute<br />

<strong>der</strong> Hochschulen und mediz<strong>in</strong>isch-wissenschaftlichen<br />

Institute hatten die Gutachten<br />

zu erstellen.<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Begutachtungen waren<br />

Leistungen <strong>der</strong> Sozialversicherungen (Invaliden-<br />

und Unfallrenten, Berufskrankheiten,<br />

Sachleistungen), des Sozialwesens,<br />

<strong>der</strong> Staatlichen Versicherung (z. B. private<br />

Unfallversicherung). Weiterh<strong>in</strong>: Gutachten<br />

<strong>zur</strong> Prüfung und Beurteilung von Sorgfaltspflichtverletzungen<br />

im Rahmen <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung und materiellen<br />

Verantwortlichkeit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen, so-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


wie Gutachten für Justiz- und Sicherheitsorgane,<br />

für die Mediz<strong>in</strong>ischen Dienste des<br />

Verkehrswesens und <strong>der</strong> Wismut, für die<br />

Angehörigen bewaffneter Organe. E<strong>in</strong>e<br />

Son<strong>der</strong>stellung nahm auch die Begutachtung<br />

von Leistungssportlern e<strong>in</strong> (s. Kap. 12<br />

„Sporttraumatologie“)<br />

Die Strukturen: Die Zentralstelle für Ärztliches<br />

Begutachtungswesen, direkt dem<br />

M<strong>in</strong>isterium für Gesundheitswesen nachgeordnet<br />

und von e<strong>in</strong>em Direktor geleitet,<br />

leitete die Bezirks- und Kreisstellen an. Es<br />

standen beratend Kommissionen <strong>zur</strong> Seite,<br />

die sich aus erfahrenen Fachärzten zusammensetzten.<br />

1974 trat die „Anordnung über die Erweiterung<br />

<strong>der</strong> materiellen Unterstützung <strong>der</strong> Bürger<br />

<strong>in</strong>folge mediz<strong>in</strong>ischer E<strong>in</strong>griffe“ <strong>in</strong> Kraft.<br />

Ansprüche aus <strong>der</strong> materiellen Haftung <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung wegen schuldhaft verursachter<br />

Schadenszufügung ihrer Mitarbeiter blieben<br />

von dieser Anordnung unberührt.<br />

Die Fortbildung erfolgte durch jährliche<br />

Lehrgänge im Seebad Ahrenshoop und seit<br />

1983 zusätzlich im Rahmen <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> getragenen<br />

„Wissenschaftlichen Konferenzen des Ärztlichen<br />

Begutachtungswesens“.<br />

E<strong>in</strong>e Ursache <strong>der</strong> vielfach bemängelten<br />

Qualität und Ausführlichkeit mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Gutachten war die spärliche Vergütung <strong>der</strong><br />

Formulargutachten. Die besser honorierten<br />

Gutachten <strong>in</strong> freier Form bedurften <strong>der</strong> Zustimmung<br />

des Auftragsgebers und waren<br />

die Ausnahme.<br />

Literatur<br />

1. Wissenschaftliche Konferenz des ärztlichen Begutachtungswesens.<br />

Dt. Gesundh.-Wesen 1982;<br />

37: 769–816<br />

2. Arnold K: Persönliche Mitteilung<br />

3. Anordnung über ärztliche Begutachtungen vom<br />

18.12.1973. Gesetzblatt Teil I Nr. 3, S. 33–34. Ausgabetag:<br />

24.1.1974<br />

4. Franke K: Persönliche Mitteilung 2007<br />

5. Kollmorgen G. Die Entwicklung des Invaliditätsbegriffs<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Vortrag Fortbildungslehrgang<br />

„Aktuelle Begutachtungsfragen“. Son<strong>der</strong>druck<br />

aus: Redetzki H, Thiele H. „Schriftenreihe<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Fortbildung“. Band XXII. Berl<strong>in</strong>: VEB<br />

Verlag Volk und Gesundheit; 1963<br />

6. Kollmorgen G. Grundsätze <strong>zur</strong> Organisation des<br />

Ärztlichen Begutachtungswesens <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

und <strong>zur</strong> Begutachtung bei Verfahren wegen behaupteter<br />

Verletzung <strong>der</strong> ärztlichen Sorgfaltspflicht.<br />

Vortrag Berl<strong>in</strong>er Chirurgische Gesellschaft<br />

am 12.11.1973<br />

7. Kollmorgen G: Persönliche Mitteilungen 2006<br />

8. Kürz<strong>in</strong>ger R, Kollmorgen G, Müldner J. Grundlagen<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Begutachtung. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1987<br />

9. Mandel J, Kollmorgen G. Erweiterung <strong>der</strong> materiellen<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Bürger <strong>in</strong>folge mediz<strong>in</strong>ischer<br />

E<strong>in</strong>griffe. Zschr. Ärztl. Fortbild 1975; 69:<br />

610–2<br />

10. Woziwodki G: persönliche Mitteilung 2005<br />

Prof. Dr. W. Senst<br />

Wildenbruch Str. 5a<br />

15230 Frankfurt/O<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 75


76<br />

Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

W. Kurz<br />

Die Idee für e<strong>in</strong>e Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft „K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie“<br />

äußerte 1971 auf <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgentagung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Dresden<br />

<strong>der</strong> Leipziger Lehrstuhl<strong>in</strong>haber für K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie<br />

Herr Prof. Meißner (� Abb. 1). Er<br />

beauftragte während <strong>der</strong> Tagung se<strong>in</strong>en<br />

damaligen Mitarbeiter Herrn Dr. V<strong>in</strong>z sich<br />

<strong>der</strong> Sache anzunehmen und ihn über den<br />

Aufbau e<strong>in</strong>er Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft zu unterrichten.<br />

Abb. 1 Prof. Dr.<br />

Meißner, Leipzig;<br />

Ideengeber für die AG<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie.<br />

Aus: Privatarchiv W.<br />

Kurz<br />

Herr Kollege V<strong>in</strong>z suchte als erstes Mitstreiter<br />

für dieses Unterfangen und konnte bis<br />

zum 1.3.1972 bereits 10 Kollegen, Traumatologen<br />

und K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgen gew<strong>in</strong>nen.<br />

Mit dem aufkommenden Interesse an <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie ist aber auch bei uns<br />

– wie an<strong>der</strong>swo – und dies zunehmend als<br />

Begleitersche<strong>in</strong>ung das Kompetenzgerangel<br />

um die Zuständigkeit des k<strong>in</strong>dlichen Unfalls<br />

zu beobachten gewesen. So erhoben sowohl<br />

die bestehenden Sektionen K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie<br />

und Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> den Anspruch auf Heimstadt<br />

<strong>der</strong> zu gründenden Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

wie <strong>der</strong> zahlreich erhaltene Schriftverkehr<br />

zwischen den Vorständen belegt.<br />

Herr Dr. V<strong>in</strong>z setzte sich von Anbeg<strong>in</strong>n für<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Trägerschaft e<strong>in</strong> und<br />

geriet so rasch zwischen die Fronten, was<br />

auch zu e<strong>in</strong>em Zerwürfnis mit dem Ideengeber<br />

führte und für die Aufbauarbeit nicht<br />

hilfreich war. Ob <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Ansichten bei<strong>der</strong> Sektionen <strong>zur</strong> Trägerschaft<br />

eskalierte <strong>der</strong> Streit und beschäftige<br />

schließlich die Vorstände <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie und <strong>der</strong> Gesellschaft für kl<strong>in</strong>ische<br />

Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.<br />

Hier nur e<strong>in</strong> paar kurze Auszüge aus Briefen,<br />

die die unterschiedlichen Ansichten zeigen:<br />

Am 9.5.1972 schreibt <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, Herr<br />

Prof. Schober, Halle an den Vorsitzenden <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

Herrn Prof. Mathes, Berl<strong>in</strong>: „Sie werden sich<br />

vielleicht er<strong>in</strong>nern an Ihre Verhandlungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Vorstandssitzung <strong>in</strong> Halle. So<br />

wurde se<strong>in</strong>er Zeit über die Frage e<strong>in</strong>er Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong><br />

Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie, an<strong>der</strong>erseits auch<br />

über die Verankerung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sektion Traumatologie gesprochen.<br />

Abschließend stellten wir fest, dass die beiden<br />

Sektionen durch ihre Vorstände hierüber<br />

weiter verhandeln und dem Vorstand berichten<br />

sollten.“<br />

Nach weiteren Detailerläuterungen folgt<br />

dann die Empfehlung: „die K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

vorwiegend <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

zuzuordnen, da <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>der</strong>zeit noch <strong>der</strong><br />

überwiegende Anteil <strong>der</strong> traumatologischen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> Kreis- und Bezirkskrankenhäuser<br />

e<strong>in</strong>geliefert werden und nicht <strong>in</strong> k<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgische<br />

Spezialabteilungen“. Diese Entscheidung<br />

war nun für die K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgen<br />

nicht akzeptabel.<br />

Trotz solcher Rückschläge hat Herr Kollege<br />

V<strong>in</strong>z immer wie<strong>der</strong> versucht vermittelnd<br />

e<strong>in</strong>zugreifen, da für ihn e<strong>in</strong>e von beiden Sektionen<br />

getragene Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong><br />

Idealfall zu se<strong>in</strong> schien. So schreibt er unter<br />

an<strong>der</strong>em am 15.12.1972 an die Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie Frau Chefarzt<br />

Dr. Krause, Berl<strong>in</strong>: „Kürzlich sprach ich mit<br />

Herrn Prof. Dr. Wehner (Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie) wie<strong>der</strong> über die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie. Bei<br />

dieser Gelegenheit zeigte er mir die von Ihnen<br />

neu ausgearbeitete Arbeitsordnung mit<br />

<strong>der</strong> Präambel. An dieser Präambel nahm Herr<br />

Prof. Wehner Anstoß, m.E. zu recht. Sie ist<br />

so abgefasst, dass auch ich als Vertreter <strong>der</strong><br />

Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie aus dem Wortlaut<br />

entnehmen muss, dass die Sektion Traumatologie<br />

nur als zeitweise geduldeter Arbeitspartner<br />

anzusehen ist.“ Er schlussfolgert:<br />

„Wenn die Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie tatsächlich<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

nehmen will, so kann sie das nur als gleichberechtigter<br />

Partner zusammen mit <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie. Sollten beide Sektionen Konkurrenzunternehmen<br />

unter gleichem Namen<br />

starten, so ist die Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie von<br />

vornhere<strong>in</strong> hoffnungslos verloren.“<br />

Er begründet se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung u. a. so:<br />

– „die Sektionen K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie und Traumatologie<br />

s<strong>in</strong>d wissenschaftlich und praktisch<br />

gleichermaßen an <strong>der</strong> Traumatologie<br />

des K<strong>in</strong>desalters <strong>in</strong>teressiert;<br />

– die Bildung von zwei gleichlautenden Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

würde e<strong>in</strong>e wesentlich<br />

ger<strong>in</strong>gere Effektivität erbr<strong>in</strong>gen;<br />

– demgegenüber würde e<strong>in</strong>e Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

die gleichzeitig von zwei wichtigen<br />

Sektionen <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

getragen wird e<strong>in</strong> hohes Maß an Autorität<br />

besitzen und praktisch alle auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie tätigen Ärzte ansprechen.“<br />

Letztlich bat Herr Dr. V<strong>in</strong>z (� Abb. 2) <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em erneuten Brief an die Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie Frau Dr. Krause:<br />

„Beauftragen Sie mich bitte durch e<strong>in</strong> entsprechendes<br />

Schreiben als Vertreter <strong>der</strong> Sektion<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie mit dem Vorsitzenden <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie die Details <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

bei<strong>der</strong> Sektionen im Rahmen <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie zu verhandeln. Mit <strong>der</strong><br />

Autorisierung ausgerüstet würde ich unter<br />

allen Umständen versuchen, für die K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie<br />

das Beste herauszuholen. Herr Prof.<br />

Wehner hat sich mündlich mir gegenüber<br />

bereits damit e<strong>in</strong>verstanden erklärt, dass ich<br />

für die ersten 2 Jahre den Vorsitz <strong>der</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft übernehmen<br />

sollte. Ich glaube, dass wäre unter den gegebenen<br />

Umständen ke<strong>in</strong> schlechter Anfang.“<br />

Schließlich teilte <strong>der</strong> 1. Vorsitzende <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Herr Prof.<br />

Schmauss, Berl<strong>in</strong> am 28.4.1973 den Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Sektionen Traumatologie und<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie mit: „dass von unserer Seite<br />

aus ke<strong>in</strong>e Bedenken gegen die Gründung <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft bestehen.<br />

Die Arbeitsordnung entspricht den<br />

Richtl<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Gesellschaft für kl<strong>in</strong>ische Mediz<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.“<br />

So konnte nach mehrmaligen Verschiebungen<br />

während des IV. Unfallkongresses<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Leipzig am 7.12.1973 die Gründungsversammlung<br />

durchgeführt und die<br />

Arbeitsfähigkeit <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

erklärt werden.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 2 In <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> langjährige, aktivste Mitarbeiter <strong>der</strong> AG K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie Prof. Dr. H. V<strong>in</strong>z,<br />

Burg. Rechts daneben Prof. Dr. J. Hargitai, Budapest, und Prof. Dr. W. Breyer, Berl<strong>in</strong>. Aus: Privatarchiv W.<br />

Kurz<br />

Nach <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Gründungsversammlung<br />

beschlossenen Arbeitsordnung wurde die<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft „K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie“<br />

als <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

von den Sektionen Traumatologie<br />

und K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> getragen, war gleichermaßen<br />

beiden Sektionen unterstellt und<br />

wurde von den Sektionsvorsitzenden angeleitet.<br />

Die Leitung <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

wurde aus dem Vorsitzenden und e<strong>in</strong>em<br />

Stellvertreter gebildet. In e<strong>in</strong>em 2 jährigen<br />

Intervall sollte e<strong>in</strong> neuer Vorsitzen<strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung gewählt<br />

werden, wobei sich jeweils e<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurg<br />

und e<strong>in</strong> Traumatologe abwechseln soll­<br />

ten.<br />

E<strong>in</strong>e Reihe von Aufgaben haben wir uns <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Arbeitsordnung gestellt, so zum Beispiel:<br />

– die För<strong>der</strong>ung und Entwicklung <strong>der</strong> Traumatologie<br />

des K<strong>in</strong>desalters als e<strong>in</strong>es speziellen<br />

Fachgebietes;<br />

– prognostische Arbeit auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Traumatologie des K<strong>in</strong>desalters unter beson<strong>der</strong>e<br />

Berücksichtigung sozial­mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Aspekte;<br />

– Vorbereitung von wissenschaftlichen Veranstaltungen<br />

u. v.<br />

Unsere Basistätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

bestand zunächst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Durchführung<br />

von retrospektiven Geme<strong>in</strong>schaftsstudien,<br />

<strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>iken aller Größenordnungen<br />

und aus allen Regionen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>bezogen<br />

wurden. Es konnte davon ausgegangen werden,<br />

dass das jeweils bearbeitete Krankengut<br />

im Wesentlichen den aktuellen Querschnitt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> repräsentierte.<br />

Als die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft 1974 ihre erste<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsstudie <strong>zur</strong> „Osteosynthese<br />

im K<strong>in</strong>desalter“ startete war <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

Multicenterstudie im deutschen Sprachraum<br />

noch nicht so geläufig. Wir erfassten<br />

mit dieser Arbeitsweise e<strong>in</strong> großes Krankengut,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch von E<strong>in</strong>richtungen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auf kl<strong>in</strong>ische Forschungstätigkeit<br />

nicht e<strong>in</strong>gerichtet und <strong>der</strong>en oft<br />

umfangreiches Material ansonsten verloren<br />

gegangen wäre.<br />

Die <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>schaftsstudien erfassten<br />

hohen Fallzahlen e<strong>in</strong>es vergleichsweise<br />

kurzen Zeitraumes waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur<br />

meist unerreicht. Die großen Fallzahlen<br />

ergaben repräsentative Aussagen <strong>zur</strong> Epidemiologie,<br />

zu den praktizierten Behandlungsmethoden<br />

und die auf die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Behandlungsmethoden bezogenen Spätergebnisse.<br />

So konnte z. B. anhand <strong>der</strong><br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Studie über die Oberschenkelfrakturen<br />

an e<strong>in</strong>em überzeugend großen<br />

Krankengut nachgewiesen werden, dass die<br />

<strong>in</strong>tramedulläre Schienung über die Trochanterapophyse<br />

die Gefahr <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> W<strong>in</strong>kelverhältnisse am Schenkelhals<br />

br<strong>in</strong>gt. Außerdem s<strong>in</strong>d bei seltenen Verletzungen,<br />

wie z. B. bei Schenkelhals­ o<strong>der</strong> Fußwurzelfrakturen,<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsstudien die<br />

e<strong>in</strong>zige Möglichkeit, um überhaupt e<strong>in</strong>en<br />

Erkenntnisgew<strong>in</strong>n zu bekommen.<br />

Die Bearbeitungsgruppe e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaftsstudie<br />

bestand aus 2–4 Mitglie<strong>der</strong>n,<br />

die für das zu bearbeitende Thema e<strong>in</strong> für<br />

alle Studienteilnehmer verb<strong>in</strong>dliches Bearbeitungs­<br />

und Nachuntersuchungsschema<br />

festlegten. Auswertung, Vortrag o<strong>der</strong> Manuskriptgestaltung<br />

<strong>zur</strong> Veröffentlichung<br />

übernahmen die Bearbeiter. Die Veröffentlichungen<br />

erschienen als Geme<strong>in</strong>schaftsarbeit<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

(� Anlage 1).<br />

Publikationen <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

(Die Publikationen beruhen auf den jeweils<br />

durchgeführten Geme<strong>in</strong>schaftsstudien <strong>der</strong> AG)<br />

1. V<strong>in</strong>z H. Osteosynthese im K<strong>in</strong>desalter. Beitr.<br />

Orthop. u. Traumatologie 1976; 23: 107–11<br />

2. Schickedanz H, V<strong>in</strong>z H, Adam G. Die<br />

Extensionsbehandlung von Frakturen bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und ihre Komplikationen. Beitr.<br />

Orthop. u. Traumatologie 1976; 23: 267–71<br />

3. Reichmann J. Die stumpfe Bauchverletzung<br />

im K<strong>in</strong>desalter. Zbl. Chirurgie 1976; 103:<br />

1041–51<br />

4. V<strong>in</strong>z H, Grobler B, Wiegang E. Ostitis nach<br />

Osteosynthesen im K<strong>in</strong>desalter. Beitr.<br />

Orthop. u. Traumatologie 1978; 25: 349–61<br />

5. Kurz W, V<strong>in</strong>z H. Zur Epidemiologie und Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>der</strong> geschlossenen Unterschenkefraktur<br />

im K<strong>in</strong>desalter. Zbl. Chirurgie 1979; 104:<br />

1402–9<br />

6. V<strong>in</strong>z H, Kurz W. Die offene diaphysäre<br />

Unterschenkelfraktur im K<strong>in</strong>desalter. Zbl.<br />

Chirurgie 1980; 105: 32–8<br />

7. Kurz W, V<strong>in</strong>z H, Wahl D. Spätergebnisse<br />

nach Osteosynthesen von<br />

Unterarmschaftfrakturen im K<strong>in</strong>desalter.<br />

Zbl. Chirurgie 1982; 107: 149–55<br />

8. Kurz W, Gündel Th, Hartmann H.<br />

Fußwurzelfrakturen im K<strong>in</strong>desalter. Zbl.<br />

Chirurgie 1984; 109: 984–90<br />

9. Stock H. Die k<strong>in</strong>dliche Oberschenkelfraktur.<br />

Zbl. Chirurgie 1985; 110: 969–82<br />

10. Kurz W, V<strong>in</strong>z H, Wahl D. Fehler und<br />

Gefahren bei <strong>der</strong> Osteosynthese von<br />

Vor<strong>der</strong>armschaftfrakturen im K<strong>in</strong>desalter.<br />

Zbl. Chirurgie 1986; 111: 659–82<br />

11. Reuter G, Laskas S. Zur Lokalbehandlung<br />

thermischer Verletzungen bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n –<br />

Ergebnisse e<strong>in</strong>er multizentrischen Studie.<br />

Zbl. Chirurgie 1986; 111: 825–6<br />

12. Reuter G, Laskas S. Thermische Verletzungen<br />

im K<strong>in</strong>desalter – Schlussfolgerungen <strong>zur</strong><br />

Lokalbehandlung aus e<strong>in</strong>er <strong>DDR</strong>-Studie.<br />

Pädiatr. Grenzgeb 1988; 27: 109–14<br />

13. Kurz W, Grumbt H. Die traumatische<br />

Hüftluxation im K<strong>in</strong>dsalter. Zbl. Chirurgie<br />

1988; 113: 716–8<br />

14. V<strong>in</strong>z H, Bohl J, Höhndorf H, et al.<br />

Physiotherapie im Rahmen <strong>der</strong><br />

Frakturbehandlung bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Zbl.<br />

Chirurgie 1988; 113: 719–23<br />

15. Kurz W, Grumbt H. Schenkelhalsfrakturen<br />

im K<strong>in</strong>desalter. Zbl. Chirurgie 1988; 113:<br />

881–92<br />

16. Bollmann L, Wahl D. Bandverletzungen<br />

und Korrekturosteotomien. Mediz<strong>in</strong> aktuell<br />

1990; 4: 162<br />

17. V<strong>in</strong>z H, Franz R, Kurz W, et al. Die<br />

Behandlung <strong>der</strong> Monteggia-Fraktur im<br />

K<strong>in</strong>desalter. Zbl. Chirurgie 1991; 116:<br />

143–150<br />

Anlage 1 Publikationen <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 77


78<br />

Arbeitstagungen <strong>der</strong> AG K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

18.–19.4.1980 <strong>in</strong> Burg/Magdeburg<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Schickedanz / Jena<br />

Wissenschaftlicher Leiter:<br />

Prof. Dr. Schickedanz/Jena<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z /<br />

Burg<br />

Thema: Problemdiskussion über k<strong>in</strong>dliche<br />

Schaftfrakturen<br />

2. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

28.–29.5.1981 <strong>in</strong> Burg/Magdeburg<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wehner/Karl-Marx-Stadt<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Dr. Wehner/<br />

Karl-Marx-Stadt<br />

Organisatorischer Leiter: D. med. habil. V<strong>in</strong>z/<br />

Burg<br />

Thema: Ellenbogenfrakturen im K<strong>in</strong>desalter<br />

3. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

22–23.4.1982 <strong>in</strong> Burg / Spreewald<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wehner / Karl-Marx-Stadt<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Dr. Wehner/Karl-<br />

Marx-Stadt<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. sc. med. Kurz /<br />

Lübben<br />

Thema: Verletzungen des Kniegelenkes <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>desalter<br />

4. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

21.–22.4.1983 <strong>in</strong> Neuendorf am See<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wehner/Karl-Marx-Stadt<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Dr. Wehner/Karl-<br />

Max-Stadt<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. sc. med. Kurz/<br />

Lübben<br />

Thema: Begutachtungsfragen nach<br />

Verletzungen im K<strong>in</strong>desalter unter<br />

Berücksichtigung von Sport- und Berufstätigkeit<br />

5. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

26.–27.4.1984 <strong>in</strong> Jessern/Schwielochsee<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wehner/Karl-Marx-Stadt<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Dr. Wehner/<br />

Karl-Marx-Stadt<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. sc. med. Kurz /<br />

Lübben<br />

Thema: Verletzungen <strong>der</strong> k<strong>in</strong>dlichen Wirbelsäule<br />

6. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

18.–19.4.1985 <strong>in</strong> Wassersuppe<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wehner/Karl-Marx-Stadt<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Prof. Dr. Wehner/<br />

Karl-Marx-Stadt<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. sc. med. Machan/<br />

Rathenow<br />

Thema: Epiphysenfugenverletzungen<br />

Anlage 2 Arbeitstagungen <strong>der</strong> AG K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

7. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

17.–18.4.1986 <strong>in</strong> Burg/Magdeburg<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z/Burg/<br />

Magdeburg<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z/<br />

Burg<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z/<br />

Burg<br />

Thema: Schenkelhalsfrakturen und traumatologische<br />

Hüftluxationen im K<strong>in</strong>desalter<br />

8. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

23.–24.4.1987 <strong>in</strong> Wusterhausen/Pritzwalk<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z/Burg/<br />

Magdeburg<br />

Wissenschaftliche Leitung: Dr. med. habil. V<strong>in</strong>z/<br />

Burg<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. Bohl/Pritzwalk<br />

Thema: Pathologische Frakturen;<br />

Lokalbehandlung von Verbrennungen;<br />

Physiotherapie bei k<strong>in</strong>dlichen Frakturen<br />

9. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

5.–6.5.1988 <strong>in</strong> Zemp<strong>in</strong>/Usedom<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Dr. sc. med. Kurz/Lübben<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Dr. sc. med. Kurz/<br />

Lübben<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. sc. med. Kurz/<br />

Lübben<br />

Thema: Radiusköpfchenfrakturen und<br />

Luxationen; Polytrauma<br />

10. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

27.–28.4.1989 <strong>in</strong> Blankenburg/Harz<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Dr. sc. med. Kurz/Lübben<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Dr. sc. med. Kurz/<br />

Lübben<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. Müller/Halberstadt<br />

Thema: Bandverletzungen des oberen<br />

Sprunggelenkes<br />

11. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG<br />

9.–11.5.1990 <strong>in</strong> Bad Düben<br />

Vorsitzen<strong>der</strong>: Dr. sc. med. Kurz/Lübben<br />

Wissenschaftlicher Leiter: Dr. sc. med. Kurz/<br />

Lübben<br />

Organisatorischer Leiter: Dr. Jungmichel/Bad<br />

Düben<br />

Thema: Beckenfrakturen im K<strong>in</strong>desalter;<br />

Arthroskopie im K<strong>in</strong>desalter<br />

Bis zum Jahre 1979 stellten wir die Ergebnisse<br />

unserer Geme<strong>in</strong>schaftsstudien mit<br />

E<strong>in</strong>zelbeiträgen auf den jeweiligen Tagungen<br />

unserer Trägergesellschaften vor,<br />

ohne jedoch e<strong>in</strong>e umfassende Darstellung<br />

<strong>der</strong> Studien vornehmen zu können. So waren<br />

leicht Missverständnisse möglich, wie<br />

z. B. bei <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsstudie<br />

„Ostitis nach Osteosynthesen bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n“. Der Referent berichtete über 19<br />

Fälle aus 12 E<strong>in</strong>richtungen. In <strong>der</strong> Diskussion<br />

wurde er von e<strong>in</strong>em Ord<strong>in</strong>arius gerügt:<br />

„wenn bei mir 19 K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Osteomyelitis<br />

nach operativer Knochenbruchbehandlung<br />

bekämen, dann müssten ja wohl Maßnahmen<br />

ergriffen werden.“ Auf den E<strong>in</strong>wand<br />

des Referenten, dass es sich ja um e<strong>in</strong>e Sammelstudie<br />

handelt und auf die beteiligten<br />

Kl<strong>in</strong>iken maximal 2 Fälle entfallen, erhielt er<br />

<strong>zur</strong> Antwort: „19 s<strong>in</strong>d auf alle Fälle zu viel.“<br />

Es wurde uns zunehmend bewusst, dass<br />

wir e<strong>in</strong>e Möglichkeit <strong>zur</strong> umfassenden Darstellung<br />

<strong>der</strong> jeweils anstehenden Themen<br />

brauchten. Überdies mussten wir bekannte,<br />

e<strong>in</strong>flussreiche Chirurgen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, die an <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>in</strong>teressiert waren, für<br />

die Übernahme des Vorsitzes <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

gew<strong>in</strong>nen, wenn e<strong>in</strong> weiteres<br />

Vorankommen gel<strong>in</strong>gen sollte.<br />

Unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Schickedanz,<br />

Leiter <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie <strong>der</strong> Universität<br />

Jena, konnte Herr Dr. V<strong>in</strong>z 1980 <strong>in</strong><br />

Burg bei Magdeburg die 1. Arbeitstagung<br />

mit dem Thema „Problemdiskussion über<br />

k<strong>in</strong>dliche Schaftfrakturen“ organisieren<br />

(� Anlage 2, Arbeitstagungen).<br />

Nach dem erfolgreichen Verlauf <strong>der</strong> 1. Arbeitstagung<br />

übernahm Herr Prof. Dr. Wehner<br />

den Vorsitz <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Durch se<strong>in</strong>e guten Kontakte zum Generalsekretariat<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Wissenschaften<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gelang es ihm, ich möchte es so<br />

formulieren, die jährliche Arbeitstagung<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie, dort hoffähig zu machen.<br />

So durften wir 1982 erstmals Gäste<br />

aus dem sozialistischen Ausland zu unserer<br />

Arbeitstagung e<strong>in</strong>laden.<br />

Es entwickelten sich <strong>in</strong> den Folgejahren<br />

rasch gute und freundschaftliche Beziehungen<br />

zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologen <strong>in</strong> Polen<br />

(� Abb. 3) um Herrn Dr. Hielgier aus Warschau,<br />

nach Tschechien um Herrn Prof. Matzek<br />

aus Brno und nach Ungarn zu Frau Dr.<br />

Rohanie und Dr. Hargitai aus Budapest.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 3 Arbeitstagung <strong>der</strong> polnischen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologen 1987 <strong>in</strong> Warschau;<br />

Teilnehmer aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>: H. V<strong>in</strong>z, Burg; J. Bohl,<br />

Pritzwalk; J. Bohlmann, Schwer<strong>in</strong>; W. Kurz,<br />

Lübben. Aus: Privatarchiv W. Kurz<br />

Ab 1985 konnten wir auch jährlich e<strong>in</strong>en<br />

Gast aus den deutschsprachigen Län<strong>der</strong>n<br />

Schweiz und Österreich e<strong>in</strong>laden. Damit<br />

hatten wir <strong>in</strong>ternationale Kontakte und<br />

lernten e<strong>in</strong>ige Protagonisten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie,<br />

die wir zuvor nur aus <strong>der</strong> Literatur<br />

kannten, persönlich kennen. Unsere<br />

Arbeitstagungen wurden so durch kompetente<br />

<strong>Beiträge</strong> und Diskussionen bereichert<br />

und führten uns aus <strong>der</strong> anfänglichen<br />

Isolation. Gäste unserer Arbeitstagungen<br />

waren neben den oben genannten Persönlichkeiten<br />

weiterh<strong>in</strong> aus Österreich die<br />

Herren Professoren Poigenfürst, Schwarz,<br />

Böhler Nikolaus, L<strong>in</strong>hart und v. Laer aus <strong>der</strong><br />

Schweiz, den ich als ersten Gast aus dem<br />

nichtsozialistischen Ausland, wie es damals<br />

im Sprachgebrauch für die westlichen Län<strong>der</strong><br />

hieß, e<strong>in</strong>laden durfte (� Abb. 4).<br />

Die 11. Arbeitstagung <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

fand 1990 <strong>in</strong> Bad Düben statt, es war<br />

die letzte unter <strong>der</strong> genannten Trägerschaft.<br />

Bei dieser Tagung war bereits abzusehen,<br />

Abb. 4 6. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie 1985 <strong>in</strong> Wassersuppe. Aus: Privatarchiv W. Kurz<br />

dass sich nach <strong>der</strong> zu erwartenden Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

Deutschlands alle wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> auflösen<br />

würden. War auch unserer Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

das gleiche Schicksal bestimmt?<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

wollten e<strong>in</strong>en Zerfall unbed<strong>in</strong>gt verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n,<br />

zumal es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

e<strong>in</strong>e solche Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft nicht<br />

gab. Herr Dr. sc. med. Kurz als damaliger<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft wurde<br />

deshalb beauftragt alle Möglichkeiten<br />

zum Erhalt <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft zu prüfen.<br />

Nach Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

wäre e<strong>in</strong>e weitere Fortführung<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Trägerschaft<br />

<strong>der</strong> Idealfall gewesen. Dies ließ sich jedoch<br />

nicht verwirklichen.<br />

Mit großer Unterstützung durch den K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgen<br />

Herrn Prof. Dr. Gdanietz, Berl<strong>in</strong><br />

habe ich deshalb nach an<strong>der</strong>en Möglichkeiten<br />

gesucht. Die „angeblich“ <strong>in</strong>ternationale<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumato­<br />

logie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz, Leiter Prof. Dr. Schärli,<br />

Luzern, lehnte me<strong>in</strong>en Beitrittsantrag ab.<br />

Die Deutsche Gesellschaft für K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie,<br />

Präsident Prof. Dr. Daum, Heidelberg,<br />

sah zunächst e<strong>in</strong>en längeren Beratungsbedarf,<br />

also Wartezeit, die wir nicht hatten.<br />

Die Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong>,<br />

unter den damaligen Präsidenten Professor<br />

Dr. Pannicke, Frankfurt, und Professor<br />

Dr. Havemann, Kiel, und <strong>der</strong> Generalsekretär<br />

Professor Dr. Probst, Murnau, prüften me<strong>in</strong><br />

Beitrittsgesuch <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Woche und<br />

teilten mir mit, die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong><br />

ohne Bed<strong>in</strong>gungen komplett zu übernehmen.<br />

Damit hatten wir e<strong>in</strong>e neue Heimstadt<br />

gefunden und konnten unsere Arbeit<br />

mit großem Eifer und mit vielen neuen Mitglie<strong>der</strong>n<br />

jetzt deutschlandweit fortführen.<br />

Dr. W. Kurz<br />

Hubertusweg 12<br />

15907 Lübben<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 79


80<br />

Die <strong>Unfallchirurgie</strong> als Wurzel <strong>der</strong><br />

außerkl<strong>in</strong>i schen Notfallversorgung<br />

<strong>in</strong> Ost deutschland<br />

M. Burgkhardt, R. Schäfer<br />

Bei <strong>der</strong> geschichtlichen Betrachtung <strong>der</strong><br />

außerkl<strong>in</strong>ischen ärztlichen Versorgung ist<br />

zunächst festzustellen, dass bis weit <strong>in</strong> die<br />

Neuzeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen<br />

Transportnotwendigkeit und mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Versorgung gesehen wurde. Als<br />

erster Arzt hat wohl <strong>der</strong> Leibarzt des französischen<br />

Kaisers Napoleon I. Dom<strong>in</strong>ique<br />

Larrey (� Abb. 1) [26] diesen Zusammenhang<br />

hergestellt. Larrey war Chef des Sanitätswesens<br />

<strong>in</strong> den Feldzügen Napoleons<br />

und reformierte die Kriegschirurgie und die<br />

Verwundetenfürsorge. Ihm war reichlich<br />

Anlass gegeben, die Betreuung <strong>der</strong> Verwundeten<br />

zu organisieren, denn die Eroberungszüge<br />

Napoleons verursachten neben<br />

zehntausenden von Toten auch e<strong>in</strong>e große<br />

Anzahl von Verletzten aller Schweregrade.<br />

Er baute das Sofortpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Behandlung<br />

aus, <strong>in</strong>dem er begann, h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Feuerl<strong>in</strong>ie<br />

zu operieren.<br />

Nach <strong>der</strong> Schlacht von Borod<strong>in</strong>o 1812<br />

wandte er erstmals e<strong>in</strong>e Triagierung, also<br />

e<strong>in</strong>e dreiwegige Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verletztenströme<br />

an. Er teilte <strong>in</strong> drei Gruppen<br />

e<strong>in</strong>: e<strong>in</strong>e Gruppe, die ke<strong>in</strong>er weiteren Hilfe<br />

bedurfte und die sich selbst helfen konnte,<br />

Abb. 1 Dom<strong>in</strong>ique Larrey, 1766–1842. Aus:<br />

D. Rüster: Alte Chirurgie – von <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit bis<br />

zum 19. Jahrhun<strong>der</strong>t. 4. Aufl. Berl<strong>in</strong>: VEB Verlag<br />

Volk und Gesundheit; 1999<br />

e<strong>in</strong>e Gruppe, denen aus mediz<strong>in</strong>ischer Sicht<br />

nicht zu helfen war und e<strong>in</strong>e Gruppe, <strong>der</strong>en<br />

Transport und Versorgung e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n ergab.<br />

Zu diesem Zweck ließ er kle<strong>in</strong>e und wendige<br />

Sanitätsfahrzeuge konstruieren, die jeweils<br />

von 4 Pferden gezogen wurden und die er<br />

als „fliegende Ambulanzen“ bezeichnete.<br />

Die e<strong>in</strong>achsigen Kastenwagen mögen<br />

aus heutiger Sicht unbequem und unvollkommen<br />

gewesen se<strong>in</strong>. Dennoch gab Larrey<br />

mit diesem Transportmodell hun<strong>der</strong>ten von<br />

Verletzen e<strong>in</strong>e Chance zum Überleben und<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te <strong>der</strong>en sicheren Tod.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklung<br />

stellten die Samaritervere<strong>in</strong>e dar, die<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Industrialisierung vor allem<br />

<strong>in</strong> Mitteldeutschland <strong>in</strong> den 80er Jahren des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>in</strong> großer Zahl gegründet<br />

wurden. Diese auf den Kieler Chirurgen Philip<br />

von Esmarch <strong>zur</strong>ückgehenden Initiativen<br />

widmeten sich nicht nur dem Krankentransport,<br />

son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Versorgung von<br />

Verletzten und <strong>der</strong> Ausbildung von Laien<br />

zu Ersthelfern. Als Beispiel sei die Rettungsgesellschaft<br />

zu Leipzig von 1883 zu nennen,<br />

mit welcher für die 650.000 E<strong>in</strong>wohner<br />

<strong>der</strong> sächsischen Großstadt um 1900 e<strong>in</strong>e<br />

Abb. 2 Dr. med. Mart<strong>in</strong> Kirschner, 1879–1942.<br />

Aus: Archiv Zeitschrift Rettungsdienst,<br />

www.skverlag.de<br />

weitgehend flächendeckende Versorgung<br />

gewährleistet werden konnte [9]. Vom Anfang<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts bis zum Anfang<br />

des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts war die Notfallversorgung<br />

im Pr<strong>in</strong>zip nur auf den chirurgischen<br />

Notfall und hier vermutlich nahezu ausschließlich<br />

auf den traumatologischen<br />

Notfall orientiert. Demzufolge s<strong>in</strong>d Ideen<br />

<strong>zur</strong> Verknüpfung von Transportlogistik und<br />

mediz<strong>in</strong>ischer Versorgung <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie von<br />

Chirurgen entwickelt worden.<br />

Die Zusammenhänge zwischen schnellem<br />

und gesichertem Transport und möglicher<br />

Erstversorgung durch den Arzt am Notfallort<br />

beschrieb als erster Arzt umfassend <strong>der</strong><br />

Chirurg Mart<strong>in</strong> Kirschner (� Abb. 2) <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

bedeutenden Vortrag „Der Verkehrsunfall<br />

und se<strong>in</strong>e erste Behandlung“, den er im<br />

Jahre 1938 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> vor <strong>der</strong> 62. Tagung <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie hielt<br />

[7, 16] .Dieser Vortrag muss aus heutiger<br />

Sicht als wesentliche Initialzündung für e<strong>in</strong><br />

arztgestütztes Rettungssystem gewertet<br />

werden , wenngleich auch er ausschließlich<br />

den traumatologischen Notfall bei se<strong>in</strong>er<br />

Argumentation heranzog. Kirschner hat <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Vortrag <strong>zur</strong> Versorgung von Schwer­<br />

Abb. 3 Dr. med. Paul Streffer, 1865–1941.<br />

Aus: Archiv Zeitschrift Rettungsdienst,<br />

www.skverlag.de<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


letzten zwei wesentliche Feststellungen<br />

und For<strong>der</strong>ungen getroffen [22]:<br />

– „… wir müssen soweit kommen, dass nicht<br />

mehr <strong>der</strong> Schwerverletzte zum Arzt, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Arzt zum Schwerverletzten gebracht<br />

wird.“<br />

und<br />

– „… lieber e<strong>in</strong> gesicherter Transport über<br />

100 Kilometer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e geeignete Kl<strong>in</strong>ik, als<br />

<strong>der</strong> schnelle Transport über die Strasse <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e ungeeignete Arztpraxis.“<br />

Obwohl diese Erkenntnisse zu <strong>der</strong> damaligen<br />

Zeit überhaupt nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue<br />

Strategie und Umrüstung <strong>der</strong> zivilen Notfallversorgung<br />

mündeten, gelten diese<br />

zwei Bemerkungen als die wegweisenden<br />

Gedanken für e<strong>in</strong>en späteren arztbesetzten<br />

Rettungsdienst.<br />

Die Me<strong>in</strong>ungsäußerung von Kirschner ist<br />

bekannt und stellt wohl die am besten<br />

dokumentierte Grundlage für die spätere<br />

Entwicklung <strong>der</strong> präkl<strong>in</strong>ischen Notfallmediz<strong>in</strong><br />

dar. Dennoch hat sich lange vor<br />

Kirschner e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er deutscher Arzt über<br />

die ärztliche Verantwortung bei <strong>der</strong> sanitätsdienstlichen<br />

und rettungsdienstlichen<br />

Organisation geäußert. Es ist <strong>der</strong> Leipziger<br />

praktische Arzt Dr. Paul Streffer (� Abb. 3),<br />

Vorstand <strong>der</strong> Rettungsgesellschaft zu Leipzig<br />

und später erster Geschäftsführer des<br />

Hartmannbundes, <strong>der</strong> sich bereits im Jahre<br />

1908 auf dem Internationalen Kongress für<br />

das Rettungswesen <strong>in</strong> Frankfurt/Ma<strong>in</strong> wie<br />

folgt äußerte [17]:<br />

– „<strong>der</strong> Krankentransport muss unter ärztliche<br />

Leitung gestellt werden“<br />

und<br />

– „<strong>der</strong> Arzt muss nicht nur am Orte des Unglücks<br />

die erfor<strong>der</strong>liche Hilfe leisten, son<strong>der</strong>n<br />

auch den Kranken bis <strong>zur</strong> Übergabe<br />

<strong>in</strong> die endgültige ärztliche Versorgung auf<br />

dem ganzen Weg begleiten.“<br />

Die weitere Entwicklung wurde durch den<br />

2. Weltkrieg verzögert; die Nachkriegsjahre<br />

wie<strong>der</strong>um waren zunächst im Wesentlichen<br />

durch die Bekämpfung <strong>der</strong> großen<br />

Volksseuchen und durch die Bewältigung<br />

von Hunger und Krankheit gekennzeichnet<br />

[6]. Der <strong>in</strong>dividuelle Notfall stand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Bedeutung wohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Reihe.<br />

Dennoch beschreibt <strong>der</strong> Leipziger praktische<br />

Arzt Dr. Bruno Gittner <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Lebenser<strong>in</strong>nerungen<br />

als Leipziger Kassenarzt sehr<br />

anschaulich, wie man bereits <strong>in</strong> den 50er<br />

Jahren bei Notfällen nach e<strong>in</strong>em festen<br />

1 Hamilkar Barkas, kathargischer Feldherr (290 bis 228 v.<br />

Chr.), Vater des Hannibal, Be<strong>in</strong>ame „Barkas“ (<strong>der</strong> Blitz)<br />

wegen se<strong>in</strong>er blitzartigen Kampftaktik. Das Fahrzeuglogo<br />

war, wohl <strong>in</strong> Adaptation des „Opel-Blitz“, demzufolge auch<br />

e<strong>in</strong> Blitzsymbol.<br />

Abb. 4 Seltene Aufnahme e<strong>in</strong>es Lufttransportes mit Hubschrauber. Flughafen Leipzig-Mockau, 1958<br />

Aus: Privatarchiv M. Burgkhardt<br />

Handlungsmuster reagierte und Strukturen<br />

vorbereitete:<br />

„7. Mai 1955: Um 5 nach 10 Uhr ruft die<br />

Wächterstraße (umgangssprachlicher Begriff<br />

für die Volkspolizeidienststelle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Dimitroffstraße, früher Wächterstraße. Die<br />

Autoren) an und teilt mit, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Simsonstrasse<br />

e<strong>in</strong>en Gerüststurz gegeben hat<br />

und dass das Blaulichtauto unterwegs ist.<br />

Trude (die Sprechstundenhilfe. Die Autoren)<br />

geht <strong>in</strong> das Wartezimmer und teilt den Patienten<br />

mit, dass wegen e<strong>in</strong>es Notfalles die<br />

Sprechstunde unterbrochen werden muss.<br />

Ich nehme die Arzttasche und den Verbandskoffer<br />

und gehe auf die Straße. Das Polizeiauto<br />

br<strong>in</strong>gt mich mit Blaulicht an den Unfallort,<br />

wo <strong>der</strong> Unfallwagen <strong>der</strong> Feuerwehr<br />

schon e<strong>in</strong>getroffen ist. Zusammen mit den<br />

Feuerwehrmännern versorge ich den Schwerverletzten<br />

und br<strong>in</strong>ge ihn <strong>in</strong> die Chirurgische<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik. Lei<strong>der</strong> ist er später se<strong>in</strong>en<br />

schweren Kopfverletzungen erlegen …“ [6]<br />

Aus dieser Schil<strong>der</strong>ung wird deutlich, dass<br />

man sich noch nicht mit <strong>der</strong> Trennung von<br />

Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung und Rettungsdienst<br />

befasste, also den nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Arzt h<strong>in</strong>zuzog, wenn es sich um schwere<br />

Verletzungen o<strong>der</strong> Erkrankungen handelte.<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund stand bei Notfällen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit <strong>der</strong> schnelle Abtransport;<br />

ärztliche Versorgungen vor Ort und auf dem<br />

Transport gab es im Wesentlichen nicht [21].<br />

Dennoch war hier <strong>in</strong> dem geschil<strong>der</strong>ten Fall<br />

bereits <strong>der</strong> Ansatz für e<strong>in</strong> Rendezvous­System<br />

zu sehen.<br />

Erste Gedanken <strong>zur</strong> Optimierung <strong>der</strong> Versorgung<br />

von Notfällen gab es unter den Heidelberger<br />

Chirurgen Bauer (� Abb. 5) und Gögler<br />

und dem Gummersbacher Internisten<br />

Gillmann, die dann auch entsprechende<br />

Fahrzeuge konstruieren ließen. Bauers Idee<br />

e<strong>in</strong>es „mobilen Operationssaales“ auf <strong>der</strong><br />

Basis e<strong>in</strong>es umgebauten Setrabusses war<br />

sicherlich noch durch die Erfahrungen <strong>der</strong><br />

Kriegschirurgie geprägt und besaß ke<strong>in</strong>e<br />

Chance auf e<strong>in</strong>e längere Anwendung.<br />

Fast zeitgleich zu den vorgenannten Entwicklungen<br />

setzten im Osten Deutschlands<br />

die zwei jungen Magdeburger Ärzte, <strong>der</strong> Anästhesist<br />

Röse und <strong>der</strong> Chirurg Lembcke <strong>in</strong><br />

Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Berufsfeuerwehr<br />

das Konzept e<strong>in</strong>es arztbesetzten Rettungsmittels<br />

um (� Abb. 6). Auch hier war die<br />

Zielrichtung überwiegend <strong>der</strong> traumatologische<br />

Notfall, da die Kenntnisse über die<br />

pathophysiologischen Zusammenhänge<br />

und die therapeutischen Möglichkeiten bei<br />

<strong>in</strong>ternistischen Leiden, wie zum Beispiel<br />

beim akuten Koronarsyndrom, noch nicht<br />

Abb. 5 Prof. Dr. med. Karl-He<strong>in</strong>rich Bauer,<br />

1890–1978. Aus: Archiv Zeitschrift<br />

Rettungsdienst, www.skverlag.de<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 81


82<br />

Abb. 6 Arztbesetztes Rettungsfahrzeug, Magdeburg, 1960. Aus: Privatarchiv<br />

M. Burgkhardt<br />

<strong>in</strong> dem Maße vorhanden waren wie <strong>in</strong> späteren<br />

Jahren.<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Notfallversorgung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen Demokratischen Republik<br />

(<strong>DDR</strong>) muss allerd<strong>in</strong>gs im Jahre 1953 begonnen<br />

werden. Mit <strong>der</strong> „Anordnung über<br />

die ärztliche Versorgung <strong>der</strong> Werktätigen“<br />

wurde e<strong>in</strong> Instrument geschaffen, welches<br />

dazu diente, bis zum Jahre 1989 die ärztliche<br />

Versorgung außerhalb <strong>der</strong> normalen<br />

Arbeitszeiten zu sichern. Mit dieser Anordnung<br />

waren alle Ärzte und Zahnärzte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> verpflichtet, sich an e<strong>in</strong>em Dienstsystem<br />

<strong>zur</strong> Absicherung <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Versorgung außerhalb <strong>der</strong> Regelarbeitszeit<br />

zu beteiligen [1].<br />

Von 1953 bis Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre lief die<br />

außerkl<strong>in</strong>ische Betreuung im Wesentlichen<br />

relativ unkoord<strong>in</strong>iert:<br />

– jegliche Notfälle <strong>in</strong> umschlossenen Räumen<br />

wurden durch die wenigen nie<strong>der</strong>gelassenen<br />

Ärzte o<strong>der</strong> aber durch die angestellten<br />

Ärzte aus den staatlichen Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen,<br />

den Polikl<strong>in</strong>iken<br />

und Ambulatorien abgewickelt,<br />

– Notfälle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit versorgte im<br />

Wesentlichen das Deutsche Rote Kreuz <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> (DRK <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>), <strong>in</strong> den Großstädten<br />

auch die Berufsfeuerwehr, und transportierte<br />

ohne Arztbegleitung die Patienten<br />

<strong>in</strong> die stationären Gesundheitse<strong>in</strong>richtungen<br />

(� Abb. 4).<br />

In Leipzig begannen im März 1964 die Anästhesisten<br />

Splith und Heidel mit e<strong>in</strong>em<br />

Pilotprojekt unter dem Namen „Dr<strong>in</strong>gliche<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe“ (DMH). Hierbei handelte<br />

es sich um e<strong>in</strong>en umgebauten Krankentransportwagen<br />

(KTW) vom Typ Barkas 1<br />

B­1000 (� Abb. 7), <strong>der</strong> auch aus heutiger<br />

Sicht e<strong>in</strong>e allumfassende mediz<strong>in</strong>ische<br />

Ausstattung aufwies. Diese Fahrzeuge – zunächst<br />

zwei Fahrzeuge für das Stadtgebiet<br />

mit damals 460.000 E<strong>in</strong>wohnern – waren<br />

mit zwei Krankentransporteuren und e<strong>in</strong>em<br />

Arzt besetzt. Krankentransporteure waren<br />

Mitarbeiter des DRK <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit e<strong>in</strong>er beliebigen<br />

Berufsausbildung und e<strong>in</strong>er eher<br />

mittelmäßigen Sanitätsausbildung von 160<br />

Stunden.<br />

Neben diesem Leipziger DMH­Modell gab<br />

es ähnliche E<strong>in</strong>richtungen zum Beispiel <strong>in</strong><br />

Greifswald, Jena, Dresden und Chemnitz.<br />

Aus diesen Erfahrungen heraus entstand im<br />

Jahre 1967 e<strong>in</strong>e erste staatliche Direktive,<br />

die Empfehlungen <strong>zur</strong> E<strong>in</strong>richtung mobiler<br />

Notfallsysteme für Großstädte und Ballungsgebiete<br />

vermittelte [2].<br />

Parallel zu den rettungsdienstlichen Orientierungen<br />

auf den außerkl<strong>in</strong>ischen Notfall<br />

kam es zu ersten <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Notfallaufnahmen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> den Namen<br />

„Rettungsstellen“ trugen. Wegweisend war<br />

hier die Initiative des Krankenhauses Berl<strong>in</strong>­<br />

Friedrichsha<strong>in</strong> unter dem Internisten Kurt<br />

Scheidler [26].<br />

Mit <strong>der</strong> zunehmenden Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />

Notarztdienstes (DMH) wurde aber zugleich<br />

erkannt, dass damit die Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung<br />

ausgeklammert wurde und weiterh<strong>in</strong><br />

Stellv. Technik<br />

und Transport<br />

Krankentransport<br />

– Pfleger SMH/KT<br />

– Facharbeiter SMH/KT<br />

Abb. 7 Fahrzeug <strong>der</strong> Dr<strong>in</strong>glichen Mediz<strong>in</strong>ischen Hilfe (DMH), Leipzig, 1968<br />

Aus: Privatarchiv M. Burgkhardt<br />

SMH-Leiter<br />

SMH-Leitstelle<br />

Dispatcher DRK<br />

KT DMH DHD DKHD<br />

als normaler Hausbesuchsdienst bestand.<br />

Dabei war vielfach <strong>der</strong> Arzt auf sich alle<strong>in</strong>e<br />

angewiesen, besaß ke<strong>in</strong>e Kommunikationsmöglichkeit<br />

und war mit dem eigenen Pkw<br />

auch nachts alle<strong>in</strong>e unterwegs.<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 70er Jahre entwickelte sich <strong>in</strong><br />

den osteuropäischen Staaten, den Staaten<br />

des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe<br />

(RGW­Staaten), e<strong>in</strong> Trend, duale Notfallsysteme<br />

aufzubauen, die sowohl e<strong>in</strong>e<br />

Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung, wie auch den<br />

Rettungsdienst umfassen sollten. Als hemmend<br />

wurde schon damals erkannt, dass<br />

e<strong>in</strong>e Schwierigkeit dar<strong>in</strong> besteht, den Notfall<br />

mit se<strong>in</strong>en unterschiedlichen Dr<strong>in</strong>glichkeitsstufen<br />

zu def<strong>in</strong>ieren. E<strong>in</strong> wesentlicher<br />

Markste<strong>in</strong> war die 15. Konferenz <strong>der</strong><br />

Gesundheitsm<strong>in</strong>ister <strong>der</strong> RGW­Staaten von<br />

1974 <strong>in</strong> Budapest, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Ergebnis <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ische Notfall allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlich<br />

def<strong>in</strong>iert wurde [27]. Diese, sogenannte<br />

„Budapester Def<strong>in</strong>ition“ umfasste die folgenden<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Zustandsbil<strong>der</strong>:<br />

– unmittelbare Lebensbedrohung, die ohne<br />

rechtzeitige ärztliche Hilfe zum Tode führen<br />

kann,<br />

med.<br />

Fachpersonal<br />

– Schwestern/<br />

Pfleger<br />

– Facharbeiter<br />

– Krankenpflege<br />

Stellvertreter<br />

Ärzte<br />

– Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>er<br />

– Internist<br />

– Pädiater<br />

– Anästhesist<br />

Abb. 8 System<br />

<strong>der</strong> Schnellen<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Hilfe (SMH)<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 9 Rettungsfahrzeug vom Typ BARKAS/<br />

SMH-3. Aus: Privatarchiv M. Burgkhardt<br />

Abb. 10 SMH-Dokumentationsbogen<br />

– Nichtvorliegen e<strong>in</strong>er Lebensbedrohung,<br />

jedoch kann durch Verzögerung wirksamer<br />

Hilfe im Organismus o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Organen e<strong>in</strong> bleiben<strong>der</strong> Schaden<br />

entstehen,<br />

– Nichtvorliegen e<strong>in</strong>er Lebensbedrohung,<br />

jedoch muss <strong>zur</strong> L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung subjektiver<br />

Ersche<strong>in</strong>ungen dem Patienten kurzfristig<br />

Hilfe gewährt werden,<br />

– Nichtvorliegen e<strong>in</strong>er Lebensbedrohung,<br />

jedoch erfor<strong>der</strong>t das Verhalten des Patienten<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em und im Interesse se<strong>in</strong>er<br />

Mitmenschen e<strong>in</strong>e sofortige mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe.<br />

Aus dieser Def<strong>in</strong>ition wird deutlich, dass<br />

e<strong>in</strong>heitlich für die RGW­Staaten e<strong>in</strong>e Notfalldef<strong>in</strong>ition<br />

erlassen wurde, die auch den<br />

Notfall unterhalb <strong>der</strong> Lebensbedrohung,<br />

also die sogenannte „Dr<strong>in</strong>glichkeit“, <strong>in</strong> die<br />

Gesamtbetrachtung mit e<strong>in</strong>bezieht. Somit<br />

war zu erkennen, dass e<strong>in</strong> zu planendes e<strong>in</strong>heitliches<br />

Notfallsystem die Versorgung aller<br />

Notfälle über e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Leitstelle<br />

anstrebte (� Abb. 8).<br />

Aus dieser organisatorischen und wissenschaftlichen<br />

Vorarbeit entwickelte sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> das System <strong>der</strong> Schnellen Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Hilfe (SMH), das durch m<strong>in</strong>isteriellen<br />

Erlass für 10 Bezirksstädte und 4 Kreisstädte<br />

1976 aufgebaut wurde (Anweisung<br />

Nr. 1 des M<strong>in</strong>isteriums für Gesundheitswesen<br />

<strong>DDR</strong> zum Aufbau <strong>der</strong> SMH vom<br />

09.03.1976). Der wesentliche Unterschied<br />

<strong>zur</strong> bis dah<strong>in</strong> praktizierten Notfallversorgung<br />

lag <strong>in</strong> folgenden Neuerungen:<br />

– schrittweise E<strong>in</strong>führung des <strong>DDR</strong>­e<strong>in</strong>heitlichen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Notrufes 115 (allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht münzfrei von öffentlichen<br />

Fernsprechern zu wählen)<br />

– E<strong>in</strong>heitliche SMH­Leitstellen (Rettungsleitstellen)<br />

mit <strong>der</strong> Bündelung sämtlicher<br />

Notrufmeldungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em def<strong>in</strong>ierten<br />

Territorium unter E<strong>in</strong>beziehung von Rout<strong>in</strong>ehausbesuchsvermittlungen<br />

und Katastrophenschutz.<br />

– Fahrzeuge mit e<strong>in</strong>heitlichem äußeren Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />

und identischer Ausstattung<br />

sowohl für den Rettungsbereich,<br />

wie auch für die Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung<br />

(Son<strong>der</strong>lackierung creme/orange,<br />

Son<strong>der</strong>signal, e<strong>in</strong>heitliche Beschriftung)<br />

(� Abb. 9).<br />

Das Beson<strong>der</strong>e des SMH­Systems war, dass<br />

zwar DMH (Dr<strong>in</strong>gliche Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe)<br />

und DHD (Dr<strong>in</strong>glicher Hausbesuchsdienst)<br />

bzw. DKHD (Dr<strong>in</strong>glicher K<strong>in</strong><strong>der</strong>­Hausbesuchsdienst)<br />

sehr genau def<strong>in</strong>iert waren,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Außendarstellung jedoch e<strong>in</strong> Unterscheiden<br />

nicht gewollt war. Es war das<br />

Ans<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> SMH, dass <strong>der</strong><br />

Bürger den Notruf absetzte und dieser <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

SMH­Leitstelle auflief. Dort sollte <strong>der</strong> Notruf<br />

qualifiziert werden; dann sollte e<strong>in</strong>e „SMH­<br />

E<strong>in</strong>satzgruppe“ zum E<strong>in</strong>satz kommen. Für<br />

den Außenstehenden war dann nicht zu<br />

erkennen, ob e<strong>in</strong>e „DHD­Dienstgruppe“,<br />

bestehend aus ambulant tätigem Arzt und<br />

Krankentransporteur, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e „DMH­E<strong>in</strong>satzgruppe“,<br />

bestehend aus e<strong>in</strong>em notfallmediz<strong>in</strong>isch<br />

ausgebildeten Arzt, e<strong>in</strong>em<br />

Krankentransporteur und e<strong>in</strong>er SMH­Krankenschwester<br />

am Notfallort e<strong>in</strong>traf.<br />

Diese bewusste Darstellung spiegelte sich<br />

auch <strong>in</strong> dem sehr beliebten kle<strong>in</strong>en SMH­<br />

Ratgeber, <strong>der</strong> sogenannten „SMH­Fibel“,<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 83


84<br />

wie<strong>der</strong>, <strong>in</strong> welcher die Notfälle verständlich<br />

für jeden „SMH­Arzt“ dargestellt wurden<br />

[5]. Die Autoren um den Leipziger Anästhesisten<br />

Heidel formulierten noch 1990 <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> 6. Auflage: “Die e<strong>in</strong>heitliche <strong>in</strong>haltliche<br />

und räumliche Ausstattung aller SMH­Fahrzeuge<br />

ermöglicht im Notfall jedem h<strong>in</strong>zugezogenen<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> SMH ausgebildeten Arzt<br />

rasches Handeln auch außerhalb se<strong>in</strong>es<br />

SMH­Bereiches.“<br />

Die komplexe Betrachtung bei<strong>der</strong> Säulen<br />

<strong>der</strong> Notfallversorgung (DHD und DMH)<br />

war auch dar<strong>in</strong> zu sehen, dass e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />

Dokumentation auf e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Dokumentationsblatt vorgesehen<br />

war(� Abb. 10). Damit waren optimale Bed<strong>in</strong>gungen<br />

für e<strong>in</strong>e <strong>DDR</strong>­weite Auswertung<br />

gegeben.<br />

Die SMH hatte sich gut etabliert und <strong>in</strong><br />

manchen Bereichen zu e<strong>in</strong>er hervorragenden<br />

Organisationsform gefunden, wie<br />

zum Beispiel <strong>in</strong> Greiz o<strong>der</strong> Görlitz.<br />

Das Modell „Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe“ ist<br />

auch aus <strong>der</strong> heutigen Sicht als Ideallösung<br />

für die komplexe Betreuung von Notfällen<br />

zu sehen. Sefr<strong>in</strong> bezeichnete es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Publikation<br />

von 1986 als „beispielhaftes Modell“<br />

[25]. Auch Geier, <strong>der</strong> als Rettungssanitäter<br />

1989 die <strong>DDR</strong> besuchte, stellte fest:<br />

“Von se<strong>in</strong>er Grundstruktur her völlig an<strong>der</strong>s<br />

organisiert und durchgeführt, stellt sich das<br />

Rettungssystem <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als <strong>in</strong>teressantes<br />

Untersuchungsobjekt für aufmerksame Besucher<br />

aus dem Westen dar.“ [18].<br />

Als e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Vorteil werteten<br />

die Vordenker des SMH­Systems, wie zum<br />

Beispiel Scheidler, die Existenz e<strong>in</strong>er eigenen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Notrufnummer, <strong>der</strong> 115.<br />

Über diese Nummer wurden alle mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Notfälle, also auch mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfeersuchen ohne Lebensbedrohung entgegengenommen<br />

[15].<br />

Das System <strong>der</strong> SMH wurde allgeme<strong>in</strong> auch<br />

außerhalb <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als e<strong>in</strong> weitgehend perfektes,<br />

komplexes System <strong>der</strong> Notfallbetreuung<br />

gewürdigt [18, 24, 25]. Die Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe (SMH) <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> kann als e<strong>in</strong><br />

komplexes System <strong>der</strong> Notfallversorgung<br />

mit e<strong>in</strong>em vorrangig dualen Pr<strong>in</strong>zip charakterisiert<br />

werden. Das heißt, dass sowohl die<br />

„Rettungssäule“, also die Dr<strong>in</strong>gliche Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe (DMH), die dem Notarztpr<strong>in</strong>zip<br />

entsprach, wie auch <strong>der</strong> Dr<strong>in</strong>gliche Hausbesuchsdienst<br />

(DHD), <strong>der</strong> dem heutigen<br />

Vertragsärztlichen Notfalldienst entspricht,<br />

über e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches System abgewickelt<br />

wurden. Die e<strong>in</strong>heitliche Leitstelle (SMH­<br />

Leitstelle) stellte das e<strong>in</strong>heitliche Koord<strong>in</strong>ationszentrum<br />

dar und war über die Rufnummer<br />

115 erreichbar. Es muss gleichfalls<br />

als überstürzt angesehen werden, dass<br />

diese mediz<strong>in</strong>spezifische Notrufnummer<br />

1993 abgeschaltet wurde. Die Landesregierungen<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen Bundeslän<strong>der</strong><br />

bezogen sich bei den Entscheidungen auf<br />

den Beschluss <strong>der</strong> Europäischen Union (EU)<br />

von 1991, wonach europaweit die e<strong>in</strong>heitliche<br />

Notrufnummer 112 e<strong>in</strong>zuführen sei.<br />

Dabei war die flächendeckende Versorgung<br />

mit dem Notruf 115 <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e anzuerkennende<br />

Leistung, weil dadurch e<strong>in</strong> ausschließlich<br />

für mediz<strong>in</strong>ische Beson<strong>der</strong>heiten<br />

zuständiger Notruf existierte.<br />

Mit <strong>der</strong> politischen Wende <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />

und dem Beitritt <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>zur</strong> BRD wurde<br />

<strong>in</strong> vorauseilendem Gehorsam aber auch<br />

das System <strong>der</strong> SMH beseitigt und durch<br />

das Versorgungssystem <strong>der</strong> BRD ersetzt, wie<br />

es im Sozialgesetzbuch V def<strong>in</strong>iert ist [14].<br />

Damit wurde die „Säule Rettungsdienst“<br />

<strong>der</strong> staatlichen Aufgabenwahrnehmung (Sicherstellungsauftrag)<br />

zugeordnet und die<br />

„Säule Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung“ dem Sicherstellungsauftrag<br />

<strong>der</strong> Kassenärztlichen<br />

Vere<strong>in</strong>igung. Vielerorts wurde die Disposition<br />

<strong>der</strong> Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung aus den<br />

Rettungsleitstellen herausgelöst. Das heißt,<br />

dass die bestehenden <strong>in</strong>tegrierten SMH­<br />

Leitstellen aufgelöst wurden und nur die<br />

„Rettungssäule“ den Rettungsleitstellen<br />

zugeordnet wurde. Das bedeutete e<strong>in</strong>e Verschlechterung<br />

<strong>der</strong> ambulanten Versorgung.<br />

Bei e<strong>in</strong>er zukünftigen Neustrukturierung<br />

<strong>der</strong> Notfallversorgung würde es e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n<br />

geben, sich mit den Grundpr<strong>in</strong>zipien des<br />

Systems <strong>der</strong> Schnellen Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen, um e<strong>in</strong>e effektivere<br />

Betreuung <strong>der</strong> Notfallpatienten zu planen.<br />

Grundsätzlich muss jedoch festgestellt werden,<br />

dass die Visionen von Larrey bis Kirschner<br />

umgesetzt worden s<strong>in</strong>d.<br />

Literatur<br />

1. Anordnung (1953) über die ärztliche Versorgung<br />

<strong>der</strong> Werktätigen und ihrer Angehörigen <strong>in</strong> den<br />

E<strong>in</strong>richtungen des staatlichen Gesundheitswesens<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und die Organisation des ärztlichen<br />

Dienstes vom 22.04.1953. ZBl. Nr. 15, S. 180 i. d. Fassung<br />

<strong>der</strong> VO vom 29.06.1961. GBl. <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Nr. 43, S.<br />

279.<br />

2. Anweisung (1967) Nr. 1 über die Dr<strong>in</strong>gliche Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe vom 17.07.1967, Verfügungen und<br />

Mitteilungen des M<strong>in</strong>isteriums für Gesundheitswesen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, Nr. 17, S. 134–136<br />

3. Anweisung (1976) Nr. 1 über die Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe (SMH) sowie die Rahmenordnung<br />

über die Leitung und Organisation <strong>der</strong> Planung<br />

<strong>der</strong> SMH vom 09.03.1976. Zitiert bei [4]<br />

4. Anweisung (1979) Nr. 2 zum Aufbau <strong>der</strong> SMH vom<br />

12.06.1979, Verfügungen und Mitteilungen des<br />

M<strong>in</strong>isteriums für Gesundheitswesen <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, Nr.<br />

6, S. 89<br />

5. Böhme M, Heidel HJ, Ludewig R, et al. Schnelle<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe. Berl<strong>in</strong>: Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1985<br />

6. Burgkhardt A. Betrachtung <strong>zur</strong> Implementierung<br />

e<strong>in</strong>es Dr<strong>in</strong>glichen Hausbesuchsdienstes (DHD) als<br />

Element <strong>der</strong> ärztlichen Dr<strong>in</strong>glichkeitsversorgung<br />

und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss auf die Senkung <strong>der</strong> Notarzte<strong>in</strong>satzrate.<br />

Master­Thesis 2007. Donau­Universität<br />

Krems.<br />

7. Burgkhardt M. Mart<strong>in</strong> Kirschner – Wegbereiter<br />

mo<strong>der</strong>ner Rettungswesen. Rettungsdienst 1985;<br />

8: 345–6<br />

8. Burgkhardt M. Notfallmediz<strong>in</strong> – was ist das? Heilberufe<br />

1986; 38: 367–8<br />

9. Burgkhardt M. Historische Betrachtung <strong>zur</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> außerkl<strong>in</strong>ischen Notfallmediz<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Leipzig. Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 1987;<br />

81: 793–5.<br />

10. Burgkhardt M. Quo vadis – Rettungswesen <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>? Rettungsdienst 1990; 13: 181­3<br />

11. Burgkhardt M, Ebmeyer U, Leibe R, et al. Fachkundenachweis<br />

für Ärzte im Rettungsdienst „Rettungsarzt­Papier“<br />

– e<strong>in</strong> Ausbildungsdokument<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Notfallmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Der<br />

Notarzt 1990; 6: 174–8<br />

12. Burgkhardt M. Rettungsdienst <strong>in</strong> Sachsen. Rettungsdienst<br />

1991; 14: 276–7<br />

13. Burgkhardt M. Von <strong>der</strong> Schnellen Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Hilfe zum Rettungsdienst. Der Notarzt 1992; 8:<br />

138–41<br />

14. Burgkhardt M. Der Sächsische Notarzt. Der Notarzt<br />

2004; 20: 221–4<br />

15. Casper W, Scheidler K. Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe.<br />

Gesundheitswesen <strong>DDR</strong> 1976; 11: 297–8<br />

16. Dick W. Mart<strong>in</strong> Kirschner: 1879­1942 ­ A surgeon <strong>in</strong><br />

prehospital care. Resuscitation 2006; 68: 319–21<br />

17. Frerichs H. Paul Streffer: Vergessener Wegbereiter<br />

<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Notfallmediz<strong>in</strong>. Rettungsdienst<br />

2005; 28: 446–7<br />

18. Geier W. Notruf 115 – Zu Gast beim Rettungsdienst<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Rettungsdienst 1989; 1: 24–6<br />

19. Gillmann H. Vom Unfallwagen zum <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Notarztwagen. In: Ahnefeld FW, Brandt L,<br />

Safar P. Notfallmediz<strong>in</strong>. München: Laerdal Eigenverlag;<br />

1990<br />

20. Gögler E. Das Rettungswesen <strong>der</strong> 50er und 60er<br />

Jahre. In: Ahnefeld FW, Brandt L, Safar P. Notfallmediz<strong>in</strong>.<br />

München: Laerdal Eigenverlag; 1990<br />

21. Handschak H, Weber F. Handbuch <strong>der</strong> Schnellen<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Hilfe. Berl<strong>in</strong>: Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1990<br />

22. Kirschner M. Der Verkehrsunfall und se<strong>in</strong>e erste<br />

Behandlung. Vortrag vor <strong>der</strong> 62. Jahrestagung <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Berl<strong>in</strong> 1938<br />

23. Knuth, P. Präkl<strong>in</strong>ische Notfallmediz<strong>in</strong> im Wandel<br />

<strong>der</strong> Zeiten. Intensivmediz<strong>in</strong> 1998; 35: 304–6<br />

24. Schriewersmann W. Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische Hilfe<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>: E<strong>in</strong> Ziel – e<strong>in</strong> Konzept – e<strong>in</strong> Notruf.<br />

Rettungsdienst 1988; 11: 157–81<br />

25. Sefr<strong>in</strong> P. Ausbildung im Bereich <strong>der</strong> „Notfallmediz<strong>in</strong>“<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Fortschr Med 1984; 102: 99–101<br />

26. Scheidler K, Wolf E. Notfallmediz<strong>in</strong>. Organisation<br />

und Praxis. Berl<strong>in</strong>: Verlag Volk und Gesundheit;<br />

1981<br />

27. Weidle R, Rentsch J. Prähospitale Notfallversorgung.<br />

Görlitz: Eigenverlag Schnelle Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe; 1987<br />

Dr. med. M. Burgkhardt<br />

Gletscherste<strong>in</strong>str. 34<br />

04299 Leipzig<br />

Dr. med. R. Schäfer<br />

Biberweg 18<br />

07749 Jena<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Die Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong>*<br />

und ihre Verb<strong>in</strong>dungen zu den<br />

Unfallchirurgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 1950–1990<br />

J. Probst<br />

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges verfügten<br />

die Alliierten unterschiedslos die<br />

Aufhebung von Vere<strong>in</strong>igungen, Verbänden<br />

und Vere<strong>in</strong>en und damit auch die Tätigkeit<br />

<strong>der</strong> Wissenschaftlichen Gesellschaften. Die<br />

damalige Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde,<br />

Versicherungs- und Versorgungsmediz<strong>in</strong><br />

e. V. hatte ihre Arbeit schon<br />

während des Krieges ruhen lassen. Der<br />

letzte Kongress, die 13. Jahrestagung, hatte<br />

am 7. und 8.6.1939 unter Vorsitz von A. W.<br />

Fischer <strong>in</strong> Kiel stattgefunden. Zwölf Wochen<br />

später erhielten zahlreiche Chirurgen<br />

ihre E<strong>in</strong>berufung zum Kriegsdienst. Für e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von ihnen begann e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Art<br />

von <strong>Unfallchirurgie</strong>, die Kriegschirurgie <strong>in</strong><br />

Front-, Kriegs- und Reservelazaretten, e<strong>in</strong>ige<br />

übernahmen von Anfang an o<strong>der</strong> später die<br />

Funktion e<strong>in</strong>es Beratenden Chirurgen (H.<br />

Bürkle de la Camp, A. W. Fischer, W. Wachsmuth).<br />

Im Krieg wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimat nicht<br />

nur zahlreiche Krankenhäuser schwer beschädigt<br />

o<strong>der</strong> total zerstört, es g<strong>in</strong>gen dort<br />

o<strong>der</strong> auch bei Verlagen und Druckereien<br />

viele wichtige wissenschaftliche Unterlagen<br />

verloren. In Berl<strong>in</strong> wurden sämtliche<br />

Kongress- und Personalunterlagen und die<br />

Mitglie<strong>der</strong>listen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unfallambulanz von<br />

Walther Schwarz bei <strong>der</strong>en Ausbombung<br />

vernichtet. Dann senkte sich <strong>der</strong> Eiserne<br />

Vorhang durch die Mitte Europas nie<strong>der</strong> [1].<br />

Mühselig wurden <strong>in</strong> den folgenden Jahren<br />

die Anschriften <strong>der</strong> heimgekommenen, aber<br />

auch <strong>der</strong> vertriebenen und nun an an<strong>der</strong>er<br />

Stelle an ihre chirurgische Arbeit <strong>zur</strong>ückgekehrten<br />

Mitglie<strong>der</strong> ermittelt; Hilfe leisteten<br />

dabei neben dem Reichsverband <strong>der</strong> für Berufsgenossenschaften<br />

tätigen Ärzte (gegr.<br />

1926) auch e<strong>in</strong>zelne berufsgenossenschaftliche<br />

Verwaltungen. Der 1939 <strong>in</strong> Kiel als<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> für die nächstjährige Tagung<br />

gewählte H. Bohnenkamp, Freiburg i. Br.,<br />

später Oldenburg, war verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, se<strong>in</strong> Amt<br />

auszuüben. Im Frühjahr 1949 hielt die Deutsche<br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>in</strong> Frankfurt<br />

am Ma<strong>in</strong> ihre erste Nachkriegstagung ab;<br />

<strong>der</strong>en Schriftführer, A. Hübner, Berl<strong>in</strong>, auch<br />

* Bis <strong>zur</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung am 29.11.1990<br />

Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde, Versicherungs-<br />

und Versorgungsmediz<strong>in</strong> e. V.<br />

Herausgeber <strong>der</strong> „Monatsschrift für Unfallheilkunde“,<br />

die ihr Ersche<strong>in</strong>en bereits wie<strong>der</strong><br />

aufgenommen hatte, veranlasste dort<br />

für die <strong>in</strong>zwischen ermittelten Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> noch ruhenden Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde „e<strong>in</strong>e Besprechung aller<br />

an <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung unserer Gesellschaft<br />

<strong>in</strong>teressierten Chirurgen“, <strong>der</strong> etwa<br />

50 Teilnehmer folgten. H. Bürkle de la Camp,<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftlichen<br />

Krankenanstalten Bochum, wurde die Aufgabe<br />

übertragen, „als Vorsitzen<strong>der</strong> unsere<br />

Gesellschaft wie<strong>der</strong> arbeitsfähig zu machen“<br />

[1].<br />

Die 14. Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde, Versicherungs-<br />

und Versorgungsmediz<strong>in</strong>, somit die<br />

1. Tagung nach Wie<strong>der</strong>errichtung <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />

fand am 20. und 21.10.1950 <strong>in</strong><br />

Bochum statt. Erst dort konnte die Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

den bisher die Geschäfte<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft führenden Arbeitsausschuss<br />

nachträglich als Vorstand anerkennen,<br />

dem neben H. Bürkle de la Camp als<br />

Vorsitzendem W. Schwarz als Schriftführer<br />

und P. Hörnig als Schatzmeister angehörten.<br />

Es wurde e<strong>in</strong>e Satzung beschlossen. In se<strong>in</strong>er<br />

Eröffnungsrede sprach <strong>der</strong> Vorsitzende die<br />

Hoffnung aus, „dass <strong>in</strong> nicht zu ferner Zeit<br />

auch unser zerrissenes Deutschland und vor<br />

allem se<strong>in</strong> so trostlos gespaltenes Volk wie<strong>der</strong><br />

zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Ganzen verschmolzen<br />

wird.“ Die Gesellschaft zählte nun wie<strong>der</strong><br />

428 Mitglie<strong>der</strong>; an dieser ersten Nachkriegstagung<br />

nahmen <strong>in</strong>sgesamt schon<br />

etwa 500 Ärzte und Versicherungsfachleute<br />

teil. Bei <strong>der</strong> Durchsicht <strong>der</strong> – seither ununterbrochen<br />

<strong>in</strong> den Heften <strong>zur</strong> Unfallheilkunde<br />

ersche<strong>in</strong>enden – Tagungsberichte fällt<br />

auf, dass sich unter den Vortragenden zwar<br />

schon Kollegen aus <strong>der</strong> Schweiz und Österreich<br />

befanden, doch ke<strong>in</strong>er aus <strong>der</strong> sowjetisch<br />

besetzten Zone. F. Quensel, Schkeuditz,<br />

weil. Nervenheilanstalt Bergmannswohl,<br />

<strong>der</strong> später zum Ehrenmitglied ernannt wurde,<br />

beteiligte sich an <strong>der</strong> Aussprache über<br />

Bandscheibenprolaps, dabei beklagte er<br />

„die größte Schwierigkeit, die Zustimmung<br />

<strong>der</strong> Kranken zu e<strong>in</strong>em operativen E<strong>in</strong>griff zu<br />

erlangen.“ [1].<br />

Im folgenden Jahr 1951 konnte <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

E. Frh. v. Redwitz, Bonn, Gäste aus<br />

Holland, aus Österreich und aus <strong>der</strong> Schweiz<br />

sowie aus dem unter französischer Verwaltung<br />

stehenden Saargebiet begrüßen, er<br />

hob aber auch die Anwesenheit <strong>der</strong> Kollegen<br />

hervor, „die es ermöglicht haben, aus <strong>der</strong><br />

Ostzone zu unserer Tagung zu ersche<strong>in</strong>en.“ F.<br />

Quensel, jetzt Leipzig, meldete sich dreimal<br />

<strong>zur</strong> Aussprache: „Bei dem traurigen Schicksal<br />

Querschnittsgelähmter ist e<strong>in</strong>e zentrale E<strong>in</strong>richtung<br />

zu ihrer Behandlung sehr zu begrüßen<br />

und es wäre e<strong>in</strong> wertvoller Erfolg, wenn<br />

unsere Versammlung den Anstoß gibt, dass<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Sammelstelle<br />

geschaffen würde, die me<strong>in</strong>es Wissens bisher<br />

nicht existiert.“ Und zum Referat von L. Böhler,<br />

Wien, über „Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

für Betriebsunfälle <strong>in</strong> Öster reich“<br />

kommentierte F. Quensel: „Wie aus den<br />

Ausführungen des Vortr. hervorgeht, s<strong>in</strong>d die<br />

gesundheitlichen und die wirtschaftlichen<br />

Vorteile e<strong>in</strong>er spezialisierten Behandlung Unfallverletzter<br />

so groß, dass sie <strong>in</strong> Österreich<br />

die Neue<strong>in</strong>richtung beson<strong>der</strong>er Unfallkrankenhäuser<br />

rechtfertigen. Wenn man bisher <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die noch bestehenden Anstalten wegen<br />

dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong>er Aufgaben an<strong>der</strong>er Bestimmung<br />

hat zuführen müssen, so darf man<br />

hoffen, dass das Gewicht <strong>der</strong> vorgetragenen<br />

Zahlen dah<strong>in</strong> führen wird, die Häuser wie<br />

Bergmannstrost, Bergmannswohl usw. wie<strong>der</strong><br />

ihrer früheren Aufgabe zuzuführen o<strong>der</strong><br />

Ersatz dafür zu schaffen“ [2].<br />

H. Bohnenkamp musste entgegen den allseitigen<br />

Hoffnungen bei <strong>der</strong> 16. Jahrestagung<br />

1952 <strong>in</strong> Oldenburg als Vorsitzen<strong>der</strong><br />

„die bedrückende Mitteilung machen, dass<br />

von den zahlreichen Mitglie<strong>der</strong>n unserer Gesellschaft,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ostzone beheimatet s<strong>in</strong>d,<br />

und die aufgefor<strong>der</strong>t wurden und beson<strong>der</strong>e<br />

persönliche E<strong>in</strong>ladungen von mir erhielten,<br />

trotz allen Versuchen wegen <strong>der</strong> Ungunst<br />

<strong>der</strong> Zeit und <strong>der</strong> politischen Lage nur e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>zelne Genehmigung erhielt, an diesem <strong>in</strong><br />

Westdeutschland stattf<strong>in</strong>denden Kongress<br />

teilzunehmen. Die Mehrzahl hat dem Verlauf<br />

unserer Tagung beste Wünsche entbieten lassen.<br />

Ja, unser Ehrenmitglied, Herr Professor<br />

Dr. Quensel aus Leipzig, hat sogar noch e<strong>in</strong><br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 85


86<br />

Manuskript für se<strong>in</strong>en Diskussionsbeitrag<br />

geschickt. Wir hoffen, dass mit <strong>der</strong> Lösung<br />

<strong>der</strong> Spannungen wir wie<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sam zu<br />

unseren Tagungen zusammentreffen und <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Vaterland um neue Erkenntnisse<br />

und ärztliche Fortschritte r<strong>in</strong>gen<br />

können“ [3]. Der Tagungsbericht wurde den<br />

Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Ostdeutschland zugesandt.<br />

Dr. Cyrenius, Mühlhausen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen,<br />

dankte dafür schriftlich: „Wie ich aus dem<br />

Inhalt ersehen habe, verdanke ich diese großzügige<br />

Gabe e<strong>in</strong>er Spende aller westdeutschen<br />

Mitglie<strong>der</strong>, um auch uns, die wir an<br />

<strong>der</strong> Tagung lei<strong>der</strong> nicht teilnehmen konnten,<br />

e<strong>in</strong>en vollständigen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Verhandlung<br />

während <strong>der</strong> Tagung <strong>in</strong> Oldenburg zu<br />

geben. Ich möchte mich dafür bei Ihnen recht<br />

herzlich bedanken.“ [4] Aus dem Tagungsbericht<br />

1953 ist zu entnehmen, dass B. Karitzky,<br />

Rostock, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diskussion zu Schock und<br />

Kollaps sowie zu juristisch-chirurgischen<br />

Problemen Stellung nahm, während G.<br />

Ostapowicz, Ostberl<strong>in</strong>, sich an <strong>der</strong> Diskussion<br />

über die Verbrennungskrankheit beteiligte.<br />

[4] Beide waren auch 1954 <strong>in</strong> Stuttgart<br />

mit Diskussionsbemerkungen <strong>zur</strong> Stelle [5],<br />

Ostapowicz erneut auch 1955 <strong>in</strong> Goslar mit<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teressanten, längeren Bemerkung<br />

zum Frakturgeschehen bei M. Paget [6].<br />

Erst 1956 konnten sich <strong>in</strong> Heidelberg K. Unger,<br />

Rostock, mit e<strong>in</strong>em Referat „Zur Versorgung<br />

Schwerstverletzter“ und J. Rehm, Leipzig,<br />

mit se<strong>in</strong>em Vortrag „Druckmessungen<br />

im Knochenmarkraum und Bestimmung des<br />

Gesamtfettgehaltes <strong>in</strong> den abführenden Venen<br />

bei Küntschernagelung“ an <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Arbeit beteiligen [7]. Ebenso<br />

referierte W. van de Kamp, Potsdam, 1957<br />

<strong>in</strong> Köln ausführlich über „Erfahrungen mit<br />

<strong>der</strong> fächerförmigen Drahtosteosynthese<br />

bei Oberarmkopfbrüchen“ [8]. Im Tagungsbericht<br />

für 1958, Kiel, wird erwähnt, dass<br />

Professor Dr. Friedrich Quensel, seit 1952<br />

Ehrenmitglied, 1957 85-jährig verstorben<br />

ist [9].<br />

Auch <strong>in</strong> den folgenden Jahren konnten<br />

sich nur wenige Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit<br />

Vorträgen und Diskussionsbemerkungen<br />

beteiligen, so 1959 G. Bellmann, Dresden,<br />

zu Berufskrankheitenproblemen bei Bandscheiben<br />

und Menisken, Gelenken und<br />

Knochen [10], 1960 G. Ostapowicz, Berl<strong>in</strong>,<br />

<strong>zur</strong> Rückenmarkbeteiligung bei Wirbelsäulenverletzungen<br />

[11], 1961 H. Ha<strong>in</strong>zl, Eisleben,<br />

<strong>zur</strong> Dreipunkt-Fixation im Gips bei<br />

Unterarmbrüchen [12]. Doch 1962 musste<br />

<strong>der</strong> Vorsitzende, C. Dierkes, bei <strong>der</strong> 26.<br />

Jahrestagung <strong>in</strong> Bad Godesberg mitteilen,<br />

„<strong>in</strong> diesem Jahr die Kollegen aus dem Osten<br />

Deutschlands nicht begrüßen zu können. In<br />

den vergangenen Jahren hatten wir immer<br />

die Freude, sie unter uns zu sehen.“ [13] Es<br />

war die Zeit nach dem 13.8.1961. Seit <strong>der</strong><br />

Tagung 1963 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den sich im Programm<br />

ke<strong>in</strong>e Vortragenden und ke<strong>in</strong>e Diskussionsredner<br />

mehr aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Der Vorsitzende,<br />

H. Lauterbach, musste sich darauf<br />

beschränken: „Unser beson<strong>der</strong>er Gruß gilt<br />

unseren Brü<strong>der</strong>n und Schwestern <strong>in</strong> <strong>der</strong> sowjetisch<br />

besetzten Zone Deutschlands. Viele<br />

von ihnen – das wissen wir – wären heute<br />

hier unter uns und würden mit uns zusammen<br />

die den Kongress bewegten Fragen erörtern,<br />

wenn sie nicht <strong>in</strong> ihrer Bewegungsmöglichkeit<br />

gehemmt wären. E<strong>in</strong> unerbittliches<br />

Schicksal zw<strong>in</strong>gt sie gegen ihren Willen, uns<br />

fernzubleiben. In e<strong>in</strong>em mir als Eilbrief gestern<br />

zugegangenen Schreiben e<strong>in</strong>es prom<strong>in</strong>enten<br />

Vertreters <strong>der</strong> Unfallheilkunde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ostzone, dessen Name ich aus naheliegenden<br />

Gründen nicht nennen möchte, kl<strong>in</strong>gt diese<br />

Feststellung wie<strong>der</strong>. Er schreibt Folgendes:<br />

„Lei<strong>der</strong> ist es uns immer noch versagt, an den<br />

Tagungen und Kongressen im an<strong>der</strong>en Teil<br />

unseres Vaterlandes teilzunehmen. Wir aber<br />

brauchen die Verb<strong>in</strong>dung mit unseren Verwandten<br />

und Kollegen, mit unseren Freunden<br />

und Bekannten nötiger denn je! Darum<br />

danke ich Ihnen für Ihre verb<strong>in</strong>denden, herzlichen<br />

Worte im Vorwort Ihres Tagungsprogramms.<br />

Ich wünsche Ihrer Tagung von hier<br />

aus e<strong>in</strong>en echten Erfolg und grüße Sie und<br />

die Teilnehmer <strong>in</strong> bleiben<strong>der</strong> Verbundenheit.“<br />

Soweit die Worte unseres <strong>in</strong> Mitteldeutschland<br />

lebenden Freundes! Ste<strong>in</strong>e, Zement und<br />

Mörtel können zwar e<strong>in</strong>e äußere Trennung<br />

erreichen, sie können aber das geistige Band<br />

und unsere <strong>in</strong>nere Geme<strong>in</strong>samkeit und Verbundenheit<br />

mit den Menschen <strong>der</strong> Ostzone<br />

nicht lösen o<strong>der</strong> lockern. In <strong>der</strong> festen Überzeugung,<br />

dass wir <strong>der</strong>e<strong>in</strong>st wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

vere<strong>in</strong>ten Deutschland unsere Kongresse begehen<br />

können, grüßen wir unsere Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> sowjetisch besetzten Zone und alle die<br />

dort drüben leben und genau so zu uns streben<br />

wie wir zu ihnen.“ [14] E<strong>in</strong> Jahr später,<br />

1964, eröffnete A. N. Witt <strong>in</strong> Würzburg den<br />

Kongress mit den Worten: „Mit Bedauern<br />

stelle ich fest, dass auch <strong>in</strong> diesem Jahr immer<br />

noch unsere Kollegen und Kolleg<strong>in</strong>nen aus<br />

<strong>der</strong> sowjetisch besetzten Zone Deutschlands<br />

unter uns fehlen. Dass unsere Gedanken mit<br />

beson<strong>der</strong>er Sympathie bei ihnen s<strong>in</strong>d, wissen<br />

Sie alle. Hoffen wir, dass sie <strong>in</strong> nicht allzu ferner<br />

Zeit ihre Erfahrungen und ihr Wissen wie<strong>der</strong><br />

beisteuern können zum Gel<strong>in</strong>gen dieses<br />

Kongresses.“ [15] Immer wie<strong>der</strong> waren die<br />

Gesellschaft und ihre Vorsitzenden bemüht,<br />

die Verb<strong>in</strong>dungen aufrechtzuerhalten. Referenten<br />

wurden e<strong>in</strong>geladen, durften aber<br />

nicht reisen; manchmal gelang es, das<br />

schriftlich e<strong>in</strong>gereichte Referat <strong>in</strong> den Tagungsbericht<br />

aufzunehmen, so von Kühne,<br />

Jena, 1965 über „Staubbed<strong>in</strong>gte Lungenverän<strong>der</strong>ungen<br />

bei Schmalkal<strong>der</strong> Schleifer. Pathologisch-anatomische<br />

Untersuchungen“.<br />

Es kl<strong>in</strong>gt anrührend, wenn <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

von 1965, K. Humperd<strong>in</strong>ck, sagte: „Auch<br />

dies Mal kommt uns wie<strong>der</strong> zu Bewusstse<strong>in</strong>,<br />

dass <strong>in</strong>nerhalb unseres Vaterlandes Grenzen<br />

bestehen. Wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Politiker und<br />

können nur wünschen, dass sich Wege <strong>der</strong><br />

Verständigung f<strong>in</strong>den mögen. Denn drüben<br />

wie hüben hallt <strong>der</strong> Ruf, wie ihn Beethoven<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk „Fidelio“ so tief empfunden<br />

<strong>in</strong> Musik gesetzt hat: ¸Es ruft <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Brü<strong>der</strong>�.“ [16]<br />

Hoffnungen weckte 1982 <strong>der</strong> Regierende<br />

Bürgermeister von Berl<strong>in</strong>, <strong>der</strong> spätere Bundespräsident<br />

Richard Frh. v. Weizsäcker, <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Begrüßungsansprache <strong>zur</strong> 46. Jahrestagung<br />

(Präsident J. Probst), 60 Jahre nach<br />

Gründung <strong>der</strong> Gesellschaft: „Auch wenn e<strong>in</strong><br />

bipolares System heute e<strong>in</strong>e endgültige Trennungsl<strong>in</strong>ie<br />

mitten durch Europa, Deutschland<br />

und Berl<strong>in</strong> gelegt zu haben sche<strong>in</strong>t, so<br />

lehrt uns dennoch e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> die <strong>Geschichte</strong>,<br />

dass noch nie irgende<strong>in</strong>e Lösung politischer<br />

Art, die <strong>in</strong> dieser zentraleuropäischen Region<br />

Platz gegriffen hat, von Dauer war. We<strong>der</strong><br />

dürfen wir an <strong>der</strong> Tatsache vorbeigehen,<br />

dass <strong>der</strong> Versuch <strong>der</strong> Deutschen, aus dem<br />

E<strong>in</strong>flussbereich von Nachbarn und Nächsten<br />

durch den Griff nach e<strong>in</strong>er Vormacht- o<strong>der</strong><br />

Weltmachtstellung zu entkommen, <strong>in</strong> diesem<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t gescheitert ist, noch aber<br />

dürfen wir aus <strong>der</strong> Antwort <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>,<br />

nämlich <strong>der</strong> Antwort <strong>der</strong> Teilung schließen,<br />

dass dies die endgültige und die letzte Antwort<br />

<strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> sei.“ Wie schon seit langem<br />

waren ke<strong>in</strong>e Teilnehmer aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

anwesend [17].<br />

In den folgenden Jahren 1973 bis 1987 wiesen<br />

die Kongressberichte [18] e<strong>in</strong>e zunehmende<br />

<strong>in</strong>ternationale Beteiligung aus, die<br />

sich nicht nur auf die uns eng verbundenen<br />

Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz und <strong>in</strong> Österreich<br />

bezog, son<strong>der</strong>n auch Referenten aus dem<br />

übrigen westlichen Europa zu uns führte.<br />

Nicht selten waren auch Vortragende aus<br />

Kanada, USA und Südafrika unsere Gäste.<br />

Und durch alle Jahre h<strong>in</strong>durch erfreuten<br />

uns Kollegen aus den Staaten des Ostblocks<br />

regelmäßig mit ihrer Anwesenheit. Alle Präsidenten<br />

bemühten sich über jegliche möglichen<br />

Verb<strong>in</strong>dungen, Ausnahmegenehmigungen<br />

für die Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zu<br />

erwirken; doch alle diese Versuche schlugen<br />

fehl.<br />

Mit dem Jahr 1972 begann die Reihe <strong>der</strong><br />

geme<strong>in</strong>samen deutsch-österreichischschweizerischen<br />

Unfalltagungen, <strong>in</strong> diesem<br />

Jahr <strong>in</strong> Bern, mit bemerkenswert reger Beteiligung<br />

nicht nur aus diesen drei Län<strong>der</strong>n,<br />

son<strong>der</strong>n u. a. auch aus Polen, F<strong>in</strong>nland, <strong>der</strong><br />

Tschechoslowakei und Jugoslawien – doch<br />

ohne Beteiligung <strong>der</strong> Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Die geme<strong>in</strong>samen Tagungen <strong>in</strong> Wien (1979)<br />

und Lausanne (1983) ließen die Erwartung<br />

zu, dass die Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e Reisegenehmigung<br />

für die neutralen Län<strong>der</strong> erhielten;<br />

aber auch <strong>in</strong> diesen Fällen wurden<br />

sie und wir enttäuscht. 1987 fand die geme<strong>in</strong>same<br />

Tagung zum zweiten Mal <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

statt; Vorverhandlungen schienen e<strong>in</strong>e<br />

Beteiligungsmöglichkeit zu versprechen –<br />

man setzte auf die nun zum Tagesgespräch<br />

gewordene Perestroika. Während die durchgehend<br />

Deutsch sprechenden Kollegen aus<br />

den Ostblockstaaten sich unter uns nicht<br />

an<strong>der</strong>s bewegten als die Österreicher und<br />

Schweizer, mussten die Deutschen aus <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> wie<strong>der</strong>um draußen bleiben [19].<br />

Schon im Frühjahr 1989 mehrten sich die<br />

Vorzeichen e<strong>in</strong>es politischen Wandels, dem<br />

teils mit Hoffnung, nach den Vorgängen<br />

<strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g aber auch mit großer Sorge begegnet<br />

wurde. Am 1. September begann<br />

<strong>in</strong> Budapest die Tagung <strong>der</strong> Ungarischen<br />

Gesellschaft für Traumatologie. Der Empfang<br />

durch die ungarischen Kollegen war<br />

ebenso überwältigend, wie <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck des<br />

lockeren Auftretens <strong>der</strong> Honveds. Während<br />

mir Gyula Laszlo, <strong>der</strong> uns schon mehrfach <strong>in</strong><br />

Murnau besucht hatte, e<strong>in</strong>ige Schönheiten<br />

<strong>der</strong> Stadt zeigte, begegneten uns viele Rekruten,<br />

die mir wenig militärisch auftretend<br />

vorkamen. Sowjetische Soldaten waren nirgendwo<br />

zu sehen. Auf me<strong>in</strong>e offene Frage<br />

an den Kollegen, was hier vorg<strong>in</strong>ge, erklärte<br />

er mir freimütig, die jungen Soldaten würden<br />

jetzt hauptsächlich für soziale Aufgaben<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, e<strong>in</strong>e irgendwie bedrohliche,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e militärische Eskalation stehe<br />

nicht an, wobei er <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e hervorhob,<br />

man stehe mit den Russen auf gutem Fuß,<br />

e<strong>in</strong> 1956 werde sich nicht wie<strong>der</strong>holen. Vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> zum Massenphänomen<br />

anschwellenden Fluchtbewegungen<br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> über Ungarn und Österreich<br />

wurde <strong>der</strong> bereits im Gange bef<strong>in</strong>dliche politische<br />

Wandel offenkundig. Beim festlichen<br />

Abendessen traf ich erstmals Eberhard<br />

Markgraf aus Jena, <strong>der</strong> mir bisher nur aus<br />

<strong>der</strong> Fachliteratur bekannt war. Wir kamen<br />

sehr schnell <strong>in</strong>s Gespräch, das im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die aktuellen politischen Entwicklungen<br />

bei<strong>der</strong>seits „rücksichtsvoll“ geführt wurde.<br />

Aber wir spürten beide, dass e<strong>in</strong>e Zäsur bereits<br />

e<strong>in</strong>getreten war. Ich vernahm <strong>in</strong> diesen<br />

Tagen den Hauch <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> und verabschiedete<br />

mich von Eberhard Markgraf<br />

mit den Worten, <strong>in</strong> knapp drei Monaten, <strong>zur</strong><br />

Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, werde die<br />

Welt an<strong>der</strong>s aussehen. Von se<strong>in</strong>em Gesicht<br />

las ich ab, dass auch er es hoffte, aber noch<br />

nicht glauben mochte, dass e<strong>in</strong> grundlegen<strong>der</strong><br />

Wandel e<strong>in</strong>treten werde, von dessen<br />

Abb. 1 E<strong>in</strong>ladungsschreiben vom 9.11.1989 an die Unfallchirurgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, unmittelbar nach<br />

Verkündung <strong>der</strong> Grenzöffnung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> verfasst und an ca. 200 Chirurgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> versandt.<br />

Abb. 2 Da die Unfallchirurgen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> über ke<strong>in</strong>e Mitgliedsausweise verfügten, die ihnen den<br />

kostenfreien Zutritt zum Kongress ermöglicht hätte, wurden eiligst „Gastkarten“ gedruckt – die bange<br />

Frage nach <strong>der</strong> Teilnahmegebühr musste gar nicht erst gestellt werden.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 87


88<br />

Form und Ablauf wir beide freilich noch ke<strong>in</strong>e<br />

wirkliche Vorstellung haben konnten.<br />

In me<strong>in</strong>em Tagebuch bemerkte ich unter<br />

dem 9.11.1989 nüchtern: „Bekanntgabe<br />

<strong>der</strong> freien Reisemöglichkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> um<br />

19:00 Uhr.“ Wenige Tage zuvor hatte ich mit<br />

dem Präsidenten, K.-P. Schmit-Neuerburg,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em längeren Telefonat erörtert, was<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> überstürzenden<br />

politischen Verän<strong>der</strong>ungen für<br />

unseren am 20. November <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> beg<strong>in</strong>nenden<br />

Kongress zu veranlassen sei. Me<strong>in</strong>es<br />

Erachtens müssten Vorbereitungen getroffen<br />

werden, den Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Möglichkeiten<br />

zum Besuch unseres Kongresses<br />

zu verschaffen. Doch zögerte <strong>der</strong> Präsident,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e so rasche Entwicklung noch nicht<br />

erwartete. Nun aber war e<strong>in</strong>getreten, was<br />

28 Jahre lang unser aller Hoffnung gewesen:<br />

Die Mauer war gefallen! Was nun? Es<br />

war ke<strong>in</strong>e Zeit zu verlieren; denn <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Unfallheilkunde fiel<br />

<strong>in</strong> diesem Augenblick die Pflicht zu, stellvertretend<br />

für alle wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

den Kollegen im Osten des geme<strong>in</strong>samen<br />

Vaterlandes die Hände entgegenzustrecken.<br />

Wie konnte ich als Generalsekretär<br />

<strong>der</strong> DGU zwölf Tage vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Jahrestagung<br />

auch die Türen des Kongresszentrums<br />

ICC für die Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> öffnen?<br />

Mir kam <strong>der</strong> Zufall zu Hilfe: In all den Jahren<br />

<strong>der</strong> Trennung hatte sich e<strong>in</strong> schmales,<br />

aber dauerhaftes Band zwischen dem <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Murnauer Unfallkl<strong>in</strong>ik bef<strong>in</strong>dlichen Literaturarchiv<br />

und zahlreichen Chirurgen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> gespannt. Jährlich wurden viele<br />

hun<strong>der</strong>t Son<strong>der</strong>drucke unfallchirurgischen<br />

Inhalts dorth<strong>in</strong> ausgeliehen und nicht wenige<br />

im Gegenzug <strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Gerade<br />

war wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Aussendung<br />

<strong>in</strong> Vorbereitung und an die zweihun<strong>der</strong>t<br />

Adressen lagen versandfertig bereit. Ich verfasste,<br />

immer wie<strong>der</strong> unterbrochen von den<br />

sich überstürzenden Meldungen im Fernsehen,<br />

<strong>in</strong> dieser Nacht e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>ladungsrundbrief<br />

an die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>, <strong>der</strong> am folgenden Morgen mit <strong>der</strong> Post<br />

abg<strong>in</strong>g (� Abb. 1). Schon e<strong>in</strong>e Woche später<br />

traf die erste Zusage e<strong>in</strong>, ihr Absen<strong>der</strong> war<br />

Eberhard Schenk, Magdeburg; er ließ se<strong>in</strong>en<br />

befreiten Gefühlen offenen Lauf.<br />

Es kam <strong>der</strong> 22.11.1989. Der Eröffnung des<br />

Kongresses g<strong>in</strong>g die turnusgemäße Sitzung<br />

des Präsidiums voraus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> erste Beschlüsse,<br />

die Öffnung <strong>der</strong> <strong>in</strong>nerdeutschen Grenze<br />

betreffend, gefasst wurden. Zunächst<br />

wurde die Frage <strong>der</strong> Mitgliedschaft diskutiert,<br />

wobei verständlicherweise zunächst<br />

ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Me<strong>in</strong>ung gebildet werden<br />

konnte. Das lag zum e<strong>in</strong>en daran, dass<br />

auch im politischen Raum noch gar ke<strong>in</strong>e<br />

Vorstellungen e<strong>in</strong>er „Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung“<br />

bestanden, vielfach günstigenfalls von e<strong>in</strong>er<br />

fortbestehenden Zweistaatlichkeit ausgegangen<br />

und lediglich e<strong>in</strong>e zwischenstaatliche<br />

Normalisierung und Angleichung mit<br />

freiem Personenverkehr erwartet wurde.<br />

Zum an<strong>der</strong>en bestanden <strong>in</strong> <strong>der</strong> DGU ke<strong>in</strong>e<br />

h<strong>in</strong>reichenden Kenntnisse <strong>der</strong> strukturellen<br />

Verfassung <strong>der</strong> wissenschaftlichen Organisationen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong> fachübergreifenden<br />

wissenschaftlichen Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. So wurde pragmatisch<br />

beschlossen, „<strong>in</strong>teressierten Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> DGU<br />

zu eröffnen, wobei <strong>der</strong> Mitgliedsbeitrag <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Landeswährung gezahlt werden“ solle.<br />

Allen Präsidiumsmitglie<strong>der</strong>n war zu diesem<br />

Zeitpunkt jedoch schon klar, dass die<br />

Grenzöffnung, welche Folgen auch immer<br />

sie im gesamtpolitischen Raum haben werde,<br />

auch seitens <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Gesellschaften aktive Unterstützung und<br />

Hilfe, und zwar unbürokratisch und rasch,<br />

gegenüber den Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erfor<strong>der</strong>e.<br />

So beschloss das Präsidium auf Vorschlag<br />

des Geschäftsführenden Vorstandes als erste<br />

Maßnahme, vier Stipendien zu je 2.500<br />

DM auszusetzen, die Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

die Möglichkeit bieten sollten, an Kl<strong>in</strong>iken<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik zu hospitieren, um<br />

Kontakte aufzunehmen, Verb<strong>in</strong>dungen zu<br />

schaffen, Erfahrungen auszutauschen. Die<br />

Stipendien sollten auch als Anstoß für an<strong>der</strong>e<br />

Institutionen wirken, ihrerseits Möglichkeiten<br />

zu Hospitationen zu eröffnen<br />

und Eigen<strong>in</strong>itiativen an<strong>zur</strong>egen [21]. In <strong>der</strong><br />

traditionsgemäß am zweiten Kongresstage<br />

stattf<strong>in</strong>denden Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

hob <strong>der</strong> Generalsekretär hervor, jetzt zu entwickelnde<br />

„Eigen<strong>in</strong>itiative könne e<strong>in</strong> bescheidener<br />

Dank se<strong>in</strong> für das, was die Kollegen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> viele Jahre lang unter schwierigsten<br />

Umständen und Verhältnissen geleistet hätten.<br />

Ihnen gebühre auch Dank dafür, dass<br />

sie es geschafft hätten, nun wenigstens die<br />

E<strong>in</strong>heit im Geist sichtbar herzustellen (anhalten<strong>der</strong><br />

Beifall).“ Zu er<strong>in</strong>nern bleibt, dass <strong>in</strong><br />

dieser Mitglie<strong>der</strong>versammlung auch bereits<br />

e<strong>in</strong> erstes Mitglied aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> die DGU<br />

aufgenommen wurde [17]. Der kostenlose<br />

Zutritt zu allen Kongressveranstaltungen<br />

wurde kurzerhand durch Ausgabe von<br />

„Gastkarten“ geregelt (� Abb. 2).<br />

Als e<strong>in</strong>e demonstrative Geste hatte ich am<br />

Vortage geme<strong>in</strong>sam mit me<strong>in</strong>em 1. Oberarzt<br />

G. Hofmann die Charité besucht, wo<br />

wir sehr freundlich vom Leiter <strong>der</strong> Unfallabteilung,<br />

W. Tausch, empfangen wurden.<br />

Späteren Nachforschungen zufolge war<br />

dies wahrsche<strong>in</strong>lich die erste Verb<strong>in</strong>dungsaufnahme<br />

e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen Gesellschaft<br />

zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Staunend<br />

betrachteten wir den Sitzungssaal, <strong>in</strong><br />

welchem die Büsten <strong>der</strong> großen Chirurgen<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aufgereiht standen.<br />

Wir blickten nicht ohne <strong>in</strong>nere Bewegung<br />

auf das Gemälde mit den Grün<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Chirurgie [20].<br />

Zur Kongresseröffnung öffneten sich die Türen<br />

des ICC, die bis dah<strong>in</strong> üblich gewesenen<br />

E<strong>in</strong>lasskontrollen erwiesen sich als Regularien<br />

von gestern – ich hatte sie kraft Amtes<br />

kurzerhand aufgehoben. Der Ansturm am<br />

Kongressbüro konnte erst im Laufe <strong>der</strong> Tage<br />

abgearbeitet werden; ob alle Kongressteilnehmer<br />

registriert worden s<strong>in</strong>d, ist zweifelhaft.<br />

Insgesamt hatten wir mit etwa<br />

100 Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen gerechnet,<br />

tatsächlich waren es dann ungefähr 300.<br />

Dies war auch e<strong>in</strong> Signal für an<strong>der</strong>e wissenschaftliche<br />

Gesellschaften. Der historischen<br />

Treue mag es am besten dienen, den Dokumenten<br />

im Bericht über die Jahrestagung<br />

<strong>in</strong> Nr. 212 <strong>der</strong> Buchreihe „Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde“<br />

[17] zu folgen: Präsident K.-P.<br />

Schmit-Neuerburg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Eröffnungsansprache:<br />

„Ich begrüße sehr herzlich unsere lieben Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> und Ostberl<strong>in</strong>. In all den<br />

Jahren konnte <strong>der</strong> Präsident immer nur se<strong>in</strong><br />

Sprüchle<strong>in</strong> aufsagen, dass die Kollegen aus<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> zwar e<strong>in</strong>geladen worden seien, aber<br />

nicht kommen durften. Ich b<strong>in</strong> jetzt <strong>der</strong> erste<br />

Präsident, den Sie selbst dank Ihrer friedlichen<br />

Revolution <strong>in</strong> die Lage versetzt haben,<br />

Sie hier als Teilnehmer unseres Kongresses begrüßen<br />

zu dürfen. Von ganzem Herzen hoffe<br />

ich, dass es auch künftig immer so se<strong>in</strong> möge,<br />

nicht nur <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n auch bei allen<br />

Kongressen und Symposien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

und im westlichen Ausland. Sollten<br />

Sie irgende<strong>in</strong>en Wunsch haben, den ich Ihnen<br />

erfüllen kann, bitte ich Sie, sich je<strong>der</strong>zeit an<br />

mich, me<strong>in</strong>e Sekretär<strong>in</strong> o<strong>der</strong> an das Kongress-<br />

Büro zu wenden: Wir werden alles tun, was<br />

<strong>in</strong> unsren Kräften steht.<br />

Unser ständiger Tagungsort Berl<strong>in</strong> ist historischer<br />

Urgrund. Hier ereignet sich <strong>Geschichte</strong><br />

hautnah. Wie oft war hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

Erregung spürbar – durch Ereignisse<br />

an <strong>der</strong> Mauer, durch politische Kältee<strong>in</strong>brüche,<br />

die sich an dieser sensiblen Nahtstelle<br />

sofort <strong>in</strong> Spannung umsetzten. Wer nach<br />

Berl<strong>in</strong> kam und kommt, wurde sofort mit <strong>der</strong><br />

Vergangenheit konfrontiert, hatte die Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Kaiser- und Nazi-Zeit vor Augen, sah im<br />

Geiste die transparenten Gesichter <strong>der</strong> ausgehungerten,<br />

tuberkulösen K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach dem<br />

Ersten Weltkrieg und die Überlebenden am<br />

Ende des Zweiten Weltkrieges, die nach ungezählten<br />

Bombennächten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bizarren<br />

Trümmerlandschaft aus den Kellern krochen.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Anlage 1 Antwortschreiben vom 5.4.1990 an die ca. 80<br />

Hospitationsbewerber.<br />

So war es später beim Mauerbau und den<br />

dramatischen Fluchtversuchen mitten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

Es gab sehr wenige Ereignisse, die bei aller<br />

Brisanz freudige Emotionen weckten – da<br />

waren eigentlich nur die Luftbrücke während<br />

<strong>der</strong> Blockade Berl<strong>in</strong>s und <strong>der</strong> Besuch Präsident<br />

Kennedys an <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Mauer. Und jetzt,<br />

dieser 9. November: e<strong>in</strong> typisches Berl<strong>in</strong>er Ereignis,<br />

unerwartet, plötzlich, extrem und von<br />

atemberaubendem Tempo im Handlungsablauf.<br />

Wäre über Nacht die ganze Berl<strong>in</strong>er<br />

Mauer von Souvenir-Jägern geklaut worden<br />

– wen hätte es noch gewun<strong>der</strong>t!<br />

Aber nicht nur <strong>der</strong> 9. November 1989 wird<br />

als das e<strong>in</strong>zige freudige „November-Ereignis“<br />

<strong>in</strong> die <strong>Geschichte</strong> e<strong>in</strong>gehen. Diese Deutschen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> noch weitere 40 Jahre e<strong>in</strong>e<br />

Diktatur ertragen mussten und denen man<br />

noch nie e<strong>in</strong>e Revolution zugetraut hatte,<br />

weil sie zu sehr vom Untertanengeist beseelt<br />

seien, diese Deutschen haben ganz alle<strong>in</strong><br />

die erste friedliche Revolution zustande gebracht<br />

und die Regierung gestürzt, ohne dass<br />

e<strong>in</strong> Tropfen Blut vergossen worden wäre. Das<br />

1 Allgeme<strong>in</strong>e Betrachtungen <strong>zur</strong> Weltliteratur 1827 bis 1830.<br />

Die Zusammenkunft <strong>der</strong> Naturforscher <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 1928<br />

ist e<strong>in</strong> Novum <strong>in</strong> Europa, e<strong>in</strong>e historische Tat,<br />

die beson<strong>der</strong>s gut <strong>in</strong> die ereignisreiche <strong>Geschichte</strong><br />

Berl<strong>in</strong>s passt.“<br />

Der Bericht über diese Tagung, <strong>der</strong> als Nr.<br />

212 <strong>der</strong> Reihe „Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde“<br />

e<strong>in</strong>ige Monate später erschien und als e<strong>in</strong><br />

historisches Dokument e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en<br />

Platz e<strong>in</strong>nimmt, wurde allen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als Geschenk übergeben.<br />

Er enthält e<strong>in</strong>gangs folgende Widmung:<br />

„Die 52. Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde vere<strong>in</strong>te <strong>in</strong> den<br />

schon historisch zu nennenden Novembertagen<br />

1989 als erste wissenschaftliche Gesellschaft<br />

die fast 30 Jahre lang getrennten<br />

Kollegen. Obwohl e<strong>in</strong>e ganze Generation<br />

ausgefallen war, fanden wir <strong>in</strong> jenen Tagen<br />

und <strong>in</strong> den nachfolgenden Monaten zusammen,<br />

als ob es nie e<strong>in</strong>e Grenze zwischen uns<br />

gegeben hätte.<br />

Jetzt leben und arbeiten wir wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Land. Vieles ist aufzuholen. Die Diskussion<br />

und Weitergabe von Erfahrungen<br />

– urtümliche Aufgabe e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />

Gesellschaft – begonnen am traditionsreichen<br />

Kongressort Berl<strong>in</strong>, fortgesetzt <strong>in</strong><br />

Anlage 2 Programm <strong>der</strong> Informationsveranstaltung <strong>der</strong> Berufs ge nos sen ­<br />

schaften für Unfallchirurgen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> am 21./22.9.1990 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

bereits unzähligen kollegialen Begegnungen<br />

und ergänzt durch den freien Austausch <strong>der</strong><br />

Literatur, wird <strong>in</strong> Zukunft wesentlich dazu<br />

beitragen, dass sich auch im S<strong>in</strong>ne unserer<br />

Wissenschaft das Goethewort erfüllt:<br />

Der Himmel gönne dem wissenschaftlichen<br />

Streben <strong>in</strong> unserem deutschen Vaterland<br />

noch lange Friede und Ruhe, so<br />

wird sich e<strong>in</strong>e Tätigkeit entfalten, wie sie<br />

die Welt nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahrhun<strong>der</strong>t nach<br />

langer F<strong>in</strong>sternis, nach Erf<strong>in</strong>dung des<br />

Druckes, bei weit ger<strong>in</strong>geren Hilfsmitteln<br />

erlebt hat. 1<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde<br />

widmet diesen Kongressbericht ihren<br />

Kollegen, die 1989/90 mit ihrem E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong><br />

unsere Gesellschaft auch dieser neue Aufgaben<br />

gestellt haben.“ [17]<br />

In den folgenden Wochen und Monaten kristallisierte<br />

sich erst allmählich heraus, dass<br />

viele politische Hürden zu nehmen waren,<br />

ehe die staatliche E<strong>in</strong>heit wie<strong>der</strong>hergestellt<br />

werden könne. Viel rascher wuchs das Bewusstse<strong>in</strong>,<br />

jenen noch gar nicht abgemessenen<br />

staatlichen äußeren Rahmen durch<br />

praktisches Handeln füllen und durchdr<strong>in</strong>gen<br />

zu müssen. Dabei wurde allmählich<br />

allen klar, dass trotz allen Bewahrens die<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 89


90<br />

Abb. 3 Bericht über die 11. Murnauer<br />

Unfalltagung, 19.5.1990.<br />

<strong>in</strong>nere Substanz viele Schäden erlitten hatte.<br />

So kam es dazu, dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch<br />

die Initiative <strong>der</strong> Ärztlichen Direktoren <strong>der</strong><br />

Berufsgenossenschaftlichen Unfallkl<strong>in</strong>iken<br />

an diesen und an an<strong>der</strong>en Krankenhäusern<br />

zahlreiche mehrwöchige E<strong>in</strong>zelhospitationen<br />

für Chef- und Oberärzte organisiert<br />

wurden und diese, auch dank <strong>der</strong> E<strong>in</strong>sicht<br />

vieler Verwaltungen, nicht an Kostenfragen,<br />

die großzügig ausgeschaltet wurden, scheitern<br />

mussten. Durch die DGU s<strong>in</strong>d mehr als<br />

80 <strong>der</strong>artige Hospitationen vermittelt worden,<br />

die bereits ab April 1990 anliefen; sie<br />

dauerten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel vier Wochen. Die Gäste<br />

konnten aus e<strong>in</strong>er Liste aufnahmebereiter<br />

Kl<strong>in</strong>iken frei wählen. Im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong><br />

Aufenthalte standen neben <strong>der</strong> Teilnahme<br />

an Operationen, Visiten und Fortbildungen<br />

die Organisation <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen<br />

Verfahren und das Zusammenspiel<br />

mit den Sachbearbeitern <strong>der</strong> Unfallversicherungsträger<br />

sowie die Praxis <strong>der</strong> Begutachtung.<br />

Aus diesen Hospitationen<br />

entwickelten sich nicht wenige dauerhafte<br />

kollegiale Beziehungen (� Anlage 1). Insbeson<strong>der</strong>e<br />

im berufsgenossenschaftlichen Bereich<br />

wurde auch die Übernahme unfallverletzter<br />

Patienten aus <strong>DDR</strong>-Krankenhäusern<br />

<strong>in</strong> BG-Unfallkl<strong>in</strong>iken eröffnet. Am 27.4.1990<br />

erfolgte <strong>der</strong> erste Hubschraubertransport<br />

e<strong>in</strong>er Patient<strong>in</strong> von Dresden nach Murnau;<br />

das ist <strong>in</strong>sofern bemerkenswert, als die Lufthoheit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> noch bei <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungsmacht lag [20].<br />

Rasch wuchs auch das Interesse <strong>der</strong> Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen an Fachtagungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik. So nahmen mehr<br />

als 30 von ihnen am 18./19.5.1990 an <strong>der</strong><br />

11. Murnauer Unfalltagung „Der verletzte<br />

Fuß“ teil (� Abb. 3 und 4). Bei noch bestehen<strong>der</strong><br />

Währungsunterschiedlichkeit muss-<br />

Abb. 4 Teilnehmer des E<strong>in</strong>weisungskurses 1990 aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Hörsaal <strong>der</strong> BG­Unfallkl<strong>in</strong>ik Murnau. Aus:<br />

Privatarchiv J. Probst<br />

te die Unterbr<strong>in</strong>gungsfrage gelöst werden:<br />

Spontan stellte die Murnauer Bundeswehrgarnison<br />

sich kostenlos als „Hotel garni“ <strong>zur</strong><br />

Verfügung. Das Blockdenken war bereits<br />

ferne Vergangenheit! Als die Teilnehmer<br />

sich nach getaner Arbeit am Staffelsee <strong>in</strong><br />

geselliger Runde zusammenfanden, wurde<br />

<strong>der</strong> Gedanke geboren, die regionale Unfallmediz<strong>in</strong>ische<br />

Tagung mit ihrem noch<br />

diskussionsfreudigen Rahmen auch auf die<br />

<strong>DDR</strong> zu übertragen [20]; daraus g<strong>in</strong>g 1996<br />

die mit dem BG-Landesverband Bayern und<br />

Sachsen und <strong>der</strong> Unfallchirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>der</strong> TU Dresden (Professor Dr. H. Zwipp) gegründete<br />

„Dresdner Unfalltagung“ hervor<br />

[22].<br />

Den Berufsgenossenschaften und an<strong>der</strong>en<br />

gesetzlichen Unfallversicherungsträgern<br />

oblag nach dem Staatsvertrag die E<strong>in</strong>führung<br />

dieses Sozialversicherungszweiges<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Schon bevor die rechtlichen<br />

Grundlagen gegeben waren, wurden praktische<br />

Maßnahmen ergriffen, wobei <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>soweit fachlich zuständige „Heilverfahrensausschuss“<br />

des Hauptverbandes <strong>der</strong><br />

gewerblichen Berufsgenossenschaften sich<br />

auch auf die Beratenden Ärzte se<strong>in</strong>er sechs<br />

Landesverbände stützen konnte. Erste Erörterungen<br />

fanden am 20.2.1990 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sitzung<br />

<strong>der</strong> „Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftlichen<br />

Kl<strong>in</strong>iken“ (VBGK) statt [20]. Am<br />

16./17.3.1990 hielten die Landesverbände<br />

Berl<strong>in</strong> und Nordwestdeutschland <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

ihre turnusgemäße Unfallmediz<strong>in</strong>ische Tagung<br />

ab, mit <strong>der</strong> sich die Berufsgenossenschaften<br />

den <strong>DDR</strong>-Chirurgen <strong>in</strong> Referaten<br />

und Diskussionen vorstellten [23]. Ungeachtet<br />

dessen, dass noch e<strong>in</strong>e mehrjährige<br />

Organisationsarbeit bevorstand, hatten<br />

sich die Berufsgenossenschaften schon<br />

mit dieser Tagung als zukunftsverheißend<br />

e<strong>in</strong>geführt. Im Verlauf <strong>der</strong> E<strong>in</strong>igungsverhandlungen<br />

wurde die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Unfallversicherung <strong>in</strong> den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n zum 1.1.1991 festgelegt.<br />

Dies bedeutete auch e<strong>in</strong>e Übernahme <strong>der</strong><br />

Berichts- und Heilverfahrensarten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

des Durchgangsarzt- und des Verletzungsartenverfahrens.<br />

In Vorbereitung<br />

hierzu und unter Mithilfe <strong>der</strong> DGU konnte<br />

<strong>der</strong> Hauptverband <strong>der</strong> gewerblichen Berufsgenossenschaften<br />

am 21./22. 9.1990 <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Informationsveranstaltung für<br />

diejenigen Chefärzte durchführen, die künftig<br />

für die Berufsgenossenschaften <strong>in</strong> den<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n tätig se<strong>in</strong> würden<br />

(� Anlage 2).<br />

Vorausgegangen waren zahlreiche Konferenzen<br />

und Beratungen <strong>in</strong> größerem o<strong>der</strong><br />

kle<strong>in</strong>erem Kreis (� Anlage 3), sodann am<br />

21.8.1990 e<strong>in</strong>e Sitzung des Arbeitskreises<br />

„Qualität“ <strong>der</strong> Kommission für Rehabilitation<br />

des Hauptgeschäftsführer–Arbeitskreises<br />

<strong>in</strong> Frankfurt/Ma<strong>in</strong>, an <strong>der</strong> neben den<br />

Beratenden Ärzten S. Decker, G. Hierholzer,<br />

H. Nonnemann und J. Probst als Sachverständige<br />

auf Vorschlag <strong>der</strong> DGU auch E.<br />

Schenk, Magdeburg, und K. Welz, Cottbus,<br />

teilnahmen. Die Nie<strong>der</strong>schrift [32] liest sich<br />

wie e<strong>in</strong> Katechismus, sie spiegelt die wechselseitigen<br />

Informationen aus den seit Jahresbeg<strong>in</strong>n<br />

aufgenommenen Gesprächen<br />

wi<strong>der</strong> und vermittelt dokumentarisch die<br />

Bereitschaft, auf diesem Sektor die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

rasch und ohne zeitraubende<br />

Umwege durchzuführen. Dies wurde so<br />

e<strong>in</strong>geleitet, obwohl noch ke<strong>in</strong>e gesetzliche<br />

Grundlage hergestellt war, dass „zum<br />

1.1.1991 auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die<br />

volle Zuständigkeit <strong>der</strong> Träger <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Unfallversicherung für die Leistungen<br />

<strong>zur</strong> Heilbehandlung gegeben se<strong>in</strong> wird.“ Es<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Anlage 3 Schreiben des Generalsekretärs <strong>der</strong> DGU und Beratenden Arztes des LV Bayern <strong>der</strong> gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 23.3.1990 an den<br />

Vorsitzenden des Heilverfahrensausschusses des Hauptverbandes <strong>der</strong> Berufsgenossenschaften, Dir. Förster.<br />

spricht gleichermaßen für die Berufsgenossenschaften<br />

wie für die Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, dass dieses Ziel <strong>in</strong> kurzer Zeit,<br />

nachhaltig und reibungslos erreicht worden<br />

ist (� Anlage 4).<br />

Dabei war festgelegt worden, dass die berufsgenossenschaftliche<br />

Betreuung durch<br />

die jeweils angrenzenden Landesverbände<br />

regional erfolgen werde, nämlich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>,<br />

Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern<br />

durch den Landesverband Berl<strong>in</strong>, für<br />

Sachsen-Anhalt durch den LV Nordwestdeutschland<br />

<strong>in</strong> Hannover, für Thür<strong>in</strong>gen<br />

durch den LV Hessen-Mittelrhe<strong>in</strong> <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z,<br />

für Sachsen durch den LV Bayern <strong>in</strong> München.<br />

Im Rahmen dieser Entwicklung oblag<br />

den Beratenden Ärzten <strong>der</strong> Landesverbände<br />

die Evaluation <strong>der</strong> D-Ärzte und Chefärzte<br />

<strong>der</strong> zum Verletzungsartenverfahren zugelassenen<br />

Krankenhäuser; dieses Verfahren<br />

entsprach den hergebrachten Zulassungskriterien<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik. Auch <strong>in</strong><br />

dieser H<strong>in</strong>sicht wirkten sich die zahlreichen<br />

Hospitationen hilfreich aus und dies umso<br />

mehr, als den Beratenden Ärzten nunmehr<br />

viele Kollegen, die sich um diese Zulassungen<br />

bewarben, schon persönlich bekannt<br />

geworden waren [24].<br />

Zur gleichen Zeit – und auch im Zusammenhang<br />

mit den berufsgenossenschaftlichen<br />

Zulassungen – tauchte das Problem <strong>der</strong><br />

Anerkennung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erworbenen<br />

Facharztqualifikationen sowie <strong>der</strong> Anrechenbarkeit<br />

erbrachter Weiterbildungsleistungen,<br />

speziell <strong>zur</strong> Subspezialität Traumatologie,<br />

auf. Wie<strong>der</strong>um waren die Präsidiumsmitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> DGU Anlaufstelle und<br />

Vermittler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em, wenn es darum g<strong>in</strong>g,<br />

Ratschläge zu erteilen o<strong>der</strong> Zugangswege<br />

aufzuzeigen. Die Subspezialität Trauma-<br />

tologie wurde vorbehaltlos anerkannt, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Zweifelsfällen konnten anhand<br />

von Leistungsnachweisen positive Entscheidungen<br />

für die Kollegen erwirkt werden.<br />

Für die berufsgenossenschaftlichen Zulassungen<br />

musste <strong>in</strong>dessen darauf bestanden<br />

werden, dass ausschließlich die verbriefte,<br />

seitens <strong>der</strong> Landesärztekammern anerkannte<br />

Subspezialität Traumatologie unabd<strong>in</strong>gbare<br />

Voraussetzung war [25].<br />

Dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er so umwälzenden Situation,<br />

wie sie durch die Ereignisse des Novembers<br />

1989 und <strong>in</strong> den folgenden Monaten entstanden<br />

war, auch menschliche Probleme<br />

auftraten, kann nicht verwun<strong>der</strong>n. Manche<br />

Kollegen mussten sich um ihre Stellung sorgen,<br />

manchen mussten neue Betätigungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt werden. Die frühzeitige<br />

E<strong>in</strong>leitung direkter Kontakte schuf<br />

jedoch alsbald Vertrauensbeziehungen,<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 91


92<br />

Anlage 4/1 Ergebnisnie<strong>der</strong>schrift des AK „Qualität“ vom 21.8.1990 (Seite 1–2). ��<br />

die sich gelegentlich auch bei amtlichen<br />

Stellen als nützlich erwiesen. So erließ das<br />

Bayerische Staatsm<strong>in</strong>isterium für Arbeit,<br />

Familie und Sozialordnung „Leitl<strong>in</strong>ien für<br />

Hilfen im Gesundheitswesen Thür<strong>in</strong>gens und<br />

Sachsens“, die genau den von <strong>der</strong> DGU bzw.<br />

den Berufsgenossenschaften bereits praktizierten<br />

Verfahren, neben Hospitationen<br />

auch Sem<strong>in</strong>are, Beratungstätigkeiten, Entsendung<br />

von Fachkräften, entsprachen [26].<br />

Ebenso konnten den Berufsgenossenschaften,<br />

denen ihrerseits an <strong>der</strong> Aufnahme<br />

vertraglicher Beziehungen zu den Ärzten gelegen<br />

war, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch <strong>der</strong>en Beratende<br />

Ärzte <strong>der</strong> Landesverbände wirksame<br />

Unterstützung und e<strong>in</strong>e Art persönliche<br />

Bürgschaft für die zu den Verfahren zuzulassenden<br />

Unfallchirurgen vermittelt werden.<br />

In e<strong>in</strong>zelnen Fällen galt es auch Denunziationen<br />

(<strong>in</strong> Anspielung auf den Titel e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Broschüre waren solche nur als<br />

Ausgeburten „kranker Gehirne“ begreiflich),<br />

wie sie typische Begleitersche<strong>in</strong>ungen jedes<br />

Umbruchs s<strong>in</strong>d, entgegenzutreten. Dabei<br />

musste bei den davon passiv Betroffenen,<br />

die sich vom Rechtsstaat im Augenblick enttäuscht<br />

fühlten, erst e<strong>in</strong>mal geworben werden<br />

um Verständnis für die <strong>zur</strong>ückhaltende<br />

Entscheidungspraxis öffentlich-rechtlicher<br />

Institutionen, die pflichtgemäßes Ermessen<br />

walten lassen mussten, wo die DGU sich auf<br />

die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Kollegialität berufen und<br />

danach pragmatisch handeln konnte. Langwierige<br />

Ungewissheiten, wie sie Jahrzehnte<br />

zuvor, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit, über mehrere<br />

Jahre h<strong>in</strong>weg nicht wenige Ärzte belastet<br />

hatten, konnten so vermieden werden, ohne<br />

neue Ungerechtigkeiten zu schaffen [27].<br />

Schon seit Jahresbeg<strong>in</strong>n 1990 beantragten<br />

viele Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> die Mitgliedschaft<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für<br />

Unfallheilkunde. Es stellte sich die Frage,<br />

ob neben den satzungsgemäßen Voraussetzungen<br />

weitere Auflagen zu erfüllen<br />

waren. Manche wissenschaftliche Gesellschaften<br />

haben lange, e<strong>in</strong>ige sehr lange<br />

gezögert, offen auf die Kollegen zuzugehen;<br />

das hat später <strong>der</strong>en Annäherung unnötig<br />

erschwert. Für die DGU stellte sich dieses<br />

Problem nicht: Die schon seit den denkwür-<br />

digen Kongresstagen im November 1989<br />

und <strong>in</strong> den ersten Wochen und Monaten<br />

1990 geknüpften Verb<strong>in</strong>dungen, dazu die<br />

Aufnahme enger persönlicher Beziehungen<br />

– <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Falle u. a. mit E. Markgraf <strong>in</strong><br />

Jena, K. Welz <strong>in</strong> Cottbus, E. Schenk <strong>in</strong> Magdeburg<br />

– hatten Gewissheiten begründet,<br />

die ausreichende Gewähr für e<strong>in</strong>e sachlich<br />

e<strong>in</strong>wandfreie und kollegiale Zusammenarbeit<br />

verhießen (� Anlage 5). Der Geschäftsführende<br />

Vorstand <strong>der</strong> DGU billigte am<br />

7.6.1990 und das Präsidium <strong>der</strong> DGU bestätigte<br />

am 29.6.1990 die vom Generalsekretär<br />

angewandte Verfahrenspraxis. In dieser<br />

Sitzung beschloss das Präsidium auch, zwei<br />

Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> als außerordentliche<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Beirat zu berufen, um die<br />

Zusammenarbeit rasch und wirkungsvoll zu<br />

vertiefen. Ausgewählt wurden hierfür Eberhard<br />

Schenk, Magdeburg, und Klaus Welz,<br />

Cottbus, die schon seit November 1989 im<br />

engen Kontakt mit uns standen. Diskutiert<br />

worden war auch, ob die noch bestehende<br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bzw. <strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong> summarisch <strong>in</strong> die DGU übergeführt<br />

werden sollten. Dazu gelangte das<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Anlage 4/2 Ergebnisnie<strong>der</strong>schrift des AK „Qualität“ vom 21.8.1990 (Seite 3–4). ��<br />

Präsidium <strong>der</strong> DGU jedoch mehrheitlich zu<br />

<strong>der</strong> Auffassung, e<strong>in</strong>e solche „Gleichschaltung“<br />

nicht zuzulassen. Es sollte auch nicht<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck erweckt werden, die Sektion<br />

Traumatologie zu zerschlagen, zumal zu dieser<br />

Zeit die endgültige staatliche Struktur,<br />

d. h. die staatliche Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung, nicht<br />

nur noch nicht bestand, son<strong>der</strong>n immer<br />

noch nicht mit Gewissheit zu sehen war. Es<br />

wurde stattdessen beschlossen, den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie ihr wissenschaftliches<br />

Zuhause <strong>in</strong> <strong>der</strong> DGU zu bieten,<br />

wenn sie dieses wünschten und durch<br />

persönliche Beitrittserklärung beantragten.<br />

Damit wurden auch rechtliche Schwierigkeiten,<br />

die sich aus den satzungsgemäßen<br />

Verfassungen sowohl <strong>der</strong> Sektion als auch<br />

<strong>der</strong> DGU ergeben würden, von vornhere<strong>in</strong><br />

vermieden; die DGU <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsform des<br />

rechtsfähigen, e<strong>in</strong>getragenen Vere<strong>in</strong>s kannte<br />

und kennt nur die persönliche ordentliche<br />

Mitgliedschaft [28]. Bis <strong>zur</strong> Jahrestagung im<br />

November 1990 wurden 216 Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bzw. den nunmehr<br />

„neuen Län<strong>der</strong>n“ als Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />

DGU aufgenommen.<br />

Am 3.10.1990 wurde die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

mit <strong>der</strong> staatlichen Herstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit<br />

Deutschlands vollzogen. Kurz darauf fand<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von E. Markgraf, Jena, <strong>in</strong><br />

Leipzig <strong>der</strong> XII. Kongress <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, an dem sich zahlreiche Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> DGU beteiligten, statt. Deren Präsident,<br />

A. Pannike, Frankfurt/Ma<strong>in</strong>, stellte<br />

dieses Ereignis auf <strong>der</strong> 54. Jahrestagung am<br />

29.11.1990 <strong>in</strong> den Mittelpunkt se<strong>in</strong>er Eröffnungsansprache<br />

[29]:<br />

„Nach dem Zerbrechen <strong>der</strong> Mauer waren<br />

wir zuerst überwältigt von <strong>der</strong> Freude über<br />

die bis dah<strong>in</strong> unvorstellbare Chance, die <strong>der</strong><br />

ungebrochene Freiheitswille <strong>der</strong> Menschen <strong>in</strong><br />

dieser Stadt und <strong>in</strong> diesem Land, aber auch<br />

die gleichermaßen historische Qualität des<br />

menschlichen und politischen Verständnisses<br />

unserer Nachbarn, unserem Volk eröffnet<br />

hatten. Seither hat sich manche erste Hoffnung<br />

nicht erfüllt, vielleicht auch nicht erfüllen<br />

können. Wir erkennen nun die Realität,<br />

die von uns allen als Aufgabe angenommen<br />

werden muss, wenn unsere Hoffnungen<br />

Wirklichkeit werden sollen.<br />

Die Zeit erfor<strong>der</strong>t gebieterisch geme<strong>in</strong>same<br />

Arbeit: Hoffnung und Zuversicht sche<strong>in</strong>en<br />

weniger fern, wenn wir er<strong>in</strong>nern, dass dieses<br />

Motto unserer Gesellschaft <strong>in</strong> die Wiege gelegt<br />

wurde, als sie 1922 hier <strong>in</strong> Leipzig als<br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre Unfallmediz<strong>in</strong>ische Gesellschaft<br />

gegründet wurde. Im S<strong>in</strong>ne dieser<br />

Geme<strong>in</strong>samkeit möchte ich an dieser Stelle<br />

– wie <strong>in</strong> Leipzig so auch hier – e<strong>in</strong>em Manne<br />

danken, dem Deutschlands Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maße zu danken haben. Wir<br />

danken Herrn Professor Hans Willenegger für<br />

das nie nachlassende menschliche Engagement,<br />

mit dem er dort Kontakte nicht abreißen<br />

ließ und neue Kontakte knüpfte, wo uns<br />

dies über viele Jahre politisch verwehrt war.<br />

Dies sei unvergessen.<br />

Mit dem XII. Unfallchirurgenkongress <strong>in</strong><br />

Leipzig hat die Sektion Traumatologie <strong>der</strong><br />

ehemaligen <strong>DDR</strong> ihre Arbeit beendet. Wir<br />

anerkennen mit hohem Respekt die wissenschaftliche<br />

und menschliche Leistung, die <strong>in</strong><br />

schwerer Zeit vollbracht wurde und erleben<br />

mit großer Freude, dass die Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />

Kollegen aus den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n von<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 93


94<br />

Anlage 4/3 Ergebnisnie<strong>der</strong>schrift des AK „Qualität“ vom 21.8.1990 (Seite 5–6).<br />

nun an mit uns <strong>in</strong> unserer Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde für die geme<strong>in</strong>same<br />

Zukunft arbeiten werden. Noch e<strong>in</strong>mal:<br />

Herzlich Willkommen.“<br />

Anschließend sprach Eberhard San<strong>der</strong>,<br />

Halle, altes und reaktiviertes Mitglied <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Unfallheilkunde,<br />

Gruß- und Dankesworte, die gewissermaßen<br />

nicht nur als Abschluss des Jahres<br />

<strong>der</strong> staatlichen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung son<strong>der</strong>n<br />

auch als glücklicher Auftakt <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>hergestellten<br />

E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> deutschen <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

empfunden wurden:<br />

„Es ist für mich e<strong>in</strong>e große Ehre, dem diesjährigen<br />

Kongress <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde, <strong>der</strong> erstmalig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

gee<strong>in</strong>ten Deutschland stattf<strong>in</strong>det, im Namen<br />

<strong>der</strong> neu h<strong>in</strong>zugekommenen Bundeslän<strong>der</strong><br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thür<strong>in</strong>gen<br />

und Mecklenburg-Vorpommern e<strong>in</strong>en<br />

guten Verlauf zu wünschen.<br />

Wir freuen uns sehr, dass wir nun endlich<br />

dazugehören. Ganz beson<strong>der</strong>s freuen<br />

sich die, denen es früher nie vergönnt war,<br />

solche Veranstaltungen zu besuchen. Hier<br />

im ehemaligen West-Berl<strong>in</strong> schon gar nicht.<br />

Gottseidank gehört die Zeit <strong>der</strong> handverlesenen<br />

Delegationen endgültig <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

an. Dem ganz natürlichen Anspruch<br />

auf Weiterbildung kann heute je<strong>der</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Landsleute nachgehen, wo immer er will.<br />

So auch bei <strong>in</strong>ternationalen Kongressen, die<br />

zu den wichtigsten Kommunikationse<strong>in</strong>richtungen<br />

zählen, durch die <strong>der</strong> Fortschritt <strong>in</strong><br />

Wissenschaft und Technik verbreitet wird.<br />

Als ich am Anfang des Jahres von Ihnen,<br />

Herr Präsident, damit betraut wurde, zu diesem<br />

Kongress e<strong>in</strong> Grußwort für me<strong>in</strong>e Landsleute<br />

zu sprechen, war die E<strong>in</strong>heit Deutschlands<br />

noch nicht vollzogen und es erübrigt<br />

sich heute eigentlich, aus dem vere<strong>in</strong>ten Land<br />

e<strong>in</strong>e geson<strong>der</strong>te Grußbotschaft zu entbieten.<br />

Ich möchte aber diese Gelegenheit nutzen,<br />

um gleichzeitig e<strong>in</strong> Wort des Dankes an den<br />

Vorstand <strong>der</strong> Gesellschaft für Unfallheilkunde<br />

und auch an Sie, verehrte Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen aus <strong>der</strong> alten Bundesrepublik,<br />

zu richten. Sie haben unmittelbar nach <strong>der</strong><br />

Wende, noch weit vor <strong>der</strong> Währungsunion,<br />

damit begonnen, Kollegen, die Ihnen sogar<br />

meistens unbekannt waren, weil sie ihrer<br />

Unangepasstheit wegen stets im zweiten<br />

Glied standen und ke<strong>in</strong>em „Reiseka<strong>der</strong>“ angehörten,<br />

e<strong>in</strong>e Fülle von Möglichkeiten <strong>zur</strong><br />

fachlichen Weiterbildung zu erschließen<br />

durch E<strong>in</strong>ladungen mannigfacher Art – oft<br />

auf ganz persönlicher und privater Basis –,<br />

wofür wir Ihnen an dieser Stelle noch e<strong>in</strong>mal<br />

unseren Dank sagen möchten. Es wurde viel<br />

<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht getan – <strong>in</strong> selbstloser Spontaneität.<br />

Den meisten halfen die neuen Kontakte<br />

bei <strong>der</strong> Überbrückung von mancherlei<br />

Hemmschwellen. Schließlich haben 40 Jahre<br />

Abgrenzung, geographisch und politisch,<br />

aber auch <strong>der</strong> nichtkonvertierbare Markt <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> Spuren im Selbstbewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bürger<br />

h<strong>in</strong>terlassen. Gewiss nicht bei allen, so gibt<br />

es auch Kollegen, <strong>der</strong>en Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> den vergangenen Jahren ke<strong>in</strong>erlei Schaden<br />

genommen hat, auch jetzt nicht. E<strong>in</strong>ige<br />

von ihnen leiden h<strong>in</strong>sichtlich ihrer früheren<br />

politischen Aktivitäten an e<strong>in</strong>er Amnesie. Sie<br />

sollten sich bes<strong>in</strong>nen. Etwas mehr Zurückhaltung<br />

wäre jetzt angebracht.<br />

Was die Leistung <strong>in</strong> unserem Fachgebiet<br />

anbetrifft, so haben wir <strong>in</strong>sgesamt ke<strong>in</strong>en<br />

Grund, unser Licht unter den Scheffel zu stel-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


len. Unsere Arbeitsergebnisse können sich<br />

trotz <strong>der</strong> spezifischen Gegebenheiten durchaus<br />

sehen lassen. Durch unsere mehr als<br />

zwei Jahrzehnte währende E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die<br />

Schweizer-AO und später <strong>in</strong> die AO-International<br />

erhielten wir vielseitige Hilfe und Anregung<br />

von dort. Hierbei s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

Herrn Prof. Willenegger zu großem Dank verpflichtet.<br />

Ich nenne hier nur die Workshops,<br />

die wir als Geschenk erhielten und die regelmäßige<br />

Bereitstellung von Plätzen für<br />

Kurse und Hospitation <strong>in</strong> schweizerischen,<br />

seit geraumer Zeit auch <strong>in</strong> bundesdeutschen<br />

AO-Kl<strong>in</strong>iken. Unsere eigenen, alljährlich<br />

stattf<strong>in</strong>denden AO-Veranstaltungen und<br />

Unfall kongresse wurden ebenfalls kollegial<br />

unterstützt. Auch die Österreichische Allgeme<strong>in</strong>e<br />

Unfallversicherungsanstalt stellte<br />

uns seit mehr als 10 Jahren e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Anzahl an Hospitationsplätzen und Teilnahmeplätzen<br />

für die Jahrestagung <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>zur</strong><br />

Verfügung. Allen sei gedankt, denn dadurch<br />

waren wir immer auf dem Laufenden und<br />

imstande solide Arbeit <strong>in</strong> unserem Fach zu<br />

leisten. Wir müssen jetzt jedoch bemüht se<strong>in</strong>,<br />

unsere Ausrüstung mit Instrumentarien und<br />

apparativer Technik auf den neuesten Stand<br />

zu br<strong>in</strong>gen, und das <strong>in</strong> mehr Kl<strong>in</strong>iken als bisher.<br />

Der wachsende Rückstand auf diesem<br />

Gebiet hat die Arbeit <strong>der</strong> Kollegen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Peripherie sehr erschwert. Der<br />

Vergleich mit westlichen Möglichkeiten war<br />

oft frustrierend. Dass dabei dennoch gute<br />

Resultate zustande kamen, muss umso höher<br />

e<strong>in</strong>geschätzt werden. Unsere Unfallchirurgen<br />

br<strong>in</strong>gen also Zusammenarbeit <strong>in</strong> Wissenschaft<br />

und Forschung mit.“ [29]<br />

Am Jahresende 1990 zählte die Gesellschaft<br />

1.544 Mitglie<strong>der</strong>. In ihrer Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

am 29.11.1990 beschloss sie die<br />

Namensän<strong>der</strong>ung und heißt nun Deutsche<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> e. V.<br />

Schon im Frühjahr 1990 hatte <strong>der</strong> Leiter<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für Traumatologie<br />

des K<strong>in</strong>desalters <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

– Sektion Traumatologie – <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

W. Kurz, Lübben, die Verb<strong>in</strong>dung <strong>zur</strong> DGU<br />

gesucht (� Anlage 6). Vorangegangen war<br />

die Tagung dieser Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft am<br />

10.5.1990 <strong>in</strong> Bad Düben, die dem Generalsekretär<br />

Gelegenheit geboten hatte, auch<br />

<strong>in</strong> diesem Kreise kollegiale Verb<strong>in</strong>dungen<br />

zu knüpfen, die sich bald fruchtbr<strong>in</strong>gend erweisen<br />

sollten. Die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft sah<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefahr, <strong>in</strong> den Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Wendezeit unterzugehen, zumal von<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie<br />

(West) zunächst wenig Interesse an<br />

Kontakten gezeigt worden war. Die Tagung<br />

<strong>in</strong> Bad Düben hatte aber gerade erwiesen,<br />

welch wertvolle Arbeit die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

schon bisher leistete und dass ihre<br />

Anlage 5 Schreiben des Generalsekretärs <strong>der</strong> DGU vom 5.3.1990 an Prof. Dr. Markgraf, Jena.<br />

Zukunftsvorstellungen den Intensionen <strong>der</strong><br />

DGU umso mehr entgegenkamen, als die<br />

Neufassung <strong>der</strong> Satzung <strong>der</strong> DGU die Bildung<br />

von Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften ausdrücklich<br />

vorsah und die Pflege dieses Arbeitsgebietes<br />

nicht zuletzt deswegen als verpflichtende<br />

Aufgabe <strong>der</strong> DGU gesehen wurde, weil<br />

im Zuge <strong>der</strong> Differenzierung <strong>der</strong> Chirurgie<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie zunehmende Verselbständigungsbestrebungen<br />

(die alsbald<br />

auch realisiert wurden) erkennen ließ. Die<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> des K<strong>in</strong>des musste jedoch<br />

weiterh<strong>in</strong> als Aufgabe gelten, die sich jedem<br />

Unfallchirurgen und auch vielen Allgeme<strong>in</strong>chirurgen<br />

stellt, während <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurg<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Unfallverletzungen<br />

se<strong>in</strong>e Schwerpunktaufgabe<br />

sieht. Begünstigt wurde die Annäherung<br />

durch den E<strong>in</strong>tritt zahlreicher Kollegen, die<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft schon viele Jahre<br />

aktiv mitgewirkt hatten, als Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> die DGU, sodass am 27.11.1990 das<br />

Präsidium die Neugründung <strong>der</strong> „Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong>“<br />

beschloss [30].<br />

Ihre erste Tagung hat diese Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

vom 20. bis 22.11.1991 unter<br />

starker Beteiligung von Unfallchirurgen,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgen und Orthopäden abgehalten.<br />

Dem Anlass angemessen fand die<br />

ebenso würdige wie festliche Eröffnung <strong>in</strong><br />

Anwesenheit des M<strong>in</strong>isterpräsidenten von<br />

Thür<strong>in</strong>gen und des Oberbürgermeisters im<br />

historischen Rathaussaal von Erfurt statt.<br />

In <strong>der</strong> Begrüßungsansprache führte <strong>der</strong> Generalsekretär<br />

unter an<strong>der</strong>em aus: „Auf den<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 95


96<br />

Wochentag genau nach zwei Jahren hat sich<br />

für die Deutsche Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

e<strong>in</strong>e Hoffnung erfüllt, die <strong>in</strong> öffentlichen<br />

Verlautbarungen eher vom Legitimationszwang<br />

getragen wurde. Hoffnung ist<br />

aber etwas sehr Menschliches und eigentlich<br />

überhaupt nichts Materielles. Paragraphen<br />

und Verträge, selbst wenn sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache<br />

geschlossen wurden, schaffen Erfüllungsansprüche<br />

– „pacta servanda“ – die durch sie<br />

geschaffenen Bed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d nur rechtlicher<br />

Natur. Das Ereignis des 9. November<br />

1989 ist nicht auf diesem Boden entstanden,<br />

eher sogar gegen die noch herrschende<br />

Konvention. Unsere ersten Begegnungen<br />

am Buß- und Bettag 1989 haben ganz im<br />

Zeichen des menschlichen Aufbruchs jener<br />

Tage gestanden. Nie werde ich das erste Kennenlernen<br />

mit vielen Kollegen, die uns heute<br />

so vertraut s<strong>in</strong>d, als hätte es je ke<strong>in</strong>e Grenze<br />

zwischen uns gegeben, vergessen. Menschliche<br />

Qualitäten hängen nicht von äußeren<br />

Umständen ab! Wir haben Anlass, unseren<br />

Kollegen, bei denen wir heute zu Gast s<strong>in</strong>d,<br />

zu danken, dass sie das Unveräußerliche bewahrt<br />

haben, auch wenn Schaden nicht immer<br />

unabwendbar gewesen ist. Bei den sehr<br />

viel stärker materialisierten Bemühungen,<br />

die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> staatlichen E<strong>in</strong>heit<br />

durchzuführen, dürfen wir nicht übersehen,<br />

dass die Ordnung <strong>der</strong> Gegenständlichkeiten<br />

e<strong>in</strong> Prozess ist, als dessen e<strong>in</strong>es Maß <strong>der</strong> Faktor<br />

Zeit nicht h<strong>in</strong>weggedacht werden kann.<br />

Nichts aber wäre mit diesem Prozess gewonnen,<br />

gäbe es nicht den aus dem Gewissen<br />

entspr<strong>in</strong>genden Willen, <strong>der</strong> lange hat verborgen<br />

werden müssen, <strong>der</strong> jedoch fortbestand.<br />

Unfallchirurgen s<strong>in</strong>d nicht Wundärzte<br />

mit viel Handwerk und wenig Nachdenken.<br />

Der Unfallchirurg br<strong>in</strong>gt auch den ersten Zuspruch,<br />

noch mehr: die erste Hoffnung dem<br />

Wundgeschlagenen. Die Verletzten <strong>in</strong> diesen<br />

Län<strong>der</strong>n konnten sich <strong>in</strong> den vergangenen 4<br />

Jahrzehnten sehr wohl darauf verlassen, <strong>in</strong><br />

ihrer durch Unfall herbeigeführten Not nicht<br />

alle<strong>in</strong> gelassen zu werden, auch dann nicht,<br />

wenn die mediz<strong>in</strong>ischen Mittel knapp waren.<br />

Die Unfallchirurgen s<strong>in</strong>d auch dadurch Bewahrer<br />

<strong>der</strong> Hoffnung, ohne die ke<strong>in</strong> Mensch<br />

leben kann, gewesen. Dabei dürfen wir nicht<br />

vergessen, dass nicht nur die heutige Chirurgengeneration<br />

diese Sorge getragen hat,<br />

son<strong>der</strong>n schon fast 2 Generationen <strong>in</strong> diesem<br />

Bewusstse<strong>in</strong> unanfechtbar geblieben s<strong>in</strong>d;<br />

auch ihnen schulden wir Dank!<br />

Die ersten Monate nach <strong>der</strong> Wende und<br />

das erste Jahr <strong>der</strong> staatlichen E<strong>in</strong>heit haben<br />

immer wie<strong>der</strong> die Frage laut werden lassen,<br />

ob, wie weitgehend und mit welchen Vorbehalten<br />

den Menschen zwischen Elbe und<br />

O<strong>der</strong>, Ostsee und Erzgebirge vertraut werden<br />

dürfe. Wir Unfallchirurgen haben diese<br />

Frage nie gestellt. Dabei stand nicht nur die<br />

E<strong>in</strong>sicht Pate, besser sei es doch wohl, schnell<br />

Anlage 6 Schreiben von Dr. sc. med. Kurz, Lübben, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> AG K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie an den<br />

Generalsekretär <strong>der</strong> DGU mit E<strong>in</strong>ladung <strong>zur</strong> 11. Arbeitstagung <strong>der</strong> AG KT <strong>in</strong> Bad Düben. Von diesem<br />

Schreiben g<strong>in</strong>gen die Verhandlungen <strong>zur</strong> Bildung <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft (heutigen Sektion)<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie <strong>der</strong> DGU aus.<br />

und wirksam Unterstützung zu leisten. Vielmehr<br />

wollten wir uns die Freiheit des Irrtums<br />

erlauben, eher die e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Enttäuschung<br />

zu erleben, als Schuld aus eigenem<br />

Hochmut, versteckt h<strong>in</strong>ter weisem Zögern,<br />

auf uns zu nehmen. Der heilige August<strong>in</strong>us<br />

hat e<strong>in</strong>mal verkündet, das Gewissen sei e<strong>in</strong>e<br />

tiefe E<strong>in</strong>samkeit, dar<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>es Menschen Fuß<br />

noch Auge dr<strong>in</strong>ge; dar<strong>in</strong> solle man gläubig<br />

wohnen!<br />

Zu denen, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

nicht irre machen ließen, gehörten unsere<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologen, <strong>der</strong>en Tagungseröffnung<br />

wir heute miterleben dürfen. Viele Jahre<br />

haben sie auf dem beschränkten Territorium<br />

und ohne die Möglichkeit grenzüberschreiten<strong>der</strong><br />

Kommunikation die selbstgestellte<br />

Aufgabe treulich erfüllt. Dafür schulden wir<br />

ihnen Anerkennung. Das traumatisierte K<strong>in</strong>d<br />

ist das bedauernswerteste aller Geschöpfe.<br />

Aus voller Gesundheit trifft es <strong>der</strong> Unfall, des-<br />

sen überall lauern<strong>der</strong> Gefahr sich das K<strong>in</strong>d<br />

nicht bewusst ist. Der unter Umständen tiefe<br />

E<strong>in</strong>schnitt <strong>in</strong> Körper und Psyche kann von lebensprägen<strong>der</strong><br />

Bedeutung se<strong>in</strong>. Das Schädel-<br />

Hirn-Trauma als Todesursache Nummer 1 des<br />

K<strong>in</strong>desalters macht allzu deutlich, was <strong>der</strong><br />

Unfall bedeutet.<br />

Deswegen muss Sorge dafür getragen se<strong>in</strong>,<br />

dass jedes unfallverletzte K<strong>in</strong>d auf dem kürzesten<br />

Wege sachkundige Hilfe erhält. Diesen<br />

Teil <strong>der</strong> Chirurgie am K<strong>in</strong>de müssen wir jedem<br />

sorgfältigen Chirurgen als Pflicht auferlegen.<br />

Die auf Wunsch <strong>der</strong> Kollegen aus den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n gegründete Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie übernimmt<br />

auch die an Wichtigkeit gar nicht zu überschätzende<br />

Aufgabe, die traumatologischen<br />

Ansprüche <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> stärker <strong>zur</strong> Geltung zu<br />

br<strong>in</strong>gen.“ [31]<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Allen Beschränkungen und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />

zum Trotz hatten sich die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

DGU <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> über lange Zeit zu ihrer<br />

Mitgliedschaft bekannt. Darüber geben die<br />

zeitweilig den Mitglie<strong>der</strong>verzeichnissen<br />

beigefügten Ortsverzeichnisse e<strong>in</strong>e beredte<br />

Auskunft: Im Gründungsjahr 1950 zählte<br />

die DGU 464 Mitglie<strong>der</strong>, darunter aus „Ost-<br />

Berl<strong>in</strong> bzw. Ost-Zone“ jeweils 9 bzw. 11; Mitglied<br />

im Beirat war Professor Dr. Quensel,<br />

Leipzig. Der Gesellschaft gehörten auch bereits<br />

wie<strong>der</strong> 6 ausländische Kollegen an. In<br />

den folgenden Jahren vermehrte sich dieser<br />

Mitglie<strong>der</strong>bestand sogar: 1954/55 747 Mitglie<strong>der</strong>,<br />

darunter aus Ost-Berl<strong>in</strong> 11, aus <strong>der</strong><br />

übrigen <strong>DDR</strong> 22, ausländische Mitglie<strong>der</strong><br />

27. 1956/57 864 Mitglie<strong>der</strong>, davon aus Ost-<br />

Berl<strong>in</strong> 11, aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 29, aus dem Ausland<br />

30. 1957/58 914 Mitglie<strong>der</strong>, aus Ost-Berl<strong>in</strong><br />

10, aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 35, aus dem Ausland 36.<br />

Nach dem Mauerbau trat zunächst ke<strong>in</strong>e<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> aus Ost-<br />

Berl<strong>in</strong> und <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>: Die Gesellschaft<br />

zählte 1965 1.059 Mitglie<strong>der</strong>, aus Ost-Berl<strong>in</strong><br />

9, aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> 54, aus dem Ausland 48<br />

Kollegen. Auch 1969 nannte das Verzeichnis<br />

bei <strong>in</strong>sgesamt 1.114 Mitglie<strong>der</strong>n noch 7 Kollegen<br />

aus Ost-Berl<strong>in</strong>, 36 aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> sowie<br />

54 ausländische Kollegen. Waren bis 1961<br />

Kongressbesuche von Kollegen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

bereits mit großen Schwierigkeiten verbunden,<br />

so waren solche nach dem Mauerbau<br />

1961 so gut wie ausgeschlossen. Dass dennoch<br />

e<strong>in</strong>e so beachtliche Zahl von Kollegen<br />

an ihrer Mitgliedschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> DGU festhielt,<br />

verdient ausdrückliche Würdigung!<br />

Am Ende des Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igungsjahres<br />

1990 zählte die Gesellschaft 1.544 Mit-<br />

glie<strong>der</strong>. Aus den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n waren<br />

<strong>in</strong>zwischen 216 Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

e<strong>in</strong>getreten. – Im Jahre 2008 sieht die<br />

Bilanz ähnlich aus: Berl<strong>in</strong> stellt 278, die neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong> verzeichnen 545, die alten<br />

2.467 Mitglie<strong>der</strong>. E<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> 186<br />

ausländischen Kollegen beträgt <strong>der</strong> aktuelle<br />

Bestand 3.476 Mitglie<strong>der</strong>.<br />

1994 wählte die Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

E. Markgraf, Jena, <strong>der</strong> schon mehrere Jahre<br />

dem Beirat angehörte, zum Präsidenten <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

für 1996. Sie gab damit weith<strong>in</strong> kund, dass<br />

die deutschen Unfallchirurgen die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

ihrer E<strong>in</strong>heit vollendet hatten.<br />

Literatur<br />

1. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1950); Nr. 42;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

2. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1951); Nr. 43;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

3. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1952); Nr. 44;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

4. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1953); Nr. 47;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

5. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1954); Nr. 48;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

6. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1955); Nr. 52;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

7. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1956); Nr. 55;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

8. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1957); Nr. 56;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

9. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1958); Nr. 60;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

10. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1959); Nr. 62;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

11. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1960); Nr. 66;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

12. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1961); Nr. 71;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

13. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1962); Nr. 75;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

14. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1963); Nr. 78;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

15. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1964); Nr. 81;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

16. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1965); Nr. 87;<br />

Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

17. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1982); Nr.<br />

164; Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

18. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongresse 1973-1987);<br />

Nr. 117, 121, 126, 129, 132, 138, 148, 153, 158,<br />

163, 174, 181, 189, 200; Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg:<br />

Spr<strong>in</strong>ger<br />

19. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongresse 1972/79/<br />

83); Nr. 114, 148, 163; Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg:<br />

Spr<strong>in</strong>ger<br />

20. Probst J. Tagebuch<br />

21. Protokoll Präsidiumssitzung DGU 2/1989<br />

22. Dresdner Unfalltagung Schriftenreihe Unfallmed<br />

Tagungen 1996; 94<br />

23. Unfallmed. Tagung LV Nordwestdeutschland,<br />

Berl<strong>in</strong> 16./17.3.1990. Schriftenreihe Unfallmed<br />

Tagungen 1990; 73<br />

24. Die Berufsgenossenschaft. „Wie hat die Unfallversicherung<br />

die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung erlebt und gestaltet?“<br />

Berl<strong>in</strong>, Bielefeld, München: Erich Schmidt<br />

Verlag, Schwerpunktheft 12/2001<br />

25. Mitteilungen und Nachrichten. Deutsche Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde 1990; 22<br />

26. Bayer. Staatsm<strong>in</strong>isterium für Arbeit, Familie und<br />

Soziales, München (Umdruck)<br />

27. Persönl. bzw. dienstl. Schriftwechsel<br />

28. Protokoll Präsidiumssitzung DGU 1/1990<br />

29. Hefte <strong>zur</strong> Unfallheilkunde (Kongress 1990); Nr.<br />

220; Berl<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger<br />

30. Protokoll Präsidiumssitzung DGU 2/1990<br />

31. Mitteilungen und Nachrichten. Deutsche Gesellschaft<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong> 1991; 24<br />

32. Ergebnisnie<strong>der</strong>schrift AK Qualität, Frankfurt/<br />

Ma<strong>in</strong>, 21.8.1990<br />

33. Zentralblatt für Chirurgie 1940; 67<br />

Prof. Dr. J. Probst<br />

Asamallee 10<br />

82418 Murnau/Staffelsse<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 97


98<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung Deutschlands<br />

E. Markgraf<br />

Anmerkungen zum Verlauf <strong>der</strong> Wende<br />

Im August 1989 hatte die Massenflucht von<br />

<strong>DDR</strong>-Bürgern, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> jüngeren <strong>in</strong><br />

bundesdeutsche Botschaften <strong>in</strong> Ostberl<strong>in</strong>,<br />

Prag, Budapest und Warschau bedeutend<br />

zugenommen.<br />

Vom 30.08. bis 02.09.1989 fand <strong>in</strong> Budapest<br />

e<strong>in</strong> Kongress „<strong>Unfallchirurgie</strong> und Rehabilitation“,<br />

an dem auch Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> teilnahmen, statt. Überall <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Stadt waren <strong>DDR</strong>-Bürger, die ihre Republik<br />

über Ungarn verlassen wollten, zu beobachten.<br />

Am Rande des Kongresses wurden die<br />

Vorgänge <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> lebhaft diskutiert. E.<br />

Markgraf und Frau hatten anlässlich e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>ladung von Frau und Herrn G. Berentey<br />

zum Abendessen <strong>in</strong> ihre Wohnung Gelegenheit,<br />

Frau und S. Weller aus Tüb<strong>in</strong>gen näher<br />

kennen zu lernen und über die Lage zu sprechen.<br />

Erstmals kam es während des Festabends<br />

des Kongresses zu e<strong>in</strong>em längeren<br />

Gespräch mit dem Generalsekretär <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Unfallheilkunde<br />

(später für <strong>Unfallchirurgie</strong>), J. Probst. Zu<br />

diesem Zeitpunkt hatte ke<strong>in</strong>er von uns damit<br />

gerechnet, dass schon <strong>in</strong> naher Zukunft<br />

die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> zwei deutschen<br />

Staaten erfolgen würde. Die meisten <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong>-Bürger erwarteten grundlegende Reformen<br />

des Systems <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>. Zu diesen<br />

musste auf alle Fälle das Aufheben des Reiseverbots,<br />

die Abschaffung <strong>der</strong> Hegemonie<br />

des Parteiapparates und <strong>der</strong> Aufbau demokratischer<br />

Verhältnisse gehören.<br />

Später, am 23.1.1990, betonte J. Probst <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Brief an E. Markgraf: „Ich denke noch<br />

manchmal an unsere Begegnung <strong>in</strong> Budapest<br />

<strong>zur</strong>ück. Damals waren wir beide gleichermaßen<br />

skeptisch und besorgt. Seit dem ist so viel<br />

auf den Weg gekommen und wir können nur<br />

hoffen, dass bald alle H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse aus dem<br />

Weg geräumt se<strong>in</strong> werden“.<br />

In e<strong>in</strong>em Telefongespräch von E. Krenz, <strong>der</strong><br />

begleitet von neuen Protesten <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

als Nachfolger des <strong>zur</strong>ückgetretenen<br />

Vorsitzenden des Staatsrats E. Honecker gewählt<br />

wurde, mit Bundeskanzler H. Kohl am<br />

26.10.1989 betonte er, dass die <strong>DDR</strong> sozialistisch<br />

bleiben werde und e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>igung<br />

nicht auf <strong>der</strong> Tagesordnung stünde [1].<br />

Abb. 1 Der Vorstand <strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> am 16.1.1989<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Von l<strong>in</strong>ks: K Welz, K. Franke, E. Markgraf, E. San<strong>der</strong>, H. Arz<strong>in</strong>ger-Jonasch, L. Stöcker, W. Kurz, G.<br />

Woziwodski. Nicht auf dem Bild: W. Senst (Fotograf). Aus: Privatarchiv E. Markgraf<br />

Am 4.9.1989 begannen die Montagsdemonstrationen<br />

mit Gottesdiensten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

evangelischen Nikolaikirche <strong>in</strong> Leipzig, <strong>der</strong>en<br />

Teilnehmerzahl ständig zunahm. Die<br />

unaufhörlich ausgerufenen Sprechchöre <strong>der</strong><br />

Demonstranten „Wir s<strong>in</strong>d das Volk“ wurden<br />

bald abgewandelt <strong>in</strong> „Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Volk“. Für<br />

die Unfallchirurgen und an<strong>der</strong>e Ärzte war<br />

die Situation belastend und undurchsichtig,<br />

da immer damit zu rechen war, dass es zu<br />

blutigen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen mit Polizei<br />

o<strong>der</strong> Armee kommen könnte. Die Krankenhäuser,<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Leipzig und Berl<strong>in</strong>,<br />

wurden so ausgerüstet, dass sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />

se<strong>in</strong> sollten, e<strong>in</strong>e größere Anzahl von Verletzten<br />

zu versorgen.<br />

Am 9.10.1989 kamen <strong>zur</strong> Montagsdemonstration<br />

70.000 Menschen nach Leipzig.<br />

Es war die größte Protestkundgebung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> seit dem Aufstand vom 17.6.1953<br />

[1]. Glücklicherweise ist es nicht zu den befürchteten<br />

Übergriffen <strong>der</strong> Sicherheitskräfte<br />

auf die Demonstranten gekommen.<br />

Zum AO-Kurs vom 4.10. bis 7.10.1989<br />

<strong>in</strong> Salzburg hat <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e „Delegation“,<br />

bestehend aus E. Markgraf, Jena (Delegationsleiter)<br />

und W. Wehner, Karl-Marx-Stadt,<br />

gesandt. Immer noch herrschte das diskrim<strong>in</strong>ierende<br />

und absolut s<strong>in</strong>nlose Ritual,<br />

dass die Delegierten vor <strong>der</strong> Abreise <strong>in</strong> das<br />

Außenm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bestellt wurden.<br />

Hier wurde ihnen erläutert, wie man<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kapitalistischen Land zu verhalten<br />

habe und dass allen Versuchen <strong>der</strong><br />

Kontaktaufnahme zu wi<strong>der</strong>stehen sei. Nach<br />

Beendigung <strong>der</strong> Reise war e<strong>in</strong> politischer<br />

Kurzbericht <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> ersten Tage und<br />

später e<strong>in</strong> fachlicher Bericht an das M<strong>in</strong>isterium<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

In den Kl<strong>in</strong>iken wurde <strong>in</strong> dieser Zeit viel<br />

diskutiert. Die ersten wagten, die Verhältnisse<br />

konkret anzusprechen. Stundenlange<br />

Belegschaftsversammlungen deckten immer<br />

deutlicher bestehende Missstände auf.<br />

E<strong>in</strong> Fanal für die „friedliche Revolution“<br />

war e<strong>in</strong>e Kundgebung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> am<br />

4.11.1989, an <strong>der</strong> geschätzte 500.000 bis<br />

e<strong>in</strong>e Million Menschen teilnahmen. Ausdrucksstark<br />

wurde das Begehren <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

neben an<strong>der</strong>en Rednern durch die<br />

Schriftsteller Stefan Heym und Christa Wolf<br />

artikuliert.<br />

Die Regierung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ist am 7.11. und<br />

das Politbüro <strong>der</strong> SED am 8.11.1989 <strong>zur</strong>ückgetreten.<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 2 Brief von G. Muhr, Bochum, vom 2.11.1990<br />

Am 8./9.11.1989 fand im „Hufhaus“ im<br />

Harz das letzte geme<strong>in</strong>same Unfallsymposium,<br />

das von den Unfallchirurgen W.<br />

Hundshagen, Nordhausen und K. Arnold,<br />

Unfallkl<strong>in</strong>ik Berl<strong>in</strong> Friedrichsha<strong>in</strong>, veranstaltet<br />

wurde, statt. E. Markgraf hatte dort<br />

über das Management beim Polytrauma zu<br />

sprechen. Anschließend wurde vom 10. bis<br />

11.11.1989 die Jahreshaupttagung <strong>in</strong> Heiligenstadt<br />

durchgeführt. Der 10. November<br />

war <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Maueröffnung. Es herrschte<br />

e<strong>in</strong>e euphorische Stimmung mit <strong>der</strong> Fragestellung:<br />

„Warst Du schon <strong>in</strong> Du<strong>der</strong>stadt?“<br />

Das ist die nächste von Heiligenstadt aus zu<br />

erreichende Stadt <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD. Auf <strong>der</strong> Rückfahrt<br />

über Worbis fuhren wir an e<strong>in</strong>er über<br />

45 km langen Autoschlange, die sich <strong>in</strong> Richtung<br />

<strong>der</strong> bisherigen <strong>in</strong>nerdeutschen Grenze<br />

formiert hatte, vorbei.<br />

H. Modrow, seit dem 13.11.1989 neuer Regierungschef,<br />

hat am 26.11.1989 e<strong>in</strong>e Regierungserklärung<br />

abgegeben, <strong>in</strong> <strong>der</strong> er den<br />

Vorschlag e<strong>in</strong>er Vertragsgeme<strong>in</strong>schaft mit<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik angeregt und e<strong>in</strong>e Kooperation<br />

mit <strong>der</strong> EG angekündigt hat [1].<br />

Zur Sitzung des Vorstandes <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> am 21.11.1989 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> wurde angesichts<br />

<strong>der</strong> politischen Entwicklung konkret<br />

erörtert, wie es mit <strong>der</strong> Sektion weitergehen<br />

soll. Auch zu diesem Zeitpunkt wurde ke<strong>in</strong>e<br />

Beendigung <strong>der</strong> Tätigkeit erwartet. Die Abbildung<br />

1 (� Abb. 1) zeigt den Vorstand <strong>der</strong><br />

Sektion anlässlich e<strong>in</strong>er Sitzung vom Januar<br />

1989 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

Am 22.11.1989 nahmen zahlreiche Unfallchirurgen<br />

erstmals an <strong>der</strong> Jahrestagung<br />

<strong>der</strong> DGU im ICC <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> teil. P. Schmit-Neuerburg,<br />

Präsident dieser 53. Tagung, hat diesen<br />

Umstand sehr gewürdigt und die Kollegen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> herzlich begrüßt.<br />

Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen<br />

Lebens <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> haben am 26.11.1989 e<strong>in</strong>en<br />

Aufruf „Für unser Land“ veröffentlicht, <strong>in</strong><br />

dem sie sich für die Eigenstaatlichkeit <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>gesetzt haben.<br />

Vom 6. bis 8.2.1990 fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weitere<br />

Sitzung des Vorstandes <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> statt. Es g<strong>in</strong>g um grundsätzliche<br />

Positionierungen <strong>der</strong> Sektion <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wendezeit und die Überlebenschancen <strong>der</strong><br />

eigenen Gesellschaft. Übere<strong>in</strong>stimmend<br />

wurde davon ausgegangen, dass die Sekti-<br />

on, <strong>in</strong> welcher Art auch immer, weiter bestehen<br />

sollte, gegebenenfalls als unfallchirurgische<br />

Dachorganisation <strong>der</strong> Region Ost.<br />

G. Muhr, Bochum, hat se<strong>in</strong>e Ansicht dazu <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Brief mitgeteilt (� Abb. 2). Auf dieser<br />

Tagung wurde E. Markgraf, gewählter Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Sektion für 1991, gebeten, die<br />

wissenschaftliche Leitung des XII. Unfallchirurgenkongresses<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> mit <strong>in</strong>ternationaler<br />

Beteiligung im November 1990 <strong>in</strong><br />

Leipzig zu übernehmen.<br />

Die Frage, wie die Arbeit <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

zukünftig aussehen soll, war auch im<br />

Juni 1990 noch nicht geklärt, wie aus e<strong>in</strong>em<br />

Rundbrief an die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion vom<br />

22.6.1990 hervorgeht. Dieser lautete: „Sehr<br />

verehrte Frau Kolleg<strong>in</strong>! Sehr geehrter Herr<br />

Kollege!<br />

In e<strong>in</strong>er Zeit bedeuten<strong>der</strong> politischer Entscheidungen<br />

möchten wir Ihnen <strong>in</strong> dieser<br />

Form unsere Me<strong>in</strong>ung über die weitere Arbeit<br />

und die Perspektive unserer Sektion Traumatologie<br />

mitteilen sowie auf e<strong>in</strong>ige Veranstaltungen<br />

h<strong>in</strong>weisen.<br />

Die Arbeit <strong>der</strong> Sektion wird auch unter den<br />

verän<strong>der</strong>ten Umständen wie bisher fortgesetzt.<br />

Der Vorstand ist Ihnen dankbar, wenn<br />

Sie auch weiterh<strong>in</strong> ihr Engagement e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 99


100<br />

gen. Wir streben im Rahmen <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung<br />

<strong>der</strong> beiden deutschen Staaten selbstverständlich<br />

auch die Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> unfallchirurgischen<br />

Organisationen an. Möglicherweise<br />

wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heitlichen Gesellschaft e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Selbständigkeit <strong>der</strong> durch die heutige<br />

<strong>DDR</strong> repräsentierten Landesabschnitte<br />

verbleiben. In gleicher Weise ist vorgesehen,<br />

<strong>der</strong> Sektion Ostdeutschland <strong>der</strong> AO International<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> vorgesehenen e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Sektion Deutschland e<strong>in</strong> spezifisches<br />

Gepräge zu erhalten.<br />

Die von allen Unfallchirurgen für wichtig<br />

erachteten Kontakte <strong>zur</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde haben sich <strong>in</strong> kurzer<br />

Zeit erfreulich gut entwickelt und werden<br />

auch auf dem Kongress <strong>in</strong> Leipzig ihren Nie<strong>der</strong>schlag<br />

f<strong>in</strong>den.<br />

Der XII. Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

mit <strong>in</strong>ternationaler Beteiligung wird vom<br />

6. bis 8. November 1990 unter <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Leitung von Herrn Professor<br />

Markgraf, Jena, stattf<strong>in</strong>den. Die Programme<br />

werden rechtzeitig versandt. Da es sicherlich<br />

<strong>der</strong> letzte Kongress unserer Sektion <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

herkömmlichen Form se<strong>in</strong> wird, wären wir<br />

Ihnen für e<strong>in</strong>e engagierte Teilnahme sehr<br />

verbunden.<br />

Im Rahmen des Unfallchirurgenkongresses<br />

wird selbstverständlich e<strong>in</strong>e Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

stattf<strong>in</strong>den, zu <strong>der</strong> Ihre aktive<br />

Teilnahme erwünscht ist.<br />

Der erweiterte Vorstand <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> hat sich im Mai 1990<br />

für e<strong>in</strong> Weiterbestehen <strong>der</strong> Gesellschaft ausgesprochen,<br />

soweit noch selbständige politische<br />

E<strong>in</strong>heiten <strong>in</strong> Deutschland bestehen.<br />

Somit soll auch <strong>der</strong> Chirurgenkongress <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> vom 11. bis 15.3.1991 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> stattf<strong>in</strong>den.<br />

Die unfallchirurgische Thematik bezieht<br />

sich auf die Verletzungen des Beckens.<br />

Das für November 1991 vorgesehene IV.<br />

Symposium <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International<br />

soll <strong>in</strong> Weimar stattf<strong>in</strong>den und wird<br />

vorbereitet.<br />

Wir wünschen Ihnen persönlich und <strong>in</strong><br />

Ihrer anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit<br />

alles Gute und bauen weiter auf e<strong>in</strong>e gute<br />

Zusammenarbeit."<br />

gez.:<br />

OMR Prof. Dr. K. Franke<br />

Berl<strong>in</strong><br />

1. Vorsitzen<strong>der</strong><br />

Prof. Dr. E. Markgraf<br />

Jena<br />

2. Vorsitzen<strong>der</strong><br />

OMR Dr. K. Welz<br />

Cottbus<br />

Sekretär<br />

Abb. 3 Brief von S. Weller, Tüb<strong>in</strong>gen, vom 27.2.1990<br />

Entwicklungen nach <strong>der</strong> Wende<br />

Nach <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Grenze haben die Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong> une<strong>in</strong>geschränktes<br />

Entgegenkommen <strong>der</strong> Kollegen aus <strong>der</strong> BRD<br />

und e<strong>in</strong>e Vertiefung <strong>der</strong> schon bestandenen<br />

guten Beziehungen <strong>zur</strong> AOI und wichtigen<br />

Vertretern <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> Österreichs<br />

und <strong>der</strong> Schweiz erlebt. E. Markgraf wurde<br />

von G. Muhr zum traditionellen „Bochum-<br />

Treff“ vom 1.–3.2.1990 e<strong>in</strong>geladen und<br />

mit dem Vorsitz e<strong>in</strong>es Tagungsabschnitts<br />

betraut. Am 19.3.1990 weilte J. Probst mit<br />

Gatt<strong>in</strong> <strong>in</strong> Jena, um die weiteren notwendigen<br />

Schritte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Annäherung <strong>der</strong> beiden<br />

unfallchirurgischen Gesellschaften<br />

mit E. Markgraf, damals 2. Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, zu erörtern.<br />

Vom 20.–22.3.1990 war <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong><br />

AO-International U. Heim mit se<strong>in</strong>er Gatt<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Jena. Mit dem Obmann elect. E. Markgraf<br />

wurden nach Abstimmung mit dem Obmann<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong>, E. San<strong>der</strong>, Fragen<br />

<strong>der</strong> weiteren Arbeit <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Sektion besprochen.<br />

Zum traditionellen AO-Kurs <strong>in</strong> Freiburg/<br />

B. vom 26.–30.3.1990 hatte <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />

Leiter, E.H. Kuner, Direktor <strong>der</strong><br />

Kl<strong>in</strong>ik für <strong>Unfallchirurgie</strong> des Universitätskl<strong>in</strong>ikums<br />

als Referenten und Instrukteure<br />

die Herren E. Markgraf, Jena, W. Otto, Halle<br />

und K. Welz, Cottbus, e<strong>in</strong>geladen.<br />

An <strong>der</strong> seit e<strong>in</strong>igen Jahren etablierten Fortbildungsveranstaltung<br />

für Unfallchirurgen<br />

vom 8.–10.4.1990 <strong>in</strong> Gera-Kaimberg nahmen<br />

erstmals Vertreter dar Unfallchirurgen<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Nürnbergs unter Leitung von H.W. Stedtfeld<br />

teil. Die Festveranstaltung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gaststätte<br />

„Wilhelmshöhe“ <strong>in</strong> Jena war e<strong>in</strong> emotionales<br />

Erlebnis <strong>der</strong> gewonnenen Geme<strong>in</strong>samkeit.<br />

S. Weller hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schreiben vom<br />

27.2.1990 e<strong>in</strong> großzügiges Hospitationsangebot<br />

(� Abb. 3) für Unfallchirurgen <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> gemacht.<br />

E. Markgraf hat, wie zahlreiche an<strong>der</strong>e Kollegen,<br />

das Angebot dankbar wahrgenommen<br />

und vom 6.–12.5.1990 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsgenossenschaftlichen<br />

Kl<strong>in</strong>ik (Universitätskl<strong>in</strong>ik)<br />

Tüb<strong>in</strong>gen hospitiert. Empfang und Aufenthalt<br />

wurde vom Kl<strong>in</strong>ikdirektor, S. Weller und<br />

se<strong>in</strong>er Frau für den Hospitanten optimal<br />

gestaltet. Es gab viele Gelegenheiten, die<br />

Ereignisse <strong>der</strong> Zeit zu besprechen. Herzlich<br />

war <strong>der</strong> Empfang auch seitens <strong>der</strong> Oberärzte<br />

und Mitarbeiter <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik. Der gegenseitige<br />

Informationsbedarf war außerordentlich<br />

groß. Manche freundschaftliche Beziehungen<br />

haben sich bis heute erhalten.<br />

Neben an<strong>der</strong>en leitenden Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> BRD hat auch G. Hierholzer se<strong>in</strong>e Erwartungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schreiben vom 27.2.1990<br />

zum Ausdruck gebracht (� Abb. 4).<br />

Inzwischen hatte die Industrie für Implantate<br />

und Instrumente für die <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

ihre Chancen <strong>in</strong> den ostdeutschen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n entdeckt. Das war für die<br />

Unfallchirurgen vorteilhaft, zumal damit<br />

auch bemerkenswerte Hilfeleistungen und<br />

Unterstützungen verbunden waren. So<br />

positionierte die Firma „Synthes Bochum“,<br />

Hauptverteiler <strong>der</strong> Schweizer AO-Implantate,<br />

im Mai 1990 ihr „Infomobil“ <strong>in</strong> mehreren<br />

ostdeutschen Bundeslän<strong>der</strong>n als sehr<br />

wertvolles Informationsangebot. Betreut<br />

wurde dieses Mobil vom Geschäftsführer J.<br />

Gühne. Die briefliche Ankündigung dieser<br />

Präsentation geht aus � Abb. 5 hervor.<br />

E<strong>in</strong>e Aktennotiz vom 1. Vorsitzenden <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie, K. Franke, über die<br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> am 18.8.1990 <strong>in</strong> Magdeburg<br />

unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Vorstandsmitglie<strong>der</strong><br />

P. He<strong>in</strong>rich, Magdeburg, S. Kiene,<br />

Leipzig und W. Usbeck, Erfurt, enthält folgende<br />

Angaben.<br />

1. Nach Satzung <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Chirurgie ist e<strong>in</strong> korporativer Beitritt<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

nicht möglich, so dass nur <strong>der</strong> Erwerb von<br />

E<strong>in</strong>zelmitgliedschaften durch Chirurgen<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bleibt.<br />

2. Der Auflösung <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wird von den Anwesenden<br />

mit e<strong>in</strong>er Gegenstimme zugestimmt. Geschäftsschluss<br />

ist <strong>der</strong> 14.10.1990.<br />

2.1. Auf Antrag des Unterzeichnenden (<strong>in</strong><br />

Bestätigung e<strong>in</strong>es Briefes von Prof. Mark-<br />

Abb. 4 Brief von G. Hierholzer, Duisburg, vom 27.2.1990<br />

graf) wird die Tätigkeit <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

bis zum Unfallchirurgenkongress<br />

<strong>in</strong> Leipzig (6.–8.11.1990) verlängert,<br />

wo diese dann ihr Wirken e<strong>in</strong>stellt.<br />

3. Dem Schatzmeister wird Entlastung erteilt.<br />

Das Vermögen <strong>der</strong> Gesellschaft wird<br />

auf die Regionalgesellschaften für Chirurgie<br />

<strong>in</strong> den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> aufgeteilt.<br />

4. Das Protokoll <strong>der</strong> letzten Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie Erfurt deponiert. Die Akten <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> werden<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>zur</strong> Aufbewahrung übergeben.“<br />

Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> Der Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>in</strong> die Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde,<br />

später <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

Am 15. und 16. 9.1990 waren E. Markgraf<br />

und Gatt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ladung des Generalsekretärs<br />

<strong>der</strong> DGU J. Probst und se<strong>in</strong>er Frau<br />

nach Murnau am Staffelsee gefolgt. Die<br />

sehr persönliche Begegnung, die mit e<strong>in</strong>er<br />

Besichtigung <strong>der</strong> bee<strong>in</strong>druckenden BG-Kl<strong>in</strong>ik<br />

begann, diente <strong>der</strong> sachlichen Erörterung<br />

aller Fragen, die mit <strong>der</strong> möglichen Zusammenführung<br />

<strong>der</strong> DGU und <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> verbunden waren.<br />

Die spätere Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> erfolgte ohne Ansehen<br />

<strong>der</strong> Personen o<strong>der</strong> H<strong>in</strong>terfragung ihrer jeweiligen<br />

politischen Anamnesen durch ihre<br />

Zustimmung nach brieflicher Befragung, ob<br />

die Bereitschaft <strong>zur</strong> <strong>in</strong>dividuellen Übernah-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 101


102<br />

Abb. 5 Brief von J. Gühne, Bochum, vom 23.4.1990<br />

me <strong>in</strong> die DGU besteht. Als Bürgen fungierten<br />

J. Probst und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter.<br />

In e<strong>in</strong>em Brief des Präsidenten A. Pannike<br />

und des Generalsekretärs J. Probst <strong>der</strong><br />

DGU vom 4.10.1990 an den Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wird formuliert:<br />

„Seit den denkwürdigen Novembertagen<br />

des vergangenen Jahres haben die Unfallchirurgen<br />

als erste und demonstrativ deutlich<br />

gemacht, dass die Jahrzehnte währende<br />

Trennung nicht <strong>zur</strong> gegenseitigen Entfremdung<br />

<strong>der</strong> Kollegen <strong>in</strong> Ost und West zu führen<br />

vermocht hat. Wir haben mit großer Freude<br />

gesehen, dass <strong>in</strong> diesen Monaten ungezählte<br />

Beziehungen zwischen Kollegen und Kl<strong>in</strong>iken<br />

geknüpft wurden.<br />

Wenn die Sektion Traumatologie mit dem<br />

XII. Internationalen Unfallkongress vom<br />

6.–8.11.1990 <strong>in</strong> Leipzig, <strong>der</strong> Stadt, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

1922 die Deutsche Gesellschaft für Unfallheilkunde<br />

gegründet worden ist, ihre Tätigkeit<br />

beendet, sollen die Unfallchirurgen aus<br />

den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n wissen, dass sie<br />

uns entsprechend ihrem frei bekundeten Antrag<br />

auf persönliche Aufnahme <strong>in</strong> die Deutsche<br />

Gesellschaft für Unfallheilkunde als Mitglie<strong>der</strong><br />

herzlich willkommen s<strong>in</strong>d.<br />

Wie sehr wir uns mit allen diesen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen verbunden fühlen, haben<br />

wir <strong>in</strong>zwischen mehrfach, nicht zuletzt<br />

auch durch die Kooption von zwei Kollegen –<br />

Prof. Dr. Schenk und Dr. Welz – als außerordentliche<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Beirats unserer Gesellschaft,<br />

deutlich gemacht.<br />

Im Augenblick unserer staatlichen Vere<strong>in</strong>igung<br />

geht nicht nur <strong>der</strong> Wunsch <strong>der</strong><br />

Menschen <strong>in</strong> Erfüllung, geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Land zu leben, son<strong>der</strong>n es ergeben sich auch<br />

neue und <strong>in</strong> ihren Aussichten noch gar nicht<br />

abzusehende Möglichkeiten <strong>der</strong> praktischen<br />

und wissenschaftlichen Zusammenarbeit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wesentlich vergrößerten Kollegenkreis.<br />

Wir grüßen alle am Unfallchirurgenkongress<br />

<strong>in</strong> Leipzig teilnehmenden Kollegen mit<br />

dem vom Mitbegrün<strong>der</strong> unserer Gesellschaft<br />

1922 dort ausgegebenen Leitspruch: Die Zeit<br />

for<strong>der</strong>t gebieterisch geme<strong>in</strong>same Arbeit.“<br />

In <strong>der</strong> Folgezeit besuchten immer mehr<br />

Unfallchirurgen aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> Tagungen und<br />

Kurse <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD. Der begonnene Dialog<br />

wurde fortgesetzt und es zeigte sich e<strong>in</strong>e<br />

freundschaftliche Zuwendung von beiden<br />

Seiten. Stellvertretend möchte ich den AO-<br />

Kurs unter <strong>der</strong> Leitung von G. Hierholzer,<br />

Duisburg, G. Muhr, Bochum und P. Schmit-<br />

Neuerburg, Essen vom 26.–29.8.1990 und<br />

das Münchener Innenstadtsymposium,<br />

geleitet von L. Schweiberer, München, vom<br />

10.–13.10.1990 nennen.<br />

Im Rahmen des 7. Mittelfränkischen<br />

Trauma-Colloquiums unter <strong>der</strong> Leitung von<br />

H. Beck am 3.10.1990 wurde E. Markgraf,<br />

<strong>der</strong> als Referent auftrat, von H.W. Stedtfeld<br />

<strong>in</strong> dessen Haus e<strong>in</strong>geladen, wo im Beise<strong>in</strong><br />

zweier se<strong>in</strong>er Oberärzte die Deutsche E<strong>in</strong>heit<br />

gefeiert wurde.<br />

Vom 6.–8.11.1990 fand <strong>der</strong> XII. und letzte<br />

Unfallchirurgenkongress <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Leipzig statt. Obwohl die <strong>DDR</strong> zu diesem<br />

Zeitpunkt nicht mehr existierte, wurde<br />

die Kongressbezeichnung belassen, da das<br />

Drucken <strong>der</strong> Programme bereits im August<br />

1990 stattgefunden hatte. Die Organisation<br />

des Kongresses oblag KH. Sandner, <strong>der</strong><br />

bereits für die vorangegangenen Tagungen<br />

<strong>der</strong> Sektion verantwortlich war. Der holzgetäfelte<br />

kle<strong>in</strong>e Gewandhaussaal war e<strong>in</strong><br />

würdiger Tagungsort. In den � Abb. 6/1 und<br />

6/2 s<strong>in</strong>d die im Programm aufgeführten<br />

Vorsitzenden und Referenten dargestellt.<br />

Nachfolgend ist <strong>der</strong> Wortlaut <strong>der</strong> Eröffnungsansprache<br />

des Präsidenten E. Markgraf<br />

wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

„Me<strong>in</strong>e sehr verehrten Damen und Herren!<br />

Ich erlaube mir, Sie auf des herzlichste <strong>in</strong> Leipzig<br />

zu begrüßen. Ich fühle e<strong>in</strong>e große Genugtuung<br />

darüber, dass Sie trotz <strong>der</strong> vielen persönlichen<br />

und allgeme<strong>in</strong>en Aufgaben dieser<br />

wildbewegten Zeit unserer E<strong>in</strong>ladung gefolgt<br />

s<strong>in</strong>d. Ganz herzlich begrüße ich Herrn Pannike,<br />

Präsident und Herrn Probst, Generalsekretär<br />

als Repräsentanten <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde.<br />

Es ist uns e<strong>in</strong>e große Freude, Gäste aus <strong>der</strong><br />

Schweiz, aus Österreich, Ungarn, <strong>der</strong> CSFR,<br />

Jugoslawien und <strong>der</strong> Sowjetunion zu begrüßen.<br />

Stellvertretend für alle ausländischen<br />

Gäste möchte ich Herrn Heim, Präsident <strong>der</strong><br />

AO-International, sehr willkommen heißen.<br />

Gruß und Dank gilt dem Rektor <strong>der</strong> ehrwürdigen<br />

Leipziger Universität Magnifizenz Leu-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 6/1 Vorsitzende und Referenten des XII. Unfallchirurgenkongresse vom 5.–8.11.1990 <strong>in</strong> Leipzig (auszugsweiser Abdruck aus dem Programm)<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 103


104<br />

Abb. 6/2 Vorsitzende und Referenten des XII. Unfallchirurgenkongresse vom 5.–8.11.1990 <strong>in</strong> Leipzig (auszugsweiser Abdruck aus dem Programm)<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


tert, <strong>der</strong> das Anliegen unseres Kongresses <strong>in</strong><br />

großzügiger Weise unterstützt.<br />

Me<strong>in</strong>e Damen und Herren!<br />

Im Herbst 1989, vor e<strong>in</strong>em Jahr, begannen<br />

die ersten Vorbereitungen für diese Tagung.<br />

R<strong>in</strong>gs um uns war, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> dieser<br />

Stadt, e<strong>in</strong>e gespannte Atmosphäre. Die Menschen<br />

wurden, teils ängstlich, teils durch Anfangserfolge<br />

gestärkt, selbsbewusster, solidarischer<br />

und emotioneller, trotz des Gespürs<br />

<strong>der</strong> Gefahren, die mit dem Heraufbeschwören<br />

eigenen Wollens und eigener Initiative<br />

verbunden waren. Schritt für Schritt wurde<br />

das Volk zum Gestalter <strong>der</strong> historischen Szene.<br />

Alle wollten das „Alte“ überw<strong>in</strong>den, aber<br />

ke<strong>in</strong>er wusste, welche Gestalt das „Neue“<br />

haben würde. Wie das aus bunten Glasste<strong>in</strong>en<br />

reflektierte Bild e<strong>in</strong>es Kaleidoskops bei<br />

forcierter Bewegung zusammenfällt, um e<strong>in</strong><br />

neues an<strong>der</strong>es Mosaik entstehen zu lassen,<br />

so haben wir <strong>in</strong> den vergangenen Monaten<br />

immer neue Situationen, neue Reflektionen,<br />

neuen Fortschritt und bei aller Freude über<br />

die erreichten geschichtlichen Tragweiten<br />

auch neue Probleme und Ängste erlebt. Alle<br />

fest geglaubten Strukturen kamen <strong>in</strong>s Wanken<br />

und wir lernten, dass das kaleidoskopische<br />

Bild Kle<strong>in</strong>korrekturen nicht verträgt.<br />

Inzwischen ist, wie Jens Reich betont, <strong>der</strong><br />

Überfall <strong>der</strong> Freiheit weitgehend irreversibel<br />

abgeschlossen. Der schicksalsgestaltende<br />

Umbruch hat dabei im kritiklosen Ansturm,<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Leipzig, auch ehrenwerte Persönlichkeiten<br />

umgerissen und es bleibt uns<br />

die Hoffnung, dass ihnen Gerechtigkeit wi<strong>der</strong>fährt.<br />

Oft waren <strong>in</strong> den letzten Monaten die uns<br />

prägenden Gefühle wie antipodische Kräfte.<br />

Wir wussten nicht, wie nahe euphorische<br />

Wie<strong>der</strong>begegnungsumarmungen mit <strong>der</strong><br />

Absteckung von Machtansprüchen verwandt<br />

se<strong>in</strong> können. Ständig fühlten wir, dass das Leben<br />

immer live ist und jede Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>e Antwort verlangt. Es zeigte sich nun e<strong>in</strong><br />

neues Selbstwertgefühl, das für Kraft und<br />

Kreativität Bed<strong>in</strong>gung ist.<br />

Me<strong>in</strong>e Damen und Herren!<br />

Wir haben das Programm unseres Kongresses,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erstjährung des neuen Aufbruchs,<br />

dessen politischen Konsequenzen und dessen<br />

neues Denken unser Leben <strong>in</strong> allen Dimensionen<br />

verän<strong>der</strong>t hat und <strong>der</strong> <strong>der</strong> letzte herkömmlicher<br />

Art se<strong>in</strong> wird, mit dem Bild <strong>der</strong><br />

Nikolaikirche <strong>in</strong> Leipzig im Programm ausgewiesen.<br />

Was sonst hätte das ungewöhnliche<br />

Drehbuch <strong>in</strong>s Leben übertragen können,<br />

wenn nicht <strong>der</strong> aus bitterer Enttäuschung<br />

entstandene hoffnungsergreifende Wille <strong>der</strong><br />

Menschen mit dem Symbol brennen<strong>der</strong> Kerzen<br />

zu e<strong>in</strong>er Macht geworden wäre!<br />

In diesen Stunden des Kampfes und Bangens<br />

waren wie<strong>der</strong>um, wie immer <strong>in</strong> pro-<br />

blembelasteten Situationen, die Unfallchirurgen<br />

gefor<strong>der</strong>t.<br />

Ihnen, me<strong>in</strong>e Damen und Herren, den Unfallchirurg<strong>in</strong>nen<br />

und Unfallchirurgen, ihren<br />

Familien und ihren Mitstreitern, die unbeirrt<br />

und mit großer H<strong>in</strong>gabe wirken und wissend,<br />

dass <strong>der</strong> Beruf <strong>der</strong>er, die <strong>Unfallchirurgie</strong> betreiben,<br />

oft nur e<strong>in</strong>e reduzierte Lebensqualität<br />

hat, sei dieser Kongress gewidmet.<br />

Sie haben über Jahre und Jahrzehnte e<strong>in</strong>e<br />

große Arbeit geleistet. Auch deshalb möchten<br />

wir die gelegentlich zu spürende Schuldzuweisung<br />

ablehnen, dass sich das <strong>DDR</strong>-System<br />

deshalb so lange halten konnte, weil<br />

viele Unfallchirurgen auf das Verlassen des<br />

Landes, was aber die Kündigung <strong>der</strong> Verantwortung<br />

gegenüber ihren Patienten bedeutete,<br />

verzichtet hätten.<br />

Viel freudiger ist unser Empf<strong>in</strong>den über den<br />

Wunsch Goethes, <strong>der</strong> mit dieser Stadt so eng<br />

verbunden war und 1829 schrieb:<br />

„Mir ist nicht bange, dass Deutschland<br />

nicht e<strong>in</strong>s werde,<br />

vor allem sei es e<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Liebe untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

und immer sei es e<strong>in</strong>s<br />

dass <strong>der</strong> deutsche Thaler und Groschen<br />

im ganzen Reich gleichen Wert habe -<br />

e<strong>in</strong>s, dass me<strong>in</strong> Reisekoffer durch alle deutschen<br />

Län<strong>der</strong><br />

ungeöffnet passieren könnte.“<br />

Große Hilfe haben wir <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Monaten durch viele Freunde erfahren. Ihr<br />

Rat, ihre konkrete Hilfe, ihr mitfühlen<strong>der</strong><br />

und mitgestalteter Beistand haben uns sehr<br />

geholfen. Vielen Unfallchirurgen unseres<br />

Landesabschnittes wurde <strong>in</strong>zwischen die<br />

Möglichkeit zu Hospitationen geboten, die<br />

sie dankbar nutzten, um bestehende Defizite<br />

kraftvoll und <strong>in</strong> kurzer Zeit ausgleichen zu<br />

können.<br />

Dank sei auch den Firmen gesagt, die unseren<br />

Kongress mit ihren Expositionen bereichern<br />

und darüber h<strong>in</strong>aus mit großem Entgegenkommen<br />

aufwarten.<br />

Me<strong>in</strong>e Damen und Herren!<br />

Die Geometrie und schlichte Eleganz dieses<br />

historischen Raumes, Ernst und Freude dieser<br />

Stunde, die Anwesenheit von Gästen aus<br />

vielen Län<strong>der</strong>n und <strong>der</strong> ausgeprägte S<strong>in</strong>n von<br />

Unfallchirurgen zum Zusammenhalt geben<br />

<strong>der</strong> Eröffnung unseres Kongresses ihr Gepräge<br />

und das Gefühl großer Freude und Dankbarkeit.<br />

Seien Sie noch e<strong>in</strong>mal herzlich willkommen<br />

geheißen, und es möge Ihnen vergönnt<br />

se<strong>in</strong>, die ungewöhnliche Dimension <strong>der</strong> Stadt<br />

Leipzig zu erleben, sich bleiben<strong>der</strong> menschlicher<br />

Begegnungen zu erfreuen und sie mit<br />

fruchtbaren Erfahrungen <strong>der</strong> wissenschaft-<br />

lichen Debatten zu verb<strong>in</strong>den. Der XII. Unfallchirurgenkongress<br />

<strong>in</strong> Leipzig ist eröffnet.“<br />

An <strong>der</strong> 54. Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Unfallheilkunde unter <strong>der</strong><br />

Präsidentschaft von A. Pannicke, die vom<br />

28.11.–1.12.1990 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> stattfand, nahmen<br />

zahlreiche Vertreter <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Sektion Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> teil, wobei e<strong>in</strong>ige als Vortragende<br />

tätig o<strong>der</strong> mit dem Vorsitz von Tagungsabschnitten<br />

betraut wurden.<br />

Die Stimmung <strong>der</strong> ostdeutschen Unfallchirurgen<br />

war betont ambivalent. E<strong>in</strong>erseits<br />

war die Freude über die Überw<strong>in</strong>dung des<br />

erstarrten <strong>DDR</strong>-Regimes und die nun une<strong>in</strong>geschränkten<br />

Kontakte mit den Kollegen<br />

<strong>der</strong> BRD groß, an<strong>der</strong>erseits waren die Ängste<br />

über die Zukunft des <strong>DDR</strong>-Ärztestandes<br />

real vorhanden.<br />

Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion<br />

<strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AOI <strong>in</strong> die Deutsche Sektion<br />

Am 21.9.1990 fand <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> die letzte Sitzung<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-I statt. E.<br />

Markgraf wurde zu diesem Anlass als Nachfolger<br />

von E. San<strong>der</strong> zum Obmann <strong>der</strong> Sektion<br />

gewählt.<br />

Am 24.9.1990 hat E. Markgraf als Obmann<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International e<strong>in</strong>en<br />

Brief an den Obmann <strong>der</strong> Deutschen Sektion<br />

<strong>der</strong> AO-International, Prof. Dr. Dr. h.c. S.<br />

Weller mit folgendem Inhalt geschrieben:<br />

„Sehr verehrter Herr Vorsitzen<strong>der</strong>, lieber Herr<br />

Weller!<br />

Ich erlaube mir, Sie über den Verlauf und das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> letzten Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International am<br />

21.9.1990 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> zu <strong>in</strong>formieren. Gleichzeitig<br />

möchte ich Ihnen unsere auf <strong>der</strong> Sitzung<br />

formulierten Vorstellungen über die<br />

weitere Entwicklung <strong>zur</strong> Kenntnis br<strong>in</strong>gen.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> haben mich<br />

für die Übergangsphase als Nachfolger von<br />

Herrn Prof. San<strong>der</strong> <strong>in</strong> demokratischer Abstimmung<br />

als Obmann gewählt und mich für<br />

Absprachen über die künftige Entwicklung <strong>in</strong><br />

Deutschland mit Ihnen autorisiert. Nach <strong>der</strong><br />

Vere<strong>in</strong>igung Deutschlands sollte und kann es<br />

aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> bisherigen<br />

Sektion <strong>DDR</strong> nur noch e<strong>in</strong>e Sektion Deutschland<br />

<strong>der</strong> AO-International geben. In dieser<br />

e<strong>in</strong>heitlichen Sektion sollte die Arbeit nach<br />

Gebieten von den dort tätigen Mitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Sektion organisiert werden. Diese Gebiete<br />

könnten neben den schon vorhandenen<br />

Strukturen Nordwestdeutschland und Süddeutschland<br />

künftig durch Ostdeutschland<br />

ergänzt werden.<br />

Der Anspruch auf die Übernahme <strong>der</strong> bisherigen<br />

Sektion <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> die gesamtdeutsche<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 105


106<br />

und das Weiterwirken e<strong>in</strong>iger ihrer Repräsentanten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> künftigen e<strong>in</strong>heitlichen Sektion<br />

Deutschland ergibt sich nach unseren Vorstellungen<br />

daraus, dass die Sektion <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong><br />

eigenständiges Mitglied <strong>der</strong> AO-International<br />

gewesen ist. Es wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

entsprechend <strong>der</strong> Satzung <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong><br />

und den Empfehlungen <strong>der</strong> AO-International<br />

e<strong>in</strong>e umfangreiche Arbeit geleistet.<br />

Wir gehen auch davon aus, dass die zu<br />

lösenden Probleme und die <strong>in</strong>haltliche Zielstellung<br />

<strong>der</strong> AO-International im Gebiet<br />

Ostdeutschland e<strong>in</strong>en gewissen beson<strong>der</strong>en<br />

Charakter, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den nächsten Jahren,<br />

haben wird.<br />

So möchten wir das für den Herbst 1991<br />

geplante IV. AO-Symposium <strong>in</strong> Weimar<br />

durchführen und auch bei <strong>der</strong> Ausrichtung<br />

von AO-Kursen weiter aktiv bleiben.<br />

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie<br />

sich zu unseren Vorstellungen äußern würden.<br />

Zu e<strong>in</strong>er persönlichen Aussprache, die<br />

Sie bereits <strong>in</strong> Kiel <strong>in</strong> Aussicht gestellt haben,<br />

b<strong>in</strong> ich zusammen mit an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong>n<br />

unserer Sektion selbstverständlich je<strong>der</strong>zeit<br />

bereit.<br />

Mit vorzüglicher Hochachtung und<br />

herzlichen Grüßen<br />

Ihr Eberhard Markgraf“<br />

Am 16.11.1990 trafen sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> BG-Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Vorstand <strong>der</strong> Deutschen<br />

Sektion <strong>der</strong> AO mit ihrem Obmann S. Weller<br />

mit E. Markgraf, Obmann, S. Grafe und K.<br />

Welz als Vertreter <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AOI.<br />

An <strong>der</strong> Beratung nahmen auch G. Hierholzer,<br />

A. Pannike, und O. Oest teil.<br />

Nachdem zunächst unterschiedliche<br />

Standpunkte dargelegt wurden, konnte später<br />

E<strong>in</strong>igkeit darüber erzielt werden, dass es<br />

nicht s<strong>in</strong>nvoll wäre, 2 Sektionen <strong>in</strong> Deutschland<br />

bestehen zu lassen. Der Vorschlag <strong>der</strong><br />

Übernahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong><br />

<strong>in</strong> die Deutsche Sektion, gleichberechtigt<br />

ohne Ausgrenzung E<strong>in</strong>zelner wurde von allen<br />

als faire und mo<strong>der</strong>ate Lösung empfunden<br />

und beschlossen.<br />

Für die Übernahme wurde e<strong>in</strong> späterer<br />

Term<strong>in</strong> <strong>in</strong> Aussicht gestellt. Die Verhandlungspartner<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> wurden <strong>in</strong><br />

den Beirat <strong>der</strong> Deutschen Sektion kooptiert.<br />

Am 5.10.1991 erfolgte <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> die Aufnahme<br />

<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong><br />

AOI <strong>in</strong> die nunmehr geme<strong>in</strong>same Deutsche<br />

Sektion. Die � Abb. 7 zeigt die gute Stimmung<br />

von drei Teilnehmern zu diesem Anlass.<br />

Ebenso wurden ostdeutsche Unfallchirurgen<br />

als aktive Mitgestalter des AO-Kurses <strong>in</strong><br />

Davos vom 8.–14.12.1990 e<strong>in</strong>geladen.<br />

Abb. 7 Während <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> ehemaligen Sektion <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> die Deutsche Sektion<br />

<strong>der</strong> AOI am 5.10.1991. Von l<strong>in</strong>ks: U. Heim, Davos, W. Senst, Frankfurt/O<strong>der</strong>, E. Markgraf, Jena.<br />

Aus: Privatarchiv E. Markgraf<br />

Abb. 8 Die Vorsitzenden e<strong>in</strong>es Tagungsabschnittes des IV. Ostdeutschen AO-Symposiums. Von l<strong>in</strong>ks:<br />

G. Muhr, Bochum, E. Markgraf, Jena, S. Weller, Tüb<strong>in</strong>gen und St. Perren, Davos. Aus: Privatarchiv E.<br />

Markgraf<br />

Vom 31.5.–1.6.1991 fand <strong>in</strong> München die<br />

Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen Sektion <strong>der</strong><br />

AOI statt. Auf <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

wurde das am 16.11.1990 <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen ausgehandelte<br />

Vorgehen von den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

akzeptiert.<br />

Vom 9.–11.10.1991 fand <strong>in</strong> Weimar das IV.<br />

Ostdeutschen AO-Symposium statt und<br />

vere<strong>in</strong>igte wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e große Zahl von Unfallchirurgen<br />

und Orthopäden aus dem In-<br />

und Ausland.<br />

Der wissenschaftliche Leiter des Symposiums,<br />

E. Markgraf, betonte bei <strong>der</strong> feierlichen<br />

Eröffnung des Symposiums am 9.10.1991<br />

im Schloss Weimar (auszugsweise):<br />

„Me<strong>in</strong>e sehr verehrten Damen und Herren!<br />

Sehr herzlich begrüße ich Sie zum AO-Symposium<br />

<strong>in</strong> Weimar. Nachdem <strong>in</strong> <strong>der</strong> 15-jährigern<br />

<strong>Geschichte</strong> unserer eigenen Sektion<br />

Symposien 1979 <strong>in</strong> Cottbus, 1983 <strong>in</strong> Potsdam<br />

uns 1987 <strong>in</strong> Eisenach stattfanden, freue<br />

ich mich sehr, Sie <strong>in</strong> Weimar, <strong>der</strong> Stadt <strong>der</strong><br />

großen Kontraste und e<strong>in</strong>er weitreichenden<br />

Bedeutung begrüßen zu können.<br />

In <strong>der</strong> vergangenen Woche wurde zu unserer<br />

Freude den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International <strong>in</strong> feierlicher<br />

Form und nach absolut akzeptablen<br />

Verhandlungen die Aufnahme <strong>in</strong> die Deutsche<br />

Sektion ermöglicht.<br />

Somit haben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen Sektion<br />

reichlich Gelegenheit <strong>zur</strong> weiteren Betäti-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Abb. 9 Vorsitzende und Referenten des IV. Ostdeutschen AO-Symposium (auszugsweiser Abdruck aus dem Programm)<br />

gung unter dem Dach <strong>der</strong> AO-International,<br />

die wohl zu den überzeugendsten Geme<strong>in</strong>schaftswerken<br />

<strong>der</strong> Wissenschaftsgeschichte<br />

und <strong>der</strong> Gesundheitsfürsorge gehört und<br />

<strong>der</strong>en Philosophie uns begeistert und zusammenführt.<br />

Wir haben nach Weimar gebeten, <strong>der</strong><br />

Stadt „<strong>der</strong> Weimarer Republik“, als Stätte<br />

bedeuten<strong>der</strong> nationaler aber auch kultureller<br />

Traditionen. Im Konversationslexikon von<br />

Knauer (1934) wird Weimar als die Hauptstadt<br />

Thür<strong>in</strong>gens, an <strong>der</strong> Ilm gelegen, mit<br />

e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohnerzahl von 51.700 ausgewiesen<br />

und namentlich Schloss, Friedhof mit <strong>der</strong><br />

Fürstengruft und Goethe-Nationalmuseum<br />

erwähnt.<br />

Weimar ist auch die Stadt bedeuten<strong>der</strong><br />

Gelehrter und Künstler, <strong>der</strong> Architektur und<br />

Industrie und konträr zu ihrer hohen kulturellen<br />

und humanistischen Tradition lei<strong>der</strong><br />

auch die Stadt, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Schatten Buchenwald<br />

auf dem Ettersberg liegt.<br />

Das IV. AO-Symposium ist die erste Veranstaltung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n unter<br />

<strong>der</strong> Schirmherrschaft <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heitlichen Deutschen<br />

Sektion und wird, nicht zuletzt durch<br />

die zahlreiche Teilnahme bedeuten<strong>der</strong> Vertreter<br />

des <strong>Unfallchirurgie</strong> aus dem In- und<br />

Ausland, an <strong>der</strong> Schaffung und Vertiefung<br />

menschlicher Begegnungen zu messen se<strong>in</strong>.“<br />

Die � Abb. 8 zeigt die Vorsitzenden e<strong>in</strong>es Tagungsabschnittes.<br />

In <strong>der</strong> � Abb. 9 s<strong>in</strong>d die<br />

Vorsitzenden und Referenten dieses Symposiums<br />

aufgeführt.<br />

Ereignisse nach <strong>der</strong> Wende<br />

Die Zeit nach <strong>der</strong> Wende, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />

Jahre 1990 und 1991 brachten für die Bürger<br />

<strong>der</strong> ehemaligen <strong>DDR</strong>, so auch für die<br />

ostdeutschen Ärzte teilweise unfassbare Erkenntnisse.<br />

Dazu gehörten die verhängnisvolle<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Staatssicherheit und die<br />

Verstrickungen von Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzten<br />

mit dem M<strong>in</strong>isterium für Staatssicherheit<br />

[3,4]. Viele an<strong>der</strong>e Missstände wurden jetzt<br />

offiziell bekannt.<br />

Es vollzogen sich für die Ärzte tiefgreifende<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Personalwesen, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

ärztlichen Tätigkeit und den Krankenhaus-<br />

und Verwaltungsstrukturen.<br />

An den Hochschulen wurden Evaluationskommissionen<br />

gebildet, die über die<br />

Weiterbeschäftigung leiten<strong>der</strong> Ärzte und<br />

Hochschullehrer bef<strong>in</strong>den mussten. Lagen<br />

ke<strong>in</strong>e politisch motivierten Gründe für die<br />

Beendigung e<strong>in</strong>er Weiterbeschäftigung vor,<br />

mussten sich die Hochschullehrer offiziell<br />

schriftlich bewerben und wurden von je<br />

zwei Ord<strong>in</strong>arien <strong>der</strong> BRD begutachtet.<br />

Für die ärztliche Tätigkeit ergab sich <strong>der</strong><br />

erfreuliche Aspekt, dass durch die BRD e<strong>in</strong>e<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Krankenhaustechnik,<br />

e<strong>in</strong>e zugängliche Ausrüstung mit Instrumenten<br />

und Implantaten erfolgte. Der Ansturm<br />

von Firmenvertretern erschwerte die<br />

Auswahl.<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung waren die<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

mit flächendecken<strong>der</strong> Etablierung<br />

von Durchgangsärzten und die E<strong>in</strong>führung<br />

des Verletzungsarten-Verfahrens, was aus<br />

dem Beitrag von K. Welz [5] ersichtlich<br />

wird. Dazu war die Erfüllung bestimmter<br />

Auflagen durch die jeweiligen Landesverbände,<br />

die für den Aufbau des Systems <strong>in</strong><br />

den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Patenschaft<br />

übernahmen, notwendig. Die relativ zügige<br />

Durchsetzung <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallbehandlung muss als organisatorische<br />

Meisterleistung bezeichnet werden<br />

[5]. Neben <strong>der</strong> unmittelbaren Betreuung <strong>in</strong><br />

den Kl<strong>in</strong>iken mit Übergabe von Ordnern, die<br />

alle notwendigen Informationen und Vor-<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 107


108<br />

drucke enthielten, wurden Exemplare <strong>der</strong><br />

Broschüre „Die Berufsgenossenschaften,<br />

was sie wurden, was sie s<strong>in</strong>d, was sie leisten“<br />

übergeben, wodurch auch Informationen<br />

an die Verletzten möglich waren. Zahlreiche<br />

Fortbildungen wurden durchgeführt.<br />

Vom 21.–22.9.1990 fand im Hotel Steigenberger<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zentrale Informationsveranstaltung<br />

statt.<br />

Die Themen <strong>der</strong> sehr gut besuchten Tagung<br />

waren u. a.<br />

– Die Stellung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialversicherung,<br />

– die Leistungen <strong>der</strong> Unfallversicherung und<br />

<strong>der</strong>en Berichterstattung im Durchgangsarzt-Verfahren,<br />

– Aufgaben <strong>der</strong> Berufsgenossenschaften bei<br />

<strong>der</strong> Heilbehandlung und Begutachtung<br />

für die gesetzliche Unfallversicherung.<br />

J. Probst referierte über „Durchgangsarzt-<br />

und Verletzungsarten-Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen<br />

Heilbehandlung“.<br />

Weitere Informationsveranstaltungen organisierten<br />

die jeweiligen Landesverbände <strong>in</strong><br />

ihrem Zuständigkeitsbereich. So wurde e<strong>in</strong>e<br />

solche Veranstaltung am 21.2.1991 im Hörsaal<br />

<strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Friedrich-<br />

Schiller-Universität durchgeführt.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Schritt war <strong>der</strong> Aufbau<br />

<strong>der</strong> ärztlichen Selbstverwaltung <strong>in</strong> den<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n, da sich erhebliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation des<br />

Gesundheitssystems ergaben. Während<br />

zum Stichtag des 31.12.1989 von den ambulant<br />

tätigen Ärzten <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> noch 62 %<br />

<strong>in</strong> Polikl<strong>in</strong>iken, 18 % <strong>in</strong> Ambulatorien, 11%<br />

<strong>in</strong> sonstigen E<strong>in</strong>richtungen, 7 % <strong>in</strong> Staatspraxen<br />

und nur 2 % <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen<br />

tätig gewesen s<strong>in</strong>d, waren am 31.12.1994<br />

97 % nie<strong>der</strong>gelassen und nur noch 3 % <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>richtungen nach & 3112 SGB V tätig [2].<br />

Alle<strong>in</strong> diese Zahlen verdeutlichen die gewaltigen<br />

Umbrüche im Gesundheitssystem <strong>der</strong><br />

Wendezeit. Der letzte Gesundheitsm<strong>in</strong>ister<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung, J. Kleditzsch,<br />

sah nur begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Nach dem E<strong>in</strong>igungsvertrag<br />

hätten sich die Ereignisse überschlagen.<br />

Qualifiziertes Personal im M<strong>in</strong>isterium gab<br />

es kaum. Nach Angaben von Kleditzsch<br />

wurden „Gesetze am Abend vorbereitet und<br />

am nächsten Morgen verabschiedet.“ Auf<br />

dem 93. Deutschen Ärztetag im Mai 1990<br />

<strong>in</strong> Würzburg wurde <strong>der</strong> Wunsch nach e<strong>in</strong>er<br />

Verän<strong>der</strong>ung des Gesundheitssystems <strong>in</strong><br />

ganz Deutschland angesprochen, dem aber<br />

nicht entsprochen wurde. [2].<br />

Die Wende hat bei den überwältigenden<br />

großen Fortschritten und <strong>der</strong> endlich errungenen<br />

Freiheit <strong>der</strong> Bürger <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> auch<br />

zu e<strong>in</strong>igen schmerzlichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

geführt. Zu diesen gehört das Schicksal des<br />

Johann Ambrosius Barth Verlags <strong>in</strong> Leipzig.<br />

Dieser Verlag, <strong>der</strong> auch die Zeitschrift<br />

„Zentralblatt für Chirurgie“ verlegt hat, war<br />

e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> wichtigsten Publikationsorgane<br />

für Chirurgen und Unfallchirurgen. In e<strong>in</strong>em<br />

offenen Brief vom 5.11.1990 an die Teilnehmer<br />

des XII. Unfallchirurgenkongresses <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> schrieb <strong>der</strong> damalige Cheflektor Bläske<br />

auszugsweise: „Wir freuen uns, allen Kongressteilnehmern<br />

mitteilen zu können, dass<br />

unser 210-jähriger Verlag nach schweren<br />

Jahren und e<strong>in</strong>er Zwangsehe mit an<strong>der</strong>en<br />

Häusern wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> selbständiges Unternehmen<br />

mit obiger Bezeichnung ist. Auch auf<br />

unseren traditionellen Gebieten Chirurgie<br />

e<strong>in</strong>schließlich Traumatologie können wir nun<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> hoher Qualität und kürzester Zeit<br />

produzieren.“<br />

1990 hatte sich <strong>der</strong> Barth Verlag pr<strong>in</strong>zipiell<br />

bereit erklärt, die Veröffentlichung<br />

e<strong>in</strong>es umfangreichen Fachbuchs „<strong>Unfallchirurgie</strong>“,<br />

dessen Veröffentlichung beim Verlag<br />

Volk und Gesundheit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gescheitert<br />

war (siehe Seiten 41–42), zu übernehmen.<br />

Zu dieser Veröffentlichung ist es nicht<br />

gekommen.<br />

Im März 1991 haben die Herren Hüthig<br />

und Dr. W<strong>in</strong>dsheimer von <strong>der</strong> Verlagsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Hüthig Decker & Müller GmbH<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em persönlichen Brief an Prof. Markgraf<br />

geschrieben (Auszug):<br />

„Johann Ambrosius Barth Verlag, Leipzig und<br />

Heidelberg<br />

Sehr geehrter Herr Professor Markgraf,<br />

die Treuhandanstalt <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> hat dieser Tage<br />

e<strong>in</strong> Dokument unterzeichnet, das uns – nun<br />

endlich doch – zum alle<strong>in</strong>igen Gesellschafter<br />

des Johann Ambrosius Barth Verlages macht.<br />

Um diese Entscheidung ist lange gerungen<br />

worden, und uns allen wäre es lieb gewesen,<br />

sie wäre früher gekommen. Denn die Ungewissheit,<br />

unter <strong>der</strong> nicht nur die Mitarbeiter<br />

des Verlages, son<strong>der</strong>n auch se<strong>in</strong>e Herausgeber<br />

und Autoren zu leiden hatten, h<strong>in</strong>terlässt<br />

Spuren und ist <strong>der</strong> Entwicklung des Verlages<br />

nicht för<strong>der</strong>lich gewesen.<br />

Umso mehr beeilen wir uns jetzt, Ihnen<br />

die Botschaft zu überbr<strong>in</strong>gen. Wir bitten Sie,<br />

dem Johann Ambrosius Barth Verlag Ihr Vertrauen<br />

zu bewahren und ihn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Ära<br />

verlegerischen Schaffens zu begleiten. Als <strong>der</strong><br />

neue Gesellschafter s<strong>in</strong>d wir aufgefor<strong>der</strong>t,<br />

den Standort des Verlages zu bestimmen und<br />

ihm im Umfeld <strong>der</strong> großen und glänzenden<br />

Institutionen des wissenschaftlichen Literaturbetriebes<br />

se<strong>in</strong>en Platz zu sichern.“<br />

Am 3.12.1991 schrieb Cheflektor Bläske an<br />

Prof. Markgraf auszugsweise u. a.: „Heute<br />

möchte ich Ihnen nur mitteilen, dass im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> <strong>in</strong> Jena angedeuteten<br />

Neustrukturierung unseres Hauses im<br />

Verbund <strong>der</strong> Hüthig Verlagsgruppe Frau H.<br />

Zscherp das Fachgebiet Chirurgie weiter-<br />

führt, ich befasse mich mit Innerer Mediz<strong>in</strong><br />

und an<strong>der</strong>en nichtchirurgischen Gebieten.<br />

Das Leipziger Cheflektorat wurde durch e<strong>in</strong>e<br />

Bereichsleitung Mediz<strong>in</strong> mit Sitz <strong>in</strong> Heidelberg<br />

ersetzt. Ich danke Ihnen bei dieser Gelegenheit<br />

für die sehr guten persönlichen<br />

Kontakte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit <strong>der</strong> vergangenen<br />

Jahre, und ich bitte Sie, <strong>in</strong> diesem<br />

S<strong>in</strong>ne die Herren Prof. Senst und Prof. Muhr<br />

ganz herzlich von mir zu grüßen.“<br />

Die langjährige Lektor<strong>in</strong> des Verlages,<br />

Frau Zscherp, hat mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er persönlichen<br />

schriftlichen Mitteilung mit dem Zuspruch<br />

des Rechts <strong>der</strong> Veröffentlichung 2008 die<br />

weitere <strong>Geschichte</strong> des Verlags mitgeteilt.<br />

„Ab Juli 1990 gehörte <strong>der</strong> Johann Ambro sius<br />

Barth Verlag <strong>zur</strong> Hüthig-Verlagsgruppe <strong>in</strong><br />

Heidelberg. Das Verlagsgebäude <strong>in</strong> <strong>der</strong> Salomonstr.<br />

wurde verkauft, das Verlagsarchiv<br />

nach Heidelberg ausgelagert. Fünf Mitarbeiter<br />

führten die Verlagsgeschäfte <strong>in</strong> neuen<br />

Büroräumen weiter. Schwerpunkte <strong>der</strong><br />

Verlagsarbeit waren die Weiterführung <strong>der</strong><br />

verbliebenen Zeitschriften (Zentralblatt für<br />

Chirurgie, Zentralblatt für Neurochirurgie,<br />

Zentralblatt für K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie, Zentralblatt<br />

für Gynäkologie, Endokr<strong>in</strong>ologie) und die Herausgabe<br />

u. a. <strong>der</strong> chirurgischen Literatur.<br />

1999 trennte sich <strong>der</strong> Hüthig-Verlag vom<br />

Johann Ambrosius Barth Verlag. Der Georg<br />

Thieme Verlag Stuttgart übernahm den Johann<br />

Ambrosius Barth Verlag und schloss<br />

das Büro <strong>in</strong> Leipzig. Trotz Intervention <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter, vieler Autoren des Verlages und<br />

des damaligen Oberbürgermeisters <strong>der</strong> Stadt<br />

Leipzig gab es für den bekannten Leipziger<br />

Verlag ke<strong>in</strong> Überleben an se<strong>in</strong>em Gründungsort.“<br />

Literatur<br />

1. Bahrmann H, L<strong>in</strong>ks C. Am Ziel vorbei. Die deutsche<br />

E<strong>in</strong>heit – E<strong>in</strong>e Zwischenbilanz. Berl<strong>in</strong>: Ch. L<strong>in</strong>ks<br />

Verlag; 2005<br />

2. Merten M, Gerst T. Wende im <strong>DDR</strong>-Gesundheitswesen<br />

1989/1990: Vom Westen viel Neues.<br />

Deutsches Ärzteblatt 2006; 103:36, C-1916–21<br />

3. Richter-Kuhlmann E. Die meisten IM-Ärzte bespitzelten<br />

Kollegen. Deutsches Ärzteblatt 2007;<br />

104:48, C-2806<br />

4. Thom A. Das Entscheidungsjahr 1989 - die ersten<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> politischen Wandlungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> am Bereich Mediz<strong>in</strong>. In: Kästner I, Thom A.<br />

575 Jahre Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät <strong>der</strong> Universität<br />

Leipzig. Leipzig: J.A. Barth Verlag; 1990, S. 287–91<br />

5. Welz K. Der Aufbau <strong>der</strong> Gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n. Langenbecks<br />

Arch Chir Suppl (Kongressbericht) 1995:<br />

685–91<br />

Prof. Dr. med. E. Markgraf<br />

Gillestr. 5<br />

07743 Jena<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


E<strong>in</strong>führung und Aufbau <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

K. Welz<br />

Gesetzliche Unfallversicherung und berufsgenossenschaftliche<br />

Heilbehandlung<br />

können <strong>in</strong> historischer Rückschau auch im<br />

östlichen Deutschland durchaus auf Tradition<br />

setzen. Bereits um die vorige Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

hat Prof. Dr. Carl Thiem (Cottbus)<br />

bis zu se<strong>in</strong>em Tode 1917 mit größtem Elan<br />

nicht nur die Belange <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n gerade auch jene des berufsgenossenschaftlichen<br />

Heilverfahrens im damaligen<br />

Deutschland vertreten. Beson<strong>der</strong>en<br />

Respekt verdienten Thiems Thesen und<br />

kritischen <strong>Beiträge</strong> zu <strong>der</strong> Problematik „13wöchige<br />

Karenzzeit für Arbeitsunfallverletzte“,<br />

auf <strong>der</strong> vor allem gewerbliche und landwirtschaftliche<br />

Berufsgenossenschaften <strong>in</strong><br />

damaliger Zeit bestanden, ehe Leistungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Heilbehandlung beansprucht werden<br />

durften. Schließlich argumentierte Thiem<br />

leidenschaftlich gegen damalige Auflagen,<br />

die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung<br />

nach Knochenbrüchen nicht wie festgelegt<br />

mit <strong>der</strong> knöchernen Konsolidierung,<br />

son<strong>der</strong>n erst mit Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />

Funktion betroffener Gliedmaßen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er<br />

Körperabschnitte zu beenden, - e<strong>in</strong>e<br />

For<strong>der</strong>ung die uns heute selbstverständlich<br />

ersche<strong>in</strong>t.<br />

Die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n ab<br />

1.01.1991 bedeutete also nichts grundsätzlich<br />

Neues. Es galt für e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Kreis von Unfallchirurgen e<strong>in</strong>e Aufgabe zu<br />

übernehmen, die zuvor vom bisherigen Sozialversicherungsträger<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wahrgenommen<br />

wurde, wenn auch unter an<strong>der</strong>en<br />

Vorzeichen.<br />

Die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

zum 1.01.1991 mit flächendecken<strong>der</strong><br />

Bestellung von Durchgangsärzten<br />

und <strong>der</strong> Etablierung des Verletzungsartenverfahrens<br />

stellte die Unfallchirurgen <strong>der</strong><br />

ehemaligen <strong>DDR</strong> somit doch vor e<strong>in</strong>e neue<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

Dazu erfor<strong>der</strong>liche Maßnahmen stützten<br />

sich auf die bereits im Mai 1990 mit Art.<br />

23 des Staatsvertrages und am 31. August<br />

1990 mit dem E<strong>in</strong>igungsvertrag festge-<br />

schriebene Angleichung <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme<br />

<strong>in</strong> den ostdeutschen Län<strong>der</strong>n<br />

zum 1.01.1991. Zu diesem Zeitpunkt war<br />

es unübersehbar, dass e<strong>in</strong> solches Unterfangen<br />

als schwierige Aufgabe vor Verwaltungsorganen<br />

<strong>der</strong> neuen Bundeslän<strong>der</strong> und<br />

den dafür zuständigen ärztlichen Kollegen<br />

im Osten und Westen stand. Für zahlreiche<br />

Unfallchirurgen <strong>der</strong> westlichen Landesteile<br />

galt es, das organisatorische Bemühen <strong>der</strong><br />

Verwaltungen <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversi<br />

cherungen zu för<strong>der</strong>n und durch theoretisches<br />

Unterweisen und praktisches Anweisen<br />

langjährig gewonnene Erfahrungen<br />

<strong>in</strong> den Aufbau des Systems <strong>in</strong> den östlichen<br />

Regionen e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Vor Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> fünf neuen Län<strong>der</strong> stand <strong>in</strong>folge <strong>der</strong><br />

Kürze <strong>der</strong> Vorbereitungszeit die dr<strong>in</strong>gliche<br />

Aufgabe, sich über Grundsätze und Richtl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

und über e<strong>in</strong> umfangreiches Regelwerk an<br />

Leitnummern zu <strong>in</strong>formieren, um e<strong>in</strong> Rüstzeug<br />

für die Praxis zu gew<strong>in</strong>nen. Auch stand<br />

fest, dass die Organisation <strong>der</strong> BG Heilbehandlung<br />

als qualitätsför<strong>der</strong>ndes Anliegen<br />

nur im Zusammenwirken von Verwaltungsorganen<br />

und Ärzten bewältigt werden<br />

konnte.<br />

Der nur kurz bemessene Aktionsraum zwischen<br />

Gesetzesvorlage im Mai 1990 und<br />

praktischer Realisierung zum 1.01.1991<br />

spiegelte e<strong>in</strong> allseitig engagiertes Bemühen<br />

<strong>der</strong> beteiligten Partner aus allen Län<strong>der</strong>n<br />

wi<strong>der</strong>. E<strong>in</strong>ige Stationen <strong>der</strong> Vorbereitung<br />

verdienen beson<strong>der</strong>e Erwähnung:<br />

– Im Juni 1990 fand <strong>in</strong> engen Gesprächsrunden,<br />

<strong>in</strong>itiiert durch Probst, J. (Murnau)<br />

und Hierholzer, G. (Duisburg) e<strong>in</strong> erster<br />

Informationsaustausch, e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme<br />

und die Sondierung von Möglichkeiten<br />

<strong>zur</strong> Realisierung e<strong>in</strong>es Systems<br />

<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung Arbeitsunfallverletzter<br />

statt.<br />

– Die am 21.08.1990 anberaumte Vertiefung<br />

des Gedankenaustausches <strong>in</strong> <strong>der</strong> BG<br />

Unfallkl<strong>in</strong>ik Frankfurt/Ma<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>te Vertreter<br />

des Hauptverbandes, Geschäftsführer<br />

von Landesverbänden, Beratende Ärzte<br />

und e<strong>in</strong>geladene Unfallchirurgen aus den<br />

östlichen Län<strong>der</strong>n.<br />

– Im Ergebnis von Sachverständigengesprächen<br />

zeichnete sich die Notwendigkeit<br />

gezielter Informationsrunden ab. Am<br />

21. und 22.09.1990 trafen sich im Hotel<br />

„Steigenberger“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 120 Unfallchirurgen<br />

<strong>der</strong> östlichen Län<strong>der</strong>. Diese potentiellen<br />

Träger <strong>der</strong> zu erwartenden Aufgaben<br />

nahmen die gebotenen Informationen<br />

namhafter Referenten und Kenner<br />

<strong>der</strong> Materie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewissheit entgegen,<br />

e<strong>in</strong>er aufwendigen und verantwortungsvollen,<br />

aber auch erfolgversprechenden<br />

Tätigkeit entgegen zu sehen. Die Themen<br />

<strong>der</strong> sehr gut besuchten Tagung waren<br />

u. a. die Stellung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialversicherung,<br />

Leistungen <strong>der</strong> Unfallversicherungen und<br />

<strong>der</strong>en Feststellung, Berichterstatttung<br />

im Durchgangsarztverfahren, Aufgaben<br />

<strong>der</strong> Berufsgenossenschaften bei <strong>der</strong> Heilbehandlung<br />

und Begutachtung für die<br />

gesetzliche Unfallversicherung. J. Probst<br />

referierte über Durchgangsarzt- und Verletzungsartenverfahren<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> berufsgenossenschaftlichen<br />

Heilbehandlung.<br />

Weitere Informationsveranstaltungen organisierten<br />

die jeweiligen Landesverbände <strong>in</strong><br />

ihren Zuständigkeitsbereichen.<br />

– Nach Verwirklichung <strong>der</strong> Deutschen<br />

E<strong>in</strong>heit am 3. Oktober 1990 aktivierten<br />

e<strong>in</strong>ige Landesverbände <strong>der</strong> Berufsgenossenschaften<br />

die organisatorischen Vorbereitungen.<br />

Die zunächst <strong>in</strong> Aussicht<br />

genommene Gründung e<strong>in</strong>es Landesverbandes<br />

„Ost“ wurde bald wie<strong>der</strong> verworfen.<br />

– Das Konzept, die Verwaltungsträgerschaft<br />

durch bestimmte westdeutsche Landesverbände<br />

für die beg<strong>in</strong>nende berufsgenossenschaftliche<br />

Arbeit <strong>in</strong> den aus 16<br />

Bezirken reorganisierten Landesstrukturen<br />

<strong>der</strong> 5 neuen Bundeslän<strong>der</strong> zu übernehmen,<br />

muss rückwirkend als erfolgversprechende<br />

Strategie <strong>zur</strong> Lösung des<br />

anstehenden Gesetzesauftrages gesehen<br />

werden. Berl<strong>in</strong>-Brandenburg-Mecklenburg-Vorpommern<br />

entstand als neuer LV,<br />

Sachsen-Anhalt übernahm <strong>der</strong> LV Nordwestdeutschland,<br />

Thür<strong>in</strong>gen kam zum<br />

bisherigen LV Hessen-Mittelrhe<strong>in</strong>, <strong>der</strong> LV<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 109


110<br />

Bayern titelte seither als LV Bayern und<br />

Sachsen. Die festgelegten Zuständigkeiten<br />

haben sich bis <strong>in</strong> die Gegenwart bewährt.<br />

– Für die Realisierung <strong>der</strong> Schwerpunktaufgaben:<br />

• Bestellung von D-Ärzten,<br />

• Zulassung von VAV-Krankenhäusern,<br />

• Sicherstellung kompetenter<br />

Begutachtung von Unfallfolgen<br />

seien die wichtigsten Vorbereitungen<br />

schlagwortartig genannt:<br />

1. Erfassung qualifizierter Unfallchirurgen,<br />

2. Bestandaufnahme leistungsfähiger<br />

E<strong>in</strong>richtungen,<br />

3. Prüfung von Antragstellungen auf<br />

Bestellung bzw. Zulassung,<br />

4. Bestätigungsverfahren.<br />

Dieser Maßnahmenkatalog gibt zu zwei<br />

Feststellungen Anlaß:<br />

– Der Aufbau des BG-Heilverfahrens hieß<br />

für die tätige Chirurgengeneration <strong>der</strong><br />

ehemaligen <strong>DDR</strong> Betreten von Neuland.<br />

Institutionelle Vorleistungen gab es nicht.<br />

– Der Stand <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

zum 03.10.1990 bedeutete dagegen<br />

bei Weitem ke<strong>in</strong>en Nullanfang. Als<br />

Grundlagen e<strong>in</strong>es leistungsfähigen Systems<br />

erwiesen sich:<br />

1. Die ehemaligen Bezirke Ostdeutschlands<br />

verfügten über geglie<strong>der</strong>te Betreuungsstrukturen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären Behandlung<br />

Verletzter. Unterschieden wurde<br />

nach:<br />

• E<strong>in</strong>richtungen mit Schwerpunktfunk tion<br />

und<br />

• E<strong>in</strong>richtungen <strong>zur</strong> Grund- und Regelversorgung.<br />

Zu den E<strong>in</strong>richtungen mit Schwerpunktaufgaben<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> zählten:<br />

- Hochschulkl<strong>in</strong>iken,<br />

- Kl<strong>in</strong>iken und Abteilungen an Bezirkskrankenhäusern,<br />

- Abteilungen an Kreiskrankenhäusern<br />

mit erweiterter Aufgabenstellung. Dieser<br />

Kreis <strong>in</strong>tegrierte rund 90 Krankenhäuser.<br />

Diesen E<strong>in</strong>richtungen konnte<br />

organisatorische und fachliche Verantwortung<br />

für die Behandlung Arbeitsunfallverletzter<br />

une<strong>in</strong>geschränkt übertragen<br />

werden. Aufgrund geglie<strong>der</strong>ter<br />

Strukturen mit Schwerpunktkompetenz<br />

<strong>zur</strong> spezialisierten Behandlung Verletzter<br />

bestanden gute Voraussetzungen<br />

für die Wahrnehmung qualifizierter unfallchirurgischer<br />

Aufgaben im Rahmen<br />

des Verletzungsartenverfahrens.<br />

2. Die fachliche Kompetenz fußte auf<br />

dem Erwerb <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en unfallchirurgischen<br />

Qualifizierung <strong>der</strong> Subspezialisierung<br />

Traumatologie. Zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung Deutschlands am 03.<br />

Oktober 1990 existierten <strong>in</strong> östlichen wie<br />

westlichen Landesteilen des vere<strong>in</strong>ten<br />

Deutschlands Weiterbildungsordnungen<br />

für <strong>Unfallchirurgie</strong>, die konzeptionell und<br />

<strong>in</strong>haltlich durchaus vergleichbare Maßstäbe<br />

besaßen. So war die Gestaltung <strong>der</strong><br />

Weiterbildung zum qualifizierten Unfallchirurgen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit im Osten<br />

wie im Westen durch die Überzeugung<br />

<strong>der</strong> Verantwortlichen bestimmt, das e<strong>in</strong>e<br />

schwerpunktmäßige und qualifizierte<br />

ärztliche Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung für die Optimierung<br />

<strong>der</strong> Behandlung Verletzter darstelle.<br />

3. Bei <strong>der</strong> Standortbestimmung <strong>der</strong> räumlichen<br />

und apparativen Kapazitäten musste<br />

allerd<strong>in</strong>gs davon ausgegangen werden,<br />

dass zunächst nur M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen<br />

vorausgesetzt werden konnten und gewisse<br />

E<strong>in</strong>schränkungen an die Anfor<strong>der</strong>ungsprofile<br />

zugestanden werden mussten.<br />

Die Zulassung <strong>der</strong> Krankenhäuser war<br />

daher <strong>in</strong> zahlreichen Fällen vorerst mit<br />

Auflagen verbunden.<br />

4. Die Bestellung zum D-Arzt setzte ke<strong>in</strong>e<br />

Subspezialisierung, wohl aber e<strong>in</strong>e<br />

2-jährige Betätigung von Fachärzten für<br />

Chirurgie <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

voraus, um damit Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />

Qualität für die stationäre und ambulante<br />

Behandlung von Arbeitsunfallverletzten<br />

außerhalb <strong>der</strong> Zulassung zum Verletzungsartenverfahren<br />

zu schaffen. Zusätzlich<br />

galt die erfor<strong>der</strong>liche Ausstattung des<br />

Arbeitsplatzes als wesentliches Kriterium<br />

<strong>der</strong> Bestellung zum D-Arzt.<br />

– Der Stand am Aufbau <strong>der</strong> gesetzliche<br />

Unfallversicherung spiegelte sich bereits<br />

1992, mehr noch 1994 nach erhobenen<br />

Analysen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dem territorialen Gefüge<br />

und zu versorgen<strong>der</strong> Bevölkerungsdichte<br />

angemessenen Umfang wi<strong>der</strong>.<br />

– In den vier Landesverbandsbereichen<br />

Berl<strong>in</strong>-Brandenburg und Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Thür<strong>in</strong>gen waren 1992 zunächst 605,<br />

1994 bereits 755 D-Ärzte tätig (<strong>in</strong> stationären<br />

E<strong>in</strong>richtungen 272, <strong>in</strong> ambulanten<br />

E<strong>in</strong>richtungen 483). Dieser Anteil von 64<br />

% stand dem Prozentanteil von 67,5 % <strong>in</strong><br />

den alten Bundeslän<strong>der</strong>n nur ger<strong>in</strong>g nach.<br />

– Die Zahl <strong>der</strong> zum VA-Verfahren zugelassenen<br />

E<strong>in</strong>richtungen betrug Ende 1994<br />

42,2 % (Anzahl 132 von 313 Abteilungen).<br />

In den alten Bundeslän<strong>der</strong>n angesichts<br />

höherer Bevölkerungsdichte 58,4 % (1., 2.).<br />

– Für BGSW-Verfahren waren <strong>in</strong> den östlichen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n per 31.12.1994 26<br />

E<strong>in</strong>richtungen bestimmt worden. Dieser<br />

Anteil machte rund 1/3 aller <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

für BGSW-Verfahren verfügbaren<br />

E<strong>in</strong>richtungen aus.<br />

Über chirurgisches Fachwissen und operative<br />

Fertigkeiten auch die sozialen<br />

Rechtsgrundlagen zu berücksichtigen und<br />

chirurgische Verantwortung im System<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung mit<br />

sozialrechtlicher Kompetenz und gutachterlichem<br />

Sachverstand zu paaren, hat zunächst<br />

e<strong>in</strong>e anspruchsvolle Anfor<strong>der</strong>ung<br />

bedeutet. Nach etwa 2-3-jährigem Wirken<br />

galten gewisse Anfangsschwierigkeiten als<br />

weitgehend überwunden.<br />

Die <strong>in</strong> doch kurzer Zeit nachweisliche respektable<br />

Angleichung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Unfallversicherung <strong>in</strong> den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

verlief bei rückwirken<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung<br />

weitgehend reibungslos und<br />

offenbarte nach kurzem Zeitraum noch ger<strong>in</strong>ge<br />

Niveauunterschiede zu den alten Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Dafür sprachen drei Umstände:<br />

– die Voraussetzung und <strong>der</strong> Bestand e<strong>in</strong>er<br />

Subspezialisierung Traumatologie mit<br />

ebenbürtiger personeller Qualifikation,<br />

– die dankenswerte Unterstützung durch<br />

die entsprechenden Verwaltungen <strong>der</strong><br />

Berufsgenossenschaften und engagierter<br />

ärztlicher Kollegen <strong>in</strong> den alten Bundeslän<strong>der</strong>n,<br />

die ihre langjährigen Erfahrungen<br />

<strong>in</strong> die Aufbauphase e<strong>in</strong>brachten.<br />

– das unübersehbare Engagement und die<br />

Bereitschaft, die ostdeutsche Unfallchirurgen<br />

für die Realisierung <strong>der</strong> neuen Aufgabe<br />

an den Tag legten,<br />

– letztlich <strong>der</strong> Umstand, dass <strong>der</strong> Aufbau<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Rückkoppelung <strong>zur</strong> Aktivierung <strong>der</strong><br />

fachlichen Entwicklung <strong>in</strong> den östlichen<br />

Län<strong>der</strong>n beigetragen hat. Hervorzuheben<br />

s<strong>in</strong>d:<br />

• die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Luftrettung,<br />

• die Errichtung spezieller BG-licher stationärer<br />

Strukturen (BG-Kl<strong>in</strong>iken Berl<strong>in</strong><br />

Marzahn und Halle, Brandverletzten-<br />

Zentren) sowie stationärer Kapazitäten<br />

zu erweiterten Rehabilitation.<br />

– Das geme<strong>in</strong>same Verständnis zu existentiellen<br />

Positionen <strong>der</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong><br />

den östlichen wie westlichen Landesteilen<br />

trug wesentlich <strong>zur</strong> Bewältigung e<strong>in</strong>er<br />

sicher anspruchsvollen Aufgabe bei,<br />

e<strong>in</strong> als vorbildlich akzeptiertes System<br />

mediz<strong>in</strong>ischer und sozialer Rehabilitation<br />

Verletzter im östlichen Teil Deutschlands<br />

<strong>in</strong> bemerkenswert kurzem Zeitraum aufzubauen.<br />

Dr. med. K. Welz<br />

F<strong>in</strong>sterwal<strong>der</strong> Str. 45a<br />

03048 Cottbus<br />

Literatur<br />

1. Nehls, J. Die Situation <strong>der</strong> gewerblichen Berufsgenossenschaften<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Dt. Gesellschaft<br />

für Unfallheilkunde. Heft 25 (1992) 29–32<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


2. Nehls, J. Die Entwicklung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n aus<br />

Sicht <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung. Berichte<br />

über unfallmediz<strong>in</strong>ische Tagungen <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z<br />

(1992) 115–123<br />

3. Probst, J. Errichtung <strong>der</strong> BG Unfallkl<strong>in</strong>ik Berl<strong>in</strong>-<br />

Marzahn. Mitteilungen und Nachrichten <strong>der</strong> Dt.<br />

Gesellschaft für Unfallheilkunde. 13, 24 (1991),<br />

35–37<br />

4. Welz, K. Entwicklung <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n aus ärztlicher<br />

Sicht. Schriftenreihe Unfallmediz<strong>in</strong>ischer<br />

Tagungen <strong>der</strong> Landesverbände 81 (1992) 125–135<br />

und <strong>Unfallchirurgie</strong> 1 (1993) 54–59<br />

5. Welz, K. Der Aufbau <strong>der</strong> gesetzlichen Unfallversicherung<br />

<strong>in</strong> den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Langenbeck’s Archiv Chirurgie, Supplement (Kongressbericht<br />

1995) 685–691<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 111


112<br />

Autoren des Supplements<br />

mit Bild und Curriculum<br />

Burgkhardt, Michael<br />

Dr. med.,<br />

geb. am 20.6.1945 <strong>in</strong><br />

Pößneck/Thür<strong>in</strong>gen<br />

1964–1968 Hilfspfleger an den<br />

Universitätskl<strong>in</strong>iken Leipzig<br />

1965–1967 Volkshochschule Leipzig<br />

1967 Abitur Volkshochschule Leipzig<br />

1968–1975 Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong><br />

Karl-Marx-Universität Leipzig<br />

1975 Mediz<strong>in</strong>ische Approbation <strong>in</strong> Leipzig<br />

1975–1982 Facharztausbildung Urologie an den<br />

Universitätskl<strong>in</strong>iken Leipzig<br />

1978 Mediz<strong>in</strong>isches Diplom Universität<br />

Leipzig<br />

1981 Facharzt für Urologie<br />

1982–1983 Ärztlicher Leiter <strong>der</strong> Schnellen<br />

Mediz<strong>in</strong>ischen Hilfe (SMH) <strong>in</strong><br />

Pößneck/Thür<strong>in</strong>gen<br />

1983 Promotion an <strong>der</strong> Akademie für<br />

Ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />

Berl<strong>in</strong><br />

1983–1986 Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>ische Tätigkeit an<br />

<strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>ik Leipzig-Ost<br />

1986–1990 Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> Polikl<strong>in</strong>ik<br />

Leipzig-Ost<br />

1990–1991 Leiter <strong>der</strong> Landesrettungsschule<br />

Sachsen e.V. <strong>in</strong> Leipzig<br />

1991–1993 Ärztlicher Leiter Rettungsdienst <strong>der</strong><br />

Stadt Leipzig<br />

1993 Nie<strong>der</strong>lassung als Praktischer Arzt <strong>in</strong><br />

Leipzig<br />

2003 Facharzt für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong><br />

2003 Nie<strong>der</strong>lassung Geme<strong>in</strong>schaftspraxis<br />

für Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong> und<br />

Gynäkologie (mit Ehefrau)<br />

Fachkunde Leiten<strong>der</strong> Notarzt, Strahlenschutz<br />

und Sonographie; Zusatzbezeichnungen<br />

Notfallmediz<strong>in</strong> und Suchtmediz<strong>in</strong>;<br />

Qualifikationen: „Medical exam<strong>in</strong>er for divers“,<br />

“Reisemediz<strong>in</strong>, Verkehrsmediz<strong>in</strong>ischer Gutachter,<br />

Psychosomatische Grundversorgung, Übende<br />

Verfahren/autogenes Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Ärztlicher Leiter<br />

Rettungsdienst“<br />

Zahlreiche Lehrtätigkeiten, u. a. Taktikausbildung<br />

Ärztekammer für Kärnten/Österreich;<br />

Refresherkurse für Leitende Notärzte<br />

Funktionen:<br />

– Prüfungsausschutzvorsitzen<strong>der</strong> Notfallmediz<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Sächsischen LÄK<br />

– Ausschussvorsitzen<strong>der</strong> Notfall- und<br />

Katastrophenmediz<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sächsischen LÄK<br />

– Redaktionsausschussmitglied <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„DER NOTARZT“<br />

– Stellvertreten<strong>der</strong> Prüfungsvorsitzen<strong>der</strong> für<br />

Rettungsassistenten Regierungspräsidium<br />

Leipzig<br />

– Vorstandsmitglied <strong>der</strong> AG Sächsischer Notärzte<br />

e. V.<br />

– Lehrbeauftragter für das Fach Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong><br />

Universität Leipzig<br />

– Aufsichtsratsmitglied Kl<strong>in</strong>ikum St. Georg<br />

Leipzig gGmbH<br />

– Stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bundesvere<strong>in</strong>igung<br />

<strong>der</strong> Notarztarbeitsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

Deutschlands (BAND) e. V.<br />

– Mitglied im Beirat für den Brandschutz,<br />

Rettungsdienst und Katastrophenschutz im<br />

Freistaat Sachsen<br />

– Mitglied im Drogenbeirat <strong>der</strong> Stadt Leipzig<br />

– Ehrenvorsitzen<strong>der</strong> des Krisen<strong>in</strong>ter ventionsteams<br />

Leipzig e. V.<br />

Franke, Kurt<br />

Prof. Dr. med., OMR,<br />

geb. am 27.10.1926<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>; gest. am<br />

5.3.2008 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

1943–1944 Luftwaffenhelfer mit Notabitur<br />

1944–1945 Mar<strong>in</strong>esoldat und britische<br />

Gefangenschaft<br />

1946–1951 Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> Humboldt-<br />

Universität Berl<strong>in</strong><br />

1951 Promotion<br />

1952–1958 Weiterbildung zum Facharzt für<br />

Chirurgie im Stadtkrankenhaus<br />

Meißen (Chefarzt Dr. Krohn) und im<br />

Städtischen Krankenhaus<br />

Berl<strong>in</strong>-Friedrichsha<strong>in</strong> (Prof. Klose;<br />

Prof. Janik)<br />

1961–1963 Oberarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

Berl<strong>in</strong>-Buch (Dr. Weber)<br />

1964–1991 Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik,<br />

gleichzeitig<br />

1967–1991 Leiter <strong>der</strong> Abteilung für<br />

Sporttraumatologie im Städtischen<br />

Krankenhaus Berl<strong>in</strong>-Pankow<br />

1961–1980 Chefredakteur <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„Mediz<strong>in</strong> und Sport“<br />

1969 Habilitation<br />

1977 Berufung zum Professor für<br />

Chirurgie/<strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1984–1986 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er<br />

Chirurgischen Gesellschaft<br />

1986–1988 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1984–1991 Vorstandsmitglied <strong>der</strong> ESKA<br />

(European Society of Knee Surgery<br />

and Arthroscopy)<br />

1981–1990 Mitglied <strong>der</strong> „WHO-advisory group<br />

on accident prevention”<br />

Betreuung von 11 Habilitanden und 75<br />

Doktoranden<br />

Verfasser mehrerer Fachbücher und des autobiographischen<br />

Buches „Chirurg am l<strong>in</strong>ken Ufer <strong>der</strong><br />

Panke“ (Verlag Das Neue Berl<strong>in</strong>, 2002)<br />

Grafe, Sieghart<br />

Gottgetreu<br />

Prof. Dr. med.,<br />

OMR, geb. am<br />

15.8.1935 <strong>in</strong> Bautzen<br />

1953–1958 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Halle<br />

1958 Promotion<br />

1961–1965 Ausbildung zum Facharzt an <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong><br />

Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität<br />

<strong>in</strong> Halle (Prof. Mörl)<br />

1965 Facharzt für Chirurgie<br />

1965–1978 Wissenschaftlicher Assistent <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Mart<strong>in</strong>-<br />

Luther-Universität Halle und <strong>der</strong><br />

Traumatologischen Abteilung (Prof.<br />

San<strong>der</strong>)<br />

1976 Subspezialisierung Traumatologie<br />

1976 Berufung als Gründungsmitglied<br />

<strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-<br />

International<br />

1978–2001 Leiten<strong>der</strong> Chefarzt und Chefarzt<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Chirurgie am<br />

Diakonissenhaus (später<br />

Diakonissen krankenhaus gGmbH)<br />

Leipzig<br />

1988 Habilitation<br />

1990 Hochschuldozent<br />

1990 Mitglied <strong>der</strong> DGU<br />

1991 Mitglied <strong>der</strong> Deutsch Sektion <strong>der</strong><br />

AO-International<br />

1991 Facultas docendi<br />

1992 außerplanmäßige Professur<br />

1998 Mitpreisträger des För<strong>der</strong>preises des<br />

Richard-Merten-Preises<br />

2001 Ruhestand<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


Kurz, Wolfgang<br />

Dr. s.c. med., MR, geb.<br />

am 25.11.1934 <strong>in</strong><br />

Breslau<br />

1954–1959 Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> Humboldt-<br />

Universität <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

1960 Promotion<br />

Chirurgische Ausbildung <strong>in</strong> Lübben<br />

1966 Facharzt für Chirurgie<br />

1976–1990 Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>der</strong> Spreewaldkl<strong>in</strong>ik<br />

1982 Subspezialisierung<br />

Traumatologie<br />

1979 Habilitation<br />

1983 Facultas docendi<br />

1989 Lehrauftrag für Chirurgie<br />

1990–1995 Ärztlicher Direktor <strong>der</strong><br />

Spreewaldkl<strong>in</strong>ik Lübben<br />

1995 Facharzt für Viszeralchirurgie<br />

1987–1991 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeits geme<strong>in</strong>schaft<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie und<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>chirurgie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1991–1998 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

später Sektion K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

<strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

Mitglied mehrerer wissenschaftlicher<br />

Gesellschaften<br />

Ehrenmitglied <strong>der</strong> Ungarischen Gesellschaft für<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>traumatologie<br />

Markgraf, Eberhard<br />

Univ.-Prof. Dr. med.,<br />

geb. am 2.4.1937 <strong>in</strong><br />

Zwickau/Sachsen<br />

1955–1960 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Leipzig<br />

1960 Promotion <strong>in</strong> Leipzig<br />

1961 Pflichtassistent am Bezirkskrankenhaus<br />

Me<strong>in</strong><strong>in</strong>gen<br />

1962–1964 Landarzt im Thür<strong>in</strong>ger Wald<br />

1964–1965 wissenschaftlicher Assistent am<br />

Pathologischen Institut <strong>der</strong><br />

Karl-Marx-Universität Leipzig<br />

(Prof. Holle)<br />

1965 Assistent an <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-<br />

Universität Jena (Prof. Becker)<br />

1968 Facharzt für Chirurgie<br />

1976 Leiter <strong>der</strong> Abteilung für Traumatologie<br />

und <strong>der</strong> Abteilung für<br />

Physio- und Ergotherapie <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> FSU Jena<br />

1977 Habilitation<br />

1979 Subspezialisierung <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1980 Mehrwöchentliche Hospitation an<br />

Unfallkrankenhäusern <strong>in</strong> Österreich<br />

1983 Dozentur<br />

1984–1990 Mitglied <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommission<br />

Gera<br />

1987 außerordentlicher Professor für<br />

Chirurgie<br />

1990 Obmann <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong><br />

AO-International<br />

1988–1990 Stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Sektion Traumatologie <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1990 Präsident des XII. Unfallchirurgenkongresses<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> <strong>in</strong> Leipzig<br />

1990 Partner Ostdeutschlands bei<br />

den Verhandlungen über die<br />

Zusammenführung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Unfallheilkunde<br />

und <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> sowie <strong>der</strong> Deutschen<br />

Sektion und <strong>der</strong> Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong><br />

AO-International. Über mehrere<br />

Jahre wissenschaftlicher Leiter<br />

<strong>der</strong> „Ostdeutschen AO-Sem<strong>in</strong>are“<br />

<strong>der</strong> Deutschen Sektion <strong>der</strong> AO-<br />

International<br />

1991–2001 Member of the Board of Trustees of<br />

the AO-Foundation<br />

1992 Lehrstuhl für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

(C-4-Professur) an <strong>der</strong> FSU Jena<br />

1992–2004 Direktor <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-, Hand-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

1996 Präsident <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1995, 1997 Vizepräsident; seitdem Mitglied des<br />

Präsidiums <strong>der</strong> DGU<br />

Herausgeber und Mitherausgeber<br />

von mehreren wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften<br />

Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher<br />

Gesellschaften<br />

2004 Emeritierung<br />

2005–2007 Sprecher des Senats <strong>der</strong> DGU<br />

Ehrenmitglied<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong>,<br />

<strong>der</strong> European Trauma Society (ETS) und<br />

<strong>der</strong> Tschechischen Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong><br />

„Carl Thiem Gedenkmünze“ <strong>der</strong> DGU<br />

Miehle, Dietrich<br />

Doz. Dr. med. habil.,<br />

geb. am 4.12.1936 <strong>in</strong><br />

Zwickau/Sachsen<br />

1955–1960 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Leipzig und<br />

Erfurt<br />

1961 Pflichtassistent He<strong>in</strong>rich Braun<br />

Krankenhaus Zwickau<br />

1961 Promotion<br />

1961–1967 Allgeme<strong>in</strong>praktisches Jahr im<br />

Landambulatorium Mosel<br />

Ausbildung zum Facharzt für<br />

Chirurgie am He<strong>in</strong>rich Braun<br />

Krankenhaus Zwickau<br />

1967 Facharzt für Chirurgie<br />

1969 Oberarzt<br />

1975–1978 Chefarzt <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik am BKH He<strong>in</strong>rich Braun <strong>in</strong><br />

Zwickau<br />

1977 Subspezialisierung Traumatologie<br />

1978–1982 Delegierung an die Unfall chirurgische<br />

Kl<strong>in</strong>ik Karl-Marx-Stadt<br />

1982–1985 Delegierung an die Chirurgische<br />

Kl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Humboldt-Universität<br />

Berl<strong>in</strong>, Charité<br />

1982 Habilitation an <strong>der</strong> Akademie für<br />

Ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1988 Dozentur für Chirurgie an <strong>der</strong><br />

Humboldt-Universität Berl<strong>in</strong><br />

1986–1990 Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik des Kreiskrankenhauses<br />

Lichtenste<strong>in</strong>/Sachsen<br />

1992 Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er chirurgischen<br />

und unfallchirurgischen<br />

Praxis <strong>in</strong> Zwickau; D-Arzt<br />

Preis für Mediz<strong>in</strong> Karl-Marx-Stadt<br />

Virchowpreisträger<br />

Otto, Wieland<br />

Univ.-Prof. Dr. med.,<br />

geb. am 25.4.1942 <strong>in</strong><br />

Halle<br />

1962–1968 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Halle<br />

1968 Approbation als Arzt <strong>in</strong> Halle<br />

1968 E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Chirurgische Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

Halle (Prof. Schober)<br />

1969 Promotion<br />

1970–1989 Regelmäßige aktive Beteiligung<br />

(Instruktor, Referent) an den<br />

Halleschen AO-Kursen für Ärzte und<br />

Pflegekräfte<br />

1973 Facharzt für Chirurgie<br />

1977 Subspezialisierung für<br />

Traumatologie<br />

1981 Oberarzt und stellvertreten<strong>der</strong><br />

Leiter <strong>der</strong> Traumatologischen<br />

Abteilung (Prof. San<strong>der</strong>)<br />

1988 Kommissarischer Leiter <strong>der</strong><br />

Abteilung für Traumatologie<br />

1988 Habilitation<br />

1989 Venia legendi und Leiter <strong>der</strong><br />

Abteilung Traumatologie<br />

1989 Aufnahme <strong>in</strong> die Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong><br />

AO-International<br />

1991 Übernahme <strong>in</strong> die Deutsche Sektion<br />

<strong>der</strong> AO-International<br />

1992–2003 Wissenschaftliche Leitung <strong>der</strong><br />

Halleschen AO-Kurse 10-21<br />

1993 Gründung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

des Kl<strong>in</strong>ikums <strong>der</strong> Mart<strong>in</strong>-Luther<br />

Universität Halle/Wittenberg<br />

E<strong>in</strong>setzung als kommissarischer<br />

Direktor<br />

1994 Universitätsprofessor für Chirurgie/<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> und geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Direktor <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 113


114<br />

1996 Auslagerung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie <strong>in</strong><br />

die BG-Kl<strong>in</strong>iken „Bergmannstrost“<br />

<strong>in</strong> Halle. Lehrstuhl<strong>in</strong>haber und<br />

Direktor <strong>der</strong> BG-Kl<strong>in</strong>ik (bis 2005)<br />

2006 Rückkehr des Lehrstuhls an<br />

die Mediz<strong>in</strong>ische Fakultät <strong>der</strong><br />

Universität Halle; Beschränktes<br />

Aufgabengebiet wegen Krankheit<br />

und Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

2007 Emeritierung<br />

2008 Ehrenmitglied <strong>der</strong> AO Deutschland<br />

E<strong>in</strong>e bedeutende Zahl wissenschaftlicher<br />

Publikationen und Vorträge; Anleitungen zu den<br />

praktischen Übungen <strong>der</strong> Halleschen AO-Kurse<br />

Paul, Kar<strong>in</strong><br />

geb. am 27.2.1942 <strong>in</strong><br />

Markersdorf<br />

1958 Mittlere Reife<br />

1958–1962 Ausbildung <strong>zur</strong> Krankenschwester<br />

im Kreiskrankenhaus Rochlitz,<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Fachschule Karl-Marx-<br />

Stadt<br />

1962 Staatsexamen<br />

1963–1975 Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tätigkeit im Bezirkskrankenhaus<br />

Dresden-Friedrichstadt<br />

als Zweitschwester <strong>der</strong><br />

II. Medi zi nischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

1975 Abteilungsschwester <strong>der</strong> HNO-<br />

Polikl<strong>in</strong>ik Dresden-Friedrichstadt<br />

1983–1985 Auslandse<strong>in</strong>satz Chirurgische<br />

Abteilung Prov<strong>in</strong>zkrankenhaus Tete<br />

<strong>in</strong> Mosambik<br />

1985 Auszeichnung mit <strong>der</strong> Hufeland-<br />

Medaille<br />

1992–2000 Sachbearbeiter<strong>in</strong> für BG-Angelegenheiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Unfallkl<strong>in</strong>ik Dresden-<br />

Friedrichstadt<br />

2000 Ruhestand<br />

Paul, Dieter<br />

Priv.-Doz. Dr. med., MR,<br />

geb. am 16.4.1935 <strong>in</strong><br />

Leipzig<br />

1948–1953 Mitglied des Thomanerchors Leipzig<br />

1953–1958 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Leipzig<br />

1958 Promotion <strong>in</strong> Leipzig<br />

1959 Pflichtassistent im Krankenhaus<br />

Mittweida<br />

1960–1963 Chirurgische Facharztausbildung im<br />

Krankenhaus Rochlitz<br />

1963 Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik Dresden Friedrichstadt (Prof.<br />

Schumann, Prof. Herzog)<br />

1965 Facharzt für Chirurgie<br />

1966 Oberarzt, mit <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> betraut<br />

1975 Subspezialisierung (Schwerpunkt)<br />

Traumatologie<br />

1981 Abteilungsleiter <strong>der</strong> Abteilung<br />

Unfall- und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

1983 Habilitation (Prof. Knoch)<br />

1983–1985 Auslandse<strong>in</strong>satz Chirurgische<br />

Abteilung Prov<strong>in</strong>zkrankenhaus Tete<br />

<strong>in</strong> Mosambik<br />

1986 Facultas docendi <strong>der</strong> Akademie für<br />

Ärztliche Fortbildung <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1989 6 Monate Tätigkeit <strong>in</strong> Uganda<br />

1990 Privatdozent <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie Dresden<br />

1994–2000 Kommissarischer, ab 1995<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-,<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungs- und Handchirurgie<br />

Krankenhaus Dresden<br />

Friedrichstadt<br />

2000 Ruhestand; ausgedehnte<br />

Gutachtertätigkeit für<br />

Sozialgerichte, Landesgerichte und<br />

Schlichtungsstellen<br />

Vormals Mitglied <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>DDR</strong> und <strong>der</strong><br />

Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International; nach 1990<br />

Mitglied <strong>der</strong> DGU und <strong>der</strong> Deutschen Sektion<br />

<strong>der</strong> AO-International; Prüfungsvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong> LÄK Sachsen; D-Arzt und<br />

Beratungsarzt mehrerer Berufsgenossenschaften;<br />

Vertragsgutachter Sächsisches Landessozialgericht<br />

und Sachverständigenrat <strong>der</strong><br />

Schlichtungsstelle LÄK Dresden<br />

Probst, Jürgen<br />

Prof. Dr. med., geb. am<br />

19.1.1927 <strong>in</strong> Hannover<br />

1943–1945 Soldat<br />

1946–1952 Studium Veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>, Mediz<strong>in</strong><br />

und Naturwissenschaften <strong>in</strong><br />

Hannover und Ma<strong>in</strong>z<br />

1952 Promotion Dr. med. <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z<br />

1954–1961 Chirurgische, orthopädische und<br />

röntgenologische Ausbildung<br />

(Kl<strong>in</strong>ikum San<strong>der</strong>busch, BG-Unfallkl<strong>in</strong>ik<br />

Murnau, Kl<strong>in</strong>ikum München<br />

rechts <strong>der</strong> Isar (Prof. Lob; Prof.<br />

Maurer, Prof. Schede)<br />

1961 Facharzt für Chirurgie<br />

1969 Schwerpunkt <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1975–1980/<br />

1989–1997 Generalsekretär <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

(DGU)<br />

1970/1993 Gründung <strong>der</strong> Unfalltagungen<br />

Murnau/Dresden<br />

1972 Habilitation TU München<br />

1969–1993 Ärztlicher Direktor <strong>der</strong> BG-<br />

Unfallkl<strong>in</strong>ik Murnau<br />

1977 Präsident <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Plastische und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

1978–1998 Leiter des BG-Archivs (Lobsche<br />

Sammlung) mit zuletzt 200.000<br />

Literaturtiteln<br />

1982 Präsident <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1985 Schwerpunkt Physikalische Therapie<br />

1972–1999 Beraten<strong>der</strong> Arzt BG-Landesverband<br />

Bayern und Sachsen<br />

1993 Facharzt Physikalische Mediz<strong>in</strong> und<br />

Rehabilitationsmediz<strong>in</strong><br />

Bücher, Buchbeiträge und e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

Publikationen, Vorträgen und <strong>Beiträge</strong>n zu<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>, Rehabilitation, Physikalische<br />

Therapie, Krankenhaushygiene, <strong>Geschichte</strong>,<br />

Rechtsfragen und <strong>zur</strong> Begutachtung; Redaktion<br />

und Herausgeber <strong>der</strong> Kongressberichte <strong>der</strong> DGU<br />

1974–1980 und 1989; Gründung, Redaktion und<br />

Herausgabe <strong>der</strong> „Mitteilungen und Nachrichten“<br />

<strong>der</strong> DGU 1979–1997<br />

Ehrungen:<br />

Korrespondierendes Mitglied Schweizerische<br />

und Österreichische Gesellschaften für<br />

Unfallmediz<strong>in</strong> bzw. <strong>Unfallchirurgie</strong> und <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Wehrmediz<strong>in</strong><br />

und Wehrpharmazie/Vere<strong>in</strong>igung Deutscher<br />

Sanitätsoffiziere<br />

Ehrenmitgliedschaft: Bayerische<br />

Chirurgenvere<strong>in</strong>igung; Deutsche<br />

Gesellschaft für Plastische und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie;<br />

Deutsche Gesellschaft für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong>; Thür<strong>in</strong>gische Gesellschaft<br />

für Chirurgie; Sächsische/ Mitteldeutsche<br />

Chirurgenvere<strong>in</strong>igung; Bundesverband <strong>der</strong> für<br />

BG tätigen Ärzte; Griechische Gesellschaft für<br />

Orthopädie und Traumatologie; Küntscher-Kreis;<br />

Johann-Friedrich-Dieffenbach-Büste <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong>;<br />

Goldene Medaille Bundesverband <strong>der</strong> für BG<br />

tätigen Ärzte; Karl Schuchardt-Medaille <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Plastische und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie; Ernst-von-<br />

Bergmann-Plakette <strong>der</strong> Bundesärztekammer<br />

Staatliche Auszeichnungen:<br />

BVK a.B.; BVK I. Klasse, Gold. Ehrenzeichen<br />

Bayerisches Rotes Kreuz; Bayerische<br />

Staatsmedaille für Soziale Verdienste;<br />

Ehrenmedaille <strong>in</strong> Gold des Landkreises Garmisch-<br />

Partenkirchen<br />

Sandner, Karlhe<strong>in</strong>z<br />

Prof. Dr. med., geb.<br />

am 21.7.1939 <strong>in</strong><br />

Landwüst/Vogtland<br />

1957–1963 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Leipzig<br />

1963 Promotion an <strong>der</strong> Karl-Marx-<br />

Universität <strong>in</strong> Leipzig<br />

1963–1964 Pflichtassistent am Anatomischen<br />

Institut <strong>der</strong> KMU Leipzig;<br />

Theoretische Vollapprobation<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008


1964–1965 Pflichtassistent <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

und Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>der</strong> KMU Leipzig; Kl<strong>in</strong>ische<br />

Vollapprobation<br />

Ausbildung zum Facharzt am<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ikum Leipzig<br />

1968 Facharzt für Chirurgie<br />

1979 Subspezialisierung Traumatologie<br />

1987 Habilitation<br />

1988 Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Chirurgie <strong>der</strong><br />

KMU Leipzig<br />

1990 Facultas docendi<br />

1992 Kommissarischer Leiter <strong>der</strong><br />

Traumatologischen Abteilung <strong>der</strong><br />

Kl<strong>in</strong>ik für Chirurgie<br />

1993 Mai bis Dezember: Kommissarischer<br />

Direktor <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik III für Unfall- und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie <strong>der</strong><br />

Universität Leipzig<br />

1994–1996 1. Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik III für Unfall-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

1995 Professur (C3) für Chirurgie mit<br />

Schwerpunkt <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

1996–1997 Kommissarischer Direktor<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik III für Unfall- und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungs chirurgie<br />

1997–2000 1. Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik III für Unfall-<br />

und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

1999 Zusatzbezeichnung Handchirurgie<br />

2000–2007 Chefarzt <strong>der</strong> Abteilung <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

des Kl<strong>in</strong>ikum Mittleres<br />

Erzgebirge gGmbH, Haus Zschopau<br />

Organisatorischer Leiter <strong>der</strong> Unfallchirurgenkongresse<br />

<strong>der</strong> <strong>DDR</strong> von 1978 bis 1990<br />

Schäfer, Raik<br />

Dr. med. geb. am<br />

4.4.1965 <strong>in</strong> Weißenfels<br />

1983 Abitur<br />

1983–1986 Wehrdienst NVA<br />

1986–1992 Humanmediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> FSU<br />

Jena<br />

1992–1993 Arzt im Praktikum, Kl<strong>in</strong>ik für<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong> FSU Jena<br />

1993 Junior House Officer, Stafford<br />

District General Hospital,<br />

Großbritannien<br />

1993–2001 Weiterbildung zum Facharzt am<br />

Kl<strong>in</strong>ikum <strong>der</strong> FSU Jena<br />

1995 Fachkunde Notfallmediz<strong>in</strong> Jena<br />

1995–2004 Lehrtätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> studentischen<br />

Ausbildung mit fakultativer<br />

Vorlesungsreihe „Notfallmediz<strong>in</strong><br />

aus unfallchirurgischer Sicht“ sowie<br />

IDK Notfallmediz<strong>in</strong><br />

1996 Organisatorischer Leiter <strong>der</strong><br />

96. Tagung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>, dabei Organisator e<strong>in</strong>er viel<br />

beachteten Repräsentation von<br />

Rettungselementen<br />

1998 Fachkunde Strahlenschutz<br />

1998 Kurs Leiten<strong>der</strong> Notarzt Jena<br />

1999–2004 Ärztlicher Leiter des Nothilfezentrums<br />

des Kl<strong>in</strong>ikums <strong>der</strong> FSU<br />

(Prof. Markgraf)<br />

2001 Facharzt für Chirurgie<br />

2000 Fachkunde Tauchmediz<strong>in</strong><br />

(Taucherarzt), Halle<br />

2003 Kurs Ärztlicher Leiter Rettungsdienst<br />

Jena<br />

2004 Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-,<br />

Hand- und Wie<strong>der</strong>herstellungschiru<br />

rgie des Kl<strong>in</strong>ikums <strong>der</strong> FSU Jena<br />

2004–2007 Ärztlicher Leiter <strong>der</strong> Zentralen<br />

Notaufnahme des Universitätskl<strong>in</strong>ikums<br />

<strong>der</strong> FSU Jena<br />

2005 Erwerb <strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />

Notfallmediz<strong>in</strong><br />

2007 Ärztlicher Leiter <strong>der</strong><br />

Interdiszipl<strong>in</strong>ären Zentralen<br />

Notaufnahme des<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ikums Jena<br />

2008 Promotion<br />

Mitarbeit <strong>in</strong> zahlreichen nationalen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

Gesellschaften und Gremien <strong>der</strong><br />

Notfallmediz<strong>in</strong>; Wissenschaftlicher Leiter <strong>in</strong>ternationaler<br />

Kongresse für Notfallmediz<strong>in</strong>;<br />

Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> DLRG<br />

Schulz, Frie<strong>der</strong><br />

Priv.-Doz. Dr. med., geb.<br />

am 11.5.1944 <strong>in</strong> Jena<br />

1962 Abitur <strong>in</strong> Jena<br />

1963 Facharbeiterprüfung als<br />

Chemielaborant<br />

1963–1964 Vorpraktisches Jahr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena<br />

1964–1970 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Jena und Halle<br />

1970 Approbation <strong>in</strong> Halle<br />

1970–1974 Assistenzarzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena<br />

1973 Dipl.-Med.<br />

1974 Promotion (Universität Halle)<br />

1975 Facharzt für Chirurgie<br />

1975–1977 Allgeme<strong>in</strong>chirurgische Tätigkeit und<br />

ab<br />

1977 Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung für<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena<br />

1981 Subspezialisierung Traumatologie<br />

1985 Habilitation an <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-<br />

Universität Jena<br />

1986 Tätigkeit im Wissenschaftlichen<br />

Zentral<strong>in</strong>stitut für Orthopädie und<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Universität Riga/<br />

Lettland<br />

1987 Oberarzt <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena<br />

1988 Facultas docendi<br />

1987–1990 Viszeralchirurgische Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik Jena<br />

1990 1. Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-,<br />

Hand- und Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie<br />

<strong>der</strong> FSU Jena (Prof. Markgraf)<br />

1990 Ernennung zum Privatdozenten<br />

1990 Hospitationen <strong>in</strong> Unfallkl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong><br />

Österreich, <strong>der</strong> Unfallchirurgischen<br />

Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Darmstadt und <strong>der</strong><br />

Chirurgischen Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong><br />

Basel<br />

1993 Chefarzt <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Abteilung des Sophienkrankenhauses<br />

<strong>in</strong> Weimar<br />

1998 Chefarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall- und<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungschirurgie II des<br />

Sophien- und Hufeland-Kl<strong>in</strong>ikums<br />

Weimar<br />

2002 Chefarzt <strong>der</strong> zusammengelegten<br />

Kl<strong>in</strong>iken für Unfall- und Wie<strong>der</strong>h<br />

erstellungschirurgie I und II des<br />

Sophien- und Hufeland-Kl<strong>in</strong>ikums<br />

Weimar<br />

Umfangreiche wissenschaftliche Leistungen<br />

(Publikationen und Vorträge); Ausrichtung<br />

mehrerer unfallchirurgisch-orthopädischer<br />

Symposien <strong>in</strong> Weimar<br />

Senst, Wolfgang<br />

Prof. Dr. med., OMR,<br />

geb. am 1.3.1934 <strong>in</strong><br />

Reetz (Mark)<br />

1952 Abitur <strong>in</strong> Wiesenburg (Mark)<br />

1952–1957 Mediz<strong>in</strong>studium <strong>in</strong> Leipzig<br />

1957 Promotion Karl-Marx-Universität<br />

Leipzig<br />

1958 Pflichtassistent im Kreiskrankenhaus<br />

Rochlitz/Sachsen<br />

1959–1960 Ambulantes Pflichtjahr im Landambulatorium<br />

Ger<strong>in</strong>gswalde<br />

1960–1961 Schiffsarzt <strong>der</strong> Deutschen<br />

Seere<strong>der</strong>ei Rostock<br />

1961–1965 Chirurgische Ausbildung im<br />

Kreiskrankenhaus Mittweida und<br />

ab 1963 an <strong>der</strong> Chirurgischen<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>der</strong> Ernst-Moritz-<br />

Arndt-Universität Greifswald<br />

1965 Facharzt für Chirurgie<br />

1966–1969 Oberarzt<br />

1969–1974 1. Oberarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik<br />

1971–1974 Leiter <strong>der</strong> Abteilung Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Universitätskl<strong>in</strong>ik für Chirurgie<br />

Greifswald<br />

1972 Habilitation<br />

1976 Honorardozentur<br />

1982 Honorarprofessur<br />

1975–1990 Mitglied <strong>der</strong> „Zentralen Fachkommission<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“<br />

1974–1999 Chefarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Chirurgie des<br />

Kl<strong>in</strong>ikums Frankfurt/O<br />

1974–1989 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bezirks fachkommission<br />

Chirurgie (Frankfurt/O)<br />

1975–1990 Mitglied <strong>der</strong> Bezirksgutachterkommission<br />

(Frankfurt/O)<br />

1968–1990 Mitglied des Vorstands bzw. des<br />

Erweiterten Vorstands <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1980–1984 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion<br />

Traumatologie<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008 115


116<br />

1980–1989 Mitglied des Redaktionskollegiums<br />

<strong>der</strong> Zeitschrift „<strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong><br />

Orthopädie und Traumatologie“<br />

1982–1990 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zentralen Fachkommission<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, <strong>in</strong><br />

dieser Funktion a.o. Mitglied des<br />

Vorstands <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1991–1999 Mitglied Prüfungsausschuss<br />

Chirurgie und <strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong><br />

Ärztekammer Brandenburg<br />

Mitglied <strong>in</strong> mehreren nationalen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

wissenschaftlichen Gesellschaften<br />

Ehrenmitglied <strong>der</strong> Polnischen Gesellschaft für<br />

Orthopädie und Traumatologie<br />

Welz, Klaus<br />

Dr. med., OMR, geb. am<br />

31.1.1934 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

1952–1957 Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> Humboldt-<br />

Universität Berl<strong>in</strong><br />

1958 Beg<strong>in</strong>n ärztliche Tätigkeit am<br />

Bezirkskrankenhaus Cottbus<br />

1958 Promotion an <strong>der</strong> Humboldt-<br />

Universität Berl<strong>in</strong><br />

1963 Facharzt für Chirurgie<br />

1964 Oberarzt <strong>der</strong> Chirurgischen Kl<strong>in</strong>ik<br />

Cottbus (Prof. Welcker)<br />

1964–1970 Spezielle Qualifizierung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> bei Prof. Dr. San<strong>der</strong>,<br />

Frau Prof. Büchter, Halle, und Prof.<br />

Mann<strong>in</strong>ger, Budapest; weitere<br />

Hospitationen <strong>in</strong> Kosice, Graz, St.<br />

Gallen, Bern, Davos<br />

1971 Chefarzt <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für Unfall-,<br />

Wie<strong>der</strong>herstellungs- und<br />

Handchirurgie am Carl-Thiem-<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Cottbus<br />

1973 Subspezialisierung Traumatologie<br />

und Berufung zum 1. Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> „Zentralen Fachgruppe für<br />

Traumatologie“ an <strong>der</strong> „Akademie<br />

für Ärztliche Fortbildung (AfÄF)“<br />

1974 Stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Sektion <strong>DDR</strong> <strong>der</strong> AO-International<br />

1974–1978 2. Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sektion<br />

Trauma tologie <strong>der</strong> Gesellschaft für<br />

Chirurgie <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />

1975–1989 Mitglied des Redaktionskollegiums<br />

<strong>der</strong> Zeitschrift „Zentralblatt für<br />

Chirurgie“<br />

1978–1990 Sekretär <strong>der</strong> Sektion Traumatologie<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft für Chirurgie <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong><br />

1991–1999 Mitglied des Redaktionsbeirates <strong>der</strong><br />

Zeitschrift „<strong>Unfallchirurgie</strong>“<br />

1991–1999 Vorsitzen<strong>der</strong> des Fachausschusses<br />

und <strong>der</strong> Prüfungskommission<br />

<strong>Unfallchirurgie</strong> <strong>der</strong> LÄK<br />

Brandenburg<br />

1991–1998 Mitglied des „Nichtständigen<br />

Beirats“ des Präsidiums <strong>der</strong> DGU<br />

1992–1997 Mitglied des Beirats <strong>der</strong> „Deutschen<br />

Sektion <strong>der</strong> AO-International“<br />

1995–1999 Wissenschaftliche und organisatorische<br />

Leitung des 5. und 10.<br />

„Ostdeutschen AO-Sem<strong>in</strong>ars“ <strong>in</strong><br />

Cottbus<br />

1999 Wissenschaftliche und organisatorische<br />

Leitung <strong>der</strong> 9. Sommertagung<br />

<strong>der</strong> „Berl<strong>in</strong>er Chirurgischen<br />

Gesellschaft“ <strong>in</strong> Cottbus<br />

1999 Emeritierung nach 42 Dienstjahren<br />

am Carl-Thiem-Kl<strong>in</strong>ikum <strong>in</strong> Cottbus<br />

2000 Verleihung <strong>der</strong> „Carl-Thiem-<br />

Gedenkmünze“ <strong>der</strong> DGU<br />

DGU Mitteilungen und Nachrichten | Supplement 1/2008

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