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L E S E N �+ �S P I E L E N<br />
L E S E N �+ �S P I E L E N<br />
eine lebendige Atmosphäre und einen unterhaltsamen<br />
Hintergrund.<br />
BEWÄHRTES RECYCLEN<br />
Häufig fließt viel Vorbereitungszeit in das<br />
Zeichnen von Gebäudegrundrissen und deren<br />
grafische Bearbeitung. Stößt der Spielleiter<br />
dann noch auf ein undankbares „Spielerpack“,<br />
das gar nicht die Gebäudegrundrisse oder<br />
Karten sehen möchte hat er entweder in der<br />
Vorbereitung viel Zeit für nichts vertan oder es<br />
besteht die Gefahr, dass er (vielleicht auch ohne<br />
es zu merken) die Spieler zu einer Besichtigung<br />
seiner Werke zwingt und ihre Handlungsfreiheit<br />
deswegen einschränkt. Daher sollte man solche<br />
Karten nur voranfertigen, wenn man sich sicher<br />
ist, dass die Charaktere sie in die Finger<br />
bekommen bzw. benötigen und sie nicht nur<br />
der Orientierung der Spieler dienen. Denn in<br />
diesem letzten Fall reicht es in der Regel aus<br />
die Gebäudegrundrisse oder Karten zu improvisieren<br />
und schnell zu skizzieren. Dazu nimmt<br />
man als geistige Vorlage am Besten schon bekanntes,<br />
wie die eigene Wohnung, Schule, bekannte<br />
öffentliche oder historische Gebäude.<br />
Sind keine Architekten am Spieltisch reichen oft<br />
schon minimale Veränderungen, damit niemand<br />
mehr die irdische Vorlage wiedererkennt. Dabei<br />
sollte man auch keine Scheu davor haben<br />
immer wieder ähnliche Grundrisse zu nehmen.<br />
Die Varianz der Grundrisse von Kneipen oder<br />
historischen Bauernhäuser hält sich auch in<br />
Wirklichkeit in engen Grenzen.<br />
Wie mit den Wörter- und Beschreibungslisten<br />
zuvor lohnt es sich auch hier sich mit der<br />
Zeit eine Sammlung an Grundrissen und Karten<br />
anzulegen, die man dann bei Bedarf entweder<br />
direkt benutzt oder als Inspirationsquelle zur<br />
Improvisation verwendet.<br />
BEKANNTES NEHMEN<br />
UND LEICHT ÄNDERN<br />
Es gibt Spielleiter, die ein enormes Potential<br />
an Kreativität besitzen und dieses in Form von<br />
unendlichen immer neuen Beschreibungen ins<br />
Spiel bringen. Diese Fähigkeit lässt sich in einem<br />
gewissen Rahmen trainieren. Als Ansatz um von<br />
stereotypen Beschreibungen weg zukommen<br />
kann man als Grundlage der Beschreibung das<br />
Offensichtlichste oder im Geiste präsenteste<br />
nehmen, anstatt in den tiefsten Gehirnwindungen<br />
nach Ideen zu forschen, die oft doch nur auf<br />
Stereotype heraus laufen. Auf diese Weise kann<br />
die Form einer Glaskaraffe durch eine auf dem<br />
Tisch stehende Teekanne beschrieben werden<br />
oder der Erzschurke hat eine starke Ähnlichkeit<br />
in Aussehen und Auftreten mit dem fiesen cholerischen<br />
Lateinlehrer aus der siebten Klasse.<br />
Allerdings ist bei solchen Vorbildern Vorsicht<br />
vor zu offensichtlichen Ähnlichkeiten geboten,<br />
da sie dazu neigen bei Erkennen ins lächerliche<br />
gezogen zu werden. Mit etwas Übung entwickelt<br />
man ein größeres Repertoire an beschreibenden<br />
Wörtern und es fällt immer leichter<br />
im Kopf bestehende Bilder in Worte zu fas-<br />
www.anduin.de - das kostenlose und unabhängige e.Zine für phantastische Spiele - © 2004 Tommy Heinig<br />
sen. Diese Technik lässt sich durchaus auch als<br />
Trockenübung ohne Rollenspiel in der Freizeit<br />
trainieren, in dem man in Gedanken versucht<br />
Dinge oder Personen aus seiner Umgebung in<br />
Worte zu fassen und zu beschreiben.<br />
ABENTEUERENTWICKLUNG<br />
Der schwierige Part das Abenteuer zu improvisieren<br />
liegt darin, die Übersicht zu wahren.<br />
Denn zunächst ist Improvisieren kein Hexenwerk,<br />
sondern einfach nur eine Antwort<br />
auf eine an den Spielleiter gestellte Frage bzw.<br />
eine Lösung für ein bestimmtes Problem. Auf<br />
diese abstrakte Sichtweise reduziert besteht<br />
das Improvisieren aus der Wahl zwischen der<br />
offensichtlichsten, der (für einen Spielercharakter)<br />
herausforderndsten, der überraschendsten<br />
oder angenehmsten Lösung unter den möglichen<br />
Antworten.<br />
Robin D. Laws schlägt für den unentschlossenen<br />
Spielleiter als Entscheidungshilfe eine Zufallstabelle<br />
vor:<br />
W6 Ergebnis<br />
1-2 Offensichtlich<br />
3 Herausfordernd<br />
4 Überraschend<br />
5-6 Angenehm<br />
Die Charaktere sind während einer Verfolgungsjagd<br />
dem Dieb in eine Kneipe gefolgt.<br />
Als sie schnaufend die Türe öffnen und den<br />
Schankraum betreten, ist von ihrem Ziel in der<br />
nur schwach besuchten Kneipe nichts mehr zu<br />
sehen. Sie sind sicher dass er hier herein ging, er<br />
muss also noch da sein oder einen anderen Weg<br />
nach draußen gefunden haben. Links neben dem<br />
Tresen befindet sich eine Türe die nach hinten<br />
führt. Die offensichtlichste Antwort wäre, dass<br />
der Dieb sich durch diese Hintertüre aus dem<br />
Staub gemacht hat. Die herausforderndste Antwort<br />
wäre vielleicht, dass der Dieb und der<br />
Wirt unter einer Decke stecken und der Wirt<br />
daher die weitere Suche der Charaktere behindern<br />
wird. Eine überraschende Antwort wäre<br />
dass der Dieb eigentlich eine Diebin ist und sich<br />
nun schnell der dunklen Kleidung entledigt hat<br />
und sich unter die Kneipenbesucher gemischt<br />
hat, während die angenehmste Antwort für<br />
die Charaktere wahrscheinlich die wäre, dass<br />
der Dieb gerade versucht am Wirt vorbei die<br />
Hintertüre zu erreichen und daher aufgehalten<br />
wurde, so dass die Charaktere ihn nun leicht<br />
zufassen bekommen.<br />
Hat man diese verschiedenen Lösungen identifiziert<br />
muss man die Übersicht wahren und<br />
abwägen welche Konsequenzen für das Abenteuer,<br />
die Spieler und die Charaktere welche<br />
Entscheidung nach sich zieht. Soll laut Plot der<br />
Dieb zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefangen<br />
oder identifiziert werden oder benötigen die<br />
Charaktere gerade dringend einen weiteren<br />
Hinweis? Sind die Charaktere schon so angeschlagen,<br />
dass sie einen handgreiflichen Konflikt<br />
nicht überstehen? Benötigen die Spieler ein<br />
Erfolgserlebnis, um aus ihrem Stimmungsloch<br />
58<br />
heraus zu kommen? Steht die Spotlight-Time<br />
des Spielertyps Arschtreter noch aus?<br />
Spielt man<br />
ein plotorientiertesAbenteuer<br />
können<br />
Mindmaps helfen<br />
die Übersicht<br />
innerhalb<br />
des Abenteuers<br />
zu wahren. Dadurch<br />
können<br />
Abhängigkeiten<br />
von Szenen,<br />
NAMENSGEBUNG<br />
Everchanging Book of Names:<br />
ebon.pyorre.net/<br />
The Page of Generators:<br />
www.seventhsanctum.com/gens<br />
What‘s my pirates name:<br />
www.indifferenthonest.com/quiz/pirate.php<br />
Gegenständen oder NSCs visualisiert werden<br />
und als Spielleiter kann man jederzeit durch einen<br />
kurzen Blick auf die Mindmap einschätzen<br />
in welcher Beziehung zum großen Gesamtbild<br />
das aktuelle zu improvisierende Problem steht.<br />
Würde der Spielleiter des vorigen Beispiels auf<br />
diese Mindmap blicken, würde er sofort erkennen,<br />
dass der Dieb in einer Beziehung zum<br />
Finale steht und daher wohl besser noch nicht<br />
erwischt werden sollte.<br />
Um auf mögliche Antworten für das gestellte<br />
Improvisationsproblem zu kommen helfen je<br />
nachdem welche Antwort man benötigt entweder<br />
der gesunde Menschenverstand (die<br />
offensichtliche oder angenehme Antwort) oder<br />
Vorbilder aus den Medien (herausfordernde<br />
oder überraschende Antwort) wie Romane, Filme<br />
oder Sachbücher zum Thema. Nicht hoch<br />
genug einzuschätzen sind auch die Spieler als Inspirationsquelle.<br />
„Unvorsichtige“ Spieler liefern<br />
ihrem Spielleiter häufig unbewusst eine Steilpassvorlage,<br />
in dem sie laut nachdenken oder<br />
spekulieren was denn nun geschehen könnte.<br />
Sie greifen dabei meist selbst auf irgendwelche<br />
Medienvorlagen zurück, so dass das Vorlagenrepertoire<br />
sich nicht nur auf die Medienkenntnisse<br />
und Phantasie des Spielleiters erstreckt,<br />
sondern auch noch die der Spieler mit einbezieht.<br />
Solange man als Spielleiter diese Vorlagen<br />
nicht zu häufig einsetzt fällt es den Spielern gar<br />
nicht auf und sie sprudeln weiter als Inspirationsquelle,<br />
ohne sich ihrer Einflussnahme bewusst<br />
zu sein.<br />
Wie zuvor in „Informationen improvisieren“<br />
beschrieben sind einmal ausgearbeitete Elemente<br />
wie NSCs oder Ereignisse weitere Möglichkeiten<br />
die man für eine Abenteuerentwicklung<br />
nutzen kann. Eine handvoll solcher zuvor<br />
schon vorbereiteter Elemente in der Hinterhand<br />
können helfen ein festgefahrenes Abenteuer<br />
wieder in Gang zu bekommen oder ein<br />
zu lineares Abenteuer abwechslungsreicher zu<br />
gestalten, in dem überraschende Wendungen,<br />
Nebenplots oder herausfordernde Aktionen<br />
eingebaut werden. �<br />
[ulrich lang - ulrich.lang@lycos.de]