Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
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Durch ihre abgeschlossene Straßenorganisation sind diese Siedlungen auch nicht erweiterbar.<br />
We<strong>der</strong> Ring- und Sackstraßen noch Wohnwege können zu neuen Siedlungen weitergeführt<br />
werden. Allenfalls können neue Monolithen an die Umfahrungsstraßen angehängt<br />
werden.<br />
Diese Siedlungen sind damit starr in ihrer Organisation und ihren Nutzungsvorgaben. Sie<br />
können kaum verän<strong>der</strong>te Ansprüche aufnehmen o<strong>der</strong> an neue Anfor<strong>der</strong>ungen angepasst<br />
werden. Sie werden im Grunde von Tausenden bewohnt, die alle keine Spuren hinterlassen.<br />
Auch wenn solche Siedlungen alt werden, und die Städte an ihnen vorbei wachsen,<br />
bleiben sie isoliert.<br />
Auch die beschriebenen Folgen für Stadt und Verkehr sind keine "Jugendsünden", son<strong>der</strong>n<br />
bleiben als dauerhafte Probleme erhalten. Nicht zufällig werden in diesen Siedlungen<br />
alle Jahre Wohnumfeldverbesserungen diskutiert, Neugestaltungen von Grünflächen<br />
und Siedlungszentren durchgeführt (für Osterholz-Tenever vgl. Freie Hansestadt Bremen<br />
1998; vgl. auch Gibbins, O. 1988). Doch auch diese Maßnahmen können die grundsätzlichen<br />
Probleme, die in <strong>der</strong> Siedlungsorganisation angelegt sind, auch nicht lösen.<br />
Dass "Urbanität durch Dichte" allein noch keine Garantie für städtische Qualitäten ist,<br />
verdeutlicht die schleppende Vermietung in den Anfangsjahren und die Leerstände bis<br />
Ende <strong>der</strong> 80er Jahre. Zudem wurden viele projektierte Siedlungen in ihrer Größe eingeschränkt<br />
(Osterholz-Tenever wurde auf die Hälfte <strong>der</strong> ursprünglich geplanten Wohneinheiten<br />
reduziert). In extremen Fällen wurden Siedlungen dieser Bauweise wenige Jahre<br />
nach Fertigstellung bereits wie<strong>der</strong> abgerissen (z. B. die "Meta-Stadt Wulfen" ca. 10 Jahre<br />
nach Fertigstellung, vgl. Gibbins, O. 1988; Stadtbauwelt Heft 86/1985).<br />
Heute sind die überwiegenden Sozialwohnungen vor allem von Bevölkerungsgruppen<br />
bewohnt, die aufgrund zu geringer Einkommen ihre Wohnungen zugewiesen bekommen.<br />
Dies führt zu einer immer wie<strong>der</strong> diskutierten Gettoisierung. Die mobile Mittelschicht, für<br />
die die Wohnungen ursprünglich gebaut worden waren, lebt zum Großteil in an<strong>der</strong>en<br />
Stadtteilen.<br />
3.4.4.7 Dauerhafte Pflegefälle<br />
Die Demonstrativbauvorhaben <strong>der</strong> 1960er und 1970er Jahre zeigen bis heute, dass eine<br />
hohe Bau- und Wohndichte alleine noch keine "Belebung" <strong>der</strong> Siedlungen garantieren<br />
kann. Entgegen <strong>der</strong> "guten Absicht", funktionierende Nachbarschaften herzustellen, sind<br />
diese Siedlungen durch nachbarschaftliche Isolation <strong>der</strong> BewohnerInnen ausgewiesen.<br />
Der Wegzug <strong>der</strong> Schichten, die es sich leisten können, also des "flexiblen Mittelstandes",<br />
und die Einweisung von "sozialen Randgruppen" durch die Sozialämter führen zu einer<br />
starken Gettoisierung. Statt harmonischem Zusammenleben sind hier "überfor<strong>der</strong>te<br />
Nachbarschaften" jener Menschen zu finden, die sich ihren Wohnort nicht aussuchen<br />
können. Folgeeinrichtungen wie unterschiedliche Stätten <strong>der</strong> Sozialarbeit (z.B. Jugendzentren,<br />
Auslän<strong>der</strong>beratung, Psychosoziale Betreuung, Frauenberatung) stehen kennzeichnend<br />
für diese Situation.<br />
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