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BAG Antifaschismus der Partei DIE LINKE.

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sich zahlreiche von den linken <strong>Partei</strong>en enttäuschte Arbeitereher <strong>der</strong> Lega Nord zugewandt.Als politischer Außenseiter besetzte Berlusconi das von den<strong>Partei</strong>en <strong>der</strong> Ersten Republik hinterlassene Vakuum und versprach,mit dem alten, bürokratischen <strong>Partei</strong>enklientelismuszu brechen. Er sagte dem consociativismo den Kampf an undsetzte stattdessen auf Polarisierung und plebiszitäre Führung.Mit diesem Erneuerungsprogramm stieß er auf großen Wi<strong>der</strong>hall,nicht zuletzt auch, weil dies einen Bruch mit dem antifaschistischenKonsens innerhalb <strong>der</strong> DC bedeutete. Die Enttabuisierung<strong>der</strong> faschistischen Vergangenheit Italiens erfolgteim Berlusconismus nicht durch offene Rechtfertigung, son<strong>der</strong>ndurch Trivialisierung. Dennoch ging die weit verbreitete Politikverdrossenheitund <strong>Partei</strong>enkritik nicht mit Systemkritik unddem Ruf nach einem Regimewechsel einher, son<strong>der</strong>n entzündetesich vor allem an mangeln<strong>der</strong> Effizienz des öffentlichenSektors: »Es gab ein Klima in Erwartung radikaler Neuerungen,verbunden mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach administrativer Vereinfachungdes öffentlichen Lebens, die im Ergebnis zu einer Idealisierung<strong>der</strong> Figur des politischen Managers führte […] und, paralleldazu, zu einer Aufwertung des charismatischen Führers,<strong>der</strong> ein neues Gefühl <strong>der</strong> Zugehörigkeit bietet – eine Identität,die nicht mehr an die <strong>Partei</strong>en gebunden ist.« 5Seit den 1970er Jahren hatte auch in Italien ein Individualisierungsschubeingesetzt. Die zivilgesellschaftlichen Netzwerke<strong>der</strong> alten <strong>Partei</strong>en erodierten und <strong>der</strong> neue, konsumorientierteLebensstil wurde und wird nicht zuletzt von Berlusconis eigenenMedien kräftig geför<strong>der</strong>t. Zugleich musste <strong>der</strong> politischeQuereinsteiger aber dem Katholizismus Rechnung tragen.Auch hier war es zwar zu einer Pluralisierung und zur Aufkündigung<strong>der</strong> Loyalität linker Katholiken gegenüber <strong>der</strong> DC gekommen.Dennoch muss <strong>der</strong> Berlusconismus als Projekt zur Regenerierung<strong>der</strong> bürgerlichen Hegemonie auf die Kirche und ihrekonservativen Anhänger Rücksicht nehmen, sind doch wählersoziologischin <strong>der</strong> PdL bildungsferne, männliche, vorwiegendältere, mo<strong>der</strong>at praktizierende Katholiken überrepräsentiert. 6Nachdem Berlusconi zunächst mit <strong>der</strong> auf ihn persönlich zugeschnittenen<strong>Partei</strong> Forza Italia angetreten war, hat er dieseSammlungsbewegung 2009 in Popolo della Libertà (PdL) umbenanntund zugleich nach rechts verschoben. Der stärksteKoalitionspartner, die postfaschistische Alleanza Nazionale(AN), löste sich auf und ging in die PdL ein, hat sie aber 2011wie<strong>der</strong> verlassen. Auch die Duce-Enkelin Alessandra Mussolinitrat mit ihrer neofaschistischen Kleinpartei Azione Socialein das neue Rechtsbündnis ein.2. Restrukturierung <strong>der</strong> bürgerlichen Hegemonie2.1 Die Ideologie des BerlusconismusEs ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass sich Populismusin einem neuen, provokanten o<strong>der</strong> saloppen Politikstil erschöpfe.Berlusconi vertritt zwar einen neuen Stil, aber durchausauch ideologische Inhalte. Schon <strong>der</strong> <strong>Partei</strong>name »Volk<strong>der</strong> Freiheit« ist ein geschickter semantischer Schachzug undkontaminiert den Begriff des Volkes mit dem <strong>der</strong> Freiheit. DiePolarisierung erfolgt also nicht mehr zwischen Volk und Elite,son<strong>der</strong>n zwischen dem Volk als Hüter <strong>der</strong> Freiheit und denFeinden <strong>der</strong> Freiheit, die eo ipso auch als Feinde des Volkessowohl außerhalb als auch innerhalb Italiens am Werk sind.Mit dem Begriff <strong>der</strong> Freiheit trägt Berlusconi <strong>der</strong> soziokulturellenIndividualisierung und seinem eigenen Selbstverständnisals Liberaler Rechnung. Zugleich schlägt er damit eineBrücke zum soziokulturell konservativen Katholizismus, <strong>der</strong>sich ebenfalls als Anwalt <strong>der</strong> Freiheit gegen den atheistischenKommunismus versteht. Berlusconi verklammerte die soziokulturellenGegensätze zwischen beiden Lagern durch denAntikommunismus. 2005 erklärte er: »Wenn die Linke an dieRegierung gelangte, wäre dies das Ende: Not, Terror, Tod. Wiees überall geschieht, wo <strong>der</strong> Kommunismus herrscht. Es wärenicht <strong>der</strong> liberale Staat, den wir wollen.« 7Mit seiner antikommunistischen Rhetorik schien <strong>der</strong> Medientycoonvielen aus <strong>der</strong> Zeit gefallen zu sein. Indessen verfolgteer mit dieser antiquierten, in an<strong>der</strong>en rechtspopulistischen<strong>Partei</strong>en nicht mehr akuten Polarisierung das Ziel, sich in dieKontinuität <strong>der</strong> alten, von ihm nur regenerierten bürgerlichenVolkspartei zu stellen, was bedeutete, auch konservativ-katholischeWähler anzusprechen und sich das Wohlwollen <strong>der</strong>Kirche zu sichern. Zugleich setzte er auf den neuen, von denNie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>n Fortuyn und Wil<strong>der</strong>s konstruierten Pol des Anti-Islamismus:»Wir dürfen nicht die zwei Kulturen, die islamischeund unsere, auf die gleiche Ebene stellen […]. UnsereKultur muss sich auf jene ausdehnen, die wenigstens 1.400Jahre in <strong>der</strong> Geschichte zurückgeblieben sind.« 8 Ähnlich wieWil<strong>der</strong>s ließ auch Berlusconi an seiner pro-amerikanischenund pro-israelischen Loyalität keine Zweifel aufkommen, wasihm im September 2003 die jüdische Anti Defamation Leaguein New York mit <strong>der</strong> Verleihung des Preises für »den bestenStaatsmann des Jahres« (Distinguished Statesman Award) gedankthat.2.2 Anti-Politik und politische EmotionalisierungDer Gegensatz zwischen liberalem Individualismus undsozialmoralisch-katholischem Konservatismus wurde imBerlusconismus übertüncht und entpolitisiert. Berlusconiinstrumentalisierte die Aversion vieler Italiener gegen die›<strong>Partei</strong>enherrschaft‹ (partitocrazia) und trat als Antipolitikerauf. »Ich bin kein Politiker, ich kümmere mich nicht um Kritik.Ich sage das, was die Leute denken.« 9 Der zur offiziellen <strong>Partei</strong>hymneerhobene Song »Für Silvio« verbreitete refrainartigdie Botschaft: »Gut, dass es Silvio gibt«. Der Autor AndreaVantini arbeitete gezielt mit Antipolitik und ließ BerlusconisFans singen: »Ich interessiere mich nicht für Politik und habeauch keine Immobilien. Ich habe nur die Musik. […] Es lebeItalien, ein Italien, das entschlossen ist, an diesen Traumzu glauben. Wir sind das Volk, das liebt und glaubt und will,dass <strong>der</strong> Traum in Erfüllung gehe […] Daher singe ich mit <strong>der</strong>Macht, die nur <strong>der</strong> hat, <strong>der</strong> nichts zählt.« 1031

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