KRANKHEIT UND WIRKUNG - Lalegion-pictures.com
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aller fachärztlichen Einseitigkeit tritt ein klarer, unbestechlicher gesunder<br />
Menschenverstand hervor, auch in der ungezwungenen sprachlichen Form.<br />
Dies alles trifft man sehr selten in Pathographien an. Ein ungewöhnlich<br />
objektiver, affektfreier Scharfsinn spricht aus jedem Satz, sei es Lob oder<br />
Tadel. Es ist gewiß kein Buch für Kinder, für Jugend und Volk. Dem<br />
aber, der über etwas Lebenserfahrung, Durchbildung und Reife verfügt,<br />
kann das Werk von Möbius unbedingt empfohlen werden. Nur seine Auffassung<br />
von Nietzsches Hirnsyphilis als Migräne ist gänzlich verfehlt;<br />
allerdings zieht Möbius doch auch die M ö g l i c h k e i t einer Lues cerebri<br />
vor der Paralyse ernstlich in Erwägung.<br />
18. Der „Wille zur Macht"<br />
und die Psychologie des Autors<br />
Bloß über Werk und Begriff des „Willens zur Macht", das eigentlich als<br />
Hauptwerk Nietzsches gilt und das Möbius beim Erscheinen der 1. Auflage<br />
seiner Pathographie noch nicht genau kennen konnte, weil der „Wille zur<br />
Macht" im Jahre 1901 erschien, wäre noch ein eigenes Wort zu sagen.<br />
Es erscheint heute unmöglich, die verschiedenen Ausgaben des „Willens<br />
zur Macht" in Bibliotheken oder Buchhandlungen zu erhalten.<br />
Die Ausgabe der Schwester Nietzsches von 1901 dürfte pathographisch<br />
am brauchbarsten sein in ihrer vollen Naivität.<br />
1906 erschien eine Ausgabe, die im 1. und 3. Teil von Peter G a s t , im<br />
2. und 4. Teil von der Schwester bearbeitet war.<br />
Dieser vermutlich nachgebildet dürfte die Ausgabe von B r a h n aus dem<br />
Jahre 1921 sein.<br />
1930 kam die Herausgabe von Bäumler in den Handel. Ihr soll die<br />
Ausgabe von 1906 „zugrunde liegen". Bäumler nennt im Nachwort den<br />
„Willen zur Macht" — das kühnste und wichtigste Werk des 19. Jahrhunderts<br />
—. Ein verwegenes Wort, das kein Vorsichtiger unterschreiben<br />
würde. Bäumler schwächt seinen Enthusiasmus auch sofort ab: „Im<br />
Material selber ist also die Möglichkeit eines sinnvollen Abdrucks nicht<br />
gegeben. Die Anordnung, in der wir den „Willen zur Macht" lesen,<br />
beruht auf dem Ermessen der H e r a u s g e b e r , deren unvermeidliche<br />
Willkür jedoch durch die erwähnte Disposition vom Frühjahr 1887 weitgehend<br />
gebunden erscheint." „Weitgehend gebunden" ist wiederum ein<br />
verwegenes Wort.<br />
Man kann wohl sagen, daß die 1. Ausgabe von 1901 vorläufig dem Pathographen<br />
mehr gibt als alle Herausgaben über Nietzsche, nicht v o n<br />
Nietzsche.<br />
Wir geben aber B ä u m 1 e r (S. 706) vollkommen recht zu seinen Worten:<br />
„Der große Stilist hat gerade mit seinen Hauptbegriffen Unglück gehabt<br />
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