Freundesbrief 2010 - Bergische Diakonie Aprath
Freundesbrief 2010 - Bergische Diakonie Aprath
Freundesbrief 2010 - Bergische Diakonie Aprath
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Analytische Spieltherapie im HPZ<br />
Im Spiel den Schlüssel zur Lösung finden<br />
von Sabine Kall<br />
38<br />
Im Heilpädagogisch-Psychotherapeutischen<br />
Zentrum werden<br />
Kinder und Jugendliche stationär<br />
und ambulant behandelt.<br />
Sie weisen eine große Bandbreite<br />
an Verhaltensauffälligkeiten auf.<br />
Auch Säuglinge und Kleinkinder<br />
werden von ihren Eltern in der<br />
Ambulanz vorgestellt. Sie leiden<br />
beispielsweise unter Fütterungsstörungen,<br />
Schlafstörungen,<br />
Unruhezuständen und schreien<br />
häufig stundenlang.<br />
In der Therapie teilen sich die<br />
Kinder mit ihren Nöten, Sorgen,<br />
Ängsten und Bedürfnissen mit.<br />
„Ein Paar kam mit ihrem 2-jährigen<br />
Sohn zu mir. Er litt unter<br />
massiven Schreiattacken, Ein- und<br />
Durchschlafstörungen und hielt<br />
die Eltern Tag und Nacht auf<br />
Trab. Bis zu neun Mal in der<br />
Nacht versuchten die Eltern ihn<br />
zu beruhigen. Vom Vermieter hatten<br />
sie bereits die Kündigung<br />
erhalten“, berichtet Marion<br />
Tappeser, analytische Kinder- und<br />
Jugendlichenpsychotherapeutin<br />
im HPZ.<br />
Im Gespräch mit den Eltern und<br />
in der Spieltherapie fand sie den<br />
„Schlüssel“: „Der Vater litt unter<br />
einer schweren Depression und es<br />
bestand ein erheblicher Paarkonflikt.<br />
Kindgerecht erklärte ich dem<br />
Jungen, dass er sich große Sorgen<br />
um den Papa mache, der werde<br />
nun Unterstützung bekommen,<br />
woraufhin sich das Kind unter<br />
den Maltisch legte und auf der<br />
Stelle einschlief. Der Vater begab<br />
sich selbst in Therapie und die<br />
Eltern nahmen eine Paarberatung<br />
auf“, so Marion Tappeser.<br />
Das HPZ verfügt über zwei Spieltherapiezimmer,<br />
eins für kleine<br />
Kinder, das andere für größere.<br />
Für die Kleinen stehen u. a. ein<br />
Kaufladen, ein Herd, Kasperletheater,<br />
kreative Materialien und<br />
Bilderbücher zur Verfügung.<br />
„Über das Spiel entsteht zwischen<br />
Kind und Therapeut ein Kontakt<br />
und ein Zugang zum belastenden<br />
Thema“, erklärt Marion Tappeser.<br />
Den Großen bietet das Therapiezimmer<br />
eine Auswahl an Spielmaterialien<br />
wie Ritterburg, Puppenhaus,<br />
Bauernhof, Regelspiele und<br />
weitere kreative Materialien.<br />
Die Kinder kommen ohne die<br />
Eltern in die Therapiestunde.<br />
Während der 50-minütigen<br />
Sitzung konzentriert sich Marion<br />
Tappeser völlig auf das jeweilige<br />
Kind. Wichtig ist der Rahmen der<br />
Therapie. Sie findet immer mit<br />
demselben Therapeuten, zur selben<br />
Zeit und am selben Ort statt.<br />
Es existieren nur wenige Regeln:<br />
Das Kind darf sich selbst und den<br />
Therapeuten nicht verletzen und<br />
darf das Spielmaterial nicht mutwillig<br />
zerstören.<br />
Das Spiel dient als ein natürliches<br />
Medium zur Selbstdarstellung.<br />
Das Kind hat die Möglichkeit,<br />
Gefühle von Spannung,<br />
Frustration, Unsicherheit, Angst,<br />
Aggression und Verwirrung „auszuspielen“.<br />
Ebenso stellt das Kind<br />
im Spiel Beziehungserfahrungen<br />
und Beziehungsmuster dar. Das<br />
Kind erfährt, dass es sich entfalten<br />
kann und darf. Dieser Raum<br />
ist neu und unbelastet.<br />
Es erkennt, dass es als ein selbständiger<br />
Mensch mit eigenen<br />
Rechten ernst genommen und<br />
geachtet wird. „Die Therapeuten<br />
fühlen und verstehen, was das<br />
Kind im Spiel oder durch Worte<br />
auszudrücken versucht, sie reflektieren<br />
die Gefühle des Kindes wie<br />
ein Spiegel, so dass es sich besser<br />
sehen und verstehen kann”, erläutert<br />
Marion Tappeser.