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Weihnachtsstadt Nürnberg - WIM-Magazin

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BERICHTE | ANALYSEN<br />

LEBKUCHENSTADT NÜRNBERG<br />

Süße Handwerkskunst<br />

Reiche Honigvorkommen und exotische Gewürze begründeten im Mittelalter<br />

die Erfolgsgeschichte des <strong>Nürnberg</strong>er Lebkuchens.<br />

Foto: Stadt <strong>Nürnberg</strong><br />

Jede große Erfolgsgeschichte hat ihre Stiftungslegende<br />

und die <strong>Nürnberg</strong>s als Lebkuchenstadt,<br />

die in aller Welt einen süßen<br />

Ruf genießt, geht so: Im frühen 15.<br />

Jahrhundert, als die Reichswälder rund um<br />

St. Lorenz und St. Sebald noch üppige<br />

Mischwälder, wild und undurchdringlich<br />

waren, wurden diese von mutigen, wilden<br />

Gesellen durchstreift. Das waren aber keine<br />

Robin Hoods, keine Anarchisten, sondern<br />

reichskaiserlich privilegierte Zeidler – mit<br />

dem „Bienenregal“ ausgestattete Honigschneider.<br />

Sie holten die von ewig emsigen<br />

Bienenvölkern gesammelten, zuckrig triefenden<br />

Honigwachsscheiben aus den Höhlen in<br />

morschen Waldbäumen. Der Honig war die<br />

süße Versuchung der Vorzuckerzeit, das<br />

machte das Werk der Zeidler so ertragreich.<br />

Und dann paarte sich Zeidlerfl eiß mit<br />

Kaufmannsgeschick: Denn über Venedig kamen<br />

exotisch-fremde Gewürze wie Zimt, Piment,<br />

Kardamom in die Reichsstadt im<br />

Schnittpunkt der Handelsstraßen. Weil Piment<br />

diese gewisse Schärfe besitzt, wurde das<br />

Gebäck aus Nüssen, exotischen Gewürzen<br />

und Honig bald auch Pfefferkuchen genannt.<br />

12 12 | 08<br />

Jeder Lebküchner hat bis heute seine eigene,<br />

sorgsam gehütete Backanleitung, das älteste<br />

schriftliche Lebkuchen-Rezept stammt<br />

aus dem 16. Jahrhundert und wird im Germanischen<br />

Nationalmuseum aufbewahrt.<br />

Grundzutaten des Teigs waren und sind Ölsamen<br />

(v.a. Haselnüsse, Walnüsse und Mandeln),<br />

Orangeat und Zitronat, Honig, (Mehl),<br />

(Zucker) und Eier (Eiweiß), dazu Marzipan<br />

und eine sorgsam ausgetüftelte Würzmischung<br />

mit Anis, Ingwer, Kardamom, Koriander,<br />

Macis (Muskatblüte), Nelken, Piment<br />

und Zimt. Der edle<br />

Elisenlebkuchen enthält<br />

besonders wenig<br />

(höchstens 14 Prozent)<br />

oder gar kein<br />

Mehl – was nicht nur<br />

den Preis anhebt,<br />

sondern auch die<br />

Herstellung schwieriger<br />

macht.<br />

Die erste Wirtschaftskrise<br />

in der<br />

Welt der Zeidler war<br />

übrigens selbst verschuldet<br />

und in<br />

Historische Bienenzucht im Reichswald.<br />

Zeiten hysterisch überzeichneter Immobilienfonds,<br />

die Weltwirtschaftskrisen auslösen,<br />

kann man sie getrost zum lokalen Lehrstück<br />

erheben: Als die Lebküchner immer mehr<br />

Honig nachfragten, begannen die Zeidler in<br />

den Wäldern nach Gelegenheiten zu suchen,<br />

den Bienen scheinbar günstige Baumhöhlen<br />

künstlich anzubieten und sie mit allerlei<br />

Tricks attraktiv zu gestalten, um die Produktion<br />

anzukurbeln. Irgendwann – auch durch<br />

die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges<br />

– war das Ökosys tem Bienenwald überlastet<br />

und der Markt kollabierte. Später haben sich<br />

die freien Baumbesteiger und Honigschneider<br />

in zahme Imker verwandelt. Der ehrbare<br />

Beruf des Lebküchners aber besaß große Zukunft<br />

und bietet bis heute gute Ertragschancen.<br />

Wicklein, Haeberlein-Metzger, ifri<br />

Schuhmann und Lebkuchen-<br />

Schmidt sind klingende Namen, die<br />

nach altem Brauch und neuem<br />

Recht innerhalb der Stadtgrenzen<br />

bis weit ins 20. Jahrhundert die<br />

<strong>Nürnberg</strong>er Köstlichkeit produzierten.<br />

Die Firma Lebkuchen-<br />

Schmidt gibt im soeben erschienenen „<strong>Nürnberg</strong>er<br />

Lebkuchen“-Buch preis, dass sie an<br />

Spitzentagen bis zu drei Mio. der berühmten<br />

Gebäckstücke produziert.<br />

Was das Werk des Lebküchners wirklich<br />

ausmacht, der fast ausschließlich in Handarbeit,<br />

unterstützt nur durch ein Rührgerät,<br />

edelste Elisenlebkuchen<br />

in der engen<br />

Backstube herstellt,<br />

fi ndet man bis heute<br />

beim <strong>Nürnberg</strong>er Familienunternehmer<br />

Düll. Christine und<br />

Holger Düll haben<br />

sich vor 24 Jahren im<br />

Leistungskurs Latein<br />

auf dem <strong>Nürnberg</strong>er<br />

Melanchthon-Gymnasium<br />

lieben gelernt.<br />

Beide studierten eine<br />

Zeitlang, dann stieg<br />

Unternehmenserfolg braucht Strategie und Kreativität in der<br />

Abbildung: Zeidel-Museum

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