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Anduin 86

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L E S E N �+ �S P I E L E N<br />

L E S E N �+ �S P I E L E N<br />

eine lebendige Atmosphäre und einen unterhaltsamen<br />

Hintergrund.<br />

BEWÄHRTES RECYCLEN<br />

Häufig fließt viel Vorbereitungszeit in das<br />

Zeichnen von Gebäudegrundrissen und deren<br />

grafische Bearbeitung. Stößt der Spielleiter<br />

dann noch auf ein undankbares „Spielerpack“,<br />

das gar nicht die Gebäudegrundrisse oder<br />

Karten sehen möchte hat er entweder in der<br />

Vorbereitung viel Zeit für nichts vertan oder es<br />

besteht die Gefahr, dass er (vielleicht auch ohne<br />

es zu merken) die Spieler zu einer Besichtigung<br />

seiner Werke zwingt und ihre Handlungsfreiheit<br />

deswegen einschränkt. Daher sollte man solche<br />

Karten nur voranfertigen, wenn man sich sicher<br />

ist, dass die Charaktere sie in die Finger<br />

bekommen bzw. benötigen und sie nicht nur<br />

der Orientierung der Spieler dienen. Denn in<br />

diesem letzten Fall reicht es in der Regel aus<br />

die Gebäudegrundrisse oder Karten zu improvisieren<br />

und schnell zu skizzieren. Dazu nimmt<br />

man als geistige Vorlage am Besten schon bekanntes,<br />

wie die eigene Wohnung, Schule, bekannte<br />

öffentliche oder historische Gebäude.<br />

Sind keine Architekten am Spieltisch reichen oft<br />

schon minimale Veränderungen, damit niemand<br />

mehr die irdische Vorlage wiedererkennt. Dabei<br />

sollte man auch keine Scheu davor haben<br />

immer wieder ähnliche Grundrisse zu nehmen.<br />

Die Varianz der Grundrisse von Kneipen oder<br />

historischen Bauernhäuser hält sich auch in<br />

Wirklichkeit in engen Grenzen.<br />

Wie mit den Wörter- und Beschreibungslisten<br />

zuvor lohnt es sich auch hier sich mit der<br />

Zeit eine Sammlung an Grundrissen und Karten<br />

anzulegen, die man dann bei Bedarf entweder<br />

direkt benutzt oder als Inspirationsquelle zur<br />

Improvisation verwendet.<br />

BEKANNTES NEHMEN<br />

UND LEICHT ÄNDERN<br />

Es gibt Spielleiter, die ein enormes Potential<br />

an Kreativität besitzen und dieses in Form von<br />

unendlichen immer neuen Beschreibungen ins<br />

Spiel bringen. Diese Fähigkeit lässt sich in einem<br />

gewissen Rahmen trainieren. Als Ansatz um von<br />

stereotypen Beschreibungen weg zukommen<br />

kann man als Grundlage der Beschreibung das<br />

Offensichtlichste oder im Geiste präsenteste<br />

nehmen, anstatt in den tiefsten Gehirnwindungen<br />

nach Ideen zu forschen, die oft doch nur auf<br />

Stereotype heraus laufen. Auf diese Weise kann<br />

die Form einer Glaskaraffe durch eine auf dem<br />

Tisch stehende Teekanne beschrieben werden<br />

oder der Erzschurke hat eine starke Ähnlichkeit<br />

in Aussehen und Auftreten mit dem fiesen cholerischen<br />

Lateinlehrer aus der siebten Klasse.<br />

Allerdings ist bei solchen Vorbildern Vorsicht<br />

vor zu offensichtlichen Ähnlichkeiten geboten,<br />

da sie dazu neigen bei Erkennen ins lächerliche<br />

gezogen zu werden. Mit etwas Übung entwickelt<br />

man ein größeres Repertoire an beschreibenden<br />

Wörtern und es fällt immer leichter<br />

im Kopf bestehende Bilder in Worte zu fas-<br />

www.anduin.de - das kostenlose und unabhängige e.Zine für phantastische Spiele - © 2004 Tommy Heinig<br />

sen. Diese Technik lässt sich durchaus auch als<br />

Trockenübung ohne Rollenspiel in der Freizeit<br />

trainieren, in dem man in Gedanken versucht<br />

Dinge oder Personen aus seiner Umgebung in<br />

Worte zu fassen und zu beschreiben.<br />

ABENTEUERENTWICKLUNG<br />

Der schwierige Part das Abenteuer zu improvisieren<br />

liegt darin, die Übersicht zu wahren.<br />

Denn zunächst ist Improvisieren kein Hexenwerk,<br />

sondern einfach nur eine Antwort<br />

auf eine an den Spielleiter gestellte Frage bzw.<br />

eine Lösung für ein bestimmtes Problem. Auf<br />

diese abstrakte Sichtweise reduziert besteht<br />

das Improvisieren aus der Wahl zwischen der<br />

offensichtlichsten, der (für einen Spielercharakter)<br />

herausforderndsten, der überraschendsten<br />

oder angenehmsten Lösung unter den möglichen<br />

Antworten.<br />

Robin D. Laws schlägt für den unentschlossenen<br />

Spielleiter als Entscheidungshilfe eine Zufallstabelle<br />

vor:<br />

W6 Ergebnis<br />

1-2 Offensichtlich<br />

3 Herausfordernd<br />

4 Überraschend<br />

5-6 Angenehm<br />

Die Charaktere sind während einer Verfolgungsjagd<br />

dem Dieb in eine Kneipe gefolgt.<br />

Als sie schnaufend die Türe öffnen und den<br />

Schankraum betreten, ist von ihrem Ziel in der<br />

nur schwach besuchten Kneipe nichts mehr zu<br />

sehen. Sie sind sicher dass er hier herein ging, er<br />

muss also noch da sein oder einen anderen Weg<br />

nach draußen gefunden haben. Links neben dem<br />

Tresen befindet sich eine Türe die nach hinten<br />

führt. Die offensichtlichste Antwort wäre, dass<br />

der Dieb sich durch diese Hintertüre aus dem<br />

Staub gemacht hat. Die herausforderndste Antwort<br />

wäre vielleicht, dass der Dieb und der<br />

Wirt unter einer Decke stecken und der Wirt<br />

daher die weitere Suche der Charaktere behindern<br />

wird. Eine überraschende Antwort wäre<br />

dass der Dieb eigentlich eine Diebin ist und sich<br />

nun schnell der dunklen Kleidung entledigt hat<br />

und sich unter die Kneipenbesucher gemischt<br />

hat, während die angenehmste Antwort für<br />

die Charaktere wahrscheinlich die wäre, dass<br />

der Dieb gerade versucht am Wirt vorbei die<br />

Hintertüre zu erreichen und daher aufgehalten<br />

wurde, so dass die Charaktere ihn nun leicht<br />

zufassen bekommen.<br />

Hat man diese verschiedenen Lösungen identifiziert<br />

muss man die Übersicht wahren und<br />

abwägen welche Konsequenzen für das Abenteuer,<br />

die Spieler und die Charaktere welche<br />

Entscheidung nach sich zieht. Soll laut Plot der<br />

Dieb zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefangen<br />

oder identifiziert werden oder benötigen die<br />

Charaktere gerade dringend einen weiteren<br />

Hinweis? Sind die Charaktere schon so angeschlagen,<br />

dass sie einen handgreiflichen Konflikt<br />

nicht überstehen? Benötigen die Spieler ein<br />

Erfolgserlebnis, um aus ihrem Stimmungsloch<br />

58<br />

heraus zu kommen? Steht die Spotlight-Time<br />

des Spielertyps Arschtreter noch aus?<br />

Spielt man<br />

ein plotorientiertesAbenteuer<br />

können<br />

Mindmaps helfen<br />

die Übersicht<br />

innerhalb<br />

des Abenteuers<br />

zu wahren. Dadurch<br />

können<br />

Abhängigkeiten<br />

von Szenen,<br />

NAMENSGEBUNG<br />

Everchanging Book of Names:<br />

ebon.pyorre.net/<br />

The Page of Generators:<br />

www.seventhsanctum.com/gens<br />

What‘s my pirates name:<br />

www.indifferenthonest.com/quiz/pirate.php<br />

Gegenständen oder NSCs visualisiert werden<br />

und als Spielleiter kann man jederzeit durch einen<br />

kurzen Blick auf die Mindmap einschätzen<br />

in welcher Beziehung zum großen Gesamtbild<br />

das aktuelle zu improvisierende Problem steht.<br />

Würde der Spielleiter des vorigen Beispiels auf<br />

diese Mindmap blicken, würde er sofort erkennen,<br />

dass der Dieb in einer Beziehung zum<br />

Finale steht und daher wohl besser noch nicht<br />

erwischt werden sollte.<br />

Um auf mögliche Antworten für das gestellte<br />

Improvisationsproblem zu kommen helfen je<br />

nachdem welche Antwort man benötigt entweder<br />

der gesunde Menschenverstand (die<br />

offensichtliche oder angenehme Antwort) oder<br />

Vorbilder aus den Medien (herausfordernde<br />

oder überraschende Antwort) wie Romane, Filme<br />

oder Sachbücher zum Thema. Nicht hoch<br />

genug einzuschätzen sind auch die Spieler als Inspirationsquelle.<br />

„Unvorsichtige“ Spieler liefern<br />

ihrem Spielleiter häufig unbewusst eine Steilpassvorlage,<br />

in dem sie laut nachdenken oder<br />

spekulieren was denn nun geschehen könnte.<br />

Sie greifen dabei meist selbst auf irgendwelche<br />

Medienvorlagen zurück, so dass das Vorlagenrepertoire<br />

sich nicht nur auf die Medienkenntnisse<br />

und Phantasie des Spielleiters erstreckt,<br />

sondern auch noch die der Spieler mit einbezieht.<br />

Solange man als Spielleiter diese Vorlagen<br />

nicht zu häufig einsetzt fällt es den Spielern gar<br />

nicht auf und sie sprudeln weiter als Inspirationsquelle,<br />

ohne sich ihrer Einflussnahme bewusst<br />

zu sein.<br />

Wie zuvor in „Informationen improvisieren“<br />

beschrieben sind einmal ausgearbeitete Elemente<br />

wie NSCs oder Ereignisse weitere Möglichkeiten<br />

die man für eine Abenteuerentwicklung<br />

nutzen kann. Eine handvoll solcher zuvor<br />

schon vorbereiteter Elemente in der Hinterhand<br />

können helfen ein festgefahrenes Abenteuer<br />

wieder in Gang zu bekommen oder ein<br />

zu lineares Abenteuer abwechslungsreicher zu<br />

gestalten, in dem überraschende Wendungen,<br />

Nebenplots oder herausfordernde Aktionen<br />

eingebaut werden. �<br />

[ulrich lang - ulrich.lang@lycos.de]

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