02.12.2012 Aufrufe

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

32<br />

nah dran<br />

Und zum anderen sind die Zugänge zur<br />

Hilfe selbst in der Regel eher hochkomplex,<br />

verworren, wenig transparent und<br />

zeitintensiv gestaltet.<br />

Institutionen der Erziehungshilfe – seien<br />

es beratende, betreuende, therapeutische<br />

oder die Sozialverwaltung selbst – bewegen<br />

sich über weite Strecken parallel zum<br />

und nicht im Alltag der Bürgerinnen und<br />

Bürger. Erziehungshilfe ist ein System, das<br />

erst dann in ihren Wahrnehmungsbereich<br />

gelangt, wenn Schwierigkeiten im Umgang<br />

mit Kindern und Jugendlichen, wenn<br />

Schwierigkeiten in der Erziehung auftreten<br />

bzw. wenn diese Schwierigkeiten nicht<br />

mehr auszuhalten sind. Weil das Sondersystem<br />

Erziehungshilfe zu weit von den<br />

Bürgerinnen und Bürgern entfernt ist, erfolgt<br />

eine Kontaktaufnahme oftmals erst<br />

zu einem Zeitpunkt, an dem es im Grunde<br />

bereits zu spät ist. Hinzu kommt, dass eine<br />

solche Kontaktaufnahme an sich als<br />

hochgradig belastend empfunden wird.<br />

Erziehungshilfe muss daher – wie soziale<br />

Dienstleistung insgesamt – ihr bisweilen<br />

pseudotherapeutisches Glashaus verlassen,<br />

vor Ort präsenter, in ihrem Handeln<br />

transparenter und zu einem Bestandteil<br />

des bürgerschaftlichen Lebens werden.<br />

Dies könnte sie vor allem dadurch erreichen,<br />

dass sie, wie oben gefordert, zusätzlich<br />

zu aller (Einzelfall-)Hilfe sichtbar<br />

Mitverantwortung für das Gemeinwesen<br />

übernimmt, in dem sie tätig ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist die Frage zu<br />

beantworten, wie Bürgerinnen und Bürger<br />

zukünftig Zugang in das Hilfesystem<br />

finden können. Wenn es wirklich erklärtes<br />

Ziel ist, dass die Hilfezugänge adressatenfreundlicher<br />

gestaltet und vereinfacht<br />

werden sollen, dann bedarf es eines Strukturwandels,<br />

der es möglich macht, dass<br />

Hilfesuchende diesen Bedarf dort und<br />

dann äußern können, wo und wann er auftritt.<br />

Grundvoraussetzung dafür wäre, dass<br />

an dieser ersten Stelle der Kontaktaufnahme<br />

für die Betroffenen nicht eine Reise<br />

durch die Instanzen beginnt, weil eben<br />

gerade diese Stelle zufälligerweise nicht<br />

zuständig ist. Zuständig sollte „jeder“ sein<br />

können, auch die Schule, die Pfarrge-<br />

meinde, der Fußballtrainer. Die Umgestaltung<br />

der Zugänge in diesem Sinne wird<br />

aber nur gelingen, wenn der öffentliche<br />

wie die freien Träger bereit sind, Verfahren<br />

und Finanzierungsmodelle zu entwickeln,<br />

die solches ermöglichen.<br />

Partnerschaftlichkeit zwischen<br />

dem öffentlichen Träger und<br />

den freien Trägern<br />

Zur „neuen“ Qualität von „Umbau statt<br />

Ausbau“ zählt die Partnerschaftlichkeit,<br />

und zwar in mehrerer Hinsicht: An oberster<br />

Stelle steht sicherlich der partnerschaftliche<br />

Umgang der Erziehungshilfe<br />

mit ihrer Klientel. Dies wurde eingangs bereits<br />

in Ansätzen beschrieben. Partnerschaftlichkeit<br />

ist ebenso gefordert bei der<br />

Gestaltung der Kooperationsbeziehungen<br />

zwischen den Erziehungshilfeträgern in<br />

den Sozialregionen. Die Qualität Partnerschaftlichkeit<br />

bezieht sich aber auch auf<br />

das Verhältnis zwischen öffentlichem Träger<br />

und freien Trägern.<br />

Diese Partnerschaftlichkeit, die nach Meinung<br />

von Kurz-Adam und Köhler auch<br />

zum bisherigen Erfolg im Projekt „Umbau<br />

statt Ausbau“ selbst beigetragen hat (vgl.<br />

QE, S. 20 f), kann auf zwei Ebenen betrachtet<br />

werden:<br />

Im Projekt „Umbau statt Ausbau“<br />

Ausgestattet mit einem notwendigen Maß<br />

an Frustrations-, Verwunderungs- und<br />

Ernüchterungstoleranz – und zwar auf öffentlicher<br />

wie auf freier Trägerseite – kann,<br />

bezogen auf den bisher gemeinsam gestalteten<br />

Prozess, durchaus von transparenten<br />

Entscheidungsprozessen und guten<br />

Verhandlungen gesprochen werden.<br />

Ein weiterer Erfolg von „Umbau statt Ausbau“<br />

wird sich aber nicht von alleine einstellen:<br />

Zum einen wird er davon abhängig<br />

sein, ob es den Trägern und Verbandsvertreterinnen<br />

und -vertretern gelingt,<br />

sich von der Vorstellung zu verabschieden,<br />

dass vom Jugendamt nichts kommen kann,<br />

hinter dem nicht auch eine (böse) Absicht<br />

steht, ... dass sowieso schon alles fertig<br />

geplant ist, ... dass das Jugendamt letztlich<br />

ohnehin das tun wird, was es will. (Denn:<br />

Wer zahlt schafft an!) Die freien Träger<br />

hatten und haben, was in der Vergangenheit<br />

vielleicht nicht häufig der Fall war,<br />

die Möglichkeit zur tatsächlichen Mitgestaltung.<br />

Sie sind gut beraten, sich nicht<br />

auf die Position zurückzuziehen, dass Stillhalten<br />

Schlimmeres verhindert, sondern<br />

sich aktiv am Geschehen zu beteiligen.<br />

Auf der Seite des öffentlichen Trägers wird<br />

entscheidend sein, welche Rolle die „Verwaltungstreuen“<br />

spielen werden, für die<br />

Erziehungshilfe nicht mehr als die Komposition<br />

von Dienstanweisungen und Verfahren<br />

zu sein scheint, für die die Krone<br />

der Erziehungshilfe deren Verwaltung und<br />

Zuweisung ist - und der freie Träger ihr<br />

Erfüllungsgehilfe.<br />

Eine Zäsur im bisherigen Prozess darf hier<br />

nicht unerwähnt bleiben: Es ist der Zeitpunkt,<br />

an dem in der Landeshauptstadt<br />

München im Frühsommer 2002 die Haushaltssperre<br />

verhängt wurde. Von diesem<br />

Zeitpunkt an stand das Erreichte in Sachen<br />

Partnerschaftlichkeit auf Messers<br />

Schneide. Das „gute Verhandeln“ (vgl. QE,<br />

S. 20) wich dem Diktat des Mächtigeren.<br />

Das inhaltliche Ringen wich der permanenten<br />

(Be-)Drohung der freien Träger<br />

durch den öffentlichen Partner nach der<br />

Devise: „Wer zu unseren Bedingungen<br />

nicht mitmachen will, der macht eben<br />

nicht mit!“ Wenn in solchen Aussagen die<br />

Respektierung der Eigenständigkeit der<br />

Träger zum Ausdruck kommen sollte, so<br />

war es eine Phase, in der der Respekt<br />

merkwürdige Züge annahm...<br />

Trotz dieser Erschütterungen konnten beide<br />

Seiten zu ihrem partnerschaftlichen<br />

Umgang miteinander zurückfinden. Es<br />

scheint ein Fundament gelegt zu sein, das<br />

Erschütterungen standzuhalten in der Lage<br />

ist und von dem man hoffen darf, dass<br />

seine Festigkeit weiter zunimmt.<br />

Im (sozialräumlichen) Arbeitsalltag<br />

Bezogen auf die Kernaufgaben im Alltagsgeschehen<br />

gibt es sowohl ein Mehr<br />

als auch ein Weniger an Partnerschaftlichkeit:<br />

Ob mehr oder weniger ist dabei<br />

jeweils abhängig von den konkret handelnden<br />

Personen, von deren Koopera-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!