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UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981 - EPA

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KRONHÜTER 41<br />

Zu diesem Paragraphen schlug Sigismund Borlea, ein Abgeordneter<br />

rumänischer Nationalität, vor, den althergebrachten Text dahingehend<br />

abzuändern, daß der Ausdruck »ohne Rücksicht auf die Religionsverschiedenheit<br />

»durch den Ausdruck« ohne Rücksicht auf die Religionsund<br />

Nationalitätsverschiedenheit« ersetzt werden 87 . Er begründete seinen<br />

Abänderungsvorschlag mit der Behauptung, daß die Bedenken der nicht<br />

ungarisch sprechenden Nationalitäten gegen den ursprünglichen Text,<br />

dadurch zerstreut werden könnten. Umsomehr verfocht er seinen Standpunkt,<br />

wie er sagte: »da im gegenwärtigen Zeitalter, das wir mit Recht<br />

das Zeitalter der Nationalitäten nennen können, die Leute nicht so sehr<br />

an ihrer Religion, als an ihrer Nationalität hängen«. Alois Wlad, ein<br />

anderer Abgeordneter rumänischer Nationalität, vertrat den Standpunkt,<br />

daß man den Text der Gesetzesvorlage folgendermaßen abändern sollte:<br />

»Mit Rücksicht auf die im Lande gesetzlich rezipierten Religionen, und<br />

mit Rücksicht auf die Nationalitäten ...«. Seiner Meinung nach entspräche<br />

dies auch dem Vorgehen des Ministeriums, das in der eingebrachten Gesetzesvorlage<br />

über die Wahl der Kronhüter, bei den Kandidaturen auf die<br />

im Lande wohnenden verschiedenen Nationalitäten und Konfessionen<br />

Rücksicht nahm und dies auch in der Vorlage hervorhob.<br />

Eduard Zsedényi, ein konservativer Abgeordneter, Zipser Abstammung,<br />

ein Freund der Nationalitäten, verteidigte den ursprünglichen<br />

althergebrachten Text, indem er auseinandersetzte, daß die Zugehörigkeit<br />

zu einer Nationalität bei der Wahl eines Kronhüters, nie ein Hindernis<br />

bedeutete. Vor 1848 mußte nur der Inhaber des Amtes ein Edelmann sein.<br />

Weiter erwähnte er, daß unter König Ferdinand II. im Jahre 1625 ein<br />

Edelmann slowakischer Zunge, Stephan Dóczy de Nagylucs, aus dem<br />

Komitat Liptó, — zum Kronhüter gewählt wurde; (G. A. XXV v. J. 1625):<br />

später, fuhr Zsedényi fort, wählte man oft Kronhüter deutscher Zunge.<br />

Seit der Gesetzgebung von 1848 ist ein jeder Bürger im Genüsse dergleichen<br />

Verfassungsrechte, ohne Rücksicht auf seine Nationalität. Dies<br />

könne nach Zsedényi die Bürger slawischer, rumänischer, serbischer oder<br />

deutscher Zunge beruhigen. Darum wäre seines Erachtens die Erwähnung<br />

»ohne Rücksicht auf die Nationalität« überflüssig. Er befürwortete jedoch<br />

die Beibehaltung des Ausdruckes »ohne Religionsverschiedenheit«, weil<br />

die vollständige Gleichstellung und Reziprozität der Konfessionen gesetzlich<br />

noch nicht durchgeführt war.<br />

Diese Debatte erwähnten wir nur deshalb ausführlicher, um die<br />

Bedeutung des Kronhüteramtes in den Augen der Abgeordneten, verschiedener<br />

Nationalitäten aller politischen Richtungen im Jahre 1867<br />

besser veranschaulichen zu können. Übrigens wurde der ursprüngliche<br />

Text der Vorlage, so wie er auch im Gesetz steht, mit großer Mehrheit,<br />

vom Abgeordnetenhaus angenommen.<br />

In den politisch verhältnismäßig ruhigen ersten dreißig Jahren nach<br />

dem Ausgleich, wurde der seit 1790 geforderte, jedoch in der Folgezeit<br />

nicht ausnahmslos befolgte Brauch, abwechselnd einmal einen reformier-<br />

Siehe Országgyűlési Napló (Reichstagsprotokoll) 1865—1868. Bd. 4. S. 241.

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