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Schwerpunkt: „Reproduktionsmedizin“ - Tierärztliche Hochschule ...

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Institut für Tierzucht der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Mariensee (FAL)<br />

Arbeitsgruppe Immunologie der TiHo<br />

Zentrum für Frauenheilkunde und Zentrum für Anatomie der Georg-August-Universität Göttingen<br />

Generell setzt die Positiv- wie die Negativselektion voraus, dass<br />

sich Spermien-Subpopulationen in molekularen Strukturen unterscheiden,<br />

die von anderen Zellen mittels Rezeptoren erkannt werden<br />

können. Diese molekulare Basis der Unterscheidung könnte<br />

auf der Expression von Lektinen oder deren Zielstrukturen (Zuckermotiven)<br />

liegen. Lektine sind Zucker-bindende Proteine, die im Zentrum<br />

eines komplexen Zuckermoleküls einen bestimmten Zucker<br />

erwarten, um binden zu können. Zellen des Immunsystems erkennen<br />

und beeinflussen sich gegenseitig über verschiedene Zucker-<br />

Lektin-Bindungen. Solche Interaktionen spielen ebenfalls eine Rolle<br />

bei der Bindung von Spermien an Epithelzellen des Eileiters und bei<br />

der Bindung von Spermien an die zu befruchtenden Eier. Analysen<br />

von Spermien und Granulozyten haben gezeigt, dass sie eine Vielzahl<br />

unterschiedlicher Zuckermotive an der Oberfläche aufweisen.<br />

Mit Hilfe fluoreszenzmarkierter Lektine können Veränderungen an<br />

Spermien identifiziert werden (Abb. 5).<br />

Die Oberflächenstrukturen von Granulozyten unterscheiden sich<br />

nach ihrer Wanderung durch das Gewebe in das Uteruslumen beim<br />

Rind und beim Schwein signifikant von denen aus dem Blut. Dies<br />

betrifft bestimmte Adhäsionsmoleküle, Komplementrezeptoren,<br />

Lektine wie auch einige von Lektinen erkannte Zuckermotive.<br />

Gegenwärtig untersuchen wir, ob diese modulierten Zelloberflächenstrukturen<br />

für die selektive Erkennung einzelner Spermienpopulationen<br />

relevant sind, und welche Folgen dies für die gebundenen<br />

Spermien sowie für die Zellen selbst hat.<br />

Eine erhebliche Bedeutung kommt hier der vermittelnden Rolle von<br />

Inhaltsstoffen des Seminalplasmas zu. Es gilt unter anderem, den<br />

Widerspruch zwischen der vielfach publizierten massiven Phagozytose<br />

von Spermien durch Granulozyten und dem hemmenden Einfluss<br />

von Seminalplasma auf diese Zellfunktion zu klären. Hypothetisch<br />

lässt sich die These formulieren, dass Komponenten des<br />

Seminalplasmas anfangs dafür Sorge tragen, die Interaktionen zwischen<br />

Granulozyten und Spermien nur transient zu gestalten. Dies<br />

würde Zeit für eine subtilere Selektion von Spermien lassen und<br />

andererseits die Zellen an einer zu frühen und zu massiven Produktion<br />

reaktiver Sauerstoffprodukte (ROS, reactive oxygen species)<br />

hindern. In vitro führten ROS-produzierende Granulozyten zu einer<br />

gesteigerten Spermatozoenkapazitation, die durch die Zugabe von<br />

Seminalplasma umgekehrt werden konnte. Reaktive Sauerstoffspezies,<br />

zu früh und massiv gebildet, können die Motilität von Spermien<br />

deutlich reduzieren, als auch für das Endometrium schädigende<br />

Folgen haben.<br />

Haben die regulierten Interaktionen zwischen Granulozyten und<br />

Spermien zur Selektion der besten Spermien geführt, steht einer<br />

effektiven Phagozytose der überzähligen Spermien nichts mehr im<br />

Wege.<br />

Ausblick<br />

Die Gesamtreaktionen im Uterus nach Besamung bis zur Nidation<br />

eines befruchteten Eies werden durch Spermien, Komponenten des<br />

Seminalplasmas, Immunzellen und die Interaktionen dieser Komponenten<br />

mit Endometriumszellen bestimmt. Die einzelnen Mechanismen<br />

führen nicht nur zur Selektion von befruchtungsfähigen Spermien,<br />

sondern schaffen ebenso ein Milieu, das durch das Vorherrschen<br />

entzündlicher Mediatoren im Gewebe gekennzeichnet ist.<br />

Dieses so genannte pro-inflammatorische Milieu scheint für die<br />

Kontaktaufnahme zwischen befruchtetem Ei und der Uterusschleimhaut<br />

essentiell zu sein und die Embryonenentwicklung zu<br />

fördern. Überdies werden immunologische Folgeprozesse eingeleitet,<br />

die sicherstellen, dass die sich entwickelnden Embryonen nicht<br />

vom mütterlichen Immunsystem abgestoßen werden. In der<br />

Summe sind dies äußerst komplexe, ineinander greifende Abläufe,<br />

deren tiefere Kenntnis mittelfristig Schlussfolgerungen für biotechnologische<br />

Ansätze zur Verbesserung der Befruchtungserfolge in<br />

der Tierproduktion ermöglicht.<br />

Abb. 5: Fluorochrom-markierte, zuckerbindende Lektine markieren in unterschiedlicher Weise membranintakte und membrangeschädigte porcine Spermien. Mit<br />

Erdnussagglutinin (FITC-PNA) können 5 Spermien-Subpopulationen im Durchflusszytometer unterschieden werden (Kreise).

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