EXCHANGE DIE KUNST, MUSIK ZU VERMITTELN - Miz.org
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CHARAKTERISTIKA DER INSTITUTIONEN<br />
Da Qualitätskriterien in der konzertpädagogischen<br />
Arbeit von Orchestern und<br />
Veranstaltern in erster Linie in der kulturellen<br />
Tradition einer Region Gültigkeit<br />
haben, haben wir uns für einen höheren<br />
Anteil an Befragten aus dem<br />
deutschsprachigen Raum entschieden.<br />
In der Auswahl der Kandidaten aus<br />
Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />
wurde auf die jeweils unterschiedliche<br />
Orchesterlandschaft Bezug genommen:<br />
Daher ist in das Sample eine im Verhältnis<br />
größere Anzahl an Orchestern aus<br />
Deutschland integriert. Soweit es aufgrund<br />
der konzertpädagogischen Arbeit<br />
möglich ist, wurden in diesen Ländern<br />
Ensembles für zeitgenössische Musik bevorzugt<br />
berücksichtigt.<br />
Darüber hinaus fanden Ensembles aus<br />
Frankreich, England, Luxemburg und<br />
den USA Eingang in die Studie und eine<br />
repräsentative Auswahl an europäischen<br />
Konzerthäusern (u. a. in Spanien, Portugal,<br />
Luxemburg, Deutschland und Österreich)<br />
stellt deren konzertpädagogische<br />
Arbeit vor.<br />
BEGINN DER VERMITTLUNGSTÄTIGKEIT<br />
AN DEN INSTITUTIONEN<br />
Musikvermittlung ist keine Erfindung der<br />
letzten Jahre, sondern in Form von besonderen<br />
Konzertformaten für Kinder<br />
und Jugendliche in Europa zumindest<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg und in den<br />
USA seit der Gründung der jeweiligen<br />
Orchester Bestandteil des Kulturlebens.<br />
Alle Vermittlungsformate, die über eigene<br />
Konzertreihen für Kinder und Jugendliche<br />
hinausreichen, finden seit Beginn<br />
des 21. Jahrhunderts zunehmend<br />
Eingang in das Repertoire der Musikver-<br />
mittlungs-Angebote von Orchestern und<br />
Konzerthäusern. Dazu zählen u. a. konzertpädagogische<br />
Workshops im Vorfeld<br />
von Konzerten, partizipative Aufführungen<br />
mit Kindern und Jugendlichen in<br />
den regulären Konzerten oder spartenübergreifende<br />
Projekte mit Tanz, Visualisierung<br />
und Theater. Seit 2005 ist wiederum<br />
eine Steigerung dieser Angebote<br />
zu bemerken.<br />
Wir trafen eine Auswahl an Kandidaten,<br />
die in etwa ausgewogen in den drei<br />
großen Abschnitten – vor 2000, ab 2000,<br />
nach 2005 – vertreten sind. Nicht zufällig<br />
fallen alle britischen und amerikanischen<br />
Befragten in den Abschnitt „vor<br />
2000“.<br />
Die meisten Orchester und Konzerthäuser<br />
waren zu Beginn des 21. Jahrhunderts<br />
mit der gewohnten Praxis der<br />
Kinder- und Jugendkonzerte nicht mehr<br />
zufrieden. Zum einen ließ das Repertoire<br />
nur eingeschränkte Möglichkeiten zwischen<br />
Camille Saint-Saëns „Der Karneval<br />
der Tiere“ und „Peter und der Wolf“<br />
von Sergej Prokofjew zu, zum anderen<br />
brachten Schüler zunehmend deutlich<br />
ihr Missfallen gegenüber Generalprobenkonzerten<br />
ohne Moderation und erschlossenem<br />
Kontext zum Ausdruck. Bis<br />
zu diesem Zeitpunkt betreuten diese Angebote<br />
für Kinder und Jugendliche in erster<br />
Linie die Dramaturgen des Hauses<br />
oder die Mitarbeiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Vor allem Ensembles für Neue Musik<br />
wie die London Sinfonietta in Großbritannien,<br />
das Ensemble Modern in<br />
Deutschland oder das Klangforum Wien<br />
in Österreich erwiesen sich als Laboratorien<br />
für neue Modelle der Vermittlung,<br />
die vor allem auf einen längeren Zeitraum<br />
und damit auf eine nachhaltige<br />
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Auseinandersetzung mit Musikhören und<br />
Musikmachen setzten. Diese Modelle wur -<br />
den ab 2000 von klassischen Symphonieorchestern<br />
aufgegriffen und bildeten<br />
die Grundlage für die heute üblichen<br />
konzertpädagogischen Einführungsworkshops<br />
vor Konzerten – und für die Etablierung<br />
des neuen Berufsfeldes der Konzertpädagogen<br />
und Musikvermittler an<br />
Orchestern und Konzerthäusern.<br />
Eine Reihe an neuen Konzerthäusern<br />
wie L’Auditori in Spanien, Casa da Música<br />
in Portugal, die Philharmonie in Luxemburg<br />
oder die noch in Bau befindliche<br />
Elbphilharmonie in Deutschland<br />
brachten besonders nach 2005 eine weitere<br />
Intensivierung des Feldes Musikvermittlung<br />
und damit ein erweitertes Repertoire<br />
an Projekten und Formaten mit<br />
sich. Steuernd wirken in dieser letzten<br />
Entwicklung zunehmend die V<strong>org</strong>aben<br />
öffentlicher Fördergeber, die ihre Bausubventionen<br />
gegenüber den Steuerzahlern<br />
mit publikumsfreundlichen Maßnahmen<br />
rechtfertigen wollen.<br />
Ein deutscher Konzertveranstalter resümiert<br />
diese Entwicklung: „Wir merkten<br />
in den Städten eigentlich erst nach<br />
der Jahrtausendwende, dass wir dieses<br />
Thema, das ja bereits – von England ausgehend<br />
– in den späten 1980er-Jahren<br />
nach Deutschland gekommen war, noch<br />
einmal neu anfassen, systematisch<br />
durchdenken und seriöser abdecken<br />
müssen. Musikvermittlung galt bis dahin<br />
immer noch als Spielwiese, aber das änderte<br />
sich Anfang der 2000er-Jahre.“