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Arbeitszeitflexibilisierung - Arbeitszeitberatung Dr. Hoff Weidinger ...

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Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Michael <strong>Weidinger</strong> 1 <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> 2(erschienen in: RKW-Handbuch Führung und Organisation, 05/2006)1. Einleitung: Von der Anwesenheits- zur ErgebnisorientierungFlexible Arbeitszeitgestaltung sollte stets Nutzen für die Kunden, den Betrieb und die Mitarbeiter3 bieten – und tut dies in der Regel auch, weil alle bei einem ergebnis- statt anwesenheitsorientiertenUmgang mit der kostbaren Ressource (Arbeits-)Zeit gewinnen können.Aus betrieblicher Sicht sind hierbei drei Faktoren zu beachten (siehe Schaubild 1):Schaubild 1• Kundenorientierung bedeutet – bezogen auf die flexible Arbeitszeitgestaltung -schlicht, die kundenseitig gewünschten Leistungen zur richtigen Zeit zu erbringen.1 Partner der <strong>Arbeitszeitberatung</strong> Herrmann Kutscher <strong>Weidinger</strong>, Berlin2 Dieser Beitrag verzichtet mit wenigen Ausnahmen auf Hinweise zu den rechtlichen Rahmenbedingungender Arbeitszeitgestaltung – vom Arbeitszeitgesetz über weitere Schutzgesetze bis zuThemen wie den unter bestimmten Voraussetzungen gegebenen besonderen Aufzeichnungspflichtenbzw. Insolvenzschutzpflichten für Zeitguthaben oder der evtl. Notwendigkeit zum Zeitguthabenabbauvor dem Bezug von Kurzarbeitergeld. Hinweise zum jeweils aktuellen Stand derrechtlichen Rahmenbedingungen betrieblicher Arbeitszeitgestaltung finden Sie z.B. unterwww.arbeitszeitberatung.de.3 Ausschließlich im Interesse leichterer Lesbarkeit wird hier und im Folgenden jeweils nur diemännliche Form verwendet.Rosa-Luxemburg-Straße 5 ⋅ 10178 BerlinTelefon 030 / 803 20 41 ⋅ Fax 030 / 803 91 33www.arbeitszeitberatung.de ⋅ email@arbeitszeitberatung.de


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>• Wirtschaftlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem eines: Abwesenheitzur richtigen Zeit! Arbeitszeitverbrauch ist kein Garant für Produktivität, sondern zunächsteinmal nur ein Kostenfaktor.• Mitarbeiterorientierung bei der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeiten bedeutet, dasspersönliche Zeitwünsche und -bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt werden, soweitdies unter Wahrung der – grundsätzlich vorrangigen (Ausnahmen bestätigen dieRegel!) – Kundenbelange und Wirtschaftlichkeitserfordernisse möglich ist.Allerdings ist flexible Arbeitszeitgestaltung nicht die einzige Flexibilitätsoption: Auch dasVertragsverhältnis selbst kann zwischen den Polen dauerhaftes Anstellungsverhältnisund Werkvertrag flexibel gestaltet werden. Flexible Arbeitszeiten setzen in diesem Zusammenhangeine gewisse Dauerhaftigkeit des Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgeberund Arbeitnehmer voraus: Schließlich müssen hierdurch ermöglichte Abweichungender tatsächlichen von der vertraglichen Arbeitszeit auch wieder in betrieblich sinnvollerWeise ausbalanciert werden können.Tatsächlich geht die vergleichsweise intensive Beschäftigung mit dem Thema <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong>in Deutschland mit einem hier nach wie vor sehr ausgeprägten Kündigungsschutzeinher, weshalb – zugespitzt formuliert – <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> (auch)aus Mangel an Flexibilisierungs-Alternativen erfolgt. Diesbezüglicher Kritik steht allerdingsdie Tatsache gegenüber, dass gerade bei – vielleicht sogar im Unternehmen – qualifiziertenMitarbeitern die Kontinuität des Beschäftigungsverhältnisses häufig auch demArbeitgeberinteresse entspricht. <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> (auch) als Mittel zur Verstetigungdes Beschäftigungsverhältnisses kann sich aus dieser Perspektive – auch in Ländernmit geringem Kündigungsschutz – also vor allem bei qualifizierten Mitarbeitern empfehlen,während im Segment der einfachen, gering entlohnten Beschäftigung der Trend(auch in Deutschland) in Richtung zunehmender Flexibilisierung sowohl innerhalb desBeschäftigungsverhältnisses (<strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong>) als auch des Beschäftigungsverhältnissesselbst (insbesondere durch Outsourcing und Leiharbeit) gehen dürfte.Aber auch die Arbeitszeit selbst als Flexibilitätsdimension wird mitunter kritisch gesehen:Viel flexibler und zugleich ergebnisorientierter sei es doch, direkt Aufgaben oder gar Ergebnissezu vereinbaren, bei deren Erfüllung bzw. Erreichung dann eine entsprechendeVergütung erfolgt. Auf diese Weise tappe man nicht in die Falle der Zeitvergütung –sprich: Auch wenn nichts herauskommt, muss dennoch der mitarbeiterseitige Zeitaufwandbezahlt werden. Und der oben skizzierte Trend – <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> als Flexi-Strategiefür qualifizierte und entsprechend vergütete Mitarbeiter – könnte ebenfalls indiese Richtung weisen.Demgegenüber gehen wir davon aus, dass solche Vertragsvereinbarungen die nach wievor gängige Arbeitszeitvereinbarung als Grundlage der meisten Arbeitsverträge nicht ersetzenwerden – und zwar, weil sie bei näherer Betrachtung einfach zu unflexibel sind:Der Vergleich von – idealerweise knapp gehaltenen – Arbeitsverträgen und häufig sehrdetaillierten Werkverträgen (schließlich muss die zu bezahlende Leistung hier genau definiertsein) zeigt dies deutlich. Hinzu kommt, dass Werkvertragsinhalte kaum dauerhaftzu Papier gebracht werden könnten – schon allein deshalb, weil sich Aufgaben oder Ergebnissenur ausnahmsweise auf Dauer beschreiben lassen, vielmehr im Gegenteil einemständigen Veränderungsprozess unterliegen. Die Flexibilität der Arbeitszeitvereinbarungals Grundlage des Arbeitsvertrages erweist sich hier als deutlich überlegen.2


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Dennoch gibt es zunehmend Arbeitsverträge ohne reale Arbeitszeit-Festlegung für Führungskräfteund hoch bezahlte Spezialisten: nicht weil die eben angeführten Flexibilitätsargumentehier nicht zuträfen, sondern weil angesichts der Vergütungshöhe die Festlegungeiner bestimmten Stundenzahl als unangemessen empfunden wird. Wir bezeichnendies als „Arbeitszeit-Freiheit“ – doppelt gemeint als Freiheit der persönlichen Arbeitszeitgestaltungwie auch als Freiheit von Arbeitszeit-Vorgaben. Dass hier in der Praxis ausrechtlichen Gründen meist dennoch mit Arbeitsverträgen über eine bestimmte Wochenarbeitszeitplus (rechtlich wacklig, tatsächlich aber weit verbreitet) pauschaler Mehrarbeitsabgeltungsklauselgearbeitet wird, zeigt eigentlich nur, dass der vertragsrechtlicheGestaltungsrahmen an dieser Stelle der Lebenswirklichkeit nicht (mehr) gerecht wird.Allerdings ist hier der Änderungsdruck recht gering, weil sich Arbeitnehmer und Arbeitgeberin diesen Vergütungs-Sphären selten und jedenfalls nicht im laufenden Beschäftigungsverhältnisvor Gericht über Arbeitszeiten streiten.Zwischenfazit: <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> ist ein Flexibilitätsinstrument, das besonders gutzu dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen passt und zugleich die Arbeitszeit als Vergütungsgrundlagevoraussetzt. Flexible Arbeitszeiten eignen sich deshalb besonders fürMitarbeiter, die aufgrund ihrer Qualifikation oder aus anderen Gründen dauerhaft beschäftigtwerden sollen, für die aber (noch) nicht Arbeitszeit-Freiheit gilt. Für diesen Personenkreisnun sollte die Arbeitszeit so gestaltet werden, dass sie bestmögliche Rahmenbedingungenfür produktives Arbeiten bietet – und das Nicht-Arbeiten in „Tälern“ desArbeitsanfalls aktiv unterstützt; denn hier liegt nun einmal der direkteste Zusammenhangzwischen Arbeitszeitgestaltung und Wirtschaftlichkeit.Neben der betrieblichen hat <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> aber auch eine wichtige persönlicheSeite: Starre Arbeitszeiten, mehr noch aber das hinter ihnen stehende Modell hierarchischgeprägter (Zeit-)Verhaltenskontrolle werden von Mitarbeitern vielfach abgelehntoder nur widerwillig toleriert. Schließlich wird auch sonst im Arbeitsleben mehr und mehrEigenverantwortung eingefordert; warum sollte die Arbeitszeit hiervon ausgenommenbleiben? Auch wenn dies nicht gleichbedeutend ist mit einer pauschalen Zustimmung zubetrieblicher <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> – hier gibt es durchaus häufig Vorbehalte –, ergänzensich beide Komponenten: Die grundsätzlich mitarbeiterorientierte Gleitzeit hat in vielenBetrieben der betrieblichen <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> den Weg geebnet, und der Doppelsinneigenverantwortlicher Arbeitszeitgestaltung – ergebnisorientiertes und dabei bzw.dadurch freieres Arbeiten – wird in vielen Betrieben als alltägliches Geben und Nehmengelebt. Die mittlerweile fast vier Jahrzehnte der <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> haben nachunserer Beobachtung den Umgangston in den Betrieben verändert und hierdurch dieLeistungsvoraussetzungen in den meisten Fällen verbessert. Diese Entwicklung dürfteeinen weniger sichtbaren, aber gleichwohl wesentlichen Produktivitätsbeitrag geleistethaben.Es lohnt sich also auch zukünftig gerade für deutsche Betriebe, sich mit der <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong>zu beschäftigen. Viel versprechen wir uns dabei vom „indirekten“ Beitragder <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong>: Qualifizierte Mitarbeiter mit größtmöglicher Eigenverantwortlichkeitbei der Gestaltung von Arbeitsabläufen und -zeiten auszustatten – und dieseEigenverantwortlichkeit auch einzufordern – kann unserer Überzeugung nach noch erheblicheProduktivitätspotenziale freisetzen.Ein Schlüssel zum Erfolg ist der ergebnis- statt anwesenheitsorientierte Umgang mit Arbeitszeit.In den meisten Unternehmen wird der Wirtschaftlichkeit des Arbeitszeiteinsat-3


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>2. Das „Besetzungszeit-Puzzle“ – von der flexiblen Tagesarbeitszeit bis zumSchichtbetriebGrundvoraussetzung für einen ergebnisorientierten Arbeitsstil ist der Verzicht auf vomjeweiligen Besetzungsbedarf unabhängige persönliche Anwesenheitspflichten zu bestimmtenTageszeiten – gleich ob in Verwaltung oder Produktion. Vielmehr geht es darum,die individuellen Arbeitszeiten wie die Teile eines Besetzungszeit-Puzzles zu sehen,das gemäß den Kundenanforderungen – und immer unter Vermeidung unnötigen Arbeitszeitverbrauchs– stets neu zusammengesetzt werden muss.Entscheidende Vorgabe ist zunächst also der Besetzungsbedarf – der mit der Vertragsarbeitszeitrein gar nichts zu tun hat: Schließlich richten sich die Kundenanforderungennicht danach, auf welche Arbeitszeitdauer sich die Tarif- oder Arbeitsvertragsparteiengeeinigt haben. Folgerichtig können diese Anforderungen auch nicht allein durch persönlicheAnwesenheitspflichten erfüllt werden, sondern am besten durch die Vorgabe undkonsequente Umsetzung teamorientierter Besetzungs- oder Leistungsvorgaben.• In „indirekten“ Bereichen (Verwaltung, Vertriebsinnendienst, Instandhaltung u.a.) fällteine solche Vorgabe mitunter insofern schwer, als Tätigkeiten weder inhaltlich nochzeitlich genau beschreibbar sind. Eine Entscheidungsfindung unter Einbeziehung derBeteiligten kann hier sowohl Klarheit als auch Akzeptanz schaffen. Die Umsetzungder einmal gefundenen Besetzungsvorgaben gestaltet sich dann meist relativ unproblematisch,weil in aller Regel Spielräume für eigenverantwortliche Aufgabenerledigunggegeben sind – oder diese sogar gefordert ist – und hierbei meist auch gewissezeitliche Verschiebungsmöglichkeiten bestehen, so dass etwa kurzfristige Auftragsspitzennicht unmittelbar auf die Tagesarbeitszeit durchschlagen.Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten kommt es bei der Umsetzung der Besetzungsvorgabenin indirekten Bereichen vor allem darauf an, reine Bereitschaftszeitenzu vermeiden – also Zeiten, in denen „sicherheitshalber“ Mitarbeiterpräsenz vorgehaltenwird, ohne dass ein entsprechendes Arbeitsvolumen vorliegt. Neben der Standardisierungvon Arbeitsabläufen – um die individuelle Einsatzflexibilität zu fördern unddamit auch das Leerzeitenrisiko zu verringern – und einer ausdrücklichen Orientierungaller Beteiligten auf das Ziel der Vermeidung von Leerzeiten ist hierfür auch einegewisse Risikobereitschaft der Führungskraft erforderlich. Diese setzt wiederum voraus,dass etwaige kleine Verzögerungen des Arbeitsablaufes infolge mangelnder besetzungsmäßiger„Sicherheitspolster“ nicht gleich zur Suche nach dem Schuldigenführen.• In „direkten“ (z.B. Produktions-)Bereichen mit klaren Besetzungsanforderungen und inder Regel über die Tagesarbeitszeit hinausgehendem Besetzungszeitbedarf ist dieBestimmung des Besetzungsbedarfs auf den ersten Blick vergleichsweise einfach,soweit er aus technischen und auftragsbezogenen Anforderungen abgeleitet werdenkann. Eine häufige Schwierigkeit besteht hier jedoch darin, beim Umgang mit nichtplanbaren Einflussgrößen (plötzliche Auftragsschwankungen, technische Störungen,Grippewelle) die richtige Mitte zu finden: Je mehr die Führungskräfte in der Produktionbestrebt sind, sich gegen alle Eventualitäten doppelt und dreifach abzusichern,desto mehr werden sie dazu neigen, von vornherein entsprechende Sicherheitsreservenin die Besetzungsvorgaben einzubauen – mit der Folge kostspieliger Überbeset-5


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>zung. Und auch hier sollten bei der Umsetzung der Besetzungsvorgaben die betreffendenMitarbeiter immer einbezogen werden, wenn die neuen Arbeitszeiten Verhaltensumstellungennotwendig machen. Kurzfristig schwankende Besetzungsbedarfebeispielsweise stellen hohe Anforderungen an die persönliche Flexibilität. Dies musszum einen erklärt und begründet werden. Zum anderen sollte man aber auch versuchen,durch Team- bzw. Stellvertretungsorganisation die persönlichen Flexibilitätsanforderungenbestmöglich abzupuffern und diese Anforderungen nach Möglichkeitdurch erweiterte persönliche Gestaltungsoptionen bei der Arbeitszeit auszubalancieren.Im Folgenden soll es zunächst um die Möglichkeiten flexibler Tagesarbeitszeitgestaltunggehen, anschließend um flexible Gestaltungsoptionen im Schichtbetrieb.2.1. Flexible Tagesarbeitszeit: Grundmodell „Servicezeit im Team“Gerade in „indirekten“ Bereichen bis hin zur Instandhaltung hat sich bei der kunden- undbedarfsorientierten flexiblen Arbeitszeitgestaltung eine Vorgehensweise bewährt, die aufeine teaminterne Verständigung über das jeweilige Serviceversprechen und die Servicezeitsetzt, innerhalb derer man dieses Versprechen gegenüber externen und internenKunden hält. Kern dieses Servicezeiten-Konzepts ist es, auf der Basis fortlaufenderTeamabsprache die Standardleistungen der jeweiligen Organisationseinheit auch dannzu garantieren, wenn der einzelne Mitarbeiter nicht anwesend ist. Damit nehmen entgegendem ersten Eindruck – Servicezeiten sind schließlich, weil kundenorientiert festzulegen,häufig länger als die meist einheitliche Festarbeitszeit oder Kernzeit, die sie ablösen– auch die persönlichen Freiheitsgrade der einzelnen Teammitglieder zu, und eine insoweitgemeinsame Aufgabenerledigung tritt an die Stelle einer personenorientierten – undentsprechend schwerfälligen – Ablauforganisation.Schaubild 2 zeigt die wesentlichen Elemente des Servicezeit-Konzepts:6


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 2• Ausgangspunkt ist die Servicezeit selbst, die grundsätzlich gemäß den Erwartungender externen und internen Kunden der Organisationseinheit festzulegen ist, wobei jedochauch wirtschaftliche Gesichtspunkte (wie die Vermeidung von Zuschlägen) unddie Arbeitszeit-Wünsche der Mitarbeiter zu berücksichtigen sind. Schon die in allerRegel angestrebte durchgehende Erreichbarkeit auch während der individuellen (Mittags-)Pausenzeiten kann hierbei Verhaltensumstellungen erfordern: Dann kann z.B.nicht mehr die ganze Abteilung geschlossen Essen gehen, und das Telefon muss beieigener Abwesenheit konsequent weitergeschaltet werden.Wem das zu banal klingt, der möge einmal darauf achten, wie viele Abteilungen seinerexternen und internen Ansprechpartner er beispielsweise in der Mittagszeit telefonischnicht erreicht. Bereits das Sicherstellen einer qualifizierten Erreichbarkeit plusdas zuverlässige Einhalten von Erledigungs- oder Rückrufvereinbarungen – sieheden folgenden Punkt – wird von vielen Kunden sehr positiv registriert!• Das Serviceversprechen, das – in der Verantwortung der Führungskraft – die jeweiligeOrganisationseinheit ihren Kunden gibt, umfasst die Standardleistungen, derenunmittelbare Erbringung während der Servicezeit garantiert wird und die demzufolgegrundsätzlich von jedem Teammitglied erbracht werden müssen. Dies sind beispielsweiseAuskünfte zu Produkten und Dienstleistungen, die Entgegennahme und sofortigeBearbeitung von Bestellungen und einfachen Aufträgen und die Vereinbarungvon Erledigungs- oder zumindest Rückrufterminen für über die Standardleistungenhinausgehende, besondere Qualifikation, Erfahrung, Entscheidungskompetenz oderKundenkenntnis erfordernde „Spezialleistungen“. Um solche Spezialleistungen handeltes sich beispielsweise bei der Beantwortung einer detaillierten Produktanfragedurch den hierauf spezialisierten Verkäufer, bei der Bearbeitung einer Reklamationdurch den eigens hierfür geschulten Sachbearbeiter oder bei der Behebung einesComputerproblems durch einen entsprechenden Hard- oder Softwarespezialisten.7


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Die Definition von Serviceversprechen bringt mehr Transparenz für die Kunden undzwingt zugleich dazu, eingefahrene Abläufe kundenorientiert zu überdenken. Sie bietetso (hoffentlich) willkommene Ansatzpunkte für die Vereinfachung und Straffungder Organisation und das Weglassen nicht zwingend erforderlicher Aufgaben, dennsie schärft den Blick für Prioritäten: Was sollte möglichst sofort erledigt werden – undwas eben gerade nicht? Auch wenn die Kundenerwartungen bei der Definition desServiceversprechens immer im Vordergrund stehen müssen: Meist liegt der Gewinnfür den eigenen Betrieb sogar noch über den kundenseitig erlebbaren Verbesserungen.Und nicht zuletzt profitieren die Teammitglieder: von der nunmehr klar formuliertenLeistungserwartung des Arbeitgebers wie auch vom Motivationseffekt dadurch,dass man nicht mehr „für den Chef“, sondern für den Kunden arbeitet (wie auch derChef!). Zugleich wird der positive Effekt der gemeinsamen Aufgabenverantwortungsichtbar – in Form individueller zeitlicher Gestaltungsspielräume.• Und schließlich muss auch die Besetzungsstärke „stimmen“, damit aus der Besetzungszeitweder eine „Besetzt-Zeit“ noch eine Leerlaufzeit wird. Servicezeitregelungen,die schematisch eine Mindestbesetzung von einem Mitarbeiter pro Organisationseinheitvorsehen, reichen in der Regel nicht aus. Denn Maßstab für die Besetzungsstärkeist die Einhaltung des Serviceversprechens. Das bedeutet auch, dass dieBesetzungsstärke die dynamischste der drei Komponenten des Servicezeit-Konzeptsist.2.2. Flexible Schichtplangestaltung – und mögliche AlternativenWo – insbesondere aufgrund der abzudeckenden täglichen Besetzungszeitspanne, möglicherweisein Verbindung mit einer bedarfsabhängig auf 6 oder gar 7 Tage erweitertenWochenbetriebszeit – teaminterne Servicezeit-Vereinbarungen nicht mehr genügen, werdenbetrieblich Pläne erstellt. Wir differenzieren hierbei zwischen drei Planungsverfahren:Schichtplan, Dienstplan und Einsatzplanung (siehe Schaubild 3). Sie unterscheidensich im wesentlichen durch die jeweiligen Möglichkeiten, komplexen Anforderungen –betrieblicher- wie mitarbeiterseits – gerecht zu werden: Der Schichtplan bietet diesbezüglichdas geringste Potenzial, die Einsatzplanung das größte, der Dienstplan steht dazwischen.Spiegelbildlich hierzu nimmt auch die Komplexität der Planungsverfahren imSchaubild von links nach rechts zu.Schaubild 38


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>• Als Schichtplan bezeichnen wir einen Plan, der sich nach x Wochen wiederholt,meist für ganze Schichtteams erstellt wird und grundsätzlich „unendlich“ durchläuft. Ereignet sich insbesondere dazu, relativ einfache und gleich bleibende Besetzungsanforderungenabzudecken. Die Vertretung von Ausfallzeiten – etwa infolge von Urlauboder Krankheit – sowie Abweichungen vom Schichtplan – etwa in Gestalt kurzfristigerAn- oder Absage von Schichten, um betrieblichen Flexibilitätsanforderungen zu entsprechen– erfolgen dann nach jeweils festzulegenden Regeln, können aber bereitsdurch eine entsprechende Auslegung des Schichtplans unterstützt werden (so dassz.B. potenzielle Absageschichten nicht zu ungünstigen Schichtfolgen führen).Insbesondere bei komplexen und/oder stark schwankenden Besetzungsanforderungenkann ein Schichtplan jedoch ungeeignet sein: Wenn Abweichungen die Regelsind, behindert die „Schichtplan-Illusion“ – dass der Normalfall im geradlinigen Abarbeitendes einmal festgelegten Schichtplans bestehe – die erforderliche Anpassungder Arbeitszeit an die jeweiligen Kundenanforderungen. In solchen Fällen können sichDienstpläne oder eine immer wieder neu vorzunehmende Einsatzplanung empfehlen.• In einem Dienstplan stehen Dauer und zeitliche Lage der zu besetzenden Dienste –zumindest großenteils – länger im Voraus fest, ihre Verteilung auf die jeweils verfügbarenMitarbeiter wird aber immer wieder neu geplant. Dienstpläne findet man vor allemdort, wo es um die Abdeckung absehbar schwankender Besetzungsanforderungenüber den Tag („Bedarfsgebirge“) geht, die unterschiedliche Dienstzeiten und -dauern erfordern: Dann wird beispielsweise jeweils mit zwei Wochen Vorlauf für dennächsten Kalendermonat geplant, wer zum Beispiel die in Lage und Dauer unterschiedlichenFrühdienste F1 – Fx besetzt (analog für alle anderen Dienstlagen). Hierbeiverzichtet man in der Regel auf ein rollierendes Einteilungsmuster: Die differenziertenDienste lassen sich am besten mittels einer personenbezogenen Planerstellungbesetzen, was eine Berücksichtigung der planbaren Ausfallzeiten – etwa des Erholungsurlaubs– bereits im Rahmen der Planerstellung einschließt.9


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Auf diese Weise können auch individuelle Zeitwünsche der Mitarbeiter von vornhereinberücksichtigt werden, soweit sie sich mit den Besetzungsanforderungen und denZeitinteressen der Kollegen vertragen. Und bei Bedarf können Dienste auch einmaldoppelt oder dreifach besetzt oder für eine Dienstplanperiode ganz weggelassenwerden, um Schwankungen des Arbeitsanfalls zu berücksichtigen.• Bei der Einsatzplanung ist dagegen nichts von vornherein festgelegt – wederSchicht- oder Dienstzeiten noch bestimmte Schichtenfolgen o.ä. –, sondern sie erfolgtimmer wieder „von Grund auf“ neu. Das macht Arbeit – aber dafür ist man in der Lage,den voraussichtlichen Besetzungsbedarf auch dann passgenau abzudecken,wenn dieser sich immer wieder ändert, ohne auf irgendwelche Regelmäßigkeiten o-der Gewohnheiten (die sich in Schichtplänen und in gewissem Umfang auch inDienstplänen schnell einspielen) Rücksicht nehmen zu müssen. Es muss also vonkeinem Schema mehr abgewichen werden, einfach weil es kein Schema gibt. Mit derDienstplanerstellung gemeinsam hat die Einsatzplanung allerdings, dass auch sie einPlanungsverfahren ist; d.h. es gibt immer einen zeitlichen Planungsvorlauf (etwa, wieauch bei Dienstplänen häufig, bis Mitte des Monats für den Folgemonat).Auch bei der Einsatzplanung baut man planbare Abwesenheitszeiten wie den Erholungsurlaubvon vornherein mit ein. Und selbst immer wieder neue individuelle Zeitwünscheder Mitarbeiter können im größtmöglichen Umfang berücksichtigt werden –wobei die Planerstellung allerdings schnell einen hohen Komplexitätsgrad erreicht.Deshalb werden in größeren Organisationseinheiten, die eine solche Einsatzplanungvornehmen (etwa in vielen Call Centern), häufig Computerprogramme zur Unterstützungdieser Einsatzplanung verwendet. Solche Programme sind nach dem heutigenStand der Technik auch in der Lage, Zeitwünsche der Mitarbeiter weitest möglich zuberücksichtigen bzw., soweit dies objektiv nicht machbar ist, für einen fairen zeitlichen„Vor- und Nachteilsausgleich“ zwischen den einzelnen Mitarbeitern zu sorgen.Von den vorgestellten drei Alternativen ist der Schichtplan demnach die voraussetzungsreichste,weil hier am meisten Regelhaftigkeit hinsichtlich der Besetzungsanforderungenunterstellt wird. Deshalb scheint uns der Trend in Schaubild 3 eher nach rechts zu gehen(die Pfeile sollen dies andeuten). Andererseits bietet der Schichtplan eben auch erheblicheVereinfachungspotenziale – und Vereinfachung ist gerade bei einem komplexitätsträchtigenThema wie der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung durchaus ein Wert an sich.Im übrigen darf Komplexität auch nicht mit Flexibilität verwechselt werden: Es wäre einTrugschluss anzunehmen, Einsatzplanung zeichne sich durch ein Maximum an Kurzfrist-Flexibilität aus. Letztere ist ein gesondertes Thema und wird jedes Planungsverfahrenergänzen müssen, um zu anforderungsgerechten Lösungen zu kommen. (Die wichtigstenfür Schichtpläne in Betracht kommenden „Flexi-Spielregeln“ sind im folgenden Kapitelunter Schritt 3 dargestellt; für Dienst- und Einsatzpläne lassen sich entsprechende Flexibilisierungs-Möglichkeitenanalog entwickeln.)2.3. Der Weg zum einfachen flexiblen SchichtsystemAufgrund ihrer Einfachheit eignen sich Schichtpläne besonders gut dafür, das methodischeVorgehen von der Personalbedarfsermittlung bis hin zum fertigen Plan und zu Möglichkeitenseiner Flexibilisierung zu veranschaulichen. In den folgenden 4 Schritten wirddeshalb anhand von drei Modellbeispielen gezeigt, wie sich einfache flexible Schichtpläneaus Besetzungsanforderungen entwickeln lassen. Auch wenn die eigene Betriebsrea-10


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>lität häufig komplexer ist, wird man erfahrungsgemäß mit einem analogen Durchlaufendieser Schritte auch bei anderen Ausgangsdaten und Rahmenbedingungen zu Ergebnissenkommen – wenn auch vielleicht nicht gleich beim ersten Mal in der gewünschten Perfektion.Sollte man sich dagegen in Richtung Dienst- oder Einsatzplanung orientieren, so wird eszum einen komplexer, gleichzeitig aber häufig auch einfacher:• Bei der Dienstplanung geht es zunächst vor allem um die Definition der einzelnenDienste; zur anschließenden fortlaufenden Planerstellung wird man sich, jedenfallsbei komplexeren Aufgabenstellungen, zweckmäßigerweise entsprechender PC-Planungstools bedienen. Einfache Planungs- wie auch andere Tools können übrigensvon unserer Internetseite www.arbeitszeitberatung.de kostenlos heruntergeladenwerden.• Bei der Einsatzplanung steht die Erfassung und Abbildung des annahmegemäß sehrkomplexen Besetzungsbedarfs im Vordergrund. Danach kann bei kleineren Einheitendurchaus eine teamgesteuerte Planung der persönlichen Einsatzzeiten die beste undobendrein kostengünstigste Lösung sein – auch hierzu finden Sie einfache Tools unterwww.arbeitszeitberatung.de. Soweit man aufgrund gegebener Komplexität derAufgabenstellung und/oder Größe der Organisationseinheit auf diesem Weg nichtweiterkommt, wird auf marktgängige Softwarelösungen zurückzugreifen sein.Für welche Planungsalternative man sich auch entscheidet – die (seit langem praktischunveränderten) arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen für die Schichtplanung, wie sieder entsprechenden Fachliteratur entnommen werden können, sollten hierbei die erforderlicheBeachtung finden. Schaubild 4 fasst diese Empfehlungen zusammen.Schaubild 4Nun aber zu den 4 Schritten zum einfachen flexiblen Schichtsystem.11


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schritt 1 – Personalbedarf ermittelnZu allererst muss bestimmt werden, zu welchen Zeiten und in welcher Besetzung im jeweiligenBetrieb bzw. Betriebsbereich Arbeitsplätze besetzt sein müssen. Der tatsächlicheBesetzungsbedarf – und nicht die Vertragsarbeitszeit! – ist also die Ausgangsgrundlagefür alle weiteren Schritte zum bedarfsgerechten Schichtsystem. „Wie lange (sollendie betreffenden Arbeitsplätze bzw. Funktionen besetzt werden)?“ und „Wie viele (Mitarbeitersind zur Sicherstellung einer anforderungsgerechten Besetzung dieser Arbeitsplätzebzw. Funktionen jeweils erforderlich)?“ lauten die beiden Ausgangsfragen – zu stellenund zu beantworten zweckmäßigerweise für eine durchschnittliche Woche (den an dieserStelle nach wie vor handlichsten aller Betrachtungszeiträume).Bei schwankendem Besetzungsbedarf – etwa infolge ausgeprägter Saisonalität und/oderhoher Flexibilitätsanforderungen – müssen in diesem Zusammenhang zunächst die minimaleund maximale Besetzungsanforderung ermittelt werden. Vor allem letztere spielt –als „Stresstest“ für das zu erarbeitende Schichtmodell - eine wichtige Rolle bei dessenEntwicklung.Aus den zu besetzenden Zeiten müssen sodann Arbeitsschichten werden. Deren Anzahlund Lage wirkt sich auf Pausen- wie eventuelle Überlappungszeitbedarfe aus, und beidesbeeinflusst den Personalbedarf. Und schließlich wird die jeweils im Durchschnitt zu erreichendeWochenarbeitsstundenzahl benötigt – wobei die folgenden Beispiele aus Vereinfachungsgründendiesbezüglich von einheitlichen Werten ausgehen, d.h. unterschiedlicheindividuelle Vertragsarbeitszeiten nicht berücksichtigen.Die genannten Daten werden sodann in eine einfache Formel – Schaubild 5 – eingesetzt,um zunächst den jeweiligen Netto-Personalbedarf (also den Personalbedarf vor zu vertretendenAusfallzeiten) zu ermitteln.Schaubild 512


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Beispiel 1: 8 Arbeitsplätze sollen montags bis freitags immer von 6:00 bis 23:00 besetztwerden. Hinzu kommt gelegentliche Samstagsarbeit je nach Bedarf, die maximal von6:00 bis 18:00 dauern kann. Im längerfristigen Durchschnitt rechnet man mit einer erforderlichenSamstagsbesetzung von 6 Stunden bei gleicher Besetzungsstärke wie an denübrigen Werktagen.Die Besetzungszeit montags bis freitags soll in zwei gleich lange Schichten à 8,5h unterteiltwerden, samstags sind bedarfsabhängig bis zu zwei pausenfreie 6h-Schichten vorgesehen.Schichtüberlappungen sind nicht erforderlich, die – unbezahlte – Pausenzeitpro Schicht Montag – Freitag wird mit dem gesetzlichen Mindestmaß von jeweils einerhalben Stunde angesetzt, so dass die Arbeitszeit an diesen Tagen pro Schicht 8h beträgt. Der durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeitbedarf abzüglich der Pausenzeiten beträgtdamit 10x8h [Früh- und Spätschichten Mo-Fr] + 6h [Frühschicht Sa] = 86h/w. Diedurchschnittlich eingeteilte Arbeitszeit soll 38h/w betragen.Hieraus ergibt sich ein rechnerischer Netto-Personalbedarf von 86/38 = 2,26 Mitarbeiternje zu besetzendem Arbeitsplatz, für alle 8 Arbeitsplätze also von 2,26x8 = 18,08 Mitarbeitern(alle [Zwischen-]Ergebnisse auf zwei Stellen gerundet).Beispiel 2: Hier ist eine durchgehende Besetzungszeit von sonntags 22:00 bis samstags22:00 erforderlich. Zwischen 22:00 und 6:00 müssen dabei immer nur 6 der insgesamt 8Arbeitsplätze besetzt sein.Wie weithin üblich, soll die 24h-Besetzung durch drei gleich lange Schichten abgedecktwerden. Die jeweils halbstündigen gesetzlichen Mindestpausenzeiten pro Schicht sollenhierbei auf so genannte Kurzpausen angemessener Dauer (die gemäß § 7 Abs. 1 Ziff. 2Arbeitszeitgesetz durch eine entsprechende tarifvertragliche Regelung ermöglicht werdenkönnen) aufgeteilt und als Arbeitszeit bezahlt werden. Pro Schicht ist eine Übergabezeitvon 10 Minuten vorgesehen, die an den Schichtbeginn gelegt wird und der Einfachheithalber auch in der ersten Schicht der Woche enthalten ist; jede Schicht dauert damit 8h10min. Die durchschnittlich eingeteilte Arbeitszeit soll 40h/w betragen.Damit ergibt sich pro Woche ein rechnerischer Arbeitszeitbedarf von 6x8h 10min [FrühschichtMo-Sa] + 6x8h 10min [Spätschicht Mo-Sa] + 6x8h 10min*0,75 [die ausgedünnt zubesetzenden Nachtschichten So-Fr dürfen nur zu 75% angerechnet werden!] =134,75h/w. Der Netto-Personalbedarf beträgt demnach 134,75/40 = 3,37 Mitarbeiter je inder Früh- und Spätschicht zu besetzendem Arbeitsplatz, insgesamt also 3,37x8 = 26,96Mitarbeiter (alle [Zwischen-]Ergebnisse auf zwei Stellen gerundet).Beispiel 3: Während ¾ des Jahres (Normalphase) wird an 12 Arbeitsplätzen eine 5-tägige Betriebswoche Mo-Fr mit einer arbeitstäglichen Besetzungszeit von 6:00 bis 15:00benötigt. In der restlichen Zeit (Saison) ist eine 6-tägige Betriebswoche Mo-Sa erforderlich,in der sämtliche Arbeitsplätze montags bis freitags jeweils in zwei gleich langenSchichten (ohne Überlappung) von 6:00 bis 24:00 und samstags von 6:00 bis 15:00 besetztsein sollen. Die – unbezahlte – Pausenzeit wird jeweils mit dem gesetzlichen Minimumangesetzt. Es soll eine jahresdurchschnittliche Arbeitszeit von 37,5h/w erreicht werden.Während der Normalphase beträgt der wöchentliche Arbeitszeitbedarf abzüglich derPausenzeiten damit 5x8,5 = 42,5h/w, während der Saison 6x8,5 [Frühschicht Mo-Sa] +5x8,5 [Spätschicht Mo-Fr] = 93,5h/w. Jahresdurchschnittlich ergibt sich hieraus ein rechnerischerArbeitszeitbedarf von (3x42,5 + 93,5) : 4 = 55,25h/w. Der rechnerische Netto-Personalbedarf beträgt demnach jahresdurchschnittlich 55,25/37,5 = 1,47 Mitarbeiter je13


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Arbeitsplatz bzw. bei 12 Arbeitsplätzen 1,47x12 = 17,64 Mitarbeiter (alle [Zwischen-]Ergebnisse auf zwei Stellen gerundet).Schon jetzt ist damit klar, dass die Saison, die ja montags bis freitags zwei voll besetzteSchichten pro Tag erfordert, nicht durch Stammmitarbeiter abgedeckt werden kann, sonderndass hier zusätzlich externe Kräfte einbezogen werden müssen. Für die Erarbeitungeines passenden Arbeitszeitsystems hat dies nun zur Folge, dass zunächst noch einmalder rechnerische Personalbedarf überprüft werden muss: Denn wenn man in Spitzenlastzeitenmit Externen arbeitet, dürfen diese natürlich nicht in den Personalbedarf eingerechnetwerden, der sich ja immer auf während des gesamten Betrachtungszeitraumsbeschäftigte Mitarbeiter bezieht. Soll der Anteil letzterer nun (bei in diesem Beispiel allerdingsannahmegemäß vollständig extern zu vertretenden Ausfallzeiten; siehe den folgendenPunkt) möglichst hoch sein – etwa aus Qualifikationsgründen –, dann wären währendder Saison die Stammmitarbeiter gleichmäßig auf die dann erforderlichen zweiSchichten zu verteilen, wobei jeder dieser Mitarbeiter abwechselnd eine 6-Tage-Frühschichtwoche und eine 5-Tage-Spätschichtwoche abzuleisten hätte. Dies ergäbedann folgenden korrigierten Netto-Personalbedarf:Planmäßige Arbeitszeit in der Normalphase: 42,5h/wPlanmäßige Arbeitszeit in der Saison: 93,5/2 = 46,75h/w Durchschnittswert: (3x42,5 + 46,75) : 4 = 43,56h/w Personalbedarf pro Arbeitsplatz: 43,56/37,5 = 1,16 Mitarbeiter, bei 12 Arbeitsplätzenalso 1,16x12 = 13,92 Mitarbeiter (alle [Zwischen-]Ergebnisse auf zwei Stellen gerundet).In der Saison müssen also vorübergehend noch weitere 10 Mitarbeiter (netto, d.h. ohneBerücksichtigung von Ausfallzeiten) eingesetzt werden – 5 in jeder Schicht –, wenn sämtliche14 Stammkräfte (7 in jeder Schicht) planmäßig anwesend sind.Geänderte Vorgaben wirken sich natürlich auf dieses Ergebnis aus: So kann man etwazu dem Schluss gelangen, dass eine derart hohe Beanspruchung der Stammmitarbeiterwährend der Saison – immerhin müssen sie gemäß den oben getroffenen Annahmenwochenweise abwechselnd 5 und 6 Tage arbeiten – nicht zumutbar ist. Ein entsprechendhöherer Anteil an Externen während der Saison (und eine erneute Berechnung des Personalbedarfs)wäre die Folge. Oder aber man versucht, möglichst viele Stammmitarbeiterauf Jahres-Teilzeitbasis zu beschäftigen – also mit möglichst hohen Arbeitszeiten in derSaison und möglichst geringen Arbeitszeiten (vielleicht auch längeren Freizeitblöcken) inder übrigen Zeit des Jahres. Auch dann wäre selbstverständlich eine Korrektur des errechnetenPersonalbedarfs erforderlich.Nun muss der errechnete Netto-Personalbedarf mit dem ggf. erforderlichen „Brutto-Aufschlag“ zur Abdeckung von Ausfallzeiten wie Urlaub und Krankheit versehen werden.Dabei sind aber nur die Ausfallzeiten anzusetzen, die zu zusätzlichem Arbeitszeitbedarfführen, weil sie innerhalb des Arbeitszeitsystems vertreten werden sollen. Insbesonderekurzerkrankungsbedingte Ausfallzeiten müssen nicht zwangsläufig in diese Berechnungmit eingehen: Sie werden häufig am besten durch vorübergehende Besetzungsausdünnung(„es muss heute mit einem weniger gehen“) bzw., soweit dies nicht möglich ist,durch flexiblen Einsatz anderer Mitarbeiter (oder „notfalls“ auch Führungskräfte) kompensiert.14


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Dem Thema „Vertretung kurzerkrankter Mitarbeiter“ sollte vor allem bei der praktischenUmsetzung des neuen Arbeitszeitsystems Aufmerksamkeit geschenkt werden: Jede errechneteKrankenquote hat das Manko, praktisch nie zu stimmen (wie soll beispielsweisein einem Team von 7 Mitarbeitern 4% Krankheit tatsächlich – und nicht nur als Durchschnittswert- erreicht werden?). Deshalb kommt es hier vor allem auf eine funktionierende„Kaskade“ von möglichen Reaktionen auf einen kurzerkrankungsbedingten Mitarbeiter-Ausfallan – etwa so: Zuerst versucht man, den Tag ohne den betreffenden Kollegenauszukommen; danach wird Team Y um Unterstützung gebeten, danach Bereich Z; wenndies alles nicht zum Erfolg führt, vertritt die zuständige Führungskraft den Mitarbeiter füreinen Tag und veranlasst, dass für die folgenden Tage ein Leiharbeitnehmer engagiertwird. Auf dieser Grundlage kann man dann auch besser abschätzen, ob und ggf. in welchemUmfang die Krankenquote in die Berechnung des Brutto-Personalbedarfs eingehensoll.In den Beispielen 1 und 3 soll vorgabegemäß keine Reserve eingeplant werden: DieHaupturlaubszeiten sowie größere Lücken überbrückt man mit Aushilfen oder Leiharbeitnehmern(wobei in Beispiel 3 die Stammmitarbeiter ihre Urlaube möglichst außerhalb derSaison nehmen sollten, um die dann ohnehin schon hohe Quote externer Kräfte nichtnoch weiter zu erhöhen), und die übrigen Ausfallzeiten werden durch entsprechendeVerschiebung von zeitlich variablen Aufgaben aufgefangen.In Beispiel 2 soll eine Ausfallzeitenquote in Höhe von 13% aus dem System heraus vertretenwerden: Neben dem mit ca. 11,5% anzusetzenden Urlaub (6 von durchschnittlich52,18 Kalenderwochen pro Jahr = rund 11,5%) sind gelegentliche Schulungen sowie Betriebsrats-Freistellungenhierin enthalten. Alle weiteren Ausfallzeiten werden bei Bedarfmittels funktions-, bereichs- und hierarchieübergreifendem flexiblen Mitarbeitereinsatzvertreten. Damit ergibt sich gemäß der Formel in Schaubild 5 ein Brutto-Personalbedarfvon 3,37 / 0,87 = 3,87 Mitarbeitern je in der Früh- und Spätschicht zu besetzendem Arbeitsplatzbzw. von insgesamt 3,87x8 = 30,96 Mitarbeitern (alle [Zwischen-]Ergebnisseauf zwei Stellen gerundet).Schritt 2: Zahl der Schichtteams festlegen; Schichtplan entwickelnBevor ein Schichtplan erstellt werden kann, muss entschieden werden, wie viele Schichtteamses geben soll. Grundsätzlich sollte ihre Zahl mindestens der Zahl der pro Tag zubesetzenden Schichten (Schichtlagen) entsprechen (sonst müssten die Schichtteamssich fortlaufend zwischen den Schichtlagen aufteilen), wobei die Teamstärke grundsätzlichmindestens der Zahl der gleichzeitig zu besetzenden Arbeitsplätze entsprechen sollte(sonst müssten die Teams regelmäßig schichtgruppenübergreifend tätig werden).In der Praxis hat es sich bewährt, vorzugsweise weniger und dafür entsprechend größereSchichtteams vorzusehen als mehr und dafür entsprechend kleinere (der schichtsystemunabhängigermittelte Personalbedarf wird hiervon grundsätzlich nur durch entsprechendeRundungseffekte beeinflusst; allerdings kann es aus anderen Gründen – z.B. dieeventuelle Vorgabe, dass pro Schichtteam immer eine „unproduktive“ Führungskraft einzuplanenist – zu Unterschieden hinsichtlich Personal- bzw. Qualifikationsbedarf kommen):Die schicht(team)interne Flexibilität ist dann größer, und außerdem verteilt sich dieBesetzungszeit auf weniger Schichtbelegschaften – mit der Folge, dass die zunächstplanmäßig eingeteilte Arbeitszeit höher ist, was wiederum dazu führt, dass die erforderli-15


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>che systematische Feinsteuerung des Modells im wesentlichen in Abwesenheitssteuerungbesteht.Bei der Entwicklung des Schichtplans geht man in der Regel von einer Schichtzyklusdauerin Wochen aus, die der Anzahl der Schichtteams entspricht. Über eine dementsprechendfestgelegte Anzahl von Wochen laufende Schichtpläne werden kalendarischeSchichtpläne genannt – im Unterschied zu so genannten arithmetischen Schichtplänen,die über eine bestimmte Zahl von Tagen laufen (z.B. 6 Tage Arbeit, 3 Tage frei; dannwieder von vorn), nur im 7-Tage-Betrieb vorkommen und – als sehr spezielle Schichtplan-Form – in der betrieblichen Praxis insgesamt eine vergleichsweise geringe Rolle spielen,weswegen sie hier auch nicht näher vorgestellt werden.Beispiel 1: Die 18 Mitarbeiter werden in zwei Teams geteilt, die wochenweise Früh-/Spät-Wechselschicht arbeiten. Der Samstag wird bedarfsabhängig mit regulärer Arbeitszeitbelegt; wie dies am besten geschieht, wird in Schritt 3 („Flexi-Spielregeln vereinbaren“)gezeigt.Um den Besetzungsanforderungen gerecht zu werden, muss – bei annahmegemäß 8 zubesetzenden Arbeitsplätzen – an allen Arbeitstagen immer eines der 9 Teammitgliederplanmäßig abwesend sein. Die hierfür erforderlichen individuellen freien Tage könnennun rollierend verplant werden – was im vorliegenden Beispiel bedeuten würde, dass fürden einzelnen Mitarbeiter innerhalb eines erweiterten Schichtplanzyklus´ von 18 Wochen(entsprechend der Zahl der Mitarbeiter) jede planmäßige Arbeitsschicht einmal frei ist –,oder ihre Verteilung wird der Absprache innerhalb des jeweiligen Schichtteams überlassen.Wir geben grundsätzlich der zweiten Möglichkeit den Vorzug – auch, weil Freie-Tage-Rollierschemata über einen längeren Schichtplanzyklus hinweg vergleichsweise umständlichzu handhaben sind. Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen schichtteaminternenAbstimmung sind aber klare Regeln. Bewährt hat sich hierbei das so genannteZeitfenster: An allen Besetzungstagen sind planmäßige Abwesenheitsvorgaben(=Zeitfenster) definiert, die in Teamabsprache mit individuell arbeitsfreien Tagen belegtwerden müssen. Gesteuerte Zeitkonten (siehe Kapitel 3.1.) schaffen den Rahmen dafür,dass im Lauf der Zeit alle Mitarbeiter in gleichem Umfang solche freien Tage nehmen;Zeitkonten-„Ausreißer“ müssen durch entsprechende Zeitkontensteuerung seitens derFührungskraft wieder „eingefangen“ werden. Schaubild 6 enthält die Prinzipdarstellungeines entsprechenden Zeitfenster-Modells, Schaubild 7 zeigt in verallgemeinerter Form(d.h., auch einschließlich des in diesem Beispiel nicht zu betrachtenden Urlaubs) einemögliche Prioritätenfolge, nach der die Belegung der Zeitfenster in Teamabsprache erfolgenkönnte: Sollte eine Abwesenheitsvorgabe keinen „Abnehmer“ finden, dann ist automatischdas Teammitglied mit dem höchsten Zeitkontensaldo an der Reihe.Beispiel 2: Hier werden drei Schichtteams à 10 Mitarbeiter gebildet. Hinzu kommt ein 31.Mitarbeiter – entweder als separater Springer oder einem der drei Schichtteams als 11.Teammitglied zugeordnet, wobei dann bei Bedarf z.B. auch wochenweise Vertretungseinsätzeaus diesem etwas stärker besetzten Schichtteam in den beiden anderen vorzusehenwären.Auch hier liegt eine Zeitfenster-Planung nahe – schon weil der Urlaub sich erfahrungsgemäßnicht in ein Rolliersystem einfügen lässt, ohne die Mitarbeiter diesbezüglich deutlichstärker einzuengen, als sie es akzeptabel finden. An jedem Betriebstag sind in FrühundSpätschicht dann jeweils zwei Zeitfenster zu belegen, nachts vier. Vor allem letzteredienen dem Zeitkontenausgleich, denn die beiden Zeitfenster in der Früh- und Spät-16


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>schicht werden vorrangig für die Urlaubsnahme und die in den 13% Ausfallzeitenquoteenthaltenen Freistellungen benötigt: Speziell der Urlaub kann ja nicht nur in der Nachtschichtwochegenommen werden, weil er typischerweise mehr als eine Woche umfasst;und bei gleichmäßiger Verteilung der hier angenommenen individuell 6 Urlaubswochenübers Jahr ist von jeweils 10 Mitarbeitern immer mindestens einer urlaubsbedingt abwesend.Das Schichtplanbeispiel in Schaubild 8 veranschaulicht das Grund-Schichtmodell sowieden Planungsrahmen für Zeitfenster und Vertretungsschichten. Der Grund-Schichtplansieht zwar relativ „hart“ aus; wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass jeder Mitarbeiterdurchschnittlich eine „Zeitfenster“-Freischicht pro Woche nimmt, relativiert sich diesererste Eindruck deutlich: Durchschnittlich kommt der Mitarbeiter auch in diesem Systemnicht auf mehr als 5 Arbeitstage pro Woche.Beispiel 3: Hier wird für ¾ des Jahres ein einfacher Grund-„Schichtplan“ mit individueller5-Tage-Woche und 8,5h Arbeitszeit pro Tag benötigt, wobei von den errechneten netto14 Mitarbeitern ja immer nur 10 planmäßig anwesend sein müssen. D.h., auch hier gehtes nun um die Steuerung der individuellen Abwesenheiten so, dass nie mehr als 10 Mitarbeiteranwesend sind. Für das restliche Viertel des Jahres – die Saison – müssen die14 Mitarbeiter dann in zwei Schichtteams à 7 Mitarbeiter aufgeteilt werden, und zu jedemder beiden Schichtteams kommen noch 5 weitere Leiharbeitnehmer oder Aushilfskräftehinzu (in Normal- wie Saisonphase zuzüglich der jeweils erforderlichen externen Ausfallzeiten-Vertretung).Die beiden entsprechend aufgestockten Schichtteams durchlaufendann einen Saison-Schichtplan, im dem sich – am einfachsten wochenweise – eine 6-tägige Frühschichtwoche und eine 5-tägige Spätschichtwoche mit den weiter oben genanntenSchichtzeiten abwechseln (siehe Schaubild 9; es wäre aber auch z.B. ein zweiwochenweiserWechselrhythmus – FFSS – denkbar). Sollte man allerdings, wie weiteroben bereits angedeutet, die Vorgaben noch modifizieren, wirkt sich das natürlich auchhier entsprechend aus.Schaubild 617


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 718


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 8Die genannten Beispiele haben gemeinsam, dass der jeweilige Grundplan zuviel eingeteilteArbeitszeit vorsieht; der Ausgleich erfolgt durch systematische Abwesenheitssteuerung– etwa mit Hilfe von Zeitfenstern. Dieser Weg der Entkopplung von Betriebszeit undArbeitszeit – Erstellung eines Grund-Schichtplans mit zu hoher planmäßiger Arbeitszeitplus hierauf aufsetzender systematischer Abwesenheitssteuerung – dürfte auch der meistpraktizierte sein. Ebenso ist aber auch der umgekehrte Weg denkbar: Schichtmodelle,die zuwenig eingeteilte Arbeitsstunden enthalten und damit eine Zeitreserve generieren,die beispielsweise zu Vertretungszwecken eingesetzt werden kann. Schaubild 10 zeigtein solches Beispiel aus dem vollkontinuierlichen Betrieb: Hier stehen für jede zu besetzendeSchicht innerhalb des Plans Verfügungsschichten bereit – im Schichtplan sind dasdie beiden grau hervorgehobenen Blöcke. In diesen Blöcken kann der Mitarbeiter je nachBedarf für Vertretungs- oder anderweitige Zusatzschichten in Früh-, Spät- oder Nachtschichteingesetzt werden, wodurch das im Grund-Schichtplan automatisch auflaufendeZeitkonten-Minus ausgeglichen wird: Bei 8 Stunden Arbeitszeit pro Schicht etwa sind indiesem Schichtplanbeispiel durchschnittlich 33,6 h/w fest eingeteilt. Beträgt die Vertragsarbeitszeitbeispielsweise 37,5 h/w, dann ergibt sich je 5-Wochen-Zyklus eine „Bringschuld“von 3,9 x 5 = 19,5 Stunden oder gut zwei Schichten, die dann je nach Bedarf inden Verfügungswochen abgeleistet werden kann.19


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 10Solche Minusstundensysteme ergeben allerdings nur Sinn, wenn die zusätzlich einzubringendenArbeitsstunden auch tatsächlich bedarfsgerecht im Schichtplan platziert werdenkönnen. Ist dies nicht möglich – etwa weil schichtplantechnisch bedingt nicht alleSchichten zusätzlich innerhalb des Schichtplans abgeleistet werden können –, dann bestehtein sehr großes Produktivitätsrisiko bezüglich der einzubringenden Stunden, diemöglicherweise mehr oder weniger nutzlos „abgefackelt“ werden, um die Zeitkonten auszugleichen.Im umgekehrten Fall – wenn also Zeitguthaben auflaufen und das Ausbalancierender Zeitkonten durch zusätzliche Freizeitgewährung erfolgen muss –, besteht einvergleichbares Risiko nicht: Zusätzliche Freizeit kann in jedem Schichtplan in beliebiggroßem Umfang untergebracht werden.In der betrieblichen Praxis sind Minusstundensysteme wie das in Schaubild 10 deshalbklar in der Minderheit. Sie werden vorzugsweise dann eingesetzt, wenn nur einzelne odersehr wenige Arbeitsplätze mit vergleichbaren Qualifikationsanforderungen gleichzeitig zubesetzen sind, so dass der andere Weg - Erstellung eines Grund-Schichtplans mit zuhoher planmäßiger Arbeitszeit plus hierauf aufsetzender systematischer Abwesenheitssteuerung– nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten gangbar ist. Häufig liegt hierbeidann auch ein anderes Teamkonzept zugrunde: nicht „gleichzeitig anwesend“, sondern„gemeinsam für die Besetzung eines oder mehrerer Arbeitsplätze während der gesamtenBesetzungszeit zuständig“.Schritt 3: Flexi-Spielregeln vereinbarenNeben der bedarfsgerechten Gestaltung von Schichtplänen gewinnt deren kurzfristigflexibleHandhabung immer größere Bedeutung: So hat die Flexibilisierung des Schichtbetriebesseit Anfang der 90er Jahre maßgeblich dazu beigetragen, dass auch hier dieÜberstunden als vormals einzige Flexibilisierungs-Option an Bedeutung verloren habenund weiter verlieren. Und sie hat das Thema „Erweiterung der Betriebsnutzungszeiten“,das zuvor speziell Produktionsbetriebe nach unserer Beobachtung sehr intensiv beschäf-20


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>tigte, inzwischen klar auf den zweiten Platz in der Bedeutungshierarchie der schichtspezifischenArbeitszeitthemen verwiesen.Neue oder zu überarbeitende Schichtsysteme sollten von vornherein so ausgelegt werden,dass sie neben einer anforderungsgerechten Abdeckung des jeweiligen planbarenBesetzungsbedarfs auch die erforderlichen kurzfristigen Flexibilitätspotenziale bieten –etwa zur flexiblen Einbeziehung des Samstags oder auch zur flexiblen Reduzierung vonBesetzungszeit und/oder -stärke bei kurzfristigem Auftragsrückgang.Als wichtigste Flexibilisierungsoptionen im Schichtbetrieb (im Regelfall auf Basis persönlicherZeitkonten) haben sich in der betrieblichen Praxis die folgenden herausgestellt:• Flexible An- oder Absage von Schichten – gruppenbezogen und/oder auch mitarbeiterindividuell– zur Anpassung an Schwankungen des Arbeitsanfalls oder der Personalverfügbarkeit.Gerade wenn diese Schwankungen sehr kurzfristig sind, empfiehltes sich, vorzugsweise Schichten abzusagen – nach dem Motto „kurzfristige Zusatzfreizeitstört deutlich weniger als ein kurzfristiger zusätzlicher Arbeitstag“. Dabei sollteallerdings auch das Ausnahme-Regel-Verhältnis stimmen: Schichten, die deutlichüberwiegend gearbeitet werden, eignen sich als flexible Absageschichten; Schichtenhingegen, die der Betrieb nur selten benötigt, eher als flexible Ansageschichten(80/20-Regel). Hinsichtlich der Ankündigungsfristen sollte auf die betrieblichen Planungs-und Steuerungsabläufe Bezug genommen werden – nicht zuletzt, um ein vonden Kundenanforderungen und Wirtschaftlichkeitserfordernissen losgelöstes Feilschennach dem Prinzip „Erstmal das <strong>Dr</strong>eifache fordern, um am Schluss möglichstviel zu bekommen – auch wenn es vielleicht betrieblich gar keinen Sinn ergibt“ zuvermeiden: Das Thema Arbeitszeitgestaltung eignet sich nun einmal nicht für solcheSpielchen, die am Ende womöglich zu Ergebnissen führen, die niemand mehr sachlichbegründen kann. Als übliche Mindestfrist für die Absage ganzer einzelner Schichtenhaben sich 1-2 Arbeitstage herausgestellt; Ansagefristen sind meist deutlich länger(z.B. eine Woche), zudem sind bei flexibler Schichtansage entgegen stehendedringende persönliche Belange des Mitarbeiters zu berücksichtigen.Beispiel 1: Hier wird der Samstag als Flexibilitätspuffer zur kurzfristigen Reaktion aufBedarfsschwankungen benötigt. Es könnte sich anbieten, die möglicherweise häufigerbenötigte Samstag-Frühschicht als flexible Absageschicht von vornherein mit einzuplanen,um sie bei nicht gegebenem Bedarf kurzfristig abzusagen. Die Samstag-Spätschichtkönnte demgegenüber eine flexible Ansageschicht für besondere Bedarfsspitzen sein.Gegen diese auf den ersten Blick nahe liegende Ausgestaltung könnte allerdings sprechen,dass gerade die Samstag-Spätschicht in der Regel ausgesprochen unbeliebt istund als flexible Ansageschicht möglicherweise bei den betreffenden Mitarbeitern sehrschlecht ankäme. Eine Alternative wäre, beide Samstagsschichten als flexible Absageschichteneinzuplanen (siehe aber die obige 80/20-Regel); oder man plant die Samstag-Spätschicht nur zu den Zeiten des Jahres, zu denen man sie für potenziell erforderlichhält (wenn es solche Zeiten gibt), als flexible Absageschicht ein und handhabt sie ansonstenals flexible Ansageschicht.• Flexibel gestaltbare „Zeitfenster“ zur gezielten mittel- bis kurzfristigen Feinsteuerungder Besetzungsstärke. Die Führungskraft gibt jeweils entsprechend dem erwartetenBesetzungsbedarf mit einer bestimmten Ankündigungsfrist zusätzliche stunden- odertageweise Soll-Abwesenheiten vor; die Mitarbeiter vereinbaren im Team, wer zu die-21


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>sen Zeiten frei nimmt. Je kürzer die Ankündigungsfrist für solche flexiblen (Zusatz)Zeitfenster,desto schwieriger allerdings diese teaminterne Vereinbarung; wogenau die Grenze zur betrieblichen Schichtabsage verläuft – die ja, wenn sie auch füreinzelne Mitarbeiter möglich ist, ebenfalls die gewünschte Ausdünnung der Besetzungsstärkebewirkt –, hängt dann von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Hier kannes also durchaus zu Überschneidungen dieser beiden Flexi-Instrumente kommen,was aber nicht unbedingt von Nachteil sein muss: Vielleicht stellt sich ja auch heraus,dass die teaminterne Zeitfenster-Absprache auch kurzfristig so gut funktioniert, dassauf Schichtabsagen zum großen Teil verzichtet werden kann.Beispiele 1-3: Vorgabegemäß gibt es hier keine kurzfristigen Schwankungen der erforderlichenBesetzungsstärke; die Saison in Beispiel 3 ist ja planbar. Dennoch kann sich inder Praxis herausstellen, dass solche Schwankungen vorkommen – etwa wenn in dernächsten Woche bestimmte Produktionen laufen, bei denen ein Anlagenbediener wenigerbenötigt wird, oder wenn Großaufträge abgearbeitet werden müssen, was tageweisenur zwei statt der sonst benötigten drei Einrichter erfordert; o.ä.Es kann sich deshalb empfehlen, die Zeitfenster – sofern man sich für dieses Modell derAbwesenheitssteuerung entschieden hat – mit zusätzlichen Flexibilisierungsoptionen zuversehen: etwa mit der Möglichkeit für die Führungskraft, mittel- bis kurzfristig zusätzlichetage- oder auch stundenweise Zeitfenster anzusetzen, die dann in Teamabsprache durchFreizeitnahme auf Zeitkonto belegt werden müssen. Im „schlimmsten Fall“ gehen danndie Zeitkonten ins Minus, weil gegenüber der ursprünglichen Bedarfsplanung wenigerArbeitszeit verbraucht wird.• Flexibles Arbeitsende und/oder flexibler Arbeitsbeginn. Gerade ersteres ist etwa invielen Wartungs-, Instandhaltungs- oder Logistikbereichen schon längst überfällig (oderauch schon, wenigstens in Ansätzen, realisiert): wenn die Arbeit nie genau zumSchichtende fertig wird, sondern entweder vorher (dann fängt man nichts Neues mehran – die Folge sind Leerzeiten) oder nachher (in starren Schichtsystemen einer derklassischen Gründe für regelmäßige Überstunden). Besonders bei hohen betrieblichenAnforderungen an die Tagesflexibilität wird man hier versuchen, weitest möglichpartizipative statt direktiver Arbeitszeit-Steuerung zu praktizieren: Es macht einen Unterschied,ob man „nach Hause geschickt“ wird oder – in Kenntnis der betrieblichenKostensituation und der hieraus zu ziehenden Schlüsse für die betriebliche Wettbewerbsfähigkeitund letztlich die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes – eigenverantwortlichdie Produktivität des eigenen Arbeitszeiteinsatzes optimiert.• Flexible Schichtverlegungen – d.h., bei entsprechendem Bedarf wird beispielsweiseaus einer Früh- eine Spätschicht. Dieses schon recht gängige Instrument zur Anpassungder Schichtstärke an den jeweiligen Bedarf kann auch einen Beitrag zur Verbesserungder persönlichen Einsatzflexibilität leisten und zudem die Verständigungzwischen den Schichtbelegschaften fördern. Es greift allerdings spürbar in die persönlicheArbeitszeit- und Freizeitdisposition des Mitarbeiters ein und bedarf deshalbeiner gewissen Ankündigungsfrist, die nach Möglichkeit mehrere Tage umfassen sollte;außerdem sind hier – wie bei der Schichtansage – entgegen stehende dringendepersönliche Belange des Mitarbeiters zu berücksichtigen.• Und schließlich spricht nichts dagegen, mit Information der Führungskraft Schichtentauschezwischen den Mitarbeitern zuzulassen, sofern die Qualifikationen stimmen,22


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>die gesetzlichen und ggf. tarifvertraglichen Schutzbestimmungen eingehalten werdenund niemand „untergebuttert“ wird. Ebenso zweckmäßig ist es, weitere Arbeitszeit-Abweichungen im beiderseitigen Einvernehmen von Führungskraft und Mitarbeiter zuermöglichen; hier liegt vielfach auch noch ungenutztes Potenzial für eine ergebnisorientierteOptimierung der Arbeitszeit- und Arbeitsablaufgestaltung.Schritt 4: Grundverteilung der Vertragsarbeitszeit festlegen, zeitliche Anrechnung vonAusfallzeiten regelnUnverzichtbarer Bestandteil der Erarbeitung eines Schichtmodells ist die vollständigeVerteilung der Vertragsarbeitszeit auf die planmäßigen und eventuell auch die möglichenArbeitsschichten innerhalb der jeweils gewünschten oder vorgegebenen Zyklusdauer:Sonst wäre keine Zeitkontenführung möglich, und man käme zudem in Schwierigkeiten,sobald beispielsweise Krankheits- oder Urlaubszeiten zeitlich abgerechnet werden müssen.Dies ist kein Gegensatz zu der Empfehlung, Grundpläne so zu gestalten, dass sieeben gerade nicht „aufgehen“ (etwa bei Abwesenheitssteuerung mit Hilfe von Zeitfensternauf der Basis eines Grundplans mit zuviel eingeteilter Arbeitszeit)! Wenn dieser Empfehlunggefolgt wird, stellt sich die Frage der zeitlichen Anrechnung von Ausfallzeitenbesonders deutlich.Bei der zeitlichen Anrechnung von krankheitsbedingten Ausfallzeiten ist grundsätzlichdas so genannte Ausfallprinzip maßgeblich. Es kommt aus dem Entgeltfortzahlungsrechtund besagt, dass der Arbeitnehmer einen Entgeltfortzahlungsanspruch hat, der grundsätzlichdem für die ausgefallene Arbeitszeit fälligen Entgelt entspricht (wovon aber – mitAusnahme feiertagsbedingten Arbeitsausfalls – durch Tarifvertrag abgewichen werdenkann). Dieser Grundsatz ist analog auch für die zeitliche Anrechnung von Ausfallzeitenanzuwenden. Allerdings kann der krankheitsbedingte Arbeitsausfall bei kurzfristig flexiblenArbeitszeiten häufig nicht exakt festgestellt werden. In diesem Fall bleibt nur eineDurchschnittsbetrachtung – d.h., man bemisst die gutzuschreibende Arbeitszeit nacheinem plausiblen Durchschnittswert. Dieses Verfahren hat sich etwa in Gleitzeitsystemenbzw. flexiblen Tagesarbeitszeitsystemen seit Jahrzehnten bewährt. Bei planmäßig ungleichmäßigverteilter Arbeitszeit ist eine Durchschnittsbetrachtung allerdings etwas problematischer– außer wenn ein geltender Tarifvertrag auch dann die Anwendung desDurchschnittsprinzips ausdrücklich zulässt. Letztendlich führt aber kein Weg daran vorbei,sich auf Grundlage der einschlägigen gesetzlichen sowie ggf. tarif- und arbeitsvertraglichenBestimmungen unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung insbesonderedes Bundesarbeitsgerichts eine eigene Rechtsauffassung zu diesem Themenkomplexzu bilden.In den Beispielen 1 und 2 wäre – wenn man sich für Zeitfenster entscheidet – bei Anwendungdes Durchschnittsprinzips die Vertragsarbeitszeit auf sämtliche planmäßigenArbeitsschichten, grundsätzlich auch einschließlich etwaiger Absageschichten, in möglichstgleichem Verhältnis zur schichtplanmäßigen Arbeitszeit zu verteilen. Damit entfieleauf jede Schicht etwas weniger als die tatsächliche planmäßige Arbeitszeit (sonst würdeja kein Zeitguthaben auflaufen); die Differenz würde nur an tatsächlichen und diesengleich gestellten Arbeitstagen dem Zeitkonto gutgeschrieben.Das Ausfallprinzip würde demgegenüber in beiden Beispielen erfordern, dass dieschichtplanmäßige Arbeitszeit auch im Krankheitsfall gutgeschrieben wird. Die hierdurchentstehenden Freischichten müssten dann dem Abrechnungssystem vorher bekanntsein, damit an diesen Tagen keine Zeitgutschrift erfolgt; oder der Arbeitgeber findet sich23


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>damit ab, dass jeder Krankheitstag mit der vollen schichtplanmäßigen Arbeitszeit gutgeschriebenwird, also Krankheit in jedem Fall ein (wenn auch vielleicht nicht sehr großes)Zeitguthaben aufbaut.Im Beispiel mit den Verfügungsschichten (Schaubild 10) würde man die planmäßigenArbeitsschichten grundsätzlich gemäß Ausfallprinzip anrechnen. Hinsichtlich der Verfügungsschichtenwürde die Anwendung des Durchschnittsprinzips bedeuten, dass mandie planmäßig auflaufenden Minusstunden gleichmäßig auf die 7 Verfügungsschichtenverteilt; bei 19,5h wären dies 19,5/7 = 2,79h je Verfügungsschicht (Ergebnis auf zweiStellen gerundet). Jede tatsächlich geleistete Verfügungsschicht à annahmegemäß 8hArbeitszeit würde dann zu einer Zeitkontengutschrift von 5,21h führen, jede arbeitsfreieVerfügungsschicht das Zeitkonto mit 2,79h belasten und jeder krankheitsbedingte Ausfalleiner Verfügungsschicht – gleich, ob sie geleistet worden wäre oder nicht – zu einer Zeitkontengutschriftvon 2,79h führen, so dass sich hierdurch der Zeitkontensaldo nicht ändernwürde. Das Ausfallprinzip auch in der Verfügungswoche anzuwenden würde demgegenübererfordern, dass man so viele (ggf. noch verschiebbare) Verfügungsschichtenvon vornherein als Arbeitsschichten einplant, dass die Vertragsarbeitszeit exakt erreichtwird.Für Beispiel 3 gilt während der Normalphase grundsätzlich das für die Beispiele 1 und 2Gesagte analog. Wenn es während der Saison keine Zeitfenster gibt, würde allerdingsspeziell in dieser Zeit die Anwendung des Ausfallprinzips sehr nahe liegen.Ähnlich wie hier für krankheitsbedingten Arbeitsausfall dargestellt verhält es sich auch beiden anderen Ausfallgründen Urlaub, Freistellungen aus gesetzlichem oder tarifvertraglichemGrund sowie feiertagsbedingt ausfallender Arbeitszeit an Feiertagen (sie könnte jaauch aus anderem Grund ausfallen, deshalb diese merkwürdig klingende Doppelung).Einige Besonderheiten sind dabei aber zu beachten:• Urlaub gemäß Ausfallprinzip abzurechnen bedeutet in der Regel, Urlaubsstundenkontenzu führen. Dies kann aber auch bei Anwendung des Durchschnittsprinzips erforderlichwerden – etwa bei Minusstunden-Modellen oder bei unterschiedlichen planmäßigenTagesarbeitszeiten. In solchen Fällen ist zu prüfen, wie weit der ggf. geltendeTarif- sowie der Arbeitsvertrag eine stundenweise Urlaubsberechnung – beiselbstverständlich weiterhin tageweiser Urlaubsgewährung – zulassen (was häufignicht eindeutig geregelt ist) oder ob man dann eine andere – im Regelfall aber deutlichschlechter handhabbare und/oder rechtlich wacklige – Lösung finden muss (etwaeine anteilige Quotierung unterschiedlich langer Urlaubstage oder die Verrechnungder jeweiligen Differenz zwischen Dauer des Urlaubstages und urlaubsbedingt ausfallenderTagesarbeitszeit über das persönliche Zeitkonto). Die ausdrücklich auf ganzeUrlaubstage abstellenden Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes bereiten andieser Stelle allerdings meist keine Schwierigkeiten, weil der gesetzliche Mindesturlaubja nur 24 Werktage = 4 Wochen (da das Bundesurlaubsgesetz von 6 Werktagenpro Woche ausgeht) umfasst und diese bei den üblicherweise höheren tatsächlichenUrlaubsdauern in der Regel immer unproblematisch erreicht werden – egal wie manes rechnet.• Für feiertagsbedingten Arbeitsausfall ist im Entgeltfortzahlungsrecht das Ausfallprinzipzwingend vorgeschrieben, eine Öffnung für andere Tarifvertragsregelungen bestehtnicht.24


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>• Freistellungen aus gesetzlichem oder tarifvertraglichem Grund sind in aller Regelnicht näher hinsichtlich des hierbei unterstellten Freistellungsvolumens definiert. ImZweifel wird man hier unseres Erachtens vom Ausfallprinzip ausgehen müssen.3. Wie Mehr- und Minderstunden individuell ausbalanciert werden könnenFlexible Arbeitszeitgestaltung setzt voraus, dass Vergütung und Arbeitszeit voneinanderentkoppelt werden: Während das monatliche Grundentgelt in gleicher Höhe gezahlt wird– wobei variable Entgeltbestandteile und Zuschläge durchaus noch für Schwankungensorgen können –, passt sich die Arbeitszeit den jeweiligen Erfordernissen flexibel an.Damit ergibt sich die Notwendigkeit, diese Plus- oder Minusstunden entweder zu dokumentierenoder aber eine Alternative zu dieser Dokumentation zu finden. In der Praxisgibt es hierzu die folgenden Lösungen (wobei selbstverständlich die jeweiligen [tarif-]vertraglichen Rahmenbedingungen zu beachten sind):• Plus- und Minusstunden werden erfasst (wobei diesbezüglich verschiedene Wegegangbar sind, auf die wir in Kapitel 3.2. kommen) und auf einem persönlichen Zeitkontosaldiert.• „Vertrauensarbeitszeit“ verzichtet auf diese Dokumentation und setzt stattdessenauf den eigenverantwortlichen Umgang der Mitarbeiter mit ihren vertraglichen Arbeitszeit-Verpflichtungen.• Und schließlich besteht die – mit Zeitkonto wie mit Vertrauensarbeitszeit kombinierbare– Möglichkeit, im voraus die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit zu planen:entweder so, dass geplante Mehr- und Minderarbeitsstunden sich innerhalb einesbestimmten Zeitraums (z.B. der „Jahresarbeitszeit“) 1:1 ausgleichen, oder mitHilfe eines separaten Beschäftigungssicherungskontos.3.1. ZeitkontengestaltungSchaubild 11 fasst die aus unserer Sicht wichtigsten Gestaltungsempfehlungen für Zeitkontenzusammen:25


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 11• Sie sollten möglichst unendlich durchlaufen – aber nicht überlaufen! „Unendlich, abernicht unbegrenzt“ – dieses Prinzip der Zeitkontengestaltung setzt auf die fortlaufendeSteuerung der Arbeitszeiten, wobei das Zeitkonto aus Effizienzgründen wie auch imInteresse der Entlastung der Mitarbeiter unter permanentem Ausgleichsdruck stehensollte. Zeitkonten-Stichtage passen nicht zu diesem Ansatz und führen deshalb in allerRegel zu Folgeproblemen:o Entweder erfolgt dann eine Übertragung der (meist positiven) Restsalden aufein weiteres (Verlegenheits-)Konto, was eigentlich kein Problem löst, sondernmit hoher Wahrscheinlichkeit zur Entstehung späterer „Altlasten“ führt. Auchdie in diesem Zusammenhang öfters aufkommende Idee, beispielsweiseLangzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten (siehe Kapitel 4) auf diese Weise zufüllen, muss äußerst kritisch gesehen werden: Sie läuft im Endeffekt daraufhinaus, Zeitverbrauch als solchen attraktiv zu machen. Und wenn umgekehrtetwaige negative Restsalden von diesem weiteren Konto abgebucht würden,wäre dies mit Sicherheit ein starker Anreiz, Minussalden auf dem Zeitkontonoch mehr zu meiden als man es ohnehin schon tut (Stichwort Anwesenheitsorientierung).o Oder es kommt zu einer Verrechnung des Zeitkontos mit dem Entgelt – mitähnlich problematischen Folgen wie eben beschrieben – bzw. einer kaumnachvollziehbaren nachträglichen Streichung vor dem Stichtag ja noch anerkannterSalden.Ein Kontenabschluss nach x Monaten ist also immer problematisch: Je nachdem, waszum Stichtag mit den dann noch übrigen Zeitsalden geschieht, wird z.B. vor einer erwartetenAuszahlung der überschießenden Stunden eher mit gesteigertem Arbeitszeitverbrauch,vor deren drohendem Verfall (sofern überhaupt zulässig) eher mit Leistungszurückhaltungzu rechnen sein. Manche Betriebspraktiker sagen auch: „Geradewenn ein Stichtag bei den Zeitkonten funktioniert, stimmt etwas mit unserer Zeitkon-26


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>tensteuerung nicht – denn warum klappt dann auf einmal der Saldenabbau, der dasganze Jahr über nicht gelingt? Können wir damit wirklich zufrieden sein?“Tatsächlich werden beispielsweise so genannte Jahresarbeitszeitkonten deshalb oftanders gelebt – etwa mit einem Übertrag von x Plus- oder Minusstunden auf den folgenden12-Monats-Zeitraum. Aber auch dann sollte besonderes Augenmerk daraufgerichtet sein, die beschriebenen falschen Anreize zu vermeiden. Eine andere Möglichkeitzur Verknüpfung von Zeitkonto und Ausgleichszeitraum besteht darin, letzterenzu individualisieren: Der individuelle Zeitkontensaldo muss dann beispielsweisenach jeweils spätestens 12 Monaten die Nulllinie erneut berühren. Im Endergebnislandet man dann wieder ziemlich nah beim dauerhaft gesteuerten Zeitkonto nachdem Motto „unendlich, aber nicht unbegrenzt“. Und die eventuellen Saisonschwankungen?Werden durch planmäßige Ungleichverteilung der Arbeitszeit – siehe Kapitel3.4. – viel besser berücksichtigt.• Sie sollten nahe Null gehalten werden. Im Kern geht es hierbei um die Unterscheidungzwischen Flexibilität und Kapazität: Sollen Zeitkonten ersterer dienen und insbesonderenicht zum Instrument eines unbewussten Arbeitszeit-Kapazitätsaufbauswerden, dann sollten die Zeitkontensalden in einer möglichst kurzfristig rückführbarenGrößenordnung bleiben. Zudem geht es auch hier darum, dass Zeitkonten nur danndie <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> wirksam unterstützen, wenn sie unter permanentemAusgleichsdruck stehen – gleichermaßen im Interesse von Effizienz und Entlastung.Dies bedeutet auch: Zeitkonten sollten keinerlei Anreize zum Guthabenaufbau bieten– etwa in Gestalt höherer Plus- als Minusbandbreiten.• Sie sollten keinen Geld-Ausgleich ermöglichen. Denn dies wäre, wie schon im Zusammenhangmit der Stichtags-Thematik erwähnt, ein großer Anreiz, Arbeitszeit verschwenderischzu verausgaben statt sie wirtschaftlich einzusetzen. Folglich müssenZeitkonten auch klar von Überstunden abgegrenzt sein: Weder darf es einen Zeitkontenüberlaufin Form bezahlter Überstunden geben noch dürfen Überstunden darangeknüpft sein, wie viele Plusstunden schon auf dem Zeitkonto angesammelt wurden.Überstunden kann es in flexiblen Arbeitszeitsystemen eigentlich nur noch als bezahltezusätzliche Arbeitszeit-Kapazität geben, über deren Notwendigkeit die Führungskraftunter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates vorab entscheidet. Unddiese Kapazitätsentscheidung sollte unabhängig vom aktuellen Stand des Zeitkontosgetroffen werden – ausschließlich daran orientiert, ob der hierdurch zu bewältigendezusätzliche Arbeitsanfall tatsächlich auf Sicht nicht mehr durch Freizeit ausgeglichenwerden kann.Das Ampelkonto (Schaubild 12 enthält eine Darstellung des Regelungsprinzips) – mittlerweilein deutschen Betrieben in unzähligen Varianten sehr verbreitet – ist üblicherweiseso aufgebaut, dass, nach dem grundsätzlichen Vorbild einer Verkehrsampel, Grün-,Gelb- und Rotphase symmetrisch um die Nulllinie herum angeordnet sind:27


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 12• Solange der persönliche Zeitsaldo in der Grünphase bleibt, erfolgt die Steuerung derArbeitszeit nach den hierfür geltenden betrieblichen Regeln – also etwa mit vorrangigerOrientierung an den zu erfüllenden Kundenanforderungen eigenverantwortlich inTeamabsprache (wie häufig in Verwaltungsbereichen mit Servicezeitregelungen) oderdurch die Führungskraft im Rahmen definierter An- und Absageregelungen (wie vielfachin flexiblen Schichtbetrieben).• Überschreitet der Zeitsaldo diesen Korridor, schließt sich in den meisten Fällen dieGelb-, manchmal aber auch direkt die Rotphase („Fußgängerampel“) an. Dann ändertsich zweierlei: Zum einen setzt das Konto nun einen eigenen Rücksteuerungs-Impuls,und zum anderen – das ist jedenfalls zu empfehlen – geht die Verantwortung für dieZeitkonten(rück)steuerung auf eine andere Person (im Regelfall die – ggf. nächst höhere- Führungskraft) über bzw. nimmt diese zumindest mit in die Pflicht, den Zeitsaldozurückzusteuern.• Wenn auch diese Phase nicht ausreicht, tritt der Zeitkontensaldo in die Rotphase ein:Die wiederum nächst höhere Führungsebene und meist auch Personalleitung und Betriebsratkommen ins Spiel und wirken auf die zuständige Führungskraft in der Weiseein, dass letztere nun aber wirklich ihrer Rücksteuerungs-Verantwortung nachkommt.Dem hier beschriebenen Ampelkonto liegt also die Logik zugrunde, dass mit zunehmenderEntfernung des persönlichen Zeitsaldos von der Nulllinie die Verantwortung für seineRückführung auf die Führungskraft – die hierbei bei Bedarf von der nächst höheren Führungsebeneunterstützt wird – übergeht. Diese Logik stößt allerdings an Grenzen, wennder Mitarbeiter seine Arbeit sehr eigenverantwortlich erledigt und die Führungskraft deshalbkaum Chancen hat, den Zeitkontensaldo zu beeinflussen. In solchen Fällen kannsich als Alternative zum Ampelkonto das Sofortverfallkonto empfehlen (Schaubild 13).Es sieht den unmittelbaren Verfall (also den Verfall bereits im Zeitpunkt des Entstehens)von über die zulässige Bandbreite hinausgehenden Plus- wie Minus-(!)Salden vor. Mitder Kappungsregel früherer Gleitzeitkonten per Monatsende hat dies wenig gemein: Hiergeht es um die zuverlässige Begrenzung des Zeitsaldos in Bereichen, in denen die Mit-28


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>arbeiter ihre Arbeitszeiten weitestgehend oder gar ausschließlich selbst steuern – unddeshalb dann auch die Verantwortung für ihren Zeitkontensaldo tragen sollten (bei Information(a) der Führungskraft über Salden, die in absehbarer Zeit auf die Verfallgrenzezusteuern könnten, und (b) eines – zur Begleitung neuer Arbeitszeitregelungen sowie zurVermittlung in etwaigen Konfliktfällen erfahrungsgemäß empfehlenswerten – paritätischbesetzten Begleitgremiums über verfallene Salden). Dies bedeutet allerdings nicht, dassder Mitarbeiter für Planungsfehler der Führungskraft oder andere nicht von ihm verursachtebetriebliche Probleme oder Engpässe gerade stehen muss. Der Mitarbeiter mussden Verfall von Plusstunden folglich abwenden können (im – seltenen – umgekehrtenFall eines drohenden Verfalls von Minusstunden zu Lasten des Arbeitgebers hat die Führungskraftdie Möglichkeit, dem betreffenden Mitarbeiter zusätzliche Aufgaben zu übertragen).Dem dient in aller Regel der – zweckmäßigerweise betrieblich schriftlich fixierte –Anspruch jedes Mitarbeiters, mit seiner Führungskraft jederzeit ein so genanntes Entlastungsgesprächführen zu können, bei dem die in Schaubild 14 aufgeführten Fragen abgearbeitetwerden. Diese Fragen eignen sich übrigens auch zur Klärung und Behebungder Ursachen von gelb- oder rotphasigen Zeitsalden im Ampelkonto – und werden zumunverzichtbaren Regelungselement, wenn man sich für Vertrauensarbeitszeit (siehe Kapitel3.3.) entscheidet!Schaubild 1329


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 143.2. ZeiterfassungUm Zeitkonten führen zu können, muss eine Zeiterfassung erfolgen. Hierbei denkt man invielen Betrieben sofort an elektronische Buchungsterminals, an denen die MitarbeiterKommen und Gehen mit scheckkartenähnlichen Ausweisen buchen. Einige der Betriebe,in denen diese Art der Zeiterfassung praktiziert wird, lassen darüber hinaus die Mitarbeiterauch Pausenbeginn und -ende buchen, während meist ein pauschaler Pausenzeitabzugerfolgt.Eine Erfahrung allerdings macht so gut wie jedes Unternehmen, das elektronischeKommt-Geht-Zeiterfassung eingeführt hat: Spätestens nach einem Jahr ist das Systembei den meisten Mitarbeitern nicht nur akzeptiert, sondern man möchte es nicht mehrmissen. Zugleich machen sich überall dort, wo jede gebuchte Minute zählt und nicht nurdie Einhaltung bestimmter Schichtzeiten (d.h., meist in den „indirekten“ Bereichen wieVerwaltung oder auch Werkstatt), nicht selten Verhaltensweisen bemerkbar, die es vorder Einführung der minutengenauen Anwesenheitserfassung nicht gegeben hat: Mitarbeiterbuchen sich morgens schnell ein, um dann in aller Ruhe erst mal den Mantel auszuziehen.Umgekehrt beim Arbeitsende: Das Ausbuchen kommt ganz zuletzt – schließlichmöchte man keine Minute verschenken. Überhaupt gewinnt die Minute eine Bedeutung,die sie zuvor nicht hatte: Man sammelt nicht nur Bonuspunkte an der Tankstelle oder imKaufhaus, sondern auch Minuten im Betrieb. Diese Auswirkungen würden übrigens durchgrößere Erfassungs-Zeitintervalle keineswegs geringer – wie man sich leicht klarmachenkann, wenn man sich einmal vorstellt, es gäbe hier Viertelstundensprünge: Wer würdedann nicht für die Gehen-Buchung die Minute bis zur nächsten Viertelstunde abwarten?Kommt-Geht-Zeiterfassung ist Anwesenheitszeiterfassung. Anwesenheit und Arbeitszeitsind jedoch speziell in „indirekten“ Bereichen nicht unbedingt dasselbe. Und, noch wichtiger,sie sollen auch gar nicht dasselbe sein, wenn <strong>Arbeitszeitflexibilisierung</strong> auch als Zu-30


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>ten sogar besonders naheliegend. Die Abrechnung etwaiger steuerfreier und steuerpflichtigerZuschläge für bestimmte Arbeitszeitlagen wie Nacht oder Wochenende erfolgt hierbeiüber ein elektronisches Zeitwirtschafts- bzw. Entgeltabrechnungssystem, in dem derSchichtplan hinterlegt ist. Dann müssen nur noch die Abweichungen von diesemSchichtplan (Urlaub, Krankheit, Schichtlagenwechsel etc.) manuell erfasst und bei Zeitkontenführungund Entgeltabrechnung berücksichtigt werden. Insbesondere Ausfallzeitenmüssen aber auch bei Kommt-Geht-Zeiterfassung in aller Regel manuell eingegeben undbearbeitet werden, so dass der diesbezügliche Unterschied zwischen beiden Erfassungsvariantennicht allzu groß ist. Die größere Menge der erfassten und demzufolgeauch zu verarbeitenden Daten bei Kommt-Geht-Erfassung führt hier sogar nicht selten zueinem insgesamt höheren Korrektur- und Nachbearbeitungsaufwand.Gerade beim Thema Zeiterfassung im Schichtbetrieb, aber auch generell zur Entscheidungsvorbereitungüber die zu wählende Erfassungsvariante, hat es sich sehr bewährt,zunächst eine Istaufnahme sämtlicher derzeit erfasster und bearbeiteter Zeitdaten vorzunehmenund darauf aufbauend den diesbezüglichen Bedarf zu bestimmen. Häufig stelltsich dabei heraus, dass viele Daten doppelt oder dreifach erfasst, Urlaubskarteien mehrfachgeführt und auch verschiedenste Auswertungen in mehr oder weniger wirtschaftlicherWeise regelmäßig oder unregelmäßig von unterschiedlichen Personen erstellt werden.Auf dieser Grundlage kann dann entschieden werden, welcher Aufwand mit welchemErgebnis begründbar ist und worauf zukünftig verzichtet werden sollte.3.3. VertrauensarbeitszeitErfahrungsgemäß wird, sobald es um das Thema „Umgang mit Zeiterfassung“ geht, inden meisten Betrieben das Ausmaß der tatsächlich möglichen Kontrolle des Arbeitsverhaltensder Mitarbeiter erheblich über- und der Umfang des heute schon unverzichtbarengegenseitigen Vertrauens deutlich unterschätzt. Oft stellt sich im Rahmen solcher Überlegungenheraus, dass es eigentlich vor allem darauf ankommt, jeden einzelnen (undhoffentlich seltenen) Fall von Vertrauensbruch unverzüglich und strikt zu ahnden – unddass vermeintlich wirksame betriebliche Kontrollsysteme in solchen Einzelfällen eher dasWegsehen unterstützen, weil sie diesen Teil der Führungsaufgabe zumindest dem Augenscheinnach an ein technisches System „delegieren“.Statt zwischen unterschiedlichen Zeitkontenmodellen und unterschiedlichen Variantender Zeiterfassung zu wählen, kann man aber auf beides auch weitest möglich verzichten:Zeitkonten gibt es dann allenfalls noch „zum Privatvergnügen“ bzw. zur Selbstkontrolle,aber nicht mehr als Bestandteil der betrieblichen Arbeitszeitregelung; und die Erstellungvon Arbeitszeitnachweisen beschränkt sich auf das vom Arbeitszeitgesetz vorgegebeneMindestmaß. Für diese Variante flexibler Arbeitszeitgestaltung – die letztlich eine andereQualität der Zusammenarbeit verkörpert und damit über ein Arbeitszeitmodell deutlichhinausweist – hat sich der Begriff „Vertrauensarbeitszeit“ eingebürgert. Schaubild 16fasst ihre besonderen Merkmale aus unserer Sicht zusammen.32


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 16Keine andere Form flexibler Arbeitszeitgestaltung ist so häufig Gegenstand von Missverständnissenwie Vertrauensarbeitszeit, und keine stellt höhere Anforderungen an dieFührungsqualität, keine bietet aber im Gegenzug auch mehr Chancen zur simultanenWeiterentwicklung von Effizienz und Unternehmenskultur. Dabei ist Vertrauensarbeitszeitzunächst nicht mehr als der eigenverantwortliche flexible Umgang des Mitarbeiters mitseinen vertraglichen (Arbeitszeit-)Leistungsverpflichtungen. Voraussetzung ist die Balancevon (Arbeitszeit-)Leistung und Entgelt – bei deren Gefährdung der Mitarbeiter dieMöglichkeit hat, ihre Wiederherstellung mit Hilfe seiner Führungskraft in die Hand zunehmen. Und selbstverständlich sind die gesetzlichen Arbeitszeitschutzbestimmungenebenso wie gegebenenfalls geltende Tarifverträge einzuhalten.Konkret bedeutet letzteres auch, dass der Aufzeichnungspflicht gemäß § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetzentsprochen werden muss – was unseres Erachtens, wenn man sich amSchutzzweck des Arbeitszeitgesetzes orientiert, bei 5-Tage-Arbeitswoche auch mit einerAufzeichnungspflicht nur bezüglich der über 9,6 Arbeitsstunden/Arbeitstag hinaus gehendenArbeitszeiten möglich ist (siehe das entsprechende Formular in Schaubild 17):Schließlich sieht das Arbeitszeitgesetz eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit-Obergrenze von 6 [Werktage] x 8 [Arbeitsstunden] = 48 Arbeitsstunden pro Woche vor,die in unserer Auslegung „gefünftelt“ zur Aufzeichnungsgrenze wird, wobei dann allerdingsjegliche Samstagsarbeitszeit (ebenso wie ohnehin jegliche Sonn- und Feiertagsarbeitszeit)eigens aufgezeichnet werden muss. Jedoch ist keineswegs sicher, dass auchdie zuständige Aufsichtsbehörde diese Auslegung des § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz teilt:Wörtlich wäre diese Gesetzesbestimmung so umzusetzen, dass werktäglich – also Montagbis einschließlich Samstag – alle Arbeitszeiten über 8 Stunden aufzuzeichnen sind,ferner jegliche Sonn- und Feiertagsarbeitszeit.33


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 17Dass häufig angenommen wird, Vertrauensarbeitszeit liefe auf eine Abschaffung desLeistungsmaßstabes Arbeitszeit hinaus, dürfte – neben mancherlei Unterstellungen undteils bewusst irreführenden Aussagen, auf die hier nicht weiter einzugehen ist – hauptsächlichdarin begründet liegen, dass Vertrauensarbeitszeit bislang vor allem von außertariflichenAngestellten praktiziert wird. Für diesen Personenkreis gelten üblicherweiseArbeitsverträge mit pauschaler Mehrarbeitsabgeltung (siehe Einleitungskapitel), was eineZeitkontenführung zumindest kompliziert macht; Vertrauensarbeitszeit liegt hier also besondersnahe. Hieraus kann aber keinesfalls geschlossen werden, Tarifmitarbeiter könntennicht – selbstverständlich unter Berücksichtigung ihrer anderslautenden Arbeitsverträge– ebenfalls Vertrauensarbeitszeit praktizieren!Vertrauensarbeitszeit bedeutet ein Höchstmaß an Eigenverantwortlichkeit. Diese stehtdem Arbeitnehmerstatus keineswegs entgegen, erfordert aber Regelungen, die die mitdieser Eigenverantwortlichkeit verbundenen Risiken für den einzelnen Mitarbeiter auf einMaß begrenzen, das mit seinem Arbeitnehmerstatus verträglich ist. Praktisch bedeutetdies: Vertrauensarbeitszeit muss die jederzeitige Möglichkeit für den Mitarbeiter einschließen,etwaigen übermäßigen zeitlichen Leistungsanforderungen des Arbeitgeberswirksam zu begegnen. Praktisch hat sich hierbei bewährt, dem Mitarbeiter einen jederzeitigenAnspruch auf ein Entlastungsgespräch mit seiner Führungskraft einzuräumen. DieFührungskraft ist dann verpflichtet, eine etwaige Überauslastung des Mitarbeiters – gemessenan seiner vertraglichen Arbeitszeit-Leistungspflicht – zu korrigieren bzw. denMitarbeiter hierbei zu unterstützen.Schaubild 14 zeigt, welche Frageschritte in einem solchen Gespräch abgearbeitet werdensollten (zu dem übrigens die Führungskraft ohnehin jederzeit die Initiative ergreifenkann). Dabei steht die Überlegung im Mittelpunkt, dass Entlastung und ProduktivitätsverbesserungHand in Hand gehen: Um Mitarbeiter zu entlasten, wird man sich von unnötigemAufgaben-Ballast trennen; und umgekehrt werden Maßnahmen zur Produktivitätsverbesserungin aller Regel auch Entlastungseffekte für die betreffenden Mitarbeiter haben.34


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Selbstverständlich ist das Führen solcher Gespräche nicht nur in Vertrauensarbeitszeitregelungensinnvoll. Auch bei Zeitkontenführung wird man auf diese Fragen kommen,sobald der Zeitsaldo den – wie auch immer definierten – Normalbereich verlassen hat(siehe weiter oben). Vertrauensarbeitszeit erzwingt an dieser Stelle allerdings etwas frühereund klarere Konsequenzen – fehlt doch der „Verschiebebahnhof“ Zeitkonto, auf demMehrstunden infolge ungelöster Effektivitäts-, Effizienz-, Organisations-, Führungs- undKapazitätsprobleme bequem geparkt (und verdrängt...) werden können.Vertrauensarbeitszeit fordert von allen Beteiligten zunächst einen gegenseitigen Vertrauensvorschuss.Ängste vor Kontrollverlust, die befürchtete Preisgabe bisheriger Einflussmöglichkeitenund das Festhalten an gewohnten (vermeintlichen) Schutzmechanismenwie dem Zeitkonto sind häufig sehr hohe Hürden auf dem Weg dorthin. Vertrauensarbeitszeitals reines Angebot auf beiderseits – Mitarbeiter wie Führungskraft – freiwilligerBasis kann diese Hürden deutlich absenken. Schaubild 18 zeigt die entsprechendenMöglichkeiten und Voraussetzungen.Schaubild 18Gerade die letzteren verdienen hierbei besondere Aufmerksamkeit: Um Zeitkonten undVertrauensarbeitszeit parallel fahren zu können, muss zunächst das Zeitkonto dergestalt„in Ordnung gebracht“ werden, dass es keine Auszahlungen aus diesem Konto mehr gebendarf. Sonst wäre eine Gleichbehandlung in diesem wichtigen Punkt nicht gegeben –zum Schaden beider Optionen: Nur die wenigsten Mitarbeiter würden sich unter diesenUmständen für Vertrauensarbeitszeit entscheiden, und das Zeitkonto würde effizienz- wieentlastungsschädlich zur Sparbüchse verkommen (siehe weiter oben). Darüber hinaussollte sich bei paralleler Vertrauensarbeitszeit-Option die Zeiterfassung nicht mehr aufAnwesenheit, sondern auf Arbeitszeit beziehen – was etwa die viertelstundenweise eigenverantwortlicheAufzeichnung lediglich der Abweichungen der tatsächlichen Tagesarbeitszeitdauervon der jeweiligen anteiligen Vertragsarbeitszeit (siehe Kapitel 3.3.) fürdiejenigen nahe legt, die dann noch ein Zeitkonto führen: Hierdurch wird zum einen35


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>durchgängig Vertrauen signalisiert, zum anderen sind sich Vertrauensarbeitszeit und Arbeitenim „Anwesenheits-Modus“ der Kommt-Geht-Zeiterfassung doch ziemlich fremd.3.4. Planmäßige Ungleichverteilung der ArbeitszeitDie in Kapitel 3.1. vorgestellten Zeitkontenvarianten werden durch Abweichungen dertatsächlichen (bzw. bei Ausfallzeiten anzurechnenden) Arbeitszeit vom jeweiligen Bezugswert(in der Regel der anteiligen Vertragsarbeitszeit) bewegt. Der Zeitkontensaldo istalso immer „von gestern“, was seine betriebliche Steuerung sehr erschweren kann. Alternativkönnen Mehr- und Minderstunden, zusätzliche Arbeitstage und zusätzliche freieTage aber auch schon vorab betrieblich geplant werden. Dieses Verfahren bietet denVorteil, dass die gesamte Problematik des „Einfangens“ individueller Zeitsalden-„Ausreißer" gar nicht erst entstehen kann – oder zumindest nur mit aktiver Mitwirkung derjeweiligen Führungskraft. Kurzfristige Flexibilität „von jetzt auf gleich“ lässt sich auf dieseWeise allerdings nicht erreichen, so dass eine Kopplung der planmäßigen Ungleichverteilungder Vertragsarbeitszeit mit Zeitkonto oder Vertrauensarbeitszeit unumgänglich ist.Die größten Vorteile für Betrieb wie Mitarbeiter bietet eine planmäßige Ungleichverteilungder Arbeitszeit bei längerfristigen Auslastungsunterschieden – seien diese saisonal oderprojektbezogen. Bei saisonalen Schwankungen kann sich beispielsweise eine „Jahresarbeitszeit“empfehlen: Die Tages-Sollarbeitszeit wird dann etwa in starken Monaten mit 9Stunden festgelegt, in schwachen Monaten mit 7,6 Stunden (siehe die Prinzipdarstellungin Schaubild 19und die generellen Erläuterungen in Schaubild 20). In 9-Stunden-Phasen bewegt sich derZeitkontensaldo dann erst bei mehr als 9 Stunden Tagesarbeitszeitdauer nach „oben“und bei weniger als 9 Stunden Tagesarbeitszeitdauer nach „unten“, während in 7,6-Stunden-Phasen bereits jede hierüber hinausgehende Arbeitszeit das Zeitkonto füllt. Allerdingsbedarf die zeitliche Anrechnung von Ausfallzeiten wie Krankheit und Urlaub insolchen Modellen besonderer Aufmerksamkeit.Schaubild 1936


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Schaubild 20Der vielleicht wichtigste Effekt dieser auf den ersten Blick ungewohnten Herangehensweisebesteht darin, dass man – bei Zeitkontenführung – in vorher absehbaren Schwachlastzeitenohne das mitarbeiterseitig höchst ungeliebte Zeitkonten-Minus auskommt. Zudemwird das Zeitkonto informativer, denn es zeigt nunmehr die Abweichungen gegenüberdem jeweils planerisch angenommenen Arbeitszeitbedarf.Noch wichtiger wird die planmäßige Ungleichverteilung der Vertragsarbeitszeit bei Vertrauensarbeitszeitin Betrieben mit ausgeprägten längerfristigen Arbeitsanfallschwankungen:Vertrauensarbeitszeit ist, bedingt durch den Verzicht auf Zeitkontenführung, ein Flexibilitätsmodell,das auf die laufende bzw. immer wieder kurzfristig herzustellende Balancevon Mehr- und Minderstunden setzt. Längerfristige und möglicherweise auch entsprechendgroßvolumige Arbeitsanfallschwankungen passen hier nicht hinein – und erzwingendeshalb geradezu eine ergänzende Ungleichverteilung der Vertragsarbeitszeit.3.5. BeschäftigungssicherungskontoEine flexiblere Variante der planmäßigen Ungleichverteilung der Arbeitszeit ergibt sichdann, wenn man zwar schon weiß, zu welchen Zeiten zusätzliche Arbeitsstunden erforderlichsind, den entsprechenden Freizeitausgleich aber noch nicht planen kann. Dannkann sich das Führen eines besonderen Beschäftigungssicherungskontos empfehlen(auch hier: vorbehaltlich der Realisierbarkeit auf Basis der jeweils geltenden [tarif-]vertraglichen Rahmenbedingungen). Wir nennen dieses Konto Beschäftigungssicherungskonto,weil es dann seinen Nutzen entfaltet, wenn es gilt, eine längere Flauteperiodezu überbrücken, und auf diese Weise einen beschäftigungssichernden Beitrag leistenkann. Allerdings muss jedem Betrieb, der sich mit dieser Thematik beschäftigt, klar sein,dass solche Konten (wie in kleinerem Rahmen ja auch jedes Zeitkonto) zu Lasten etwaigerKurzarbeit gehen – wenigstens in gewissem Umfang, wobei die diesbezüglichenRahmenbedingungen in § 170 Sozialgesetzbuch III nachgeschlagen werden können.37


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>Das Beschäftigungssicherungskonto steht – anders als das Zeitkonto – nicht unter permanentemAusgleichsdruck. Vielmehr sollen hier ja gerade Stunden gesammelt werden.Damit ist eine etwaige Verzahnung von Zeit- und Beschäftigungssicherungskonto grundsätzlichkritisch zu sehen – jedenfalls soweit sie den erwünschten Zeitkonten-Ausgleichsdruck abschwächen würde: Es wäre ja absurd, würde man seine Beschäftigung– wenn auch nur mittelbar – dadurch sichern können, dass man im Interesse möglichsthoher Zeitguthaben Arbeitszeit vergeudet (und durch die entsprechenden Effizienzeinbußender eigenen Beschäftigung letztlich die Grundlage entzieht). Der Zufluss zumBeschäftigungssicherungskonto sollte deshalb in vorab geplanten Zusatzarbeitszeitenbestehen, für die es auch jeweils gute Gründe geben muss.Wichtig beim Beschäftigungssicherungskonto ist ein möglichst kollektiver Guthabenaufbau:Sonst besteht das Risiko, dass bei Eintreten des hierdurch abzupuffernden Nachfragerückgangsnur ein Teil der betreffenden Mitarbeiterschaft auf entsprechende Guthabenzurückgreifen kann. Hier mag einer der Gründe dafür liegen, dass solche Kontenbislang in Deutschland eine sehr geringe Rolle spielen. Die Deutsche Airbus ist eines dersehr wenigen Unternehmen, die bereits ein solches Konto (unter der Bezeichnung „Sicherheitskonto“)eingeführt haben. Seit neuerem gibt es auch entsprechende manteltarifvertraglicheÖffnungen in der baden-württembergischen Metallindustrie.4. Exkurs: Langzeit- und LebensarbeitszeitkontenUnter Langzeitkonten verstehen wir Zeitkonten, die – im Unterschied zu den zweckmäßigerweisekollektiv auszurichtenden Beschäftigungssicherungskonten (siehe Kapitel 3.5.)– den individuellen Übertrag größerer Stundenvolumina über längere Zeiträume zu persönlichenZwecken erlauben – etwa zur Ermöglichung einer Blockfreizeit („Sabbatical“),phasenweiser Kürzerarbeit ohne Entgelteinbuße (z.B. einer 4-Tage-Arbeitswoche) odereines vorgezogenen bzw. gleitenden Ruhestandseintritts. Bei Langzeitkonten, die ausschließlichfür den vorgezogenen Ruhestandseintritt bestimmt sind, sprechen wir vonLebensarbeitszeitkonten. Angespart werden können auf Langzeitkonten – soweit (tarif-)vertraglich zulässig – grundsätzlich nicht nur über die Vertragsarbeitszeit hinaus erbrachteArbeitsstunden, sondern auch Entgeltansprüche.Wichtig ist, zwischen Zeitkonto und Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonto strikt zu trennen:Ein Überlauf vom Zeitkonto ins Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonto würde grundsätzlichBemühungen um einen möglichst effizienten Einsatz der Arbeitszeit zuwiderlaufen(„ich sitze hier für meinen vorgezogenen Ruhestand“) und auf diese Weise die Produktivitätdes Arbeitszeiteinsatzes verringern. Zugleich wäre aber auch zu befürchten,dass Mitarbeiter sich über Gebühr arbeitszeitlich belasten, um möglichst schnell möglichstviel Langzeitguthaben anzusparen.Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich dringend, das Ansparen von Guthaben aufLangzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonten ausschließlich auf folgenden Wegen zuzulassen:• durch vorab betrieblich budgetierte Zusatzarbeitszeiten und/oder• durch in Freistellungsguthaben umgewandelte Entgeltansprüche.Ob und mit welcher Zielsetzung ein Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonto eingerichtetwerden sollte, hängt wesentlich davon ab,38


Herrmann · Kutscher · <strong>Weidinger</strong><strong>Arbeitszeitberatung</strong>• wie man sich den Aufbau der Guthaben betrieblich vorstellt und was man hiermit bezwecktund• welche Form(en) der Freistellung man betrieblich anstrebt, unterstützen möchte oderaber wenigstens akzeptieren kann.Um die diesbezüglichen eigenen Positionen möglichst klar auf den Punkt zu bringen,empfiehlt es sich, die in Schaubild 21 zusammengestellten Fragen möglichst umfassendund genau abzuarbeiten. Möglicherweise stellt sich dabei heraus, dass mit dem BegriffLangzeit-bzw. Lebensarbeitszeitkonto unzutreffende Erwartungen verbunden sind, die„auf den Boden der Tatsachen“ zurück zu holen dringend notwendig ist, um spätere Enttäuschungenzu vermeiden. Auch ein Lebensarbeitszeitkonto kann die demografischeEntwicklung nicht kompensieren: Aller Voraussicht nach wird sich das Ruhestandseintrittsaltererhöhen – und diese Entwicklung wird der einzelne Mitarbeiter durch Aufbaueines Langzeitkontenguthabens allenfalls in ihren Auswirkungen ein wenig abmildern,keineswegs aber umkehren können.Schaubild 2139

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