Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
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"weil an ihnen gelernt werden kann, was Freiraum meint und wie er verfügbar wird." (Böse, H.<br />
1989: 106d.)<br />
"<strong>Hausen</strong>" steht dann auch für eine professionelle Haltung von Planerinnen und Planern,<br />
nämlich für die Bereitschaft eigene Wertvorstellungen, Interessen und Vorurteile zurückzustellen,<br />
"in dem Sinne, dass sie die Art und Weise kontrollieren, in <strong>der</strong> diese Wertvorstellungen unter<br />
Umständen ihren soziologischen (bzw. planerischen A.d.V.) Blick trüben." (Berger, P. L., Kellner,<br />
H. 1984: 51)<br />
Um diese Haltung halbwegs erfolgreich einnehmen zu können, ist es aber auch notwendig,<br />
die eigenen Wertvorstellungen, Interessen und Vorurteile zu kennen und offen zu<br />
legen. Für ein professionelles Arbeiten ist zusätzlich eine grundsätzliche Prüfung <strong>der</strong> innerprofessionellen<br />
Wertvorstellungen sinnvoll, damit deutlich wird, von welchen Grundparadigmen<br />
ausgehend gearbeitet wird. Ein wesentliches Paradox von Ideologien ist es,<br />
dass sie erst offensichtlich gemacht werden müssen, bevor sie abgebaut werden können<br />
(vgl. Lorber, J. 1999: 52).<br />
1.2.1 Siedlungsgrundrisse als Indiz für Leitbil<strong>der</strong><br />
Mit Hilfe <strong>der</strong> nachfolgenden Arbeit sollen die kontinuierlich auftauchenden "guten Absichten"<br />
am Beispiel <strong>der</strong> Ziele, Realisierungen und Folgen mo<strong>der</strong>ner Stadt- und Verkehrsplanung<br />
beschrieben werden. Sinn dieser Zeitreise durch die Professionsgeschichte<br />
ist es, die aktuellen Strategien <strong>der</strong> "frauengerechten", "altengerechten" o<strong>der</strong> "migrantengerechten"<br />
Stadt besser verstehen und einordnen zu können. In <strong>der</strong> Zeitreihe wird<br />
deutlich, dass <strong>der</strong>zeit diskutierte Leitbil<strong>der</strong> eine längere Geschichte haben, und dass sie<br />
in vielen Teilen eine Wie<strong>der</strong>auflage alter Leitbil<strong>der</strong> sind. Auf diese Weise wird es möglich,<br />
aus den Folgen früherer Stadt- und Verkehrsplanung auf die Konsequenzen heutiger Modelle<br />
zu schließen. Erfahrungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit liefern also kritische Argumente<br />
gegenüber den aktuellen Strategien und können zugleich auch Handlungsmöglichkeiten<br />
für Planung aufzeigen, die grundsätzlich an<strong>der</strong>e Wege gehen will.<br />
Ein vertiefen<strong>der</strong> Blick auf verschiedene Siedlungsmodelle, die im Laufe <strong>der</strong> Geschichte<br />
von Stadt- und Verkehrsplanung vorgeschlagen und gebaut wurden, ist zudem insofern<br />
sinnvoll, als in <strong>der</strong> konkreten Umsetzung die Folgen <strong>der</strong> Leitbil<strong>der</strong> für den Lebensalltag<br />
zukünftiger Bewohnerinnen und Bewohner deutlich werden. Absichten und Motive sind<br />
grundsätzlich erst einmal von geringer Bedeutung. Sie werden zumeist mit hohem Anspruch<br />
und altruistischen Zielen geäußert. Wenn diese guten Absichten praktisch werden,<br />
werden sie jedoch auch für an<strong>der</strong>e Menschen wirksam, die dann mit den in den<br />
Entwürfen vorgesehenen Vorgaben leben müssen. Und dies gelingt je nach Angeboten<br />
besser o<strong>der</strong> schlechter.<br />
Siedlungsgrundrisse eignen sich aber auch grundsätzlich <strong>–</strong> und ohne Vorkenntnisse <strong>der</strong><br />
mit ihnen verbundenen Ideologien <strong>–</strong> als Indizien für Leitbil<strong>der</strong>. Sind sie doch unter an<strong>der</strong>em<br />
auch physisch-materieller Ausdruck davon, wie viel Platz und welche Orte für welche<br />
Tätigkeiten zur Verfügung gestellt werden. Aus ihrem Repertoire von Gebäuden, Erschlie-<br />
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