KRANKHEIT UND WIRKUNG - Lalegion-pictures.com
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haben auf dem Umwege über einen beschränkten und zügellosen Politiker<br />
namenloses Leid über Millionen von Menschen, ja über die ganze Erde<br />
gebracht.<br />
16. Nietzsches Zerstörungslust<br />
Was Nietzsche bei seiner Inspiration 1881 so erschütterte und überwältigte,<br />
war weniger der „Übermensch" als die „ewige Wiederkunft".<br />
Mit der Auffrischung dieser 2000jährigen Lehre vermeinte er ein großer<br />
Prophet und Sittenlehrer, ja ein R e l i g i o n s s t i f t e r zu werden.<br />
Wie wenig sich gerade Nietzsche zu einem ReligionsStifter eignete, beweist<br />
noch ein Charakterzug, der in der Jugend nur angedeutet war, der<br />
aber mit den Jahren und mit der geistigen Störung immer mehr hervortrat.<br />
Man könnte von „Streitsucht" sprechen, aber dieser Ausdruck wäre zu<br />
trivial und zu zahm . „Kampflust" oder „Aggressivität" klingen schon richtiger;<br />
aber häufig besaß dieser Zug etwas viel Heftigeres. Weilheim<br />
stellt (S. 220) „eine dämonische Lust am Zerstören" fest. Das ist jedenfalls<br />
treffend für die Jahre vordem Zusammenbruch von 1888. Nietzsche selbst<br />
spricht einmal von der „Wollust des Zerstörens", die der künftige große<br />
Gesetzgeber haben müsse. So wollte Nietzsche sein Werk „Der Wille zur<br />
Macht" „auf eine Katastrophe hin bauen". Seine Bücher sollten „die Erde<br />
in Konvulsionen versetzen".<br />
In der Jugend beginnt es schon mit der „Unzeitgemäßen" gegen<br />
David Friedrich S t r a u ß (einer sehr häßlichen Schrift). Der allertiefste<br />
Untergrund dieses Zerstörungswillens ist psychologisch sehr schwer einfühlbar<br />
gerade bei Nietzsche. Ob hier verborgene sadistische Triebe durch<br />
die Enthemmung der Paralyse an die Oberfläche gekommen sind? Schon<br />
M ö b i u s diskutierte einen Zug von „Grausamkeit" an Nietzsche.<br />
Teilweise, aber auch nur t e i l w e i s e , könnte hinter dieser Lust am<br />
Zerstören in den späteren Jahren die maßlos gesteigerte G e l t u n g s sucht<br />
(fortentwickelt im Größenwahn) stecken. Nietzsche wollte um jeden<br />
Preis Aufsehen und Staunen erwecken. Manche Hysterische des Alltags<br />
zerstören oft etwas, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken<br />
(Fensterscheiben, Geschirr, Vasen usw.). Vielleicht hat sich damit ein.<br />
sadistischer Zug verquickt.<br />
Am Ende verbarg sich hinter der Zerstörungssucht auch eine ähnliche<br />
Wurzel wie bei den Anarchisten der Tat. Sie zerstören aus Rache, zum<br />
Teil unbewußt. Da sie selbst im Leben schlecht weggekommen sind, mag<br />
auch alles andere zugrunde gehen. (Anregung dieser Auffassung durch<br />
G ü r s c h i n g.) Im Lebensschicksal war Nietzsche jedenfalls s e h r schlecht<br />
v/eggekommen: keine Liebe, kein Weib, kein Kind, völlige Vereinsamung,<br />
keine Heimat, kein Vaterland, keinen Beruf, keine Anerkennung, kernen<br />
Ruhm, keinen Gott, dabei ewige Schmerzen und Qualen, jahrzehntelang<br />
Krankheit und Elend und Armut... Eine Hauptwurzel der Zerstörungssucht<br />
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