Schwerpunkt: âReproduktionsmedizinâ - Tierärztliche Hochschule ...
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Institut für Tierzucht der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Mariensee (FAL)<br />
Niedersächsisches Landgestüt Celle<br />
Veterinärfakultät der Universität Sydney<br />
Beim Rind kann gesextes Sperma beispielweise in Milchbetrieben<br />
zur Erstellung von Kuhkälbern benutzt werden, da HF-Bullenkälber<br />
zur Mast kaum zu verwenden sind. Testbesamungen zur Ermittlung<br />
des Zuchtwertes der Bullen können bis um 50% reduziert werden,<br />
ohne die statistische Präzision der Zuchtwertschätzung zu verringern.<br />
Färsen können mit X-chromosomalen Spermien besamt werden,<br />
um die Rate der Todgeburten zu reduzieren. Außerdem könnten<br />
gezielt Bullenmütter erzeugt werden. Bei Mastrassen wird eher<br />
Wert auf männliche Nachkommen gelegt. Gesexte Y-chromosomale<br />
Spermienpopulationen sind in ihrer Reinheit zwar geringfügig<br />
schlechter als X-chromosomale (2%-5%), aber prinzipiell besteht<br />
für den Sortiervorgang kein Unterschied.<br />
In der Endstufe der Schweineproduktion steht die Erzeugung weiblicher<br />
Nachkommen im Vordergrund des Interesses. Seit kurzem<br />
wird in einigen EU-Staaten über die Abschaffung der Ferkelkastration<br />
nachgedacht; beispielsweise wird Norwegen die Kastration ab<br />
2009 nicht mehr zulassen. Gesextes Sperma könnte theoretisch<br />
eine Alternative sein, wenn es gelingt, die Effizienz des Sortierprozesses<br />
deutlich zu steigern. Beim gegenwärtigen technischen<br />
Stand kommt lediglich ein Einsatz in ausgewählten Zuchtbereichen,<br />
z.B. Nukleusherden in Frage, denn trotz neuer Besamungsverfahren<br />
werden immer noch 20-mal mehr Spermien für die Besamung<br />
benötigt als beim Rind.<br />
Seit der Einführung der hysteroskopischen Besamung konnte die<br />
für die Besamung bei Stuten benötigte Spermienzahl deutlich reduziert<br />
werden. Der Sortierprozess ist aufgrund der Spermienkopfform<br />
und des höheren DNA-Unterschiedes<br />
zwischen den Spermienpopulationen<br />
effektiver als bei anderen Tierarten.<br />
So wird in absehbarer Zeit der<br />
Wunsch nach Besamung mit gesextem<br />
Sperma auch beim Pferd zur<br />
Routine gehören können. Auch bei<br />
Schafen war die hysteroskopische<br />
Besamung mit gesextem Tiefgefriersperma<br />
sehr erfolgreich.<br />
Eine besondere Bedeutung hat<br />
gesextes Sperma bei der Erhaltung<br />
von Rassen in Genreserveprogrammen<br />
sowie zur Erhaltung bedrohter<br />
Tierarten. Hierbei wird Wert auf „Xchromosomale<br />
Spermien“ gelegt,<br />
denn mit weiblichen Nachkommen<br />
kann eine Stabilisierung bedrohter<br />
Arten und Rassen deutlich schneller<br />
erzielt werden. So werden außer den<br />
Spermien unserer Nutztiere auch die<br />
von Primaten, Delfinen, Elefanten,<br />
Nashörnern, Büffeln und andere exotischer<br />
Tierarten für Versuche genutzt,<br />
um entsprechende Spermabanken<br />
anlegen zu können. Für die letzten<br />
drei genannten Spezies werden diese<br />
Untersuchungen u.a. in Mariensee<br />
gemeinsam mit nationalen und internationalen<br />
Forschungsinstitutionen<br />
durchgeführt.<br />
Aktuelle Forschungsarbeiten<br />
Abb. 1: Nachkommen aus gesextem Sperma in Mariensee.<br />
Die Ferkel wurden im In-vitro-System via ICSI erstellt, das Kalb<br />
stammt aus einer Besamung in den Uteruskörper.<br />
Seit dem Jahr 2000 steht dem Institut für Tierzucht der FAL in Mariensee<br />
das einzige Flowzytometer in Deutschland zur Verfügung,<br />
das zur Sortierung von Spermien geeignet ist. Das Gerät dient ausschließlich<br />
Forschungszwecken, von denen im Folgenden einige<br />
Projekte, die vorwiegend in Zusammenarbeit mit Institutionen des<br />
Virtuellen Zentrums für Reproduktionsmedizin durchgeführt wurden,<br />
aufgeführt sind.<br />
Rind: Eines der Hauptprojekte der vergangenen zwei Jahre diente<br />
der Verbesserung von gesextem Tiefgefriersperma. Zwar wird dieses<br />
bereits kommerziell angeboten, die Qualität ist aber sehr variabel<br />
und konnte bislang nicht überzeugen. Mittlerweile ist es uns<br />
gelungen, einige der Hauptbelastungsquellen während des Sortiervorganges<br />
aufzudecken und ein verbessertes Sortierverfahren mit<br />
geändertem Processing und neuen Verdünnern (Sexcess®) zu entwickeln.<br />
Die Besamungsergebnisse bei rund 500 Färsen verschiedener<br />
Rassen und Nutzungstypen unterschieden sich nicht mehr<br />
von den Kontrollbesamungen mit unsortiertem Sperma identischer<br />
Ejakulate und lagen in der Befruchtungsrate über 70%. Auch als<br />
gesextes Frischsperma ist es bei Lagerung im Kühlschrank für drei<br />
Tage für die Besamung geeignet. Deutlich schlechtere Trächtigkeitsergebnisse<br />
(~-20%) erhielten wir nach Besamung von Kühen.<br />
Die Ursache ist zurzeit noch offen; es könnte sich aber um immunologische<br />
Prozesse im Uterus handeln, die noch nicht verstanden<br />
werden (s. auch Qualitätsmanagement im Uterus S. 21). Neben der<br />
Verwendung für die Besamung wird gesextes Sperma auch zur Invitro-Befruchtung<br />
sowie im Rahmen<br />
des Embryotransfers mit<br />
Erfolg eingesetzt<br />
Schwein: Die Untersuchungen<br />
zum Sortieren von Ebersperma<br />
gehen auf eine langjährige Kooperation<br />
des Instituts für Tierzucht mit<br />
dem USDA in Beltsville zurück.<br />
Bereits 1993 wurden gemeinsam<br />
erste Embryonen mit gesextem<br />
Ebersperma über In-vitro-Befruchtung<br />
erstellt und drei Jahre später<br />
gelang mit diesem Verfahren die<br />
Geburt der ersten Ferkel. Interessanterweise<br />
zeigten neuere Time-<br />
Lapse-Studien unserer Arbeitsgruppe,<br />
dass sich männliche und<br />
weibliche Embryonen nach der Invitro-Befruchtung<br />
in ihrem Entwicklungsverhalten<br />
unwesentlich unterscheiden.<br />
Ihr Wachstumspotential<br />
war aber deutlich vermindert, wenn<br />
die Eizellen vor der Befruchtung invitro<br />
gereift werden mussten.<br />
Noch effizienter konnten wir Ferkel<br />
mit gewünschtem Geschlecht<br />
erzeugen, wenn die Befruchtung<br />
mittels intrazytoplasmatischer<br />
Spermieninjektion (ICSI) erfolgte