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Mit innovativen Gebäudekonzepten zum Erfolg - Wirtschaftsjournal

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Die Rattenfänger von Berlin<br />

wirtschaftsjournal.de/id12090301<br />

Der Sage nach zog einst ein Flöte spielender Kreativer<br />

durch Hameln und vertrieb die Sorgen der<br />

Einwohner. Um den vereinbarten Lohn gebracht,<br />

verwendete er seine Kernkompetenz um ganze Be -<br />

völkerungsgruppen aus der Stadt zu schleppen.<br />

Im Berliner Wahlkampfvorgeplänkel sammeln sich die<br />

ersten Flötenspieler und pfeifen das alte Lied der Leis -<br />

tungsempfänger. Das Versprechen klingt gleich: „Wir<br />

befreien Euch von den Sorgen…“. Um Rentensicherung<br />

geht es. Und um die Aufstockung von Sozialbeiträgen. In<br />

den kommenden Wochen werden andere Themen hinzukommen,<br />

die nur ein Ziel haben: Die Sicherung von relativ<br />

leicht beeinflussbaren Wählergruppen. Es ist eine große<br />

Errungenschaft unserer Zeit, dass wir uns kollektiv um<br />

Menschen kümmern können, die es schwer in unserer<br />

Gesellschaft haben. Aber es ist eine Katastrophe, wenn<br />

wir aus politischem Kalkül die Stärke unseres Landes verzocken:<br />

Die immer währende Konzentration auf die Bevölkerungsschichten,<br />

die nicht oder nicht mehr zur Wertschöpfung<br />

beitragen, drängt falsche Bilder in die Köpfe<br />

und führt zu falschen politischen Bewertungen.<br />

Die lauwarm <strong>zum</strong> wiederholten Mal aufgekochte Rentendiskussion<br />

konzentriert sich auf die Auswirkungen und<br />

erlaubt keinen Platz für die viel dringendere Diskussion<br />

der Ursachen. Es hat doch nun wirklich keinen Sinn über<br />

Mindestrenten oder Rentenzuschüsse zu sprechen und<br />

dabei außer acht zu lassen, dass es sich in der Regel um<br />

heute in das System einzahlende Menschen handelt. Wenn<br />

das Lohnniveau, die Beschäftigung insgesamt und der<br />

Anteil von Frauen mit Vollzeitbeschäftigung steigen, wird<br />

die Diskussion überflüssig. Diese drei Elemente haben fast<br />

alle etablierten Parteien weitgehend einheitlich als Ziele<br />

definiert. Doch Ursula von der Leyen (CDU) hat es geschafft,<br />

ein Thema zu platzieren bei dem sich derzeit kaum einer<br />

wagt, es vom Kopf auf die Beine zu stellen. Auch die tagaktuellen<br />

Medien führen sie in schon gewohnt oberflächlicher<br />

Manie, denn auch sie würden vielleicht Auflage<br />

und Einschaltquoten verlieren. Keiner traut sich an die<br />

wachsende Schar „Zielgruppe“, die nicht täglich am Fließband,<br />

am PC oder der Kasse Geld verdienen muss. Diese<br />

verklärte Sicht auf die Wert schöpfenden Prozesse sind<br />

leider nicht neu: Die Staatsverschuldung basiert auf dem<br />

Empfinden, dass alles, was Staat braucht schon irgendwo<br />

herkommt. Irgendwo, wohlgemerkt! Finanz- und Argumente-Jongleur<br />

Scheuble ist stolz darauf, die Neuver-<br />

Editorial<br />

schuldung auf 18,8 Milliarden Euro „zurückführen“<br />

zu können. Doch Schulden, <strong>zum</strong>al sie seit Jahrzehnten<br />

jährlich wachsen, sind wirtschaftlicher Ruin. Für jeden,<br />

übrigens – früher oder später! Das wird auch durch den<br />

Fingerzeig auf die nicht anders, die wie Griechenland nur<br />

bereits ein Stück weiter sind. Die einzige wirklich sinnvolle<br />

und schmerzfreie Möglichkeit aus der Finanzmisere<br />

ist die Erhöhung der Einnahmen. Aber die bringen allein<br />

die Unternehmen!<br />

Auch wenn Rentner die inzwischen kaufkräftigste Bevölkerungsgruppe<br />

sind, die Kaufkraft kommt nicht aus der<br />

aktuellen Wertschöpfung. Die Parteien müssen endlich<br />

den Mut aufbringen, sich den Leistungsträgern der Ge -<br />

sellschaft zuzuwenden. In aller Konsequenz und mit Wort<br />

und Tat. Unternehmer müssen wieder den Rücken frei<br />

bekommen für Innovation und die Eroberung von Märkten.<br />

Anstatt sich mit kosmetischen Operationen an den<br />

Sozialsystemen zu beschäftigen, sollte die Politik endlich<br />

Unternehmertum fördern und die geschulterten Lasten der<br />

Unternehmer verringern.<br />

Beginnen wir mit dem Aufräumen in den sich längst<br />

<strong>zum</strong> Repressionsinstrument herausgebildeten Finanz äm -<br />

tern mit ihren weltfremden und entkräftenden Regelungen<br />

zwischen Fahrtenbuch und Künstlersozialkasse. Endlose<br />

Diskussionen um Mindestlohn sind nicht nötig, wenn<br />

es den Unternehmen gut geht. Gute Unternehmer haben<br />

ein eigenes Interesse, ihre <strong>Mit</strong>arbeiter ansprechend zu<br />

entlohnen. Schaffen wir also gerechte Zugänge zu den<br />

globalen und regionalen Märkten. Schneiden wir die teuren<br />

Relikte aus der Gründerzeit ab, die wir heute nicht<br />

mehr brauchen, die auf Zwangsmitgliedschaften beruhen.<br />

Beginnen wir den Wahlkampf endlich einmal mit den Füßen<br />

unten und dem Kopf oben.<br />

Der Rattenfänger aus Hameln schaffte den Bürgern die<br />

Plage vom Leib. Das Lied der Berliner Flötenspieler klingt<br />

ähnlich. Auch ihnen folgen viele, der Macht der süßen<br />

Melodie willenlos folgend. Doch anders als in der Sage<br />

befreit sie uns nicht von unserer Plage, sie verstärkt sie.<br />

Ihr Jörg Sattler<br />

<strong>Wirtschaftsjournal</strong> | September 2012<br />

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