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Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel

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nehmer-Spekulierer), die man nicht gleich von außen sieht, und in einem gehobenen<br />

Einkommen wi<strong>der</strong>spiegelt, mit dem ohne Probleme die Familie ernährt werden kann (vgl.<br />

Döge, P. 2004). Dazu gehört eine Berufsorientierung, die die Erwerbsarbeit klar in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund stellt und alle weiteren Interessen und Beziehungen hintenan stellt. Und<br />

dies kann nur jemand machen, <strong>der</strong> von Familienaufgaben weitgehend entlastet ist (vgl.<br />

Meuser, M. 2004b).<br />

Ebenso wenig wie alle Männer gleich privilegiert sind, denn nicht alle sind gesund, ökonomisch<br />

erfolgreich und mit weißer Hautfarbe geboren, sind nicht alle Frauen in gleichem<br />

Maße diskriminiert. Frauen können innerhalb dieses Modells insofern gesellschaftliche<br />

Anerkennung gewinnen, in dem sie über privilegierende Eigenschaften verfügen<br />

(weiße Hautfarbe, Mittelschichtzugehörigkeit, gute Ausbildung) o<strong>der</strong> versuchen, sie zu<br />

erwerben. Damit ist beruflicher Erfolg, <strong>der</strong> sich in einem entsprechenden Einkommen<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt, ein wesentlicher Schritt zur gesellschaftlichen Anerkennung. Familienaufgaben,<br />

häusliche Arbeit, sparsames Wirtschaften und subsistentielle Tätigkeiten, die zu<br />

schmutzigen Händen führen, tragen nicht dazu bei.<br />

Diese Voraussetzungen für gesellschaftliche Anerkennung werden nicht tagtäglich neu<br />

formuliert und propagiert. Im Gegenteil, sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eben<br />

nicht diskutiert werden. Sie werden "nur" in Werbung, Filmen, Zeitungsberichten, politischen<br />

Diskussionen um Gerechtigkeit und Chancengleichheit (und so auch in einigen<br />

feministischen Diskursen) als selbstverständlich dargestellt und Einigkeit über das Wertesystem<br />

vorausgesetzt. Es ist sozusagen normal und über Normalität muss nicht diskutiert<br />

werden.<br />

In diesem Zusammenhang wird es plausibel, dass "<strong>Wohnen</strong>" als Ausdruck von Ruhe,<br />

Sicherheit und Erholung für professionelle Leitbil<strong>der</strong>, die traditionell von männlichen<br />

Berufsalltagen geprägt sind, reizvoll ist.<br />

1.4.2 Zum Schutz <strong>der</strong> Wertmuster werden monolithische und spezialisierte<br />

Siedlungsorganisationen begründet.<br />

Dem eingeschränkten Verständnis folgend werden die Lebensbedingungen baulichräumlich<br />

auf dieses soziale und ökonomische Lebensmodell spezialisiert. Baulich umgesetzt<br />

wird "<strong>Wohnen</strong>" in Wohnungen und Einfamilienhäusern, in denen das Raumprogramm<br />

mit großem Wohnzimmer und grünem Wohnzimmer (Balkon o<strong>der</strong> Garten), kleinen<br />

Küchen, Schlafzimmern und noch kleinerem Kin<strong>der</strong>zimmer Erholung und Freizeit vorsieht.<br />

Die Straße an sich wird als Trägerin allen Übels identifiziert <strong>–</strong> sowohl als Trägerin<br />

von Lärm o<strong>der</strong> Gefahr als auch als Zugangsmöglichkeit für Ortsfremde <strong>–</strong> und erhält die<br />

rote Karte. Daher werden monolithische Erschließungsmuster, also Umfahrungen, Ringstraßen<br />

und Sackgassen, die vor allem AnwohnerInnen <strong>–</strong> also "Familienmitglie<strong>der</strong>" zulassen<br />

<strong>–</strong> und dazu beitragen, "Fremdverkehr" und damit vermutete Störungen aus den<br />

Siedlungen raus zu halten, zur bevorzugten Erschließungsform.<br />

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