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Schwerpunkt: „Reproduktionsmedizin“ - Tierärztliche Hochschule ...

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Klinik für Wiederkäuer der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Arbeitsgruppe Immunologie der TiHo<br />

Unsere Untersuchungen sollten nun zeigen, ob entsprechende Wirkungen<br />

auch beim Rind im geburtsnahen Zeitraum vorhanden sind<br />

und diese mit der Entstehung der Gebärmutterentzündung in<br />

Zusammenhang gebracht werden können.<br />

Zur Simulation von Geburtsstress wurde das synthetische Glukokortikoid<br />

Dexamethason eingesetzt. Dieses gehört zu den am häufigsten<br />

medizinisch genutzten Glukokortikoiden. Es wirkt deutlich<br />

stärker entzündungshemmend als das endogene Kortisol. Da alle<br />

Glukokortikoide über den gleichen Rezeptor innerhalb der Zelle wirken,<br />

kann es auch zur Simulation der Effekte endogener Glukokortikoide<br />

eingesetzt werden. Außerdem kam ein durch eine Kooperation<br />

zwischen Forschern der Klinik für Rinder und der Arbeitsgruppe<br />

Immunologie der TiHo entwickeltes Modell der akuten Gebärmutterentzündung<br />

zur Anwendung. Es ermöglicht, neutrophile Granulozyten<br />

unter definierten Bedingungen in den gesunden Uterus<br />

„jungfräulicher“ Rinder zu locken, zu gewinnen und deren funktionelle<br />

Kapazität zu untersuchen. Mit der Verabreichung des Chemokins<br />

Interleukin 8 (IL-8) wird eine körpereigene Substanz verwendet,<br />

die im Entzündungsgeschehen eine bedeutende Rolle spielt<br />

und im Entzündungsmodell die Granulozyten in großer Anzahl in die<br />

Gebärmutter lockt.<br />

Um aber überhaupt in die Gebärmutter gelangen zu können, müssen<br />

die im Blut zirkulierenden neutrophilen Granulozyten aus den<br />

Blutgefäßen auswandern können. Dieser als Extravasation<br />

bezeichnete Prozess setzt die Kontaktaufnahme der Zellen mit der<br />

Innenauskleidung der Gefäße, dem Gefäßendothel, voraus. Vermittelt<br />

wird dies durch Oberflächenrezeptoren (Adhäsine) wie L-Selektin.<br />

Genau dieser Prozess könnte aber unter Stressbedingungen<br />

gestört sein. Aus der Literatur war bekannt, dass es nach Glukokortikoid-Applikation<br />

zur verminderten Expression von Adhäsionsmolekülen<br />

wie dem L-Selektin kommt – beim Rind, aber auch beim Menschen.<br />

Dieses Phänomen konnte in eigenen Experimenten reproduziert<br />

werden. Deshalb war zu erwarten, dass bei Glukokortikoid-<br />

behandelten Tieren weniger Zellen aus den Blutgefäßen in ein Entzündungsgebiet<br />

migrieren als bei unbehandelten Tieren. Zu einer<br />

Störung der Wanderung der Zellen in die Gebärmutter kam es allerdings<br />

nicht: Einerseits steigerte die Applikation des Glukokortikoids<br />

die Anzahl im Blut zirkulierender neutrophiler Granulozyten dramatisch,<br />

was auch im physiologischen geburtsnahen Zeitraum zu verzeichnen<br />

ist. Andererseits wurden bei diesen Tieren, im Vergleich<br />

zu Placebo-behandelten Tieren, mehr vitale neutrophile Granulozyten<br />

durch IL-8 in die Gebärmutter gelockt.<br />

Allerdings vermindern Glukokortikoide die Produktion von so<br />

genannten reaktiven Sauerstoffmetaboliten bei neutrophilen Granulozyten,<br />

die in erster Linie als bakterizide Substanzen zu verstehen<br />

sind. Da sie – im Übermaß produziert – auch zur Gewebszerstörung<br />

führen können, ist noch nicht abschließend geklärt, ob es sich<br />

hier um eine immunsuppressive Wirkung oder einen natürlichen<br />

Eigenschutzmechanismus vor Gewebsschäden handelt. Dies fordert<br />

weiterführende Forschungsaktivitäten.<br />

Fazit<br />

Diese Resultate – im Zusammenhang mit denen anderer Forschungsteams<br />

– zeigen, dass stoffwechselassoziierte und mikrobiologische<br />

Faktoren Einfluss auf Entstehung und Verlauf einer<br />

puerperalen Endometritis haben können. Daraus sind praktische<br />

Interpretationen und Konsequenzen ableitbar, die insbesondere<br />

das angemessene Fütterungsmanagement und die strenge<br />

Geburtshygiene betreffen. Die Resultate liefern weitere Beweise für<br />

immunmodulierende Glukokortikoidwirkungen, jedoch nicht nur<br />

immunsuppressiver, sondern auch immunprotektiver Art. So konnte<br />

gezeigt werden, dass Glukokortikoide die Wanderung der neutrophilen<br />

Granulozyten in die Gebärmutter nicht stören und damit nicht<br />

zwangsläufig die Empfänglichkeit der Tiere für eine uterine bakterielle<br />

Infektion erhöhen. Vielmehr begünstigen sie eine Akkumulation<br />

von Granulozyten im Entzündungsgebiet.<br />

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