NaturschutzReport - LBV-München
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Arbeitskreis Saatkrähe<br />
Bei vielen Vogelfreunden herrscht leider ein völlig<br />
falsches Bild über den Lebensraum von Saatkrähenkolonien<br />
vor. Zahlreiche Telefonanrufe belegen, dass<br />
der Irrglaube dominiert, dort könnten keine anderen<br />
Vögel leben. Daher möchte ich über meine jahrelangen<br />
Beobachtungen kurz berichten.<br />
Kolonien am<br />
Siedlungsrand<br />
Kolonien, die am Stadtoder<br />
Dorfrand liegen, weisen<br />
eine erstaunliche Vielfalt<br />
an Singvögeln auf. Ich<br />
konnte in diesen Kolonien<br />
die unterschiedlichsten<br />
Singvögel, die in diesem<br />
Lebensraum vorkommen,<br />
von der Amsel über den<br />
Buchfinken bis hin zur im<br />
Nistkasten brütenden<br />
Meise als Brutvögel finden.<br />
Lediglich die<br />
Wacholderdrossel meidet<br />
Saatkrähenkolonien und<br />
kommt nur dort vor, wo<br />
die Saatkrähen durch<br />
menschliche Aktivitäten<br />
vertrieben worden sind.<br />
An diesen Stellen konnte<br />
ich schon öfters sehen,<br />
wie die letzten noch verbliebenen<br />
Saatkrähen<br />
durch Wacholderdrosseln<br />
vertrieben wurden.<br />
Kolonien in<br />
Schutzgebieten<br />
Kolonien in Natur- und<br />
Landschaftsschutzgebieten<br />
– Beispiel Pfarrhölzl in<br />
der Mallertshofener<br />
Heide: In und um die<br />
Kolonie kommen Rebhühner<br />
und Feldlerchen vor,<br />
auf die auch der Heideflächenverein<br />
mit einer Infotafel<br />
hinweist. Außerdem<br />
nutzt die seltene und<br />
bestandsbedrohte Hohltaube<br />
die Gesellschaft der<br />
Saatkrähen bei der Nahrungssuche<br />
auf Wiesen<br />
und Äckern, wo die aufmerksamen<br />
Krähen einen<br />
guten Schutz vor Feinden<br />
gewährleisten. Hohltauben<br />
brüten auch sehr<br />
gerne in den Nistkästen in<br />
der Kolonie, werden aber<br />
immer wieder von der<br />
Dohle vertrieben, die<br />
ebenso die Nähe zu den<br />
größeren und stärkeren<br />
Saatkrähen sucht. Die<br />
Saatkrähen in den Kolonien<br />
sind auch gegenüber<br />
anderen Rabenvögeln, z.B.<br />
der Elster, und kleineren<br />
Greifvögeln, z.B. dem<br />
Turmfalken, sehr tolerant.<br />
Dies steht ganz im Gegensatz<br />
zur Kolonie brütenden<br />
Wacholderdrossel, die<br />
alle potentiellen Nesträuber<br />
massiv angreift. Nur<br />
wenn eine Elster versucht,<br />
in ein Saatkrähennest einzudringen,<br />
wird sie aus<br />
der Kolonie geworfen,<br />
was ich an anderer Stelle<br />
schon beobachten konnte.<br />
Außerdem konnte ich einmal<br />
beobachten, wie ein<br />
Turmfalke von zwei<br />
Rabenkrähen stark attakkiert<br />
wurde. Der Turmfalke<br />
schloss sich dann<br />
einem Trupp Saatkrähen<br />
an und flog in deren Kolonie,<br />
wo ich feststellen<br />
konnte, dass sein Weibchen<br />
in einem verlassenen<br />
Saatkrähennest brütete.<br />
Die größeren Greifvögel<br />
Mäusebussard und<br />
2/ 2007<br />
Saatkrähenkolonien<br />
sind Lebensräume für<br />
unterschiedliche Vogelarten<br />
Schwarzer Milan werden<br />
aber aus dem Koloniebereich<br />
vertrieben.<br />
Fressfeinde der<br />
Saatkrähe<br />
Einmal konnte ich einen<br />
Wanderfalken im Luftraum<br />
nahe der Kolonie<br />
beobachten. Die Saatkrähen,<br />
die in der Luft waren,<br />
schossen blitzschnell auf<br />
den Boden, um sich in<br />
Sicherheit zu bringen –<br />
der Wanderfalke ist ein<br />
reiner Luftjäger. Der Greifvogel,<br />
der bei den Saatkrähen<br />
immer die größte<br />
Panik auslöst, ist aber<br />
nicht der Wanderfalke,<br />
sondern der Habicht. Im<br />
Gegensatz zu den Rabenkrähen,<br />
die in Überzahl<br />
den Habicht angreifen,<br />
fliegen die Saatkrähen<br />
hoch und bilden einen<br />
Pulk, in den der Habicht<br />
zwar nicht hineinstößt,<br />
27<br />
Zählt zu den Fressfeinden der Saatkrähe: der Habicht<br />
Foto: Alfred Limbrunner<br />
sich aber Jungvögel holt,<br />
die nicht so schnell flüchten<br />
können. Damit hat<br />
auch der Habicht Nahrung<br />
für seine Jungen und<br />
der Leser erkennt jetzt<br />
den Unsinn, den man<br />
immer wieder in Zeitungen<br />
lesen kann. Dort wird<br />
nämlich oft behauptet,<br />
dass die Saatkrähe keine<br />
natürlichen Feinde hätte.<br />
Zum Schluss möchte ich<br />
auch noch darauf hinweisen,<br />
dass für alle größeren<br />
Vögel bis hin zum Adler<br />
der häufige und nachtaktive<br />
Steinmarder eine<br />
große Gefahr darstellt.<br />
Saatkrähenkolonien ziehen<br />
natürlich den Steinmarder<br />
an. Die mit<br />
Abstand größte Gefahr,<br />
die für die Saatkrähe fast<br />
existenzbedrohlich ist,<br />
geht aber vom Menschen<br />
aus.<br />
Robert Reisinger