NaturschutzReport - LBV-München

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8 Sie sind Kaufmann. Nicht gerade der Berufszweig, den man bei einem Naturschutzverband erwartet? Wenn echtes Engagement vorhanden ist, spielt der Berufszweig sicher eine untergeordnete Rolle. Trotzdem weiß man gerade als Kaufmann, dass auch ein Naturschutzverband gewisse Geldmittel braucht, um seine Ziele zu erreichen. Klaus Georg Schulze, der prägnante Aussagen schätzte, brachte das mit seiner Meinung auf den Punkt, dass auch der Naturschutz „öffentlichkeitswirksamverkauft“ und „professionell gemanagt“ werden müsse. Im Lauf der Jahre ist mir mehr und mehr klar geworden, dass er damit Recht hatte. Sie und Ihre Frau waren 20 Jahre Schatzmeister der Kreisgruppe. Die Geldquellen sprudeln für den Naturschutz nicht immer, oder? Vor allem die öffentliche Hand wird in den letzten Jahren ihre Aufgabe für den Naturschutz Sorge zu tragen, immer weniger gerecht. In den 1980er Jahren, als sich die Umweltzerstörung allmählich nicht mehr übersehen ließ und deshalb viele Umweltbewegungen entstanden, wurde der Gedanke des Natur- und Artenschutzes auf politischer Ebene besser wahrgenommen als heute und das hat sich in der Förderung wichtiger Naturschutzprojekte bemerkbar gemacht. In den letzten Jahren hört man von allen Seiten lautes Gejammer über die Mittelknappheit der öffentlichen Kassen. In diesem Kanon sind die Lobbystimmen der Naturschützer nur leise zu vernehmen. Der Naturschutz wird leider manchmal als lästiger Bremser betrachtet und ein Politiker tut sich deshalb oft schwer, Geld für die Natur fließen zu lassen. Nur von Spenden und Mitgliedsbeiträgen kann ein Naturschutzverband die notwendige und sehr vielfältige Arbeit aber nicht leisten. Geld braucht man für Grundstückskäufe, für die Flächenpflege, für die Umweltbildung, Jugendarbeit und für vieles mehr. Für die notwendige Mittelbeschaffung muss man sich da immer wieder etwas Neues überlegen. Einen Bankraub würden Sie für den Naturschutz aber nicht begehen? Meine Frau ist tatsächlich einmal fast verdächtigt worden, einen solchen verübt zu haben. Eine Würzburger Bank war gerade dann überfallen worden, als wir daneben geparkt hatten. Da wir nichts vom Überfall bemerkt hatten, fuhren wir weiter zu einem meiner Kunden. Ein Zeuge hatte sich aber unsere Autonummer notiert und gerade als meine Frau alleine im Wagen saß, weil ich bei meinem Kunden war, wurde der Wagen plötzlich von zwei Streifenwagen umstellt. Meine Frau wurde aufgefordert, auszusteigen und den Kofferraum aufzumachen. Sie hatte als Schatzmeisterin das Geld der Hausund Straßensammlung des LBV zu Hause gezählt und rolliert, war aber noch nicht dazu gekommen, es bei der Bank einzuzahlen. Die Polizisten fanden das Geld im Kofferraum – das war zunächst etwas peinlich. Es stellte sich aber sehr bald heraus, dass das Geld nicht von dem Bankraub stammte. Sie haben viele neue Mitglieder für den LBV gewor- 2/ 2007 ben, sogar Ihren Arzt konnten Sie gewinnen. Haben Sie ihn vor oder nach der Behandlung überzeugt? Ich bin 35 Jahre im Außendienst gewesen, deshalb ist es mir vielleicht etwas leichter gefallen, neue Mitglieder zu werben. Zum Beispiel meinem Internisten habe ich beiläufig beim Anziehen nach der Untersuchung gefragt: Herr Doktor, Sie haben doch sicher auch etwas für die Natur übrig. Da sagte er ja, er sei Imker. Da meinte ich, als Imker wäre er ein ideales Mitglied beim LBV und er hat gleich unterschrieben. Der HNO-Arzt, der Jäger war und sich ebenfalls für die Natur interessiert hat, antwortete auf diesselbe Frage: Ich bin heute schon hinter einem Auto hergefahren. das hatte einen Aufkleber mit einem Eisvogel drauf, das ist ja Ihr Verband. Der ist auch gleich Mitglied geworden. Meine Augenärztin war schon Mitglied, deshalb konnte ich sie nicht mehr werben, aber unsere Hausärztin musste dran glauben. Nach zwei Besuchen ist sie Mitglied geworden. Unsere junge hübsche Apothekerin, – ich wusste nur, dass sie aus dem Allgäu kam – habe ich am Tag nach einem LBV-Vortrag über das Allgäu angesprochen: „Gestern Abend habe ich an Sie gedacht.“ – sie stutzte leicht irritiert. „Wir hatten einen tollen Vortrag über das Allgäu, das wäre doch sicher für Sie interessant gewesen.“ Das konnte sie, nun nicht mehr irritiert, bestätigen. Da habe ich ihr eine Mitgliedschaft angeboten, damit sie immer das Programm für unsere interessanten Vorträge ins Haus bekommt. [nach dieser Antwort ist es fast zu bedauern, Interview dass Herr Flieger so selten krank war – Anm. der Redaktion] Sie haben viele Jahre die Betreuung tausender Nistkästen in Stadt und Landkreis München koordiniert. In gewisser Weise hat also ein Großteil der Blau- und Kohlmeisen, Kleiber und Spatzen in München eine Fliegersche Kinderstube genossen. Nach dem Aufwand dafür haben die Vögel Sie aber nie gefragt, oder? Ich habe schon sehr bald nach Gründung der Kreisgruppe den Arbeitskreis Nisthilfen übernommen und geleitet. Wir waren 40–50 ehrenamtliche Damen und Herren, Freunde darf ich sagen, die jedes Jahr, teilweise bei Wind und Wetter oder unter Zeitdruck in ihrem Park, Friedhof oder in ihrem Straßenbereich Nistkästen angebracht und gereinigt haben. Das hat mir große Freude gemacht. Ich kann nur jedem Vogelfreund raten, sich bei meinem Nachfolger Werner Reuter zu melden und mitzumachen. Es ist einfach reizvoll und spannend, wenn man seine Nistkästen kontrolliert: Was findet man im Kasten? Welche Bewohner waren drinnen? Gegen Umweltzerstörung und Artentod sind Sie auch auf die Straße gegangen. Noch mit siebzig haben Sie zusammen mit etwa 200 LBV-Mitgliedern vor der bayerischen Staatskanzlei gegen den Kormoranabschuss im Naturschutzgebiet der Tiroler Achen demonstriert. Glauben Sie, dass ein Naturschutzverband Politik und öffentliche Meinung beeinflussen kann? Er sollte zumindest versuchen, seine Meinung zu so einem brisanten Thema darzustellen. Da muss man in die Öffentlichkeit
Interview gehen. Bei solchen Aktionen habe ich mich nicht gescheut, öffentlich aufzutreten, auch fotografiert zu werden und für meine Meinung gerade zu stehen. Wie weit einem damit Erfolg beschieden ist, steht vielleicht auf einem anderen Blatt. Aber zum Beispiel beim Protest gegen den Ausbau des Rhein-Main-Donau- Kanals war nachher doch klar: Wir haben ihn nicht verhindert, doch haben die anhaltenden und fundierten Proteste wesentlicheAusgleichsmaßnahmen zur Folge gehabt. Neben all der Naturschutzarbeit, haben Sie auch noch den LBV-Stammtisch gegründet, der sich heute immer noch trifft. Darf Naturschutz also auch mal Spaß machen? Das soll er auch! Natürlich halte ich es bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit für wichtig, dass sie sinnvoll ist. Das kann im sozialen, im kirchlichen oder eben im Bereich des Natur- und Artenschutzes sein, aber es soll auch ein bisschen Spaß machen! Da muss eine Freude dabei sein. Wenn man alles nur als guten Zweck ansieht, dann wird man früher oder später die Freude dran verlieren. Wenn beides zusammenkommt, Sinn und Freude, ist man gerne und dauerhaft bei der Sache. So kam die Idee auf, einen regelmäßigen Stammtisch zu grün- 2/ 2007 den, wo man sich mit Gleichgesinnten nicht nur über den Naturschutz austauscht, sondern auch mal über den Urlaub oder übers Kochen. So haben wir einen „harten Kern“ des Verbandes geschaffen, der auch über den Naturschutz hinaus einen guten Kontakt hat. Sie blicken nun auf ein jahrzehntelanges Engagement für den Arten- und Biotopschutz zurück. Glauben Sie im Resümee, dass sich die Mühen gelohnt haben? Ich denke ja. Es wäre ja traurig, wenn man sich eingestehen müsste, es war umsonst. Wie die Perspektive, vor allem weltweit, aussieht, da bin ich Stressfrei einkaufen im LBV-Naturschutzzentrum Klenzestraße 37 (neben dem Gärtnerplatztheater) Öffnungszeiten: Mo.–Fr. 13–18 Uhr • Nisthilfen • T-Shirts • DVDs • Vogeltränken • Igel-Schnecke • Geschenkartikel 9 ein bisschen skeptischer. Die Probleme der Überbevölkerung, der Klimaänderung, der Energiepolitik, dazu lesen wir jeden Tag etwas anderes, da traue ich mir keine Prognose zu. Aber im Kleinen, da sollten wir nicht nachlassen und die Freude daran nicht verlieren. Dann gibt es einen Sinn. Wenn ich immer nur dran denke, wie geht es in 30 oder 40 Jahren, da werde ich gleich gar nicht anfangen, etwas zu tun. Da sollte man lieber einfach anpacken und hoffen, dass es immer wieder neue Ideen gibt und Menschen, die sich für die Natur einsetzen. Lieber Herr Flieger, vielen Dank für das Gespräch. Wählen Sie aus 1.000 Artikeln für den Naturschutz in aller Ruhe das Passende aus. Ein freundliches und kompetentes Team steht Ihnen beratend zur Seite. Mein persönlicher Tipp: unsere neue DVD „Die Vogelwelt in Gärten und Parks“ von Susanne Hoffmann. 61 heimische Vogelarten sind einzeln abrufbar und werden in einem eigenständigen Kurzfilm vorgestellt. Gesamtlänge 77 Minuten. Preis 14,95 e. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Horst Rehn PS: Ihr Einkauf kommt dem Naturschutz in Stadt und Landkreis München zugute.
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