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Eskimo wünscht einen schönen und heißen Sommer!

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fachbericht<br />

Dr. in Eva Derndorfer<br />

eva@derndorfer .at<br />

Nicht nur Kinofilme wie Best Exotic Marogold Hotel, Darjeeling<br />

Limited oder der mit acht Oskars ausgezeichnete Slumdog<br />

Millionaire bringen Indien ins Gerede . Es ist vor allem der indische<br />

Tee, der alle Jahre wieder, vor allem im Frühling, an das<br />

Land erinnert . Ein altes englisches Sprichwort besagt: Der Weg<br />

zum Himmel führt an der<br />

Teekanne vorbei . Demnach<br />

müsste im Nordosten<br />

Indiens, in Darjeeling, wo<br />

im Frühling der beste <strong>und</strong><br />

teuerste Tee der Welt herkommt,<br />

der Himmel auf Er-<br />

den sein . Oder doch nicht?<br />

Ein persönlicher Blick hinter<br />

die indischen Kulissen .<br />

Die Teepflanze<br />

Unter Tee versteht man die Blätter, Knospen <strong>und</strong> Triebe des<br />

Teestrauchs, der eigentlich ein Baum wäre, würde man ihn ungestutzt<br />

wachsen lassen . Um Tee ernten zu können <strong>und</strong> um die<br />

Blüte zu verhindern, wird der Strauch auf Hüfthöhe der Pflückerinnen<br />

geschnitten . Zwei Gattungen werden als Teesträucher<br />

verwendet: Camelia Sinensis (Chinapflanze) <strong>und</strong> Camelia Assamica<br />

(Assampflanze) . Daneben gibt es zahlreiche Hybride,<br />

die für bestimmte Bodenbeschaffenheiten gezüchtet wurden .<br />

Die Chinapflanze hat schmalere Blätter als die Assampflanze,<br />

der daraus hergestellte Tee ein zarteres Aroma . In Darjeeling<br />

wachsen derzeit alte Chinapflanzen sowie jüngere Hybride .<br />

Sukzessive werden die alten Pflanzen durch Hybride ersetzt,<br />

wenn deren Ertrag sinkt .<br />

In Darjeeling wird Tee bereits seit dem 19 . Jahrh<strong>und</strong>ert angebaut<br />

. Als Hochlandtees sind sie höherwertiger, da die Teeblätter<br />

langsamer wachsen <strong>und</strong> mehr Aroma konzentrieren<br />

als in wärmeren Gebieten . Teegärten im Hochland um Darjeeling<br />

wachsen auf 750<br />

m bis 2 .000 m, die Stadt<br />

Darjeeling liegt auf 2 .185<br />

m Seehöhe . Es gibt 87 Tea<br />

Estates, mit einer Gesamtfläche<br />

von 17 .500 ha (1),<br />

das entspricht durchschnittlich<br />

200 ha . Zum Vergleich:<br />

Die durchschnittliche<br />

Rebfläche eines<br />

Two leaves and a bud<br />

(Foto: Eva Derndorfer)<br />

Teegarten im Hochland um Darjeeling<br />

(Foto: Andreas Baierl)<br />

österreichischen Weingutes<br />

beträgt 2,26 ha (2) .<br />

Darjeelingtee Limited<br />

Die Jahres-Teeproduktion in Darjeeling liegt bei 9 bis 10 Millionen<br />

kg . 52 .000 Personen sind in Darjeeling permanent aufgr<strong>und</strong><br />

der Teeproduktion beschäftigt, weitere 15 .000 werden<br />

während der Ernteperiode von März bis November herangezogen<br />

(1) . Eigentümer der Teegärten sind aber nicht die Teebauern<br />

selbst . Es sind internationale Firmen, die mehrere Teegärten<br />

in verschiedenen Ländern verwalten .<br />

Nur die jungen Triebe – die obersten zwei Blätter <strong>und</strong> eine Knospe,<br />

two leaves and a bud – werden händisch geerntet . Etwa<br />

22 .000 dieser Sprösslinge sind für 1 kg Tee nötig (1) .<br />

Frühlingstee<br />

Bei der Ernte in Darjeeling wird eine Winterpause eingelegt . Die<br />

erste Teeernte im Frühling – First Flush – ist die hochwertigste<br />

der Darjeelingernten, <strong>und</strong> resultiert im teuersten Tee der Welt .<br />

Im Frühling 2012 hat die Ernte wetterbedingt schleppend <strong>und</strong><br />

spät begonnen . Lange gab es k<strong>einen</strong> Niederschlag, spärlich<br />

war daher anfangs die Blattmenge, <strong>und</strong> dementsprechend<br />

hoch der Preis: für 100 g Bio Darjeeling First Flush haben wir Anfang<br />

April selbst beim Fabrik-Verkauf 400 Rupien (ca . 7 €) bezahlt,<br />

in einem Teegeschäft zum Teil deutlich mehr .<br />

Der Preis ist heiß<br />

Das ist wohl auch eine der Erklärungen, warum die Bewohner<br />

im Hochland von Darjeeling vorwiegend billigen Assamtee<br />

trinken . Als ich nach einer Woche intensiven Tee-Scoutings in<br />

Assam <strong>und</strong> Darjeeling frage, wie viel Lohn eine Pflückerin – es<br />

sind überwiegend Frauen – in Darjeeling pro Tag verdient, erfahre<br />

ich, dass es seit Frühling 2011 nach heftigen Protesten<br />

<strong>und</strong> einer Ausfuhrsperre 90 Rupien (ca . 1,5 €) sind . Das ist auch<br />

in Indien sehr wenig! Zuvor waren es gar nur 67 Rupien .<br />

Positiv formuliert drückt man das auf der offiziellen Webseite<br />

der Darjeelingtees wie folgt aus: “The income of a garden<br />

worker is half in the form of cash and the other half by way<br />

of perquisites which have over the years effectively provided<br />

a cushion against the impact of inflation and scarcities . For<br />

instance, the workers are provided with free accommodation,<br />

subsidised cereal ration and free medical benefits”(1) . Vor<br />

Ort haben wir allerdings auch kritische Stimmen vernommen:<br />

Es handle sich um modernes Sklaventum, der Arbeitgeber bestimmt,<br />

welche medizinische Betreuung der Mitarbeiter erhält,<br />

<strong>und</strong> obwohl Familien seit sechs Generationen Teeanbau betreiben,<br />

geht das Land nicht an die Teebauern über .<br />

Der Preis ist aber sicher nicht der einzige Gr<strong>und</strong>, warum Inder<br />

einblicke 02/12 Zeitschrif t des Verbandes der Ernährungswi s senschaf ter Österreichs 6

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