UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981 - EPA
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KRONHUTER 51<br />
kategorischen Wunsch Szálasis zur Kenntnis zu nehmen, daß sie sich in<br />
G uns wegen des eventuellen durch ihre Anwesenheit verursachten Aufsehens<br />
nicht zu zeigen.<br />
Was konnten die Kronhüter in ihrer armseligen Lage tun? Sie bekamen<br />
von den Pfeilkreuzler-Behörden nur so viel Bezin, um nach Budapest<br />
zurückfahren zu können. Da sie die Krone, ihrem Eide gemäß, dem<br />
Land erhalten wollten, willigten sie schließlich nach langer Diskussion in<br />
einen Kompromiß ein. Obwohl die Krone ohne ihre Zustimmung nach<br />
Güns gebracht und ihnen selbst verwehrt wurde, dorthin zu fahren, stimmten<br />
die Kronhüter zu, daß sie dort vergraben werden sollte. Auf den<br />
Vorschlag von Kronhüter Perényi wurde vereinbart, das Versteck der<br />
Krone in Güns einer namhaften Persönlichkeit anzuvertrauen, die das<br />
Vertrauen des Ministerpräsidenten Szálasi und der Kronhüter genießt.<br />
Dieser Mann sollte durch Eid verpflichtet werden, das Geheimnis<br />
zu wahren und den genauen Ort, an dem die Krone vergraben ist, am<br />
Ende des Krieges den Kronhütern mitzuteilen.<br />
Wer war diese, das »gemeinsame« Vertrauen genießende Persönlichkeit?<br />
Darüber schweigt sich Kronhüter Radvánszky in seiner Aufzeichnung<br />
aus. Er bemetrkt raur so viiel: »Es beruhigte mich, daß die auserkorene<br />
Person, ein alter Vertrauensmann (régi bizalmasa) meines Kronnüterkollegen<br />
war.« Diese Abmachung darf vom Standpunkt der Kronhut<br />
aus, als ein äußerst fauler, sogar einfältiger Kompromiß gewertet werden,<br />
an dessen Durchführung die Kronhüter selbst nicht richtig glaubten.<br />
Auf ihrer erzwungenen Rückfahrt nach Budapest erwogen sie in einer<br />
ausführlichen Aussprache die Möglichkeiten ihrer beschränkten Handlungsfreiheit.<br />
Auf keinem Fall wollten sie dem Rumpfparlament in<br />
üdenburg Bericht erstatten, einmal weil sie diese Volksvertretung als<br />
ungesetzlich ansahen, zum anderen, weil sie damit die Aufmerksamkeit<br />
der deutschen Besatzungsmacht auf die Krone lenken und damit ihren<br />
Abtransport nach Deutschland Vorschub leisten würden.<br />
Die Kronhüter klammerten sich an einen Strohhalm, um die Krone<br />
dem Lande erhalten zu können, und sie waren sich dessen selbst bewußt.<br />
Der letzte offene Weg, der den Kronhütern blieb war die Abdankung,<br />
den sie hauptsächlich deswegen nicht beschreiten wollten, weil, wie Kronhüter<br />
Radvánszky in seiner Aufzeichnung feststellte »wir dadurch auch<br />
auf die uns in ödenburg vom stellvertretenden Ministerpräsidenten gegebene<br />
recht labile Versicherung, daß die Krone vergraben werden sollte,<br />
verzichtet hätten«.<br />
In tief bedrückter Stimmung kamen die Kronhüter am 10. Dezember<br />
bei Tagesanbruch in Budapest an und hörten nichts weiter über das<br />
Schicksal der Heiligen Krone. Erst Monate später, im Frühsommer, als<br />
die Sowjetmacht schon seit langem ganz Ungarn erobert hatte, lasen sie<br />
in den Tageszeitungen, daß die Krone in der amerikanischen Besatzungszone<br />
Österreichs aufgefunden wurde.<br />
Die Unredlichkeit der Szálasi Regierung bei den langwierigen Verhandlungen<br />
mit den Kronhütern, ist durch »das Abenteuer« mit dem<br />
Krönungsmantel offenkundig bewiesen worden. Wie erwähnt, übergaben<br />
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