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Schwerpunkt: „Reproduktionsmedizin“ - Tierärztliche Hochschule ...

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Klinik für Wiederkäuer der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Arbeitsgruppe Immunologie der TiHo<br />

Abb. 1: Während der Geburt (a) werden hohe Konzentrationen des körpereigenen<br />

Stresshormons Kortisol im Blut gemessen. Ist diese als immunsuppressiv<br />

bekannte Mediatorsubstanz für die Entstehung der Gebärmutterentzündung<br />

(b – die Kuh zeigt entzündlichen Ausfluss) kurz nach der Geburt verantwortlich?<br />

nach der Abkalbung auftreten, negativ auf die Abwehrkapazität neutrophiler<br />

Granulozyten auswirken. Wir haben diese Zellen aus dem<br />

Blut von Kühen mit Leberverfettung isoliert. Sie fallen im Vergleich zu<br />

Zellen gesunder Kontrolltiere durch eine verringerte Rezeptordichte<br />

fast aller von uns untersuchten Oberflächenstrukturen auf. Gleichzeitig<br />

ist auch eine verringerte bakterizide Kapazität nachweisbar.<br />

Bisher fehlten auch Untersuchungen über den Einfluss der Gebärmutterflora<br />

auf die funktionellen Eigenschaften von neutrophilen<br />

Granulozyten. Unsere Resultate belegen, dass die Schlüsselbakterien<br />

der Gebärmutterentzündung beim Rind, Escherichia coli- und<br />

Arcanobacterium pyogenes-Keime, in ganz ähnlicher Weise funktionelle<br />

Parameter von neutrophilen Granulozyten modulieren können.<br />

Ausgelöst werden die Veränderungen bei neutrophilen Granulozyten<br />

durch den direkten Kontakt der Bakterien mit den Zellen.<br />

Die Bakterien haben überwiegend negative Effekte auf die Leistungsfähigkeit<br />

der Immunzellen. Dies könnte in einer dauerhaften<br />

und starken Aktivierung der Zellen begründet sein, die eine funktionelle<br />

Erschöpfung mit sich bringt. Außerdem deuten die Ergebnisse<br />

daraufhin, dass E. coli und A. pyogenes zur unphysiologisch erhöhten<br />

Anhäufung von neutrophilen Granulozyten im Entzündungsgebiet<br />

beitragen und damit die Regulation der entzündlichen Prozesse<br />

negativ beeinflussen.<br />

Welchen Einfluss hat Stress auf die Funktionalität<br />

von neutrophilen Granulozyten (PMN)?<br />

a) b) c)<br />

Die Kuh ist vor, während und nach der Geburt durch den Beginn der<br />

Laktation, die Futterumstellung, das Umstallen in den Abkalbestall<br />

und durch die Geburt selbst sowohl psychischem als auch physischem<br />

Stress ausgesetzt. Hinzu kommt die körperliche und<br />

schmerzhafte Belastung durch die Wehen.<br />

Es ist bekannt, dass sowohl psychischer als auch physischer Stress<br />

zu erhöhten Konzentrationen körpereigener Stresshormone, v. a.<br />

des Kortisols, im Blutplasma führen. Diese vom Tier selbst produzierten<br />

so genannten Glukokortikoide werden schon während der<br />

Trächtigkeit, aber eben besonders im Zeitraum der Geburt vermehrt<br />

produziert. Das Phänomen ist auch beim Menschen bekannt. Nachgewiesen<br />

ist weiterhin, dass die physiologische Geburt beim Wiederkäuer<br />

durch den Anstieg endogener Glukokortikoide eingeleitet<br />

wird. Syntheseort der Glukokortikoide ist die Nebenniere der Frucht.<br />

Eine holländische Forschungsgruppe hat zudem gezeigt, dass bei<br />

Kuh und Ziege Stresshormone wie das Kortisol in Abhängigkeit von<br />

der Stärke der Wehen vermehrt ausgeschüttet werden.<br />

Exogene Glukokortikoide werden in Form von Medikamenten aufgrund<br />

unterschiedlicher Indikationen eingesetzt. So wirken diese<br />

Stoffe zum Beispiel stark entzündungshemmend; sie können beim<br />

Rind aber auch zur Einleitung der Geburt eingesetzt werden. Eine<br />

große Bedeutung wird der immunsuppressiven Wirkung sowohl der<br />

exogenen als auch endogenen Glukokortikoide zugesprochen.<br />

Durch die Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte sind Tiere<br />

mit erhöhtem Glukokortikoid-Plasma-Spiegel anfällig gegenüber<br />

unterschiedlichen Erkrankungen. Dieses Phänomen wurde vielfach<br />

untersucht, gleichwohl sind die genauen Mechanismen, die dem<br />

zugrunde liegen, bisher ungenügend erforscht.<br />

Beim Rind sind verschiedene Wirkungen auf das Immunsystem<br />

beschrieben. So haben Glukokortikoide Einfluss auf die Expression<br />

von funktionell wichtigen Oberflächenstrukturen der Leukozyten<br />

(weiße Blutzellen), wie z.B. Bindungsmoleküle. Es wurden Effekte<br />

auf die Wanderungsfähigkeit, die Phagozytose (Fressaktivität), die<br />

Bakterienabtötung durch Leukozyten aber auch auf Antikörper-Konzentrationen<br />

im Blut und die Sekretion von verschiedenen immunologischen<br />

Mediatorsubstanzen beobachtet. Dabei finden sich<br />

durchaus auch widersprüchliche Resultate in der Literatur.<br />

Abb. 2: L-Selectin ist ein Bindungsmolekül der neutrophilen Granulozyten, das einen Tag nach Applikation des Glukokortikoids Dexamethason schwächer an der Oberfläche<br />

der Zellen exprimiert wird als bei unbehandelten Tieren (a). L-Selectin spielt bei der Bindung und beim so genannten „Rolling“ der Zellen an der Gefäßwand<br />

und damit für ihre Auswanderung ins Entzündungsgebiet eine maßgebliche Rolle (b – Abbildung aus Kuby, Immunology, 4th ed.). In einem Endometritismodell wurde<br />

allerdings gezeigt, dass die Einwanderung der neutrophilen Granulozyten in die Gebärmutter nach Dexamethasongabe sogar stärker erfolgt als bei Kontrolltieren (c).

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