Schwerpunkt: âReproduktionsmedizinâ - Tierärztliche Hochschule ...
Schwerpunkt: âReproduktionsmedizinâ - Tierärztliche Hochschule ...
Schwerpunkt: âReproduktionsmedizinâ - Tierärztliche Hochschule ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die physiologische Situation<br />
Klinik für Wiederkäuer der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
Arbeitsgruppe Immunologie der TiHo<br />
Holm Zerbe, Torge König, Hans-Joachim Schuberth, Wolfgang Leibold<br />
Die gestresste Gebärmutter – Ursache für die<br />
Gebärmutterentzündung bei der Kuh?<br />
Zusammenfassung<br />
Als Ursache für die Entstehung der beim Rind relativ häufigen<br />
Gebärmutterentzündung (Endometritis) wird eine bisher nicht<br />
geklärte Verringerung der Abwehrkapazität diskutiert. Es wird vermutet,<br />
dass die neutrophilen Granulozyten, eine Subpopulation<br />
der weißen Blutzellen, dafür verantwortlich sind. Ziel unserer Forschung<br />
ist es, detaillierte Erkenntnisse über die Mechanismen zu<br />
gewinnen, die bei der Entstehung einer Gebärmutterentzündung<br />
eine Rolle spielen. Dieses Wissen ist Voraussetzung für die Erarbeitung<br />
verbesserter Behandlungs- und Prophylaxekonzepte. Die<br />
Forschungsarbeiten haben die Hypothese entkräftet, dass<br />
Geburtsstress die Funktion der neutrophilen Granulozyten in der<br />
Gebärmutter hemmt und so die Entstehung der Endometritis<br />
begünstigt. Weiter konnte gezeigt werden, dass die Stoffwechselsituation<br />
des Tieres sowie die Qualität, die Quantität einer bakteriellen<br />
Kontamination in der Gebärmutter die Funktionalität der<br />
Abwehrzellen stark beeinflussen.<br />
Annähernd bei jeder Abkalbung kommt es beim Rind zu einer bakteriellen<br />
Kontamination der Gebärmutter. Der erste Schutzwall<br />
gegen bakterielle Verunreinigungen, die anatomischen Verschlussmechanismen<br />
des Geburtsweges, ist während der Geburt außer<br />
Kraft – der Geburtsweg ist weit geöffnet. Unter physiologischen<br />
Bedingungen reinigt sich der Uterus trotzdem innerhalb von 10-14<br />
Tagen selbst, so dass keine Keime mehr nachweisbar sind. Zu verdanken<br />
ist das der zweiten, der immunologischen Abwehrlinie.<br />
Diese wird v. a. durch die neutrophilen Granulozyten (Phagozyten =<br />
„Fresszellen“) gebildet. Das gilt grundsätzlich für jede Körperregion<br />
– auch für die Genitalorgane. Unter normalen Bedingungen sind die<br />
neutrophilen Granulozyten, die in großer Anzahl in die Gebärmutterschleimhaut<br />
und -höhle einwandern, in der Lage, die Bakterien<br />
durch Phagozytose zu eliminieren.<br />
Warum kommt es beim Rind trotzdem zur<br />
Gebärmutterentzündung?<br />
Oftmals versagt dieses Prinzip. Viele Rinder erkranken kurz nach<br />
der Abkalbung an einer Gebärmutterentzündung. Meist handelt es<br />
sich dabei um eine rein lokale Entzündung, die oft trotz Behandlung<br />
über 7 bis 10 Tage, manchmal in chronischer Form über Wochen,<br />
fortbesteht. In einigen Fällen ist die körpereigene Abwehr nicht in<br />
der Lage, den Gesamtorganismus gegen die Keime und deren Toxine<br />
zu schützen. Dann kann es zu zum Teil schweren Störungen des<br />
Allgemeinbefindens des Tieres kommen. Die Erkrankung führt häufig<br />
zu empfindlichen wirtschaftlichen Verlusten für den Landwirt.<br />
Summary<br />
Postpartum endometritis is a frequent disease in cows. One reason<br />
for the development of endometritis seems to be a depression<br />
of the functional capacity of neutrophilic granulocytes, a subpopulation<br />
of white blood cells. The aim of our studies is to investigate<br />
in detail the pathogenic mechanisms of this disease. This<br />
knowledge is necessary to develop improved treatment regimens<br />
for puerperal endometritis. In our experiments we could not confirm<br />
the hypothesis that birth-associated stress leading to a<br />
functional depression of neutrophilic granulocytes is responsible<br />
for the development of endometritis in cows. However, it was<br />
determined that metabolic and microbiological parameters were<br />
responsible for the modulation of functional parameters of neutrophils.<br />
Trotz umfangreicher Forschung auf diesem Gebiet gibt es in der<br />
Literatur noch immer sehr unterschiedliche Auffassungen zu Ursachen,<br />
Entstehung und Therapie der Gebärmutterentzündung beim<br />
Rind. Behandelt wird die Erkrankung zurzeit mit Antibiotika und desinfizierenden<br />
Lösungen. Allerdings ist diese Behandlung nicht<br />
immer effizient und hat nachweislich negative Einflüsse auf das<br />
lokale Abwehrgeschehen. Aus diesen Gründen wird nach Therapieformen<br />
gesucht, die die Unterstützung körpereigener Abwehrmechanismen<br />
zum Ziel haben. Neue Erkenntnisse zur Aktivität neutrophiler<br />
Granulozyten im Zusammenhang mit der Entstehung und<br />
Verhinderung der Endometritis sind von grundlegender Bedeutung<br />
und könnten zu Verbesserungen der klinischen Diagnostik und<br />
besonders der Therapie beitragen.<br />
Die Granulozytenfunktionalität ist kurz nach der<br />
Abkalbung inhibiert – wodurch?<br />
Neutrophile Granulozyten, die schon in eine gesunde Gebärmutter<br />
eingewandert sind, weisen im Vergleich zu aus dem Blut isolierten<br />
Zellen eine geringere Vitalität und Phagozytosefähigkeit auf – und<br />
dies sogar in Zeiten weitab von der allgemein als besonders kritisch<br />
angesehenen geburtsnahen Phase. Außerdem weisen diese Zellen<br />
eine deutlich verminderte Ausstattung mit funktionell wichtigen<br />
Oberflächenrezeptoren auf. Allerdings scheinen die neutrophilen<br />
Granulozyten aus der Gebärmutter Mikroorganismen ähnlich gut<br />
abzutöten, wie neutrophile Granulozyten aus dem Blut.<br />
Eigene Experimente haben gezeigt, dass bei Kühen die Abwehrkapazität<br />
der neutrophilen Granulozyten im Blut kurz nach der Abkalbung<br />
herabgesetzt ist. Dieses Defizit ist schon bei Kühen messbar,<br />
die nicht klinisch erkranken. Auf der Suche nach den Ursachen, die<br />
schließlich doch zur Erkrankung des Tieres führen, zeigte sich, dass<br />
sich Störungen des Kohlenhydrat-Lipidstoffwechsels, die regelmäßig<br />
9