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UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981 - EPA

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KRONHÜTER 47<br />

nahmen in einem eventuellen Notstande zum Schutze der Krone und der<br />

Krönungsinsignien zu treffen wären. Ich glaube mich verschwommen<br />

erinnern zu können, schriftliche Belege besitze ich jedoch nicht, daß<br />

Baron Albert Radvánszky, der mein Oheim (Bruder meines Vaters) war,<br />

bereits die mögliche Einschaltung der Erzabtei von Pannonhalma (Martinsberg)<br />

einmal erwähnte.<br />

Als sich die Rote Armee im September 1944 der Theiß näherte, machten<br />

sich der kurzfristig (29. August bis 15. Oktober) amtierende Ministerpräsident<br />

Generaloberst Lakatos, ein Vertrauensmann des Reichsverwesers<br />

Horthy, die Kronhüter Baron Perényi und Baron Radvánszky, um die<br />

Sicherheit der Krone ernste Sorgen. Man war überzeugt, daß die Panzerkammer<br />

der Ofener Burg gegen Bombenangriffe aus der Luft, keinen<br />

sicheren Schutz bot und daß der bombensichere Luftschutzkeller, wo<br />

bereits die die heilige Krone bergende eiserne Truhe untergebracht<br />

war, im Falle eines sowjetrussischen Einbruches oder eines politischen<br />

Putsches keinen einwandfreien Schutz gewährleisten konnte. So kamen<br />

Ministerpräsident Lakatos und die Kronhüter überein, die Krone samt<br />

Insignien einzugraben, nachdem ihre erste Idee, die Kleinodien durch den<br />

Apostolischen Nuntius Angelo Rotta auf der Nuntiatur unter den Schutz<br />

des Papstes stellen zu lassen, wegen der sich überstürzenden Ereignisse<br />

unausführbar schien. Der Nuntius war bereit, einen entsprechenden Vorschlag<br />

dem Papste zu unterbreiten 95 .<br />

Im Geheimen trafen sich Ministerpräsident Lakatos und die Kronhüter<br />

spät am Abend in dem Luftschutzkeller der Ofener Bung, wo die<br />

Krone und die Krönungsinsignien in der bereits erwähnten eisernen<br />

Truhe aufbewahrt waren. Sie gelobten gemeinsam, das Geheimnis strengstens<br />

zu bewahren. Sie marumen die Krone samt Insignien aus der Truhe<br />

mit Hilfe einiger eingeweihter Kronwächter, die ebenfalls strengste Geheimhaltung<br />

gelobten, — und brachten diese unbemerkt durch einen<br />

Korridor aus dem Luftschutzkeller ins Freie. — Ganz in der Nähe befand<br />

sich ein entsprechender Platz in der Tiefe des Schloßberges, wo man die<br />

Kostbarkeiten gut vergraben konnte.<br />

Am 15. Oktober 1944 gelangte durch den bekannten Putsch, mit<br />

Hilfe Hitlers der Pfeilkreuzführer Szálasi zur Macht. Reichsverweiser<br />

Horthy wurde interniert und nach Deutschland gebracht. Die Mitglieder<br />

der Lakatos Regierung wurden verhaftet. Für den 27. Oktober berief<br />

Von diesem Punkte an folgt der Verfasser der vorliegenden Abhandlung<br />

zum größten Teil der maschinengeschriebenen Aufzeichnung vom 20. Dezember<br />

1945 des Kronhüters Baron Albert Radvánszky über die Geschichte<br />

der Kronhut vom 10. Oktober bis zum 9. Dezember 1944. Diese Aufzeichnung,<br />

die sich im Ungarischen Landesarchiv unter )P. 566 IV. Klasse Fase 13, des<br />

Radvánszkyschen Familienarchivs befindet, war bis zur Rückgabe der Krone<br />

und der Krönungsinsignien durch die USA (Januar 1978) gesperrt; so konnte<br />

der Verf. der vorliegenden Abhandlung dieses Schriftstück in den Jahren<br />

1970—1971 nur flüchtig konsultieren und mußte sich vorwiegend auf die<br />

im Telegrammstil verfaßten Niederschriften Albert Radvánszky s verlassen;<br />

demzufolge sind ihm auch in seinem Aufsatz über das Kronhüteramt und<br />

die Kronhut (Ungarn-Jahrbuch Band 4) (1972) einige Fehler unterlaufen,<br />

die er in der vorliegenden Abhandlung richtigstellte.

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