Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
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2.3.2 Vom Haus zur Wohnung<br />
Parallel zur Durchsetzung <strong>der</strong> Ideologie vom "erwerbstätigen Familienernährer" und <strong>der</strong><br />
"Atmosphäre stiftenden Hausfrau" erfolgt die Reduzierung <strong>der</strong> Arbeitsorte / <strong>der</strong> Produktionsmittel<br />
<strong>der</strong> häuslichen Produktion, die Einschränkung <strong>der</strong> Verfügungsmöglichkeiten<br />
von "Innenhaus und Außenhaus" auf eine Wohnung. Protagonisten hierfür sind vor allem<br />
Vertreter des "mo<strong>der</strong>nen" Städtebaus, die Diskussion beginnt Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
mit <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit, wird aber erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts offensiv geführt<br />
und spätestens mit den Nachkriegsjahren vehement durchgesetzt, sprich gebaut.<br />
Hauswirtschaft wird in diesem Zusammenhang vor allem als eine Frage <strong>der</strong> Rationalisierung<br />
diskutiert (vgl. Gropius, W. 1931; Taut, B. 1924; Schütte-Lihotzky, M. 1927/1984).<br />
Nun geht es nur mehr um eine rationelle Gestaltung <strong>der</strong> Wohnung. D.h., in <strong>der</strong> Wohnung<br />
erfolgt eine Spezialisierung <strong>der</strong> Räume für bestimmte Funktionen. Das Raumprogramm<br />
gilt im Grunde bis heute: kleine Schlafzimmer, noch kleinere Kin<strong>der</strong>zimmer, kleine Küchen,<br />
die nach rationellen Gesichtspunkten eingerichtet sind, und große Wohnzimmer,<br />
oft mit Balkon o<strong>der</strong> Terrasse erweitert, als Ausdruck von Erholung und geselligem Beisammensein<br />
in <strong>der</strong> Familie. Vorratsräume werden auf ein Minimum reduziert, Abstellkammern,<br />
Kellerverschläge, Dachbodenkammern, aktuell werden z.B. Keller überhaupt<br />
gerne weggelassen <strong>–</strong> aus Sparsamkeitsgründen! Diese funktionalen Wohnungsgrundrisse<br />
werden gestapelt und als Zeilen in große Grünflächen gestellt. Statt Vorgarten, Hof<br />
und Garten werden die Flächen mit "sanitärem Grün" (Wagner, M. 1913) gestaltet, je<br />
nach Mode besetzen Rasen, Beete, Strauch- und Baumgruppen die Flächen, werden<br />
Sitzgruppen, Kommunikationsecken und Spielplätze in die Gestaltung eingebracht. Ebenso<br />
erfolgt die Auflösung kommunaler Freiräume. Die Straße wird zur Bahn erklärt, die<br />
allein <strong>der</strong> Überwindung von Entfernungen dient, ansonsten aber beim "<strong>Wohnen</strong>" stört<br />
und aus den Wohngebieten entfernt wird. Dementsprechend werden auch die Bürgersteige<br />
reduziert o<strong>der</strong> weggelassen. Es werden introvertierte Monolithen gebaut, in<br />
sich abgeschlossene Siedlungen entlang von Bahnen aufgefädelt. Der Auflösung von<br />
Privatheit folgt die Auflösung <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Die Kaserne wird zum Prinzip des Siedlungsbaues.<br />
"Unter dem Konformitätszwang eines Nachbarschaftsverkehrs, <strong>der</strong> architektonisch bereits<br />
durch die Anlage von gemeinsamen Höfen für eine Reihe von Häusern vorgeformt ist, entwickelt<br />
sich im sozial homogenen Milieu <strong>der</strong> prototypischen Suburb eine "zivile Version des<br />
Garnisonslebens"." (Habermas, J. 1962/1990: 190)<br />
Dieser Wohnungsbau wird in zwei Formen propagiert: einer Form für die Massen: dem<br />
vielgeschossigen Zeilenbau <strong>–</strong> und einer privilegierten Form für Wenige: dem freistehenden<br />
Einfamilienhaus.<br />
"<strong>Hausen</strong>" wurde in seiner Bedeutung bereits im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t umgekehrt zu "schlecht<br />
wirtschaften", "sich wüst aufführen", seit dem Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts erfolgt die<br />
Denunziation des Hauses als unökonomisch.<br />
Mit <strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong> Produktionsmittel von "Innenhaus und Außenhaus" auf eine<br />
Wohnung werden zugleich die Handlungsmöglichkeiten <strong>der</strong> BewohnerInnen eingeschränkt.<br />
Sie erhalten weniger Platz, auf dem sie tätig sein können. Und ihnen werden<br />
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