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Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel

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organisieren. Sie entsprechen <strong>der</strong> Vorstellung von einer Erwerbstätigkeit, die zu Hause<br />

keinen Platz o<strong>der</strong> nur einen Schreibtisch braucht (akademisch, angestellt, Computertätigkeit)<br />

und ökonomischem Erfolg (im Sinne von ausreichendem Einkommen), <strong>der</strong> auf<br />

sparsames Wirtschaften nicht angewiesen ist. Dem entsprechen auch das Fehlen von<br />

Wirtschaftsräumen, Kellern, Schuppen und Abstellräumen. An dieser Stelle wird technischer<br />

Fortschritt (Haushaltsgeräte) vorausgesetzt, <strong>der</strong> Hausarbeit quasi unnötig macht.<br />

Die entstehenden weiten Wege zur Versorgung, zum Spielplatz, zum Erwerbsarbeitsplatz<br />

u. a. gelten als kein Problem, da PKW (technisches Hilfsmittel) o<strong>der</strong> physische Stärke<br />

ganz selbstverständlich vorausgesetzt werden.<br />

Diesen strukturellen Privilegierungen entsprechen gesellschaftliche Geschlechterrollen,<br />

die zum Teil in <strong>der</strong> Vermarktung des Siedlungsgebietes direkt angesprochen werden. Zur<br />

Wohnsiedlung (unabhängig ob Einfamilienhaus o<strong>der</strong> Geschoßwohnungsbau) gehört<br />

ideologisch <strong>der</strong> Familienernährer, <strong>der</strong> vollerwerbstätig ist und einen Arbeitsplatz außerhalb<br />

<strong>der</strong> Siedlung hat. Im Haus (o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wohnung) waltet die Hausfrau, die sich um<br />

Haushalt und Kin<strong>der</strong> kümmert <strong>–</strong> was allerdings beides nicht als Arbeit gesehen wird,<br />

son<strong>der</strong>n als Beitrag zur Harmonie <strong>der</strong> Familie (vgl. Bock, G.; Duden, B. 1977). Vorausgesetzt<br />

wird, dass Hausarbeit schon allein daher keine Arbeit mehr ist, da Haushaltsgeräte,<br />

Dienstleistungseinrichtungen etc. die Arbeit "machen" und durch Konsum viele Tätigkeiten<br />

eingekauft werden können. Kin<strong>der</strong>betreuung soll in diversen Einrichtungen, auf dem<br />

Spielplatz, in den Kin<strong>der</strong>zimmern <strong>statt</strong>finden.<br />

5.5.4.2 Strukturelle Marginalisierungen<br />

Die im Entwurf enthaltenen strukturellen Privilegierungen verweisen auf die Kehrseite <strong>der</strong><br />

Medaille <strong>–</strong> auf die strukturellen Marginalisierungen. Ausgeblendet werden Haus- und<br />

Familienarbeit, die ja trotz allem in unterschiedlichen Formen <strong>statt</strong>finden muss und gemacht<br />

wird. Damit werden gebrauchsorientierte und soziale Tätigkeiten, die im Rahmen<br />

des individuellen Alltags notwendig sind und auch zum ökonomischen Leben und Überlegen<br />

beitragen, unterschlagen, verhin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> erhalten einen schlechten Nimbus (z.B.<br />

den <strong>der</strong> Armut) (vgl. Bennholdt-Thomsen, V.; Mies, M.; von Werlhof, C. 1983).<br />

Diese strukturelle Marginalisierung trifft alle jene Menschen, die nicht <strong>der</strong> "Dominanzkultur"<br />

entsprechen können o<strong>der</strong> wollen: Menschen mit Betreuungspflichten, Menschen mit<br />

geringem Einkommen, ältere Menschen, Kin<strong>der</strong> und Menschen mit Sinnes- o<strong>der</strong> Mobilitätsbeeinträchtigungen.<br />

Verdrängt bzw. von vorneherein an an<strong>der</strong>e Stadtteile verwiesen<br />

werden aber auch jene Familienökonomien, die nicht irgendwo an<strong>der</strong>s angestellt arbeiten<br />

o<strong>der</strong> einer "sauberen" Schreibtischtätigkeit nachgehen.<br />

Hierbei sind mit großer Wahrscheinlichkeit eher Frauen betroffen, da sie statistisch gesehen<br />

eher Betreuungstätigkeiten verrichten, über weniger Einkommen verfügen, und<br />

den größeren Anteil an älteren Menschen ausmachen. Männer in den jeweiligen Situationen<br />

müssen sich aber ebenso mit den Einschränkungen arrangieren. Und <strong>–</strong> ganz ste-<br />

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