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UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981 - EPA

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ANTON RADVANSZKY<br />

von Ofen in Richtung Nordosten nach Munkács. Er brach mit der Kronwache<br />

von Ofen am 1. Dezember auf und kam mit der Krone und den<br />

Krönungsinsignien am 9. Dezember in Munkács an. Erst im März 1806<br />

konnten die Krone und Krönungsjuwelen nach Ofen zurückgebracht<br />

werden. Überall auf dem Rückweg vom Volke ehrfuchtsvoll begrüßt 81 .<br />

Ein zweites Mal mußte die Krone im Jahre 1809 evakuiert werden,<br />

als Napoleons Truppen in Ungarn bis nach Győr (Raab) vordrangen.<br />

Die Familie des Herrschers flüchtete nach Eger (Erlau), auch die Krone<br />

wurde von den Kronhütern dorthin überführt, später in Gyöngyös aufbewahrt,<br />

bis sie nach dem Frieden von Schönbrunn (1809) wieder nach<br />

Ofen gebracht werden konnte. In beiden Fällen handelte es sich um<br />

eine staatsrechtlich einwandfreie Prozedur, da im Sinne des G. A. XXXVIII<br />

v.J. 1715. eine drohende Gefahr, bzw. eine Notlage bestand, in der im<br />

Einverständnis mit dem Reichspalatin die Krone von Buda (Ofen) entfernt<br />

werden konnte 82 .<br />

Es kam zu einer härteren Bewährungsprobe des Kronhüteramtes im<br />

Revolutionsjahr 1848. Am 30. Dezember 1848, beschloß der revolutionäre<br />

Lanidesverteidiguing&ausischuß oruter Ludwig Kossuth sich var der herannahenden<br />

kaiserlichen Armee des Feldmarschall Fürst Windisch-Graetz,<br />

von Pest bzw. Ofen nach Debrecen (Debrezin) zurückzuziehen. Kossuth<br />

wollte unbedingt die Krone unter seiner Gewalt behalten und beauftragte<br />

deswegen den Abgeordneten Samuel von Bonis in einem »Patent« —<br />

Schreiben als Landeskommissar, die Krone und die Krönungsinsignien<br />

zusammen mit dem sich in Ofen aufhaltenden Kronhüter Franz von<br />

ürményi unter der Obhut der noch in Ofen befindlichen Kronwächter<br />

nach Debrecen zu bringen. Befremdend steht am Ende des Patentschreibens<br />

der Satz, den wir in deutscher Übersetzung wiedergeben: »Falls der<br />

erwähnte Herr Kronhüter, den Herrn Landeskomissar nicht unverzüglich<br />

beim Transport der Krone begleiten könnte, so erhält der Herr Landeskommissar<br />

die Verpflichtung, die Krone auch ohne Seine Exzellenz den<br />

Kronnüter allein sofort abtransportieren zu lassen 83 .<br />

Kronhüter Ürményi übergab die Krone und die Krönungsinsignien<br />

dem Landeskommissar, und stellte auch die Kronwache zur Verfügung,<br />

die Bonis sogleich auf den Landesverteidigungsausschuß vereidigte. Dies<br />

81 Siehe den Bericht von Kronhüter Baron Joseph Splényi im ungarischen<br />

Landesarchiv in Budapest. Erwähnt bei Benda-Fügedi: A Magyar Korona<br />

regénye, S. 188—190.<br />

82 Der Reichspalatin war damals Erzherzog Joseph (Palatin: 1796—1847), einer<br />

der größten Reichspalatine Ungarns. In seinem Tagebuch vom Jahre 1805,<br />

steht am 1. Dezember (deutsch): »da die Gefahr dringender wird, so sollen<br />

die Krone und die Reichskleinodien nach Munkács gebracht werden, da<br />

auch an diesem Tage zu Mittag unter Begleitung des Kronhüters Baron<br />

Splényi und des B. L. Perényi« (meine Erläuterung: Hof kammerrat) »abgefahren<br />

sind und von einigen Adeligen begleitet wurden.« Zitiert bei: Domanovszky<br />

Sándor: József Nádor Iratai II. 1805—1807, Budapest 1929, in<br />

der Serie: Fontes Históriáé Hungaricae Aevi Recentioris.)<br />

83 Bin im Besitz der Photokopie des Patentschreibens, dessen Original in Sao<br />

Paolo (Brasilien) Eigentum meines verewigten Freundes Baron Johann<br />

Korányi war, der ein Urenkel des Samuel von Bonis ist.

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