56 | 6. Strategische Steuerung in der Praxis57 | 6. Strategische Steuerung in der PraxisBeispielDie Stadt Duisburg hat dies umgesetzt<strong>und</strong> die <strong>Integration</strong>skonferenz <strong>als</strong> verbindlichenRahmen für den Entwicklungsprozesseingesetzt. Ziel der Stadtwar es, die <strong>Integration</strong>skonferenz <strong>als</strong>Methode des gesellschaftlichen Konsensus<strong>und</strong> der prozesshaften Steuerungder <strong>Integration</strong>spolitik einzusetzen <strong>und</strong>Die <strong>Integration</strong>skonferenz dient <strong>als</strong> Steuerungsgruppe der Abstimmung zwischenden Akteuren. Sie fördert eine stadt- bzw. kreisweite fachliche Diskussiondes Themas <strong>Integration</strong>. Daher sollten alle Verwaltungsbereiche, die Politik,die Wohlfahrtsverbände, die Migrantenselbstorganisationen, Unternehmen,Schulen, Kindergärten <strong>und</strong> Vereine vertreten sein. In diesem Gremium kann dieDiskussion zu den einzelnen Maßnahmen <strong>und</strong> zu der Gestaltung der Schnittstellenzwischen den Angeboten erfolgen.<strong>Integration</strong>spolitik <strong>als</strong> gesamtstädtischeAufgabe zu etablieren. Dazu wurde eine<strong>Integration</strong>skonferenz zu Beginn <strong>als</strong> Auftaktveranstaltungorganisiert sowie inder Folge eine zweite Konferenz zumBeschluss des Gesamtkonzeptes <strong>und</strong>Vorlage einer Beschlussempfehlung andie politischen Gremien.6.6 Wie richten wir Organisation <strong>und</strong> Prozesse an unseren Zielen aus?Zukünftig wird es immer mehr darauf ankommen, zusammenhängende Angebotezu einer Prozesskette zusammen zu führen. Ziel sollte sein, einzelneAktivitäten verschiedener Träger miteinander so zu verknüpfen, dass sich fürdie Zugewanderten ein <strong>Integration</strong>sprozess entwickelt, bei dem die Hilfeangeboteaufeinander aufbauen.<strong>Integration</strong>sprozesse verlaufen über einen längeren Zeitraum. <strong>Kommunen</strong>haben Dokumente der individuellen Begleitangebote im Sinne von Vereinbarungenfür den <strong>Integration</strong>sprozess entwickelt. Sie zeigen den Zugewandertendie notwendigen Schritte im <strong>Integration</strong>sprozess auf. Damit fördern sie eineaktive Rolle <strong>und</strong> selbstständige Kontaktaufnahme durch die Zugewanderten.Das Dokument verbleibt in der Hand des Zugewanderten. Der Zugewandertebekommt eine Hilfe zur Selbsthilfe <strong>und</strong> gewinnt Möglichkeiten, Eigeninitiativezu ergreifen.Wo Prioritäten zu setzen sind <strong>und</strong> wo die kommunalen Ressourcen eingesetztwerden sollen, ist im Rat bzw. Kreistag zu entscheiden.Gerade in der aktuellen <strong>Integration</strong>sdebatte kommt es darauf an, die Zieldiskussionzur Verbesserung der <strong>Integration</strong>spolitik <strong>und</strong> der Maßnahmen mit derPolitik – dem Ausländerbeirat/<strong>Integration</strong>srat – zu führen <strong>und</strong> wesentlicheEntscheidungen gemeinsam zu treffen. Dies signalisiert, dass die politischePartizipation ernst gemeint ist. Der Ausländerbeirat/<strong>Integration</strong>srat kann imProzess eine tragende Rolle spielen <strong>und</strong> <strong>als</strong> „Brückenbauer“ die Vermittlungzwischen den Zugewanderten <strong>und</strong> der Mehrheitsbevölkerung unterstützen.Die beteiligten Akteure sehen auf einen Blick, was bereits geschehen ist, wasfür die Zukunft vereinbart wurde <strong>und</strong> welche Rolle ihnen zugewiesen wird. Aufdiese Weise werden sich wiederholende Gespräche vermieden.Die individuellen Begleitangebote haben die Form von kompakten Dokumentenoder Mappen, die in leicht verständlicher Sprache die wesentlichen Informationendarstellen. Sie dienen• zur Sammlung von persönlichen Angaben <strong>und</strong> Informationen,• zum Festhalten der bisherigen Aktivitäten sowie• der Planung der nächsten Schritte <strong>und</strong> Stationen.Ein wesentlicher Erfolg dieser Maßnahmen in den <strong>Kommunen</strong> ist, dass dieZusammenarbeit zwischen den einzelnen <strong>Integration</strong>sstellen sich verstärkthat <strong>und</strong> dadurch u. a. auch doppelte Beratungsleistungen vermieden werdenkonnten.Migrantenticket der Stadt Aachen.
58 | 6. Strategische Steuerung in der Praxis 59 | 6. Strategische Steuerung in der PraxisZentrale Anlaufstelle <strong>als</strong> Basis für einen nachhaltigen <strong>Integration</strong>sprozessZielgruppenNeuzugewanderteUm Prozesse miteinander zu verbinden, ist auch über organisatorische Konsequenzennachzudenken. Eine Lösung stellt die Bildung einer zentralen Anlaufstellefür Zugewanderte mit allgemeinen Angeboten u. a. zu <strong>Integration</strong>s- <strong>und</strong>Sprachfördermaßnahmen, zu den <strong>Integration</strong>skursen sowie anderen Angebotender Kommune, wie z. B. der Kinderbetreuung, Wohnungsangebote, finanzielleSicherung, Ehrenamt bei Vereinen oder Freizeit- <strong>und</strong> Kulturangebote,dar. Die Anlaufstelle ermöglicht eine umfassende Information <strong>und</strong> allgemeineBeratung für Zugewanderte <strong>und</strong> legt die Basis für einen nachhaltigen <strong>Integration</strong>sprozess.ZugewanderteAsylbewerberMit der Bündelung von <strong>Integration</strong>sangeboten wird angestrebt:• dass die Beteiligten Angebote aus einer Hand erhalten <strong>und</strong>• eine individuelle <strong>und</strong> passgenaue Beratung bekommen,• sich die Wege verkürzen <strong>und</strong>• eine kontinuierliche Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung ermöglicht wird.BeispielDie Stadt Aachen hat eine Anlaufstelle miteiner fachlichen Schwerpunktsetzung gegründet– eine kommunale Agentur für Bildungserstberatung.Diese Agentur führt junge sowieerwachsene Zugewanderte auf dem kürzestenWeg in eine Beratung, die mit ihnen entlang derBeratungskette „Spracherwerb – Schulabschluss– Aus-/Weiterbildung – Beruf – Arbeit“einen Lebensplan entwickelt. Die nachstehendeGrafik visualisiert, was die Bildungserstberatungbeinhaltet <strong>und</strong> welche Akteure beteiligtwerden.1. PhaseOrientierung/Klärungrechtlicher Gr<strong>und</strong>lagen2. PhaseFördern <strong>und</strong> FordernPotenzielle Beratungsangebote für eine zentrale Anlaufstelle• Erstberatung:Migrationserstberatung/Jugendmigrationsberatung• <strong>Integration</strong>s- <strong>und</strong> Sprachmaßnahmen• Beantragung Aufenthaltserlaubnis• Berufsberatung• <strong>Integration</strong>skurse/Teilnahmeberechtigung• Kinderbetreuung/Familienberatung• WohnberatungIndividueller Plan (z. B. Migrantenticket) für die weiteren Phasen im <strong>Integration</strong>sprozessBildung Sprache Arbeit Politische Teilhabe Kultur Wohnen Sport/VereineBildungserstberatungBerufliche WeiterbildungseinrichtungenVHS, Berufskolleg fürWirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung,Tertia, FAABildungserstberatung• Schule• AusbildungMigrationserstberatung• Studium• ArbeitsmarktWohlfahrtsverbändeRegionalverb<strong>und</strong> derMigrationserstberater:CaritasDiakonieDRKErstberatungDie vom B<strong>und</strong> finanzierte Erstberatung (Migrationserstberatung <strong>und</strong> Jugendmigrationsdienste)kann sich in diesen Veränderungsprozess einbringen. ObAußendienstmitarbeiterinnen <strong>und</strong> -mitarbeiter in der Anlaufstelle vertretensind, ist zu prüfen. So könnte dann auch der Abschluss der <strong>Integration</strong>svereinbarungbzw. die Erstellung eines <strong>Integration</strong>splans bereits in dieser Stelleerfolgen.Integrative EinrichtungenPÄZEUROTÜRKSpracheSprachschulenDiakonie, Sprachenakademie,VHS, Helene-Weber-Haus,Berlitz, DAAAusländerbehörden sind die erste <strong>und</strong> vielleicht auch die bekannteste Stelleim <strong>Integration</strong>sprozess. Das Zuwanderungsgesetz sieht vor, dass die Zugewandertensich bei der Ausländerbehörde melden <strong>und</strong> sich für den <strong>Integration</strong>skursanmelden. In der Konsequenz tritt die Ausländerbehörde stärker <strong>als</strong>Kontaktstelle für die Zugewanderten auf. Die Ausländerbehörde gewinnt eineneue Rolle. Interkulturelle Kompetenz des Person<strong>als</strong> <strong>und</strong> damit eine gr<strong>und</strong>sätzlicheOffenheit gegenüber anderen Kulturen ist wünschenswert. Daher istzu prüfen, ob die zentrale Anlaufstelle bei der Ausländerbehörde angesiedeltwerden kann.Gr<strong>und</strong>sätzlich ist zu empfehlen, keine neuen <strong>und</strong> zusätzlichen Anlaufpunkte zuschaffen. Es besteht bereits eine Vielzahl an Organisationseinheiten <strong>und</strong> damitKontaktstellen, die <strong>Integration</strong>sangebote anbieten. Ziel sollte sein, Angebote<strong>und</strong> damit auch organisatorische Einheiten zu bündeln.Zu den weiteren Aufgaben der Agentur zählen:• Sozialanalyse der K<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en imHinblick auf die Herkunft, Dauer des Aufenthaltes,Muttersprache, finanzielle sowie sozialeSituation etc.• Gezielte Weiterleitung an Fachberaterinnen<strong>und</strong> Fachberater <strong>und</strong> die kontinuierlicheBegleitung sowie ggf. Steuerung der individuellenBildungsbemühungen• Konzeptionierung eines für die K<strong>und</strong>innen<strong>und</strong> die K<strong>und</strong>en ausdruckbaren elektronischenBildungsportfolios, das im Beratungsgeschäftmit allen individuellen Bildungsgängen<strong>und</strong> Abschlüssen gespeist wird