GSUND 43 Endfassung - G'sund.net
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QUALITÄTSMANAGEMENT 31<br />
Betreuung trauernder Eltern auf der Frühgeburten-Intensivstation<br />
Wenn die Freude zur Trauer wird<br />
Der Start ins Leben beginnt für viele Kinder<br />
mit großen Problemen und sie<br />
brauchen die Hilfe unserer intensivmedizinischen<br />
Einrichtung. Dies betrifft sehr kleine<br />
Frühgeborene und schwerstkranke Neugeborene.<br />
Die Trennung von Mutter und Baby<br />
sowie die Ängste und Sorgen der Eltern<br />
nehmen wir sehr ernst und sie stellen eine<br />
große Herausforderung für das Pflegepersonal<br />
und Ärzte dar.<br />
Wenn wir an die Grenzen der Intensivmedizin<br />
stoßen, bedarf es größten Einfühlungsvermögens.<br />
Ehrlich und offen<br />
müssen die Eltern über die sehr ernste<br />
und oft aussichtslose Situation ihres Kindes<br />
aufgeklärt werden. Bei diesem Gespräch<br />
weisen wir auch auf die Möglichkeit<br />
einer Taufe für das schwerstkranke<br />
Kind auf unserer Station hin, was meist<br />
dankbar angenommen wird.<br />
Die Organisation und die Vorbereitung<br />
zur Taufe wird gemeinsam von den Eltern<br />
und den Pflegepersonen durchgeführt.<br />
Das Nähen, Zeichnen und Kerzenbasteln<br />
übernehmen liebevoll die Schwestern der<br />
Station. Nach der Taufe bekommen die<br />
Eltern das Taufkleid, die Taufkerze und<br />
ein Taufbillett als bleibende Erinnerung<br />
mit nach Hause.<br />
Abschied und Trauerarbeit<br />
Da die Taufe im Zusammenhang mit einem<br />
sehr kritischen Gesundheitszustand<br />
des Kindes steht, ist es für die Eltern natürlich<br />
möglich, rund um die Uhr bei ihrem<br />
schwerstkranken Baby zu bleiben, es in<br />
dieser Zeit zu begleiten, aber auch langsam<br />
Abschied zu nehmen.<br />
Die Trauerarbeit für Eltern beginnt nicht<br />
erst, wenn das Baby verstorben ist. Sie<br />
beginnt bereits auf unserer Intensivstation<br />
und auch die Entscheidung zur Taufe ist<br />
ein Zeichen des Annehmens. Der Tod auf<br />
der Intensivstation tritt meist erwartet ein,<br />
selten unerwartet. Dadurch haben die Eltern<br />
die Möglichkeit, sich mit dem Tod ihres<br />
Kindes auseinander zu setzen. Trauer<br />
heißt Abschied zu nehmen, Trauer ist<br />
menschlich und so schwer es auch für Betroffene<br />
sein mag, es gibt keinen Weg,<br />
die Trauer zu umgehen, der einzige<br />
Weg führt durch die Trauer hindurch.<br />
4 Phasen des Trauerweges<br />
Der Trauerweg jedes Menschen ist einzigartig,<br />
die Tiefe und Länge der Trauer<br />
Menschen helfen Menschen<br />
Für die heilige Taufe werden Taufkleid, Kerze und Taufbillett vorbereitet.<br />
ist sehr unterschiedlich, verläuft aber<br />
meist in vier Phasen.<br />
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen<br />
2. Phase: Aufbruch der chaotischen<br />
Emotionen<br />
3. Phase: Prozess des Rückzugs und<br />
der Selbstbesinnung<br />
4. Phase: Erneuerung und Neuorientierung<br />
Ungelebte verdrängte Trauer kann zu<br />
schweren körperlichen und seelischen<br />
Krankheiten führen. Hier ist unbedingt<br />
Hilfe erforderlich.<br />
Kaplan Mag.<br />
Ibounigg hat<br />
dieses<br />
Taufsymbol für<br />
das<br />
Taufkleidchen<br />
entworfen.<br />
Fußabdrücke<br />
eines Babys als<br />
bleibende<br />
Erinnerung.<br />
Unterstützung trauernder Eltern<br />
Es gibt einige Hilfestellungen, um den<br />
trauernden Eltern Gutes zu tun und um<br />
sie zu unterstützen:<br />
● Als Pflegepersonal und Arzt da zu sein<br />
● Mitgefühl und Nähe zeigen<br />
● Zeit und Raum geben<br />
● Auf Wünsche und Bedürfnisse eingehen<br />
● Sprachlosigkeit und das Gefühl der<br />
Hilflosigkeit zulassen<br />
● Zugewandt sein zählt mehr als passende<br />
Worte<br />
● Erinnerungen schaffen<br />
Als Erinnerungsstücke erhalten unsere Eltern<br />
Fotos, Namensschild, Namensbändchen,<br />
ein Sterbebillett mit den Daten des<br />
Kindes, wenn möglich eine Haarlocke sowie<br />
einen Fußabdruck vom Baby, denn:<br />
„Niemand verlässt diese Welt, ohne Spuren<br />
zu hinterlassen.“<br />
Berührende Reaktionen<br />
An den positiven Reaktionen und den<br />
sehr berührenden Briefen, die wir von<br />
den Eltern erhalten, erkennen wir, dass<br />
dies ein guter und für uns richtiger Weg<br />
ist. Heuer gedenken wir mit einer heiligen<br />
Messe am 8.12.2004 um 18:30<br />
Uhr in der Anstaltskirche im LKH Graz<br />
aller Kinder, die unseren Lebensweg<br />
nicht teilen konnten. ■<br />
DKKS Klaudia Perz und DKKS Michaela Lubej,<br />
Intensivstation der Klinischen Abteilung für<br />
Neonatologie, Univ.Klinik für Kinder- und<br />
Jugendheilkunde am LKH-Univ.Klinikum Graz<br />
Weitere Informationen im Inter<strong>net</strong> unter:<br />
September 2004<br />
www.gsund.<strong>net</strong>/<br />
gsundonline<br />
Fotos: Mag. W. Herzog