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UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981 - EPA

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KRONHÜTER 49<br />

über stand ihre als »ultima ratio« gedachte moralische Pflicht, im Sinne<br />

von § 9 des G. A. XXV aus dem Jahre 1928 vorzugehen, d. h. gemäß<br />

ihrem Eide und ihrem guten Gewissen folgend zu handeln, da eine illegale<br />

Regierung die Macht ausübte und das Parlament zu einem ungesetzlichen<br />

Rumpfparlament zusammengeschmolzen war 96 .<br />

Nach der Eidesleistung Szálasis wurde die Krone von Kronhüter Perényi<br />

in die eiserne Truhe zurückgelegt. Am 6. November erfolgte die<br />

Überführung von Krone und Krönungsinsignien — mit Ausnahme des<br />

Krönungsmantels —, in Begleitung von Kronhüter Perényi durch die<br />

Kronwache — nach Veszprém in den Luftschutzkeller der Ungarischen<br />

Nationalbank. Szálasi verfügte diese Überführung, der die Kronhüter in<br />

Anbetracht der drohenden militärischen Lage zustimmten. Bei dem Abtransport<br />

wirkte bereits Kronhüter Radvánszky mit, indem er die Truhe<br />

mit seinem Siegel versah.<br />

Nach der Rückkehr Perényis aus Veszprém und der Fühlungsnahme<br />

des stellvertretenden Ministerpräsidenten Szöllösi mit den Kronhütern<br />

fand am 10. November eine Besprechung statt, in der man vereinbarte,<br />

den Krönungsmantel in die Erzabtei von Pannonhalma (Martinsberg)<br />

aufzubewahren. Dies war taktisch ein Erfolg der Kronhüter, die sogleich<br />

die Gelegenheit wahrnehmen wollten, um auch die Überführung der<br />

Krone und der übrigen Krönungsinsignien nach der vom König Stephan<br />

dem Heiligen gegründeten Erzabtei zu bewirken, da dieses Kloster unter<br />

dem Schutze des Internationalen Roten Kreuzes stand. Sie sprachen darüber<br />

noch aim selben Tag, abends um 7 Uhr bei Szálasi vor, und hatten<br />

den Eindruck, daß er ihrem Plan gegenüber nicht feindlich eingestellt<br />

war. Die späteren Ereignisse haben leider diese ihre Hoffnung nicht<br />

erfüllt.<br />

Der Plan »Martinsberg« fand eine tatkräftige Unterstützung beim<br />

Fürstprimas, Justinian Kardinal Serédi, der in einem Schreiben Szálasi<br />

ersuchte, seine Einwilligung zur Überführung der Krone und der Krönunuginsignien<br />

dorthin zu geben. Der Überbringer des Schreibens, der<br />

spätere Kardinal Mindszenty, damals Bischof von Veszprém, begleitete<br />

am 13. November die Kronhüter zu einer Besprechung beim stellvertretenden<br />

Ministerpräsidenten Szöllösi, wo sie zusammen, durch manigfaltige<br />

Argumente ihren Plan zu unterstützen suchten. Szöllösi willigte vorläufig<br />

nur in die Überführung des Krönungsmantels ein, den er auch<br />

nach Martinsberg begleiten wollte. Er erklärte, daß er nach seinen an<br />

Ort und Stelle gesammelten Erfahrungen auf die Angelegenheit der Krone<br />

zurückkommen würde.<br />

Der Krönungsmantel wurde am 18. November in Anwesenheit Szöllösds<br />

von beiden Kronhütern dem Erzabt von Pannonhalmia, Krizosztom<br />

Kelemen, übergeben, der am Nachmittag seinen Besuchern auch ver-<br />

98 § 9 des G. A. XXV vom Jahre 1928 wurde bereits erwähnt. Wir wiederholen<br />

zum besseren Verständnis den Gesetzestext: »Für den Fall, daß weder der<br />

Reichstag tagen, noch sich ein gesetzlich ernanntes Ministerium sich betätigen<br />

kann, sollten die Kronhüter des Landes im Sinne ihrer durch Eidesleistung<br />

bekräftigte Pflicht, und nach bestem Gewissen ihre Maßnahmen<br />

treffen bzw. handeln.«<br />

4 Ungarn-Jahrbuch

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