Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
Hausen statt Wohnen – Von der Hart - KOBRA - Universität Kassel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Geschätzt und geson<strong>der</strong>t inszeniert wird Öffentlichkeit an beson<strong>der</strong>en Orten wie z.B.<br />
zentral angeordneten Siedlungsplätzen (dem obligaten Marktplatz) o<strong>der</strong> Stadtparks.<br />
Diese Grünflächen sind es, denen sich dann mit Hingabe und großem ästhetischen und<br />
sozialen Engagement die Grünplanung widmet (vgl. Tessin, U. 2004; Gälzer, R. 2001).<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Jahrzehnte werden die baulichen und gestalterischen Mittel zwar immer<br />
wie<strong>der</strong> variiert <strong>–</strong> mal wird eher hoch, dann wie<strong>der</strong> niedriger gebaut, mal straßenorientiert,<br />
dann wie<strong>der</strong> ein Passivhaus mit Südausrichtung, mal ein Raster mit Sackgassen,<br />
dann wie<strong>der</strong> Ringstraßen. In allen Variationen aber wird das Grundprinzip Einhegung des<br />
Privaten, Ausgrenzung des Öffentlichen wie<strong>der</strong>holt. Die Siedlungsorganisationen bieten<br />
insgesamt jedoch keine Möglichkeiten <strong>der</strong> Erweiterung, Nachverdichtung und auch nicht<br />
<strong>der</strong> Verkleinerung. Ebenso wenig gibt es Angebote für eine ökonomische Verän<strong>der</strong>ung in<br />
Form von Ansiedlung von kleinen Unternehmen, Läden o<strong>der</strong> Dienstleistern. Analog dazu<br />
vermissen die Wohnungen und Häuser Spielräume für die "Wechselfälle des Lebens"<br />
(vgl. Steinhäuser, U. 1990), sie sind in beinahe je<strong>der</strong> Lebensphase zu klein o<strong>der</strong> zu groß<br />
gehalten.<br />
1.4.3 "<strong>Hausen</strong>" nimmt die Handlungsspielräume in unterschiedlichen<br />
Lebenssituationen zum Ausgangspunkt<br />
Mit dem Begriff "<strong>Hausen</strong>" wird <strong>der</strong> Alltag mit seinen vielen Unwägbarkeiten in den Vor<strong>der</strong>grund<br />
gestellt. Alltag ist geprägt von unterschiedlichen Lebensphasen, Lebenssituationen<br />
und Lebensgemeinschaften. Er umfasst verschiedene häusliche Tätigkeiten sowie<br />
familiäre und freundschaftliche Verpflichtungen und Vergnügungen. Bestandteil des Alltags<br />
sind aber auch handwerkliche, kleingewerbliche, handelsbezogene Tätigkeiten und<br />
Dienstleistungen (vgl. von Werlhof, C. 1987). Mit diesem Blick rekurriert "<strong>Hausen</strong>" auf<br />
gesellschaftlich marginalisierte Lebensphasen und Arbeitsbereiche und stellt sie in den<br />
Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Mit "<strong>Hausen</strong>" werden Menschen als Tätige wahrgenommen, die am Lebensort ihren Alltag<br />
organisieren, tun und machen und eventuell hier auch erwerbstätig sind. Zum "<strong>Hausen</strong>"<br />
gehören die Möglichkeiten, in Haus o<strong>der</strong> Wohnung Platz und Verfügungsmöglichkeiten<br />
vorzufinden. Dazu gehören aber auch die verschiedenen Gelegenheiten für Einkäufe,<br />
Besorgungen, Dienstleistungen etc. "um die Ecke", die zugleich verbindlich / unverbindliche<br />
Anlässe für Kontakte, Gespräche, Bekanntsein und gegenseitige Unterstützung bieten<br />
können.<br />
"<strong>Hausen</strong>" enthält also eine Vorstellung von sozialem Miteinan<strong>der</strong>, das den Wechselfällen<br />
des Lebens folgt, das bedeutet, dass es Verän<strong>der</strong>ungen unterworfen ist und unterschiedliche<br />
Lebensweisen nebeneinan<strong>der</strong> beinhaltet. Dieser sozialen Spannbreite entspricht<br />
auch eine ökonomische Variationsbreite von <strong>der</strong> Selbständigen über den Ladenbesitzer<br />
zum Handwerksbetrieb, vom Lehrerhaushalt bis zur Seniorin. Auch die Kleinfamilie mit<br />
Familienernährer ist darin enthalten <strong>–</strong> aber als eine Facette von vielen möglichen Lebenssituationen.<br />
22