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Bauvertragliche Regelungswerke - Lehrstuhl für ...

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ternehmer eine Anzeige platziert, wenn er sich zu einer Verlängerung<br />

der Baufertigstellung berechtigt hält. Diese Anzeige ist innerhalb von<br />

28 Tagen nach Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Grundes <strong>für</strong><br />

eine Verlängerung der Baufertigstellung zu tätigen. Wird die Anzeige<br />

nicht gemacht, führt dies zu einem Anspruchsverlust des Unternehmers.<br />

Daneben gewährt Unterklausel 8.7 dem Besteller einen verschuldens-<br />

unabhängigen Schadensersatzanspruch.<br />

Auch das deutsche Recht kennt in § 6 Abs. 1 VOB/B die Behinderungs-<br />

anzeige, an deren Inhalt der BGH 15 hohe Anforderungen stellt. Einen<br />

Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände hat der Auf-<br />

tragnehmer bei unterlassener Behinderungsanzeige nur, wenn dem<br />

Auftraggeber die Tatsachen und deren hindernde Wirkung bekannt<br />

waren. Eine Behinderungsanzeige ist jedoch dann nicht erforderlich,<br />

wenn im Einzelfall die Informations-, Warn- und Schutzfunktion, die der<br />

Behinderungsanzeige zukommt, keine Anzeige erforderlich macht (Of-<br />

fenkundigkeit). Der Auftragnehmer, der eine mangels Offenkundigkeit<br />

in diesem Sinne erforderliche Behinderungsanzeige nicht platziert, kann<br />

zwar keine eigenen Rechte – auf Bauzeitverlängerung und Schadens-<br />

ersatz – geltend machen, es ist ihm jedoch – auch ohne Behinderungs-<br />

anzeige – möglich, Ansprüche des Auftraggebers auf Schadensersatz<br />

oder Vertragsstrafe abzuwehren, wenn er die Umstände, die zu einer<br />

Verlängerung der Ausführungsfristen führt, nicht zu vertreten hat 16 . Das<br />

deutsche Recht kennt nämlich keinen Anspruch auf Schadensersatz<br />

oder Vertragsstrafe, der nicht ein Verschulden des Unternehmers/Auf-<br />

tragnehmers voraussetzt (§§ 280, 286 BGB bzw. § 6 Abs. 6 VOB/B bzgl.<br />

des Schadensersatzes, § 339 BGB bzw. § 11 Abs. 2 VOB/B bzgl. der Ver-<br />

tragsstrafe).<br />

Eine vertragliche Regelung dahingehend, dass sich der Unternehmer<br />

nicht auf die Offenkundigkeit einer Behinderung berufen kann, ist eben-<br />

15 BGH - Urteil VII ZR 185/98 vom 21.10.1999. In: BauR 2000, S. 722.<br />

16 BGH - Urteil VII ZR 73/98, vom 14.01.1999. In: BauR 1999, S. 645.<br />

so AGB-widrig 17 , wie eine Regelung, die dem Besteller einen Schadens-<br />

ersatzanspruch, ohne dass ein Verschulden des Unternehmers vorliegt,<br />

gewährt 18 . Insoweit wäre die Übernahme der entsprechenden Rege-<br />

lungen der FIDIC-Verträge in einen Vertrag nach deutschem Recht<br />

nicht möglich, da die genannten Regelungen der AGB-rechtlichen In-<br />

haltskontrolle nicht standhalten.<br />

b) Detaillierte Prozessabläufe<br />

Klausel 8.4<br />

U hält sich <strong>für</strong><br />

berechtigt<br />

Zeitverlängerung<br />

zu<br />

erhalten<br />

ja<br />

Klausel 8.4<br />

und 20.1<br />

U zeigt den<br />

Umstand<br />

innerhalb von<br />

28 Tagen an<br />

ja<br />

Nichtbeachtun<br />

g der Frist =<br />

Verlust des<br />

Anspruchs<br />

Fristversäumnis<br />

kann<br />

sich auf<br />

Entscheidung<br />

auswirken<br />

Klausel 20.1<br />

U begründet<br />

den Anspruch<br />

in 42 Tagen<br />

Festlegung<br />

durch den<br />

Besteller in 42<br />

Tagen<br />

Klausel 3.5<br />

Faire Festlegung<br />

Abbildung 1: Prozessablauf zur Durchsetzung von Ansprüchen des Unternehmers nach FIDIC<br />

Der oben bereits dargestellte Anspruchsverlust bei Nichteinhaltung der<br />

Anzeigefrist von 28 Tagen widerspricht dem AGB-Recht, da dem Unter-<br />

nehmer die Möglichkeit genommen wird, sich auf eine Offenkundigkeit<br />

der Behinderung zu berufen. Daneben sind jedoch die absolute Frist<br />

von 28 Tagen und der damit einhergehende Anspruchsverlust nicht mit<br />

dem AGB-Recht vereinbar.<br />

17 Vgl. Ingenstau, Heinz, Hermann Korbion und Christian Döring: B § 6 Nr. 1, Rn. 10. In: VOB<br />

Teile A und B - Kommentar, Hrsg. Horst Locher und Klaus Vygen. Düsseldorf 2006.<br />

18 Vgl. Palandt, Otto und Christian Grüneberg: § 307, Rn. 110. In: Bürgerliches Gesetzbuch.<br />

Hrsg. Peter Bassenge et.al. München 2008.<br />

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