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Die Saubermänner des schmutzigen Stroms - Sonnenzeitung

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Ökoszene: Vom Widerstand<br />

zu etablierten Anpasslern?<br />

<strong>Die</strong> Auhirschen von damals überlassen den scheinheiligen<br />

Stromkonzernen kampflos das Feld.<br />

Das Atomkraftwerk Zwentendorf ging niemals in Betrieb, das<br />

Donaukraftwerk Hainburg wurde nicht gebaut. Bei Hainburg<br />

ging es in der Weihnachtsauseinandersetzung 1984 sogar um<br />

Leben oder Tod. Österreichs Ökoszene war gemeinsam mit<br />

den deutschen Widerständlern gegen Wackersdorf zu einem<br />

Schreckgespenst der skrupellosen Energiewirtschaft geworden.<br />

Von links nach rechts: Othmar Karas, Alfred Gusenbauer, Bernd Lötsch, Günther Nenning,<br />

Herbert Rainer (damaliger ÖH-Vorsitzender) und der viel zu früh verstorbene Jörg Mauthe.<br />

unserer Prioritäten“, heißt es ganz stolz<br />

ausgerechnet im Nachhaltigkeitsbericht<br />

2004. Nutznießer dieser Doppelstrategie<br />

sind die fossilen und atomaren Stromanbieter:<br />

Sie können damit rechnen, bei<br />

steigendem Bedarf mehr Absatz zu erzielen.<br />

Auch wenn in Österreich die saubere<br />

Stromproduktion ausgebaut wird, so sinkt<br />

derzeit durch den wachsenden Verbrauch<br />

der relative Gesamtanteil von sauberem<br />

Strom. Kein Wunder, dass die Atomindustrie<br />

jubelt: „<strong>Die</strong> Atomindustrie hat eine<br />

große Zukunft in Europa vor sich“, meint<br />

etwa der deutsche Atommanager Peter<br />

Dorn (NEWS 21/05). Rund um Österreich<br />

sind sieben Atomreaktoren geplant. Das<br />

Tschernobyl-Land Ukraine will nach der<br />

orangenen Revolution elf neue Reaktoren<br />

bauen, verkündet Regierungschefin Julia<br />

Timoschenko. Dass in der Ukraine nur<br />

sechs von hundert Kindern gesund zur<br />

Welt kommen, dass der Tschernobyl-Sarkophag<br />

leck ist wie ein Nudelsieb, tut der<br />

Sache keinen Abbruch...<br />

Raus aus den Konzernfallen<br />

Es gibt eine Auswegstrategie, die aber<br />

noch viel zu wenig genutzt wird. Österreich<br />

könnte den Atomvormarsch stoppen, und<br />

zwar mit einer kolossalen internationalen<br />

Beispielwirkung. <strong>Die</strong> „Zauberformel“ heißt<br />

Umstieg auf garantierte Exklusivanbieter<br />

von sauberem Strom aus Wasser, Wind,<br />

SONNENZEITUNG 2/05<br />

Heute lachen sie wieder, die Konzerne: Ober-Auhirsch Günther<br />

Nenning will nicht beantworten, woher er seinen Strom<br />

bezieht; Bernd Lötsch kennt seinen Stromlieferanten nicht;<br />

SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer lässt mitteilen, dass er an der<br />

Umfrage, woher er seinen Strom beziehe, nicht interessiert sei.<br />

Einzig Othmar Karas, heute EU-Abgeordneter der ÖVP, hat sich<br />

von der SZ-Anfrage alarmiert gezeigt und ist spontan auf einen<br />

Anbieter von sauberem Strom umgestiegen.<br />

Sonne und Biomasse. In Österreich gibt es<br />

derzeit zwei solche Anbieter. Mittlerweile<br />

ist der Preisunterschied nur noch marginal<br />

bzw. sind die Naturstromanbieter sogar<br />

schon kostengünstiger. Der Weg dorthin<br />

ist seit der Liberalisierung <strong>des</strong> europäischen<br />

Strommarktes frei. Der Umstieg<br />

selbst besteht aus einer Unterschrift, sonst<br />

ist keinerlei Aufwand notwendig. Für die<br />

Anbieter von sauberem Strom bedeutet<br />

die Direktabnahme durch den Endkunden<br />

wiederum Investitionssicherheit, da sie ihren<br />

Strom nicht auf Gedeih und Verderb über<br />

die internationale Strombörse verschleudern<br />

und nicht mit den Atomanbietern in<br />

Wettbewerb treten müssen. Das Umstiegsszenario<br />

kommt allerdings nicht so recht in<br />

Schwung: Bis dato haben in Österreich an<br />

die 15.000 Stromkunden zu einem sauberen<br />

Anbieter gewechselt; in Deutschland<br />

ist die Lage etwas besser, aber auch nicht<br />

umwerfend. <strong>Die</strong>se Zahl beinhaltet nicht<br />

einmal den harten Kern der Ökobewegung.<br />

Rationelle Gründe für den schleppenden<br />

Umstieg gibt es nicht. Der Preis kann es<br />

nicht sein, denn erstens gibt es so gut wie<br />

keinen Unterschied mehr, und zweitens<br />

sind Ökofreaks meist auch Besserverdiener,<br />

bei denen ein paar einzelne Euro eher nicht<br />

ins Gewicht fallen. Mangelnde Information<br />

ist da schon eher eine Erklärung; bei vielen<br />

hapert es auch am Auffinden der Stromrechnung,<br />

die den Umstieg erleichtert.<br />

© bilderbox<br />

COVERSTORY<br />

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