02.12.2012 Aufrufe

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

NAH DRAN 03_Master_3 - Kinderschutz eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

34<br />

nah dran<br />

Und: Es gilt, die Vision von der Sozialraumorientierung<br />

dahingehend zu erweitern,<br />

dass man diesem Qualitätsmerkmal folgend<br />

nicht beim Kanon der gegenwärtig<br />

in der Qualitätsentwicklungsempfehlung<br />

gefassten Hilfen stehen bleiben kann und<br />

dass die Umsetzung einer solchen Vision<br />

nicht an der Struktur der öffentlichen Töpfeverwaltung<br />

scheitern darf.<br />

Herstellen eines ausgewogenen<br />

Verhältnisses von Versorgungsanspruch<br />

und Trägerautonomie<br />

Es gilt, den Anspruch der Regionen auf<br />

Versorgung mit geeigneten Erziehungsangeboten<br />

sicherzustellen und kompatible<br />

Strukturen für die hierzu notwendigen gelingenden<br />

Trägerkooperationen zu schaffen<br />

bei gleichzeitiger Bewahrung der Autonomie<br />

und der eigenen Profile der Träger.<br />

Herstellen eines ausgewogenen<br />

Verhältnisses von dezentralen<br />

Strukturen und zentraler Steuerung<br />

Wie viel Eigenständigkeit und individuelle<br />

Entwicklung kann und will die Steuerung<br />

im Sozialreferat den Sozialregionen,<br />

ihren Sozialbürgerhäusern und den Trägern<br />

zugestehen? Wird es in den einzelnen<br />

Sozialregionen zum Beispiel möglich sein,<br />

dass sich Erziehungshilfe noch kleinräumlicher<br />

organisiert, was langfristig betrachtet<br />

im Sinne der Sozialraumorientierung<br />

nur konsequent wäre?<br />

Es gilt, effektive aber schlanke Instrumente<br />

der Steuerung und des Controllings zu<br />

entwickeln, die derart gestaltet sind, dass<br />

sie dem Bedarf und berechtigten Interesse<br />

nach Steuerung genügen, eine Überregulierung<br />

aber verhindert wird.<br />

Entwicklung eines der neuen Qualität<br />

Vorschub leistenden Finanzierungsmodells<br />

Es muss ein Modell entwickelt werden, das<br />

Anreize zu kreativen Hilfearrangements<br />

schafft, die kostenintensive Erziehungshilfeformen<br />

zu verhindern helfen. Ein solches<br />

Finanzierungsmodell muss es ermöglichen,<br />

dass Einrichtungen der Erziehungshilfe<br />

dafür finanziert werden, dass<br />

sie Erziehungshilfefälle abbauen oder ver-<br />

meiden. Bildlich gesprochen: Eine stationäre<br />

Einrichtung darf sich zukünftig<br />

nicht mehr finanziell tragen, weil sie belegt<br />

ist, sondern weil sie leer steht! Das<br />

Verhindern von Erziehungshilfefällen muss<br />

sich lohnen, auch für die Träger der Erziehungshilfe<br />

selbst.<br />

Und: Spätestens bei der Finanzierungsfrage<br />

wird sich die Rolle des stadteigenen<br />

Anbieters klären, und man wird die Frage<br />

beantworten müssen, wie die Ungleichbehandlung<br />

der freien Träger gegenüber dem<br />

städtischen Träger überwunden werden<br />

kann.<br />

Die größte Herausforderung aber wird es<br />

sein, geeignete Antworten auf die (angeblich)<br />

leeren öffentlichen Kassen zu finden.<br />

Es ist eine Utopie, zu glauben, dass im<br />

Rahmen von Erziehungshilfe Kosten<br />

schlagartig sinken könnten, weil Erziehungshilfe<br />

als Anspruch der Bürgerinnen<br />

und Bürger in der Sozialgesetzgebung verankert<br />

ist und bleiben muss. Realistisch<br />

erscheint hingegen, dass durch eine konsequente<br />

Umsetzung dessen, was mit<br />

„Umbau statt Ausbau“ begonnen wurde,<br />

der Kostenanstieg verlangsamt und die<br />

Planungssicherheit sowohl für die öffentliche<br />

Hand als auch für die freien Träger<br />

der Erziehungshilfe selbst gesteigert werden<br />

kann. Die Verantwortlichen stehen<br />

künftig vor der Wahl, der Verlockung von<br />

kurzfristigen Verbesserungen finanztechnischer<br />

Kennzahlen zu erliegen oder sich<br />

für nachhaltig wirkende Lösungen zu entscheiden.<br />

Wenn ihnen Letzteres gelingt,<br />

dann besteht vielleicht sogar eine gewisse<br />

Chance, dass die Utopie nicht zwangsläufig<br />

eine solche bleiben muss.<br />

NORBERT BLESCH ■<br />

1. Kurz-Adam, Maria; Frick, Ulrich: Umbau statt Ausbau<br />

- Analyse der Inanspruchnahme stationärer Erziehungshilfen<br />

der Landeshauptstadt München von 1996<br />

- 1999. Evaluation der Massnahmen von 1996 - 1998.<br />

Benediktbeuern, Regensburg: August 2000.<br />

2. Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Stadtjugendamt<br />

(Hg.): Umbau statt Ausbau. Qualitätsentwicklung<br />

der ambulanten, teilstationären und stationären<br />

Erziehungshilfen in München. Facharbeitsgemeinschaft<br />

§ 78 SGB VIII „Hilfen zur Erziehung“.<br />

München: Februar 2002.<br />

Oft genug geht die derzeitige<br />

Spardiskussion in unserem<br />

Staat nach dem „Florians-<br />

Prinzip“ vonstatten: „Sparen ist ja<br />

okay, aber bitte nicht bei mir!“ So auch<br />

hier im schönen München...<br />

Man erinnere sich an die Tarifrunde im<br />

Öffentlichen Dienst: Die Kommunen<br />

sind pleite, dem Land geht’s schlecht,<br />

der Bund muss die Arbeitslosigkeit<br />

finanzieren – und dennoch findet der<br />

Tarifabschluss große Zustimmung auf<br />

kommunaler Ebene. Der Presse war zu<br />

entnehmen, dass die Münchner Stadtspitze<br />

die 80 Mio. €, welche der Tarifabschluss<br />

gekostet hat, für „verkraftbar“<br />

hält. Und die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter des Öffentlichen<br />

Dienstes müssten ja auch an der allgemeinen<br />

Einkommensentwicklung<br />

beteiligt werden.<br />

Um hier kein Missverständnis aufkommen<br />

zu lassen: Dies ist kein Plädoyer<br />

für einen grundsätzlichen Verzicht auf<br />

Lohnerhöhungen! Aber es muss erlaubt<br />

sein, einmal kritisch darüber nachzudenken,<br />

welche Konsequenzen ein solcher<br />

Tarifabschluss für die soziale<br />

Landschaft in dieser Stadt hat:<br />

Nahezu im gleichen Atemzug mit der<br />

Erhöhung der Tarifgehälter im Öffentlichen<br />

Dienst verordnete die Landeshaupstadt<br />

München nach der „Rasenmäher-Methode“<br />

die Kürzung fast aller<br />

Zuschüsse für soziale Leistungen<br />

um 2,61 %. Gegenüber den freien<br />

Wohlfahrtsverbänden ist das Florian<br />

pur! Denn in aller Regel erhalten diese<br />

eben nur Zuschüsse zu ihren Projekten<br />

und keine echte kostendeckende<br />

Finanzierung - obschon sie häufig<br />

kostengünstiger arbeiten als die Öffentliche<br />

Hand. Und diese Zuschüsse<br />

werden ja wohl gerade im Interesse<br />

der Realisierung einer sozialen Stadt<br />

gegeben: Die Leistungen der Wohlfahrtspflege<br />

sollen jenen Bürgerinnen<br />

und Bürgern zugute kommen, die sie<br />

am nötigsten brauchen. Doch die<br />

Schere zwischen öffentlichem Zuschuss<br />

und Kostendeckungsbeitrag

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!