sowie seltsamen Unterstellungen über das Verständniss von Politik und Ökonomiebei marxistischen Historikern: Michael Epkenhans: Großindustrie undSchlachtflottenbau 1897–1914, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, Nr. 43,Heft 1/1988, S. 65 ff.; <strong>der</strong>selbe: Zwischen Patriotismus und Geschäftsinteresse.F. A. Krupp und die Anfänge des deutschen Schlachtflottenbaus 1897–1902, in: Geschichte und Gesellschaft, 15. Jg., 1989, H. 2, S. 196 ff.; <strong>der</strong>selbe:Die wilhelminische Flottenrüstung 1908–1914. Weltmachtstreben, industriellerFortschritt, soziale Integration, München 1991.18 Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, IX. Legislaturperiode,V. Session 1897/1898, 3. Bd., S. 1985.19 Protokoll über die Verhandlungen des <strong>Partei</strong>tages <strong>der</strong> Sozialdemokratischen<strong>Partei</strong> Deutschlands. Abgehalten zu Mainz vom 17. bis 21. September 1900,Berlin 1900, S. 155 u.157.20 Vgl. Peter Strutynski: Die Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen Marxisten und Revisionistenin <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung um die Jahrhun<strong>der</strong>twende, Köln1976. Zustimmend zu den Auffassungen Bernsteins: Helga Grebing: Der Revisionismus.Von Bernstein bis zum »Prager Frühling«, München 1977, S. 16 ff. Sieheauch Horst Heimann u. Thomas Meyer: Bernstein und <strong>der</strong> DemokratischeSozialismus. Bericht über den wissenschaftlichen Kongress »Die historischeLeistung und aktuelle Bedeutung Eduard Bernsteins«, Bonn u. Berlin 1978. Zurzeitgenössischen »parteioffiziellen« Kritik an Bernstein vgl. Karl Kautsky: Bernsteinund das sozialdemokratische Programm (1899), Berlin u. Bonn 1979.21 Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben <strong>der</strong>Sozialdemokratie (1899), Reinbek bei Hamburg 1969, S. 180. Siehe auch: Sozialdemokratieund Kolonien. Mit Beiträgen von Eduard Bernstein u. a., Berlin1919 (Wie<strong>der</strong>abdruck von Beiträgen aus den »Sozialistischen Monatsheften«aus den Jahren 1900 bis 1919 mit pro-kolonialistischer Argumentation – R.Z.).22 Derselbe: Die deutsche Sozialdemokratie und die türkischen Wirren, in: DieNeue Zeit, 15. Jg., 1896–97, 1. Bd., Nr. 4, S. 110. Hervorhebungen von mir-R.Z.23 Erich Rother: Zur Theorie <strong>der</strong> Flottenfrage, in: Sozialistische Monatshefte,3. Jg., 1899, No. 12, S. 643.24 Franz Mehring: Immer die Alten, in: Neue Zeit, 16. Jg., 1897–98, 2. Bd., Nr. 49,S. 707 f.25 Vgl. Reiner Zilkenat: Das Flottengesetz von 1898 und seine Novellierung imJahre 1900, S. 123 ff. u. 194 ff.26 Vgl. Reiner Zilkenat: Kriegsideologie und Friedensdemagogie – Das Beispiel<strong>der</strong> Flottengesetze im wilhelminischen Deutschland 1898 bis 1900, Vortragfür das Faschismus-Colloquium <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-Universität Jena, 1. Oktober1984, Ms. Zu den am meisten verbreiteten, einschlägigen Broschürenzählten z. B.: Adolph v. Wenckstern: Heimatpolitik durch Weltpolitik. Redenzur Flottenvorlage 1900, Leipzig 1900; W. Ph. Englert: Das Flottenproblem imLichte <strong>der</strong> Socialpolitik, Pa<strong>der</strong>born 1900.27 Vorwärts, Nr. 28, 3.2.1898, Beilage, S. 3.28 Friedrich Naumann hatte in <strong>der</strong> von ihm herausgegebenen Zeitschrift »DieHilfe« am 14. Mai 1899 in dankenswert offener Weise seine Auffor<strong>der</strong>ungformuliert, alles zu tun, um die revisionistischen Kräfte innerhalb <strong>der</strong> Sozialdemokratiezu unterstützen und letztlich die <strong>Partei</strong> in eine unspezifische,antikonservative Sammlungsbewegung einzuglie<strong>der</strong>n. Dafür sei es erfor<strong>der</strong>lich,dass die SPD »einen großen Teil unnützen Utopismus und Radikalismus«abstreife. Es müssten von ihr »bestimmte nationalpolitische Aufgaben übernommenwerden, aus einer reinen Protestpartei muss sich eine schaffende,staatserhaltende sozialistische <strong>Partei</strong> gestalten – nationaler Sozialismus auffreiheitlicher Grundlage.« Zitiert nach: Willibald Gutsche u. Baldur Kaulisch,Hrsgg.: Herrschaftsmethoden des deutschen Imperialismus 1897/1898 bis1917, S. 65.29 Franz Mehring, Maifeld, in: Neue Zeit, 18. Jg., 1899–1900, 2. Bd., Nr. 31,S. 98.68
SammelrezensionZerstörte Vielfalt 1938. Drei neue Bücherzur Vorgeschichte des NovemberpogromsAm Ende <strong>der</strong> Weimarer Republik wurde er zur Gewohnheit:Der Eifer staatlicher Stellen sowie <strong>der</strong> Aktionismus von Ortsverbänden<strong>der</strong> NSDAP zur wirtschaftlichen Entrechtung vonJuden. Schließlich gab es im Juni 1938 in Berlin eine Generalprobemit antisemitischen Schmierereien an Schaufensternund Firmenschil<strong>der</strong>n.Allen in diesen Publikationen beschriebenen Handlungen wareines gemeinsam: Sie geschahen in aller Öffentlichkeit undfast keiner <strong>der</strong> Täter wurde bestraft.Alltag in <strong>der</strong> Weimarer Republik:»Deutsche, kauft nicht bei Juden!«Hannah Ahlheim: »Deutsche, kauft nicht bei Juden!«Antisemitismus und politischer Boykott in Deutschland 1924bis 1935, Wallstein Verlag, Göttingen 2011.Die Stoßrichtung dieser For<strong>der</strong>ung ist eindeutig, wie ihreBotschaft <strong>der</strong> Verfassung von 1919 wi<strong>der</strong>sprach: Auch Judenwaren gleichberechtigt, waren Deutsche, so sie die entsprechendeStaatsbürgerschaft besaßen.Mit Beginn <strong>der</strong> nationalsozialistischen Diktatur wun<strong>der</strong>tesich dann kaum noch jemand über antisemitische Parolen.Der Boykott vom 1. April 1933, minutiös von <strong>der</strong> <strong>Partei</strong>zentrale<strong>der</strong> NSDAP in München geplant, ist weithin bekannt.Überall in Deutschland waren jüdische Einzelhandelsgeschäfteund Firmen, Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxendavon betroffen. Vorgegangen wurde in kleinen und großenStädten nach genau erarbeiteten Listen. Auch die Losungenwaren vorgegeben und wurden über den »Völkischen Beobachter«überall verbreitet: »Kauft nicht beim Juden!« und vielallgemeiner: »Die Juden sind unser Unglück!« Letztere Behauptungwar schon 1879 von dem Historiker Heinrich vonTreitschke als im Kaiserreich politisch angeblich vorherrschendeAuffassung interpretiert worden. Seit damals galtsie allen Antisemiten in Deutschland als Denk- und Handlungsmaxime.Zwei Vorgehensweisen fallen auf, die in <strong>der</strong> nationalsozialistischenPropaganda auch bei an<strong>der</strong>en Massenaktionen undKampagnen angewendet wurden: Unterstellt wird, antisemitischeBoykotte wären spontane Aktionen eines angeblichenverbreiteten »Volkswillens«, keineswegs zentral politisch gelenkt.Und eigentlich wäre <strong>der</strong> reichsweite Boykott vom April1933 erklärtermaßen vor allem als Warnung gegenüber »demAusland« zu verstehen gewesen, das neue Regime nicht politischals grundsätzlich judenfeindlich zu verteufeln.Hannah Ahlheim hat mit ihrem Buch, beruhend auf ihrer 2008an <strong>der</strong> Ruhr-Universität Bochum verteidigten, preisgekrönten(Ernst Fraenkel Prize in Contemporary History <strong>der</strong> Wiener Liberary2009) Dissertation ein Standardwerk vorgelegt, dasunterschiedliche Aspekte des Themas analysiert.Die vielen vorgestellten Einzelbeispiele (vor allem aus kleinenStädten) belegen eindrucksvoll, antisemitische Boykottmaßnahmengehörten zum Alltag des Lebens im Deutschland<strong>der</strong> Weimarer Republik. Allmählich, aber stetig wurde eine Atmosphäregeschaffen, solches Vorgehen für normal und legitimzu halten. Die Ereignisse vom April 1933 waren dabei einherausragen<strong>der</strong> Höhepunkt, kamen aber für die Masse <strong>der</strong>Bevölkerung keineswegs überraschend. Zäsuren waren eherundeutlich, die Kontinuität des Handelns vor wie nach 1933(und übrigens auch nach 1935) wurden nicht als so gravierendfür Än<strong>der</strong>ungen im eigenen Verhalten empfunden.Die Autorin hat ihre Arbeit in zwei Hauptabschnitte geglie<strong>der</strong>t,1924 bis 1933 und 1933 bis 1935. Sie unterscheidetwirtschaftliche und politische Boykottmaßnahmen und benenntklar <strong>der</strong>en Impulsgeber: nationalsozialistische <strong>Partei</strong>glie<strong>der</strong>ungenverschiedener Ebenen, die freilich im Vorgehenvon Wirtschaftsverbänden und staatlichen Organen nichtetwa massiven Wi<strong>der</strong>stand zu überwinden hatten, son<strong>der</strong>ngleichgerichtetes Denken und Handeln vorfanden.Die Autorin erläutert, warum sie zwischen antisemitischemWirtschaftsboykott und antisemitisch begründetem politischenBoykott unterscheidet: »Der antisemitisch motivierteBoykott währen <strong>der</strong> Weimarer Republik war ein zentrales Beispielfür einen … ›politischen Boykott‹. Die Aufrufe zum Boykottjüdischer Gewerbetreiben<strong>der</strong> stellten schnell klar, dassein Boykott in diesem Fall ›nicht bei wirtschaftlichen Fragen‹haltmachen, son<strong>der</strong>n ›aus politischen Motiven die wirtschaftlicheSchädigung unbequemer Berufs- o<strong>der</strong> Volkskreise‹herbeiführen sollte« … Was den ›politischen Boykott‹ <strong>der</strong>Antisemiten auszeichnete und von an<strong>der</strong>en, durchaus auchpolitischen Boykottaktionen unterschied, war die Tatsache,dass sie jüdische Geschäftsleute nicht etwa zum Umdenkeno<strong>der</strong> zu einer Än<strong>der</strong>ung ihres geschäftlichen o<strong>der</strong> politischenVerhaltens bewegen wollten. Formuliertes Ziel <strong>der</strong> antisemitischenBoykotte war vielmehr <strong>der</strong> Ausschluss von Menschenaus <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft und Gesellschaft um ihres ›Judentumswillen‹«. (S. 9 f.)69
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