KRANKHEIT UND WIRKUNG - Lalegion-pictures.com
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gründe liegend Gedachtes. Jaspers kommt (S. 279} zu dem Schluß, daß<br />
Nietzsches Metaphysik an einem gewissen Punkt des Durchdenkens „zweideutig"<br />
würde. Dies wäre bei der Frage, daß es darauf ankomme, welc<br />
h e r Machtwille, w e l c h e r Rang an Machtvollen in Betracht komme.<br />
Nietzsches Metaphysik versagt, wo damit das Sein selbst getroffen werden<br />
sollte. Die Lehre vom Willen zur Macht ist n i c h t Nietzsches abschließende<br />
Metaphysik.<br />
So, wie der „Wille zur Macht" als Buch vorliegt (große Ausgabe, Naumann,<br />
Bd. 15, 1901), d.h. als unvollendeter Torso, darf man ihn keinesfalls<br />
als das Hauptwerk Nietzsches auffassen. Als solches war es zwar<br />
g e p l a n t gewesen, aber es fehlt ganz besonders an der Ausführung des<br />
p o s i t i v e n Teils der Aufgabe, der Umwertung aller Werte. Die ersten,<br />
negativ-niederreißenden Abschnitte sind zum Teil psychologisch hervorragend<br />
geraten, soweit die Skizzen ein Urteil zulassen.<br />
Mit Recht spricht Nietzsches Schwester in dem klugen, feinsinnigen Vorwort<br />
ihr tiefes Bedauern aus, daß Nietzsches eigene Hand das Werk nicht<br />
vollenden konnte. Heute wirken die zusammengestellten Notizen und Entwurfstücke<br />
ziemlich zerfahren, durchaus torsohaft und vielfach unerfreulich.<br />
Ohne Durchführung eines festen Planes, einer durchgehenden logischen<br />
Folge, ohne rechten Zusammenhang reiht sich Einfall an Einfall,<br />
Stückwerk an Stückwerk. Nur zeitweise steht der Stil auf der sonstigen<br />
Höhe. Der Hauptgedanke wird zwar immer wieder angeschnitten, aber man<br />
fühlt, daß auch Nietzsche die Durchführung der Idee, der Wille zur Macht<br />
sei das Urprinzip des Weltalls, niemals gelungen wäre, auch wenn er<br />
gesund geblieben. Jeder intelligente Laie würde bei solchen Versuchen<br />
auf die Unmöglichkeit stoßen, den Grundgedanken bei allem Geschehen<br />
in Natur und Welt durchzuführen. Einzelne Teile sind echter Nietzsche<br />
und sehr gut geraten, z. B. die ersten Seiten erkenntnistheoretischer Art<br />
im Abschnitt „Der Wille zur Macht" als Erkenntnis (S. 265 f.). Man traut<br />
es Nietzsche im Sommer 1887 kaum noch zu. Auch der Abschnitt „Zur<br />
Physiologie der Kunst", so kurz und skizzenhaft er sein mag, ist von einem<br />
unübertrefflichen psychologischen Spürsinn und Feingefühl. Aber auch<br />
hier wird, wie an vielen Stellen, zwar ein Machtgefühl nachgewiesen,<br />
aber nicht ein wirklicher Wille zur Macht. Darunter müßte man mindestens<br />
ein unbewußtes, dumpfes Drängen nach Macht oder ein klar bewußtes,<br />
absichtliches Streben nach Macht verstehen. In dieser Beziehung<br />
fehlt es überall an scharfer Begriffsbestimmung. Die Konzeption Nietzsches<br />
muß vermutlich ganz gefühlsmäßig, ganz affektiv erfolgt sein. Als Buchtitel<br />
tritt „Der Wille zur Macht" zuerst 1885 auf. Beispiele aus der großen<br />
Politik (Napoleon usw.) fehlen gänzlich.<br />
Dafür gibt es unbegreifliche Widersprüche und Absurditäten. S. 282.<br />
Gesperrt gedruckt: „Aber es gibt keinen Willen". — S. 291 (bei der Umwertung<br />
der moralischen Werte): man fände „Zunahme der H e r s t e l -<br />
lung' gemäß der aufwärtssteigenden Rangordnung der Wesen!" Da<br />
„beginnt die List; die Pflanzen sind bereits Meister in ihr". In diesem Zusammenhang<br />
werden genannt: „Die höchsten Menschen wie Cäsar, Napo-<br />
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