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Anduin 86

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L E S E N �+ �S P I E L E N<br />

L E S E N �+ �S P I E L E N<br />

jedoch stets ein bißchen schmutzig und viel<br />

zu blass wirken, die ersten Töne einer extrem<br />

verstimmten Spieluhr leiern in den Köpfen der<br />

Umstehenden oder es riecht für eine Sekunde<br />

nach verschimmelten Honigkuchen. Klassische<br />

Kampfzauberei kennt er nicht, doch wird ein<br />

Angreifer durch ein sich aus dem nächsten<br />

Baum oder einer nahen Holzwand formendes<br />

Schaukelpferd mit Krallen angegriffen oder die<br />

übergroße Illusion einer schlagenden Mutter<br />

erscheint für eine Sekunde vor dem Augen des<br />

Gegners und verschafft Chindscé ausreichend<br />

Zeit, um zu fliehen. Es liegt sonst am Spielleiter,<br />

der Chindscé ohne weiteres auch zu einem klischeehaften<br />

Schwarzmagier in präpupertären<br />

Alter machen kann, der eine Horde von Untoten<br />

hinter sich her zieht. In diesem Fall erweckt<br />

er alles zum Leben, vom Säugling bis zum letzten<br />

Tierskelett.<br />

Szenarienvorschläge:<br />

• Kindliche Suche<br />

Die einzige Erfahrung von Liebe und Zuneigung,<br />

die Chindscé jemals gemacht hat,<br />

waren die Wochen der Wanderschaft mit<br />

der Frau, die ihn später opferte. Doch<br />

Chindscé versteht es nicht und sein kleiner<br />

Funke Geist, der ihm geblieben ist, sucht<br />

diese Frau immer noch. Auf diese Weise<br />

sterben einige Familien und Frauen, die im<br />

Wald leben. Sollten die Charaktere nachforschen,<br />

stellen sie schnell fest, dass die Toten<br />

immer nach einem bestimmten Muster<br />

aufgefunden werden. Es sieht so aus, als ob<br />

der Mörder nur die Mütter in den Häusern<br />

gelassen hat, Ehemänner und Kinder sind<br />

im Wald verstreut. Die Mütter sitzen stets<br />

tot mit weit aufgerissenen Augen am Kamin,<br />

die Hände im Schoß so gelegt, dass ein Kind<br />

doch seinen Kopf darin bergen könnte. Das<br />

war Chindscé, der sich nach jenen wenigen<br />

Augenblicken sehnt, in denen er seinen Kopf<br />

in den Händen jener Frau bergen konnte.<br />

Vielleicht erinnert sich im Dorf noch jemand<br />

an die Frau, die vor bald 40 Jahren verwirrt<br />

aufgefunden wurde und dem Mädchen, das<br />

sie pflegte, vor ihrem Tod die Wahrheit<br />

über ihr Verderben und das Kind Chindscé<br />

anvertraute. Und die Charaktere erkennt,<br />

dass Chindscé ein letztes Mal zu jener Frau<br />

will, die ihm das einzige Mal in seinen Leben<br />

Zuneigung gab. Doch ihr Körper würde<br />

verbrannt und ihre Knochen vergraben. Die<br />

Suche beginnt und Chindscé Wunsch wird<br />

immer stärker.<br />

• Der Klassiker: Armee der Untoten<br />

Es regnet, als die Charaktere das Dorf erreichen,<br />

in dem alle Türen versperrt sind und<br />

jedes Fenster verrammelt. Schnell erfahren<br />

die Charaktere, nachdem sie die verängstigten<br />

Bewohner überzeugt haben, keine<br />

Gefahr zu sein, dass in den letzten Wochen<br />

immer wieder skelettierte Kleintiere wie<br />

Katzen, Ratten und Marder durch das Dorf<br />

und die Umgebung gestriffen sind. Das sind<br />

die Späher des Chindscé, der die Überreste<br />

www.anduin.de - das kostenlose und unabhängige e.Zine für phantastische Spiele - © 2004 Tommy Heinig<br />

jener Frau sucht, die ihn einst opferte. Er<br />

weiß, dass er sie finden muss, sei es, um<br />

stärker zu werden, um Erlösung zu finden,<br />

um sie zu befreien, da ein weiterer Teil jenes<br />

höheren Übernatürlichen sich mit der Essenz<br />

der Frau verbinden muss. Seit einigen<br />

Nächten sammeln sich Dutzende von untoten<br />

Kleintieren vor einem kleinen Lagerhaus<br />

aus Stein, dass in alten Tagen einst das<br />

Gebeinhaus des Dorfes war. Noch versteht<br />

keiner, dass unter diesem nun als Schuppen<br />

benutzen Haus das Ossatorium liegt, in dem<br />

die Knochen jener Frau zu finden sind. Werden<br />

die Charaktere erfahren, was geschehen<br />

ist. Werden sie Chindscé die Gebeine der<br />

Frau geben? Was geschieht dann? Wie kann<br />

man das Kind erlösen und davon abhalten,<br />

mit einer Armee aus Untoten das Dorf zu<br />

überrennen? Und die wichtigste Frage von<br />

allen: Ist es sinnvoll, einen Keller voller Skelette<br />

zu öffnen, wenn ein mächtiger „Untote<br />

erheben“-Spruch gesprochen wurde?<br />

Herausragende Werte: Magie<br />

JOHN JAMESON<br />

Name: John Jameson<br />

Titel: Der Irre/Ire<br />

Abstammung: Malkavianer<br />

Alter: ca 180 Jahre<br />

Größe: 160 cm<br />

Statur: schlank, unterernährt wirkend<br />

Augenfarbe: braun<br />

Gewicht: 57 kg<br />

Hintergrund: 1845 brach in Irland die Kartoffelfäule<br />

aus und vernichtete innerhalb weniger<br />

Wochen die gesamte Knollengewächsernte. Da<br />

Kartoffeln das Hauptnahrungsmittel der armen<br />

irischen Bevölkerung waren und Hilfe von Außen<br />

ausblieb, verhungerten Abertausende Iren<br />

im folgenden Winter. Diese Epidemie hielt auch<br />

in den kommenden Jahren an, so dass bis 1855<br />

gut zwei Drittel der Bevölkerung der Irischen<br />

Insel auswanderten. Ziel dieses Exodus war<br />

hauptsächlich Amerika, das Land der unendlichen<br />

Möglichkeit und vor allem das Land, in<br />

dem es etwas zu Essen gab.<br />

Unter diesen Flüchtlingen befand sich auch an<br />

einem kalten Novemberabend des Jahres 1849<br />

der englischstämmige Sir Edward Keith Doubt,<br />

ein Gentleman von echtem Schlage, der seine<br />

Güter in der Nähe von Tullamore hinter sich<br />

ließ, um ein Schiff zu besteigen, dass ihn in sein<br />

neues Leben in Amerika bringen sollte. Seinem<br />

immensen Barvermögen angemessen begleiteten<br />

ihn sein Buttler James und eine Batterie<br />

voll Schrankkoffer. Die dreiwöchige Reise verlief<br />

für den erster Klasse reisenden Doubt sehr<br />

ereignislos, zumal der Gentleman es vorzog,<br />

den Tag stets in seiner Kabine zu verbringen,<br />

die gemeinsamen Dinner mit den Herren und<br />

Damen der Höheren Klasse zu meiden und nur<br />

ab und zu mitten in der Nacht einen kleinen<br />

Spaziergang auf Deck zu unternehmen. Sir Ed-<br />

54<br />

ward Keith Doubt war bereits seit einem guten<br />

Jahrhundert tot und musste aus Irland fliehen.<br />

Ein unangenehmer Umstand, der für ihn nicht<br />

durch etwaigen Nahrungsmangel an Kartoffeln<br />

erwuchs, sondern vielmehr durch eine Intrige,<br />

die ihn in seiner Heimat um sein untotes<br />

Leben fürchten ließ. Wenige Tage vor seiner<br />

überstützten Abreise hatte eine Feindin des<br />

lieben, als etwas verschroben geltenden Doubt<br />

den juristischen Instanzen von Tullamore einen<br />

Tip gegeben, sich in den Kellern des exzentrischen<br />

Adligen um zu sehen, in dem dieser seine<br />

bewundernswerte Sammlung an getöteten<br />

und mit heißem Wachs überzogenen Mädchen<br />

ausgestellt hatte. Denn dies war die einzige<br />

„Schwäche“, die dem Malcav bei seinem Kuss<br />

mit auf den Weg gegeben wurde.<br />

Doch Doubt und sein Buttler waren nicht alleine<br />

auf ihrer Reise. Um seinen gröbsten Hunger<br />

auf der Reise zu stillen, hatte der Sir kurzerhand<br />

seinen Gärtner John Jamesson, einen jungen<br />

und etwas tumben Jungen, überzeugt, mit ihm<br />

in einem seiner Schrankkoffer die Reise über<br />

den großen Ozean an zu treten. Dort, über<br />

drei Wochen bewegungslos, aber bei vollem<br />

Bewusstsein eingepasst in den Koffer und immer<br />

wieder als Nahrungsquelle benutzt, verlor<br />

der arme John den Verstand. Nach der Reise<br />

brachte es der Sammler kleiner Mädchen nicht<br />

übers Herz, seinen Reisegefährten weg zu werfen,<br />

sondern nahm ihn mit sich. Die folgenden<br />

Wochen und seine Wandlung zu einem Gärtner<br />

der Nacht, pardon, einem Geschöpf der Nacht,<br />

zehrten den letzten Rest Verstand des nun jungen<br />

Malcav auf. Es wurde noch stiller um John<br />

Jamesson als es bereits zu seinen Lebzeiten<br />

war.<br />

Doch der Verrückte blieb, was er gewesen war:<br />

Ein Gärtner.<br />

Lange war es still um ihn, bis Mitte der 20ger<br />

Jahre in Chicago eine Nachtbar eröffnete, in<br />

der sich ein wortkarger und etwas schräger<br />

Gärtner liebevoll um die Pflanzen kümmerte,<br />

die dort als Dekoration wuchsen. Ein in diesem<br />

Laden beheimateter Unterweltboss nahm den<br />

Gärtner zu sich, akzeptierte lachend seine obskuren<br />

Arbeitszeiten und überließ ihm das Geld,<br />

einen besonderen Wintergarten in seiner Villa<br />

ein zu richten: Den Garten der Nacht! Dort<br />

fanden sich nur Blumen und Gewächse, die des<br />

Nachts Blüten, allen voran die ersten Exemplare<br />

der „Selenicereus grandiflorus, Cactaceae“,<br />

einer Lilienart, deren betörend schöne Blüte<br />

nur eine Nacht im Jahr erblüht. Dieser Garten<br />

wurde innerhalb weniger Monate in Chacago<br />

und Umgebung berühmt. Scharenweise pilgerte<br />

die High Society zu Stehimbissen und Mitternachtspartys,<br />

um das seltene Erblühen dieser<br />

Blume zu erleben.<br />

Dann, im Zuge der alles verschlingenden Inflation<br />

1929 wurde der Mafiosi erschossen und sein<br />

kleines Imperium zerfiel. Seine Konkurrenten<br />

übernahmen seinen Besitz, ermordeten seine<br />

Bediensteten und brannten sein Haus nieder.<br />

Nur den kleinen Wintergarten auf dem Grund-

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