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BAG Antifaschismus der Partei DIE LINKE.

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Menschenverachtende Einstellungen unddie organisierte Rechte in <strong>der</strong> Eurokrise 1»Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.« (Bild, 7. März 2010)EinleitungDie politische Dynamik in <strong>der</strong> EU ist in den vergangenenJahren in zahlreichen Län<strong>der</strong>n nicht nur von fortwährendenKrisen kapitalistischer Akkumulation, autoritärem Krisenmanagement,verschärfter alltäglicher Prekarität und radikaldemokratischemProtest auf städtischen Plätzen, son<strong>der</strong>nauch von einer hohen Brisanz menschenverachten<strong>der</strong> Einstellungenund einer starken Präsenz <strong>der</strong> organisierten Rechten 2geprägt. Explizit völkisch o<strong>der</strong> identitär ausgerichtete <strong>Partei</strong>enerzielten spektakuläre Wahlerfolge und duldeten o<strong>der</strong>beteiligten sich an Regierungen. In Ungarn trieb <strong>der</strong> Fideszeinen autoritären Umbau <strong>der</strong> Gesellschaft voran. Rechten Autorenwie Thilo Sarrazin gelang es, ihre Thesen und Büchermassenhaft zu vermarkten. Mit den Terroranschlägen von Oslo/Utøyaund des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)gerieten rechte Morde nicht nur in Norwegen und Deutschlandins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Rechte Bürgerwehrenwie die Ungarische Garde wurden zu einer Gefahrfür Roma und an<strong>der</strong>e Min<strong>der</strong>heiten. Homophobe Gewalt istnach wie vor weit verbreitet, medial präsent war diese etwaim Zuge von gewalttätigen Übergriffen bei Gay-Pride-Veranstaltungen.Migrantisierte, illegalisierte und als Linke wahrgenommeneMenschen wurden – exemplarisch stehen hierfürunter an<strong>der</strong>em die Entwicklungen in Athen – vermehrt durchrechte Straßengewalt bedroht. Medien und Anti-EU-Kampagnenwie Stop-ESM in Deutschland etablierten nationalistischeKrisendeutungen à la »Pleite-Griechen« o<strong>der</strong> »PIIGS«(engl.: »Schweine«) 3 -Staaten – nicht selten in einer implizitenDiskurskoalition mit rechtskonservativen Regierungenund <strong>Partei</strong>en.Die Ursachen dieser Brisanz sind vielschichtig und umfassenneben <strong>der</strong> sich seit den 1980er Jahren in <strong>der</strong> EU herausbildendenwettbewerbsstaatlichen Integrationsweise, mit<strong>der</strong> eine verschärfte Unterwerfung <strong>der</strong> Bevölkerungen untermarktbasierte Disziplinierungszusammenhänge einhergehtund den Auswirkungen <strong>der</strong> Eurokrise, auch hohe AkzeptanzundUnterstützungswerte für menschenverachtende Einstellungensowie erfolgreiche rechte Organisierungsprozesse.Eurokrise, Transformationen <strong>der</strong> Demokratieund NationalismusDie Eurokrise ist nicht nur eine ökonomische Krise, sie umfasst(zumindest) vier differenzierbare Dynamiken 4 :(1) Krisen des Kapitalismus:Infolge <strong>der</strong> US-amerikanischen Subprime-Krise 2007 gerietkapitalistische Akkumulation in <strong>der</strong> Europäischen Union insStocken. Die Entwertung von Hypothekenpapieren auf denweltweiten Derivatenmärkten führte bei vielen europäischenBanken zu Refinanzierungs- und Liquiditätsproblemen. Die darausresultierende massive Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeiteinzelner Banken führte dazu, dass sich Banken untereinan<strong>der</strong>keine Kredite mehr vergaben; <strong>der</strong> Interbankenkreditmarkttrocknete aus. Gleichzeitig reduzierten die Banken ihre Kreditvergabean Privathaushalte und Unternehmen, die in <strong>der</strong> Folgenicht mehr in <strong>der</strong> Lage waren, Ausgaben zu tätigen. Konsumund Industrieproduktion brachen ein. Zur Stabilisierung kapitalistischerAkkumulation reagierten die europäischen Regierungenmit <strong>der</strong> Verstaatlichung <strong>der</strong> Verluste jener Banken, diesie als systemrelevant klassifizierten sowie (in deutlich geringeremUmfang) mit Maßnahmen <strong>der</strong> Konjunkturför<strong>der</strong>ung. Durchdiese Interventionsprogramme, aber auch durch automatischeStabilisatoren (etwa steigende Ausgaben für Arbeitslosengeldals Folge <strong>der</strong> Rezession) erhöhten sich europaweit die Staatsschuldenquotenbeträchtlich. Die Möglichkeiten des Staates,soziale Zugeständnisse zu machen, verringerten sich.(2) Krisen <strong>der</strong> Eurozone:Infolge <strong>der</strong> steigenden Staatsschuldenquoten stellten ab 2010die Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch die Zahlungsfähigkeit»peripherer« 5 europäischer Staaten in Frage. Sie offenbartendamit Konstruktionsfehler <strong>der</strong> Wirtschafts- und Währungsunion:Erstens ist es <strong>der</strong> Europäischen Zentralbank – imGegensatz zu nationalen Zentralbanken – nicht erlaubt, als len<strong>der</strong>of last resort zu agieren und damit drohende Staatspleitenabzuwenden. Zweitens stärkte die Eurozone durch das Fehlenmakroökonomischer Korrekturmechanismen wirtschaftlichstärkere Staaten des europäischen Zentrums auf Kostenwirtschaftlich schwächeren Staaten <strong>der</strong> europäischen Peripherie.Die Wettbewerbsfähigkeit entwickelte sich auseinan<strong>der</strong>.Wachstum in <strong>der</strong> europäischen Peripherie fand aufgrund <strong>der</strong>sich intensivierenden Exportschwäche häufig schuldenbasiertstatt und blieb instabil und prekär. Es kam zu einer diskursivenPolarisierung entlang nationaler Grenzlinien: Aus den Län<strong>der</strong>ndes europäischen Zentrums wurden – nicht zuletzt in <strong>der</strong> medialenSelbstwahrnehmung – sparsame »Musterschüler«, ausden Staaten <strong>der</strong> Peripherie verschwen<strong>der</strong>ische »PIIGS«.10

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