1937 Für Clara ist es ein Herzensbedürfnis, zu stehen, wenn sie ...

1937Das wäre was. Oder hier: Curt Götz ist nur noch eine Woche im Theateram Kurfürstendamm zu sehen in Towarisch, diesem Stück von JacquesDuval. Im Theater des Volkes wird heute ein Operettenabend gebotenmit Eine Nacht in Venedig von Johann Strauß, das Deutsche Theater inder Schumannstraße zeigt Androklus und der Löwe des bekannten IrenGeorge Bernard Shaw. Der inzwischen 81-jährige ist im Reich nicht nurals Pazifist und Politiker bekannt, auch seine Dramen werden geschätzt.Sie könnten auch ins Kabarett Alt-Bayern am Bahnhof Friedrichstraßegehen und sich Das Weltstadtprogramm anschauen. Im Wintergartenläuft Varieté, wie es sein soll. Oder gehen sie mal wieder ins Kino? ImCapitol am Zoo gibt es San Franzisko, am Weinbergsweg im PrenzlauerBerg zeigen sie Der Hund von Baskerville, in einem Kino in der Turmstraßein Moabit läuft Der Ritt in die Freiheit. Aber da fällt sein Blick aufeine gerahmte Anzeige – das wird genial: endlich ist der Weltstar JackHylton mit seinem Orchester und der jazzigen britischen Dance-Musicwieder auf Gastspiel in der Scala, wie jedes Jahr. Das ist was für Hertha!Berlin bleibt eben doch Berlin.Man darf sich einfach nur nicht alles zu einfach vorstellen, denn sonstist es gänzlich unmöglich, die Zusammenhänge zu verstehen. Es ist dochnicht jeder von den Zuständen im Land begeistert, der da auf der Straßeherumlaufen darf. Nehmen Sie den Oberbürgermeister von Leipzig. Dasist eine große Stadt und er ist prominent. Daraus kann man ableiten, ermüsse ein großer Nazi sein; schließlich wurde Adenauer, der Kölner OBschon 1933 aus dem Amt getrieben. Man kann sich aber auch einmal injemanden hineindenken, der aufmerksam beobachtet, was hier vor sichgeht, und versucht, in seinem Amt auf die Entwicklung bei uns Einflusszu nehmen. Das geht besser im Amt als ohne Amt – so lange man nichtvon anderen aus dem Amt gejagt wird. Andererseits kann man natürlichauch mit seinem Rücktritt ein Zeichen setzen, muss jedoch bedenken,dass man dann effektiv noch weniger gegen die Zustände machen kann.Im April 1937 hält es der Leipziger Oberbürgermeister Carl FriedrichGoerdeler schließlich nicht mehr aus. Ende vergangenen Jahres hattensich die Nazis nach einer Propagandaschlacht durchgesetzt und für dieEntfernung des Mendelssohn-Denkmals gesorgt – nicht etwa weil siebesonders viel von Musik verstünden, sondern weil sie im KomponistenFelix Mendelssohn Bartholdy in erster Linie einen Juden sehen. Als der3